Kontrollratsdirektive Nr. 51
Akte der Gesetzgebung und andere Akte des Kontrollrats
vom 29. April 1947
für die DDR außer Wirkung gesetzt
durch
Beschluß des Ministerrats der UdSSR über die Auflösung der Hohen Kommission der
Sowjetunion in Deutschland vom 20. September 1955
aufgehoben durch
Artikel 7 des Vertrags über die abschließende
Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 (BGBl. II. S.
1318)
Der Kontrollrat erläßt hiermit folgende Direktive:
1. Der Kontrollrat übt seine gesetzgebende Tätigkeit in
einer der folgenden Formen aus:
a) Proklamationen, die dem deutschen Volk Angelegenheiten oder Handlungen von
besonderer Wichtigkeit verkünden;
b) Gesetze, die wichtige Angelegenheiten von großer Tragweite behandeln, die von
dauernder oder zeitweiliger Anwendbarkeit sind oder bestehende gesetzliche
Bestimmungen aufheben, ändern oder zeitweilig außer Kraft setzen. Gesetze sind
in der Regel bindend für alle in Deutschland wohnhaften Personen;
c) Befehle, die Angelegenheiten von begrenzter Anwendbarkeit oder
vorübergehenden Charakters behandeln. Befehle sind in der Regel bindend für alle
in Deutschland wohnhaften Personen.
2. Gesetze und Befehle sind die einzigen Akte der Gesetzgebung, die Strafbestimmungen enthalten können. Jedoch können Direktiven solche Strafvorschriften erlassen, die von den Zonenbefehlshabern in den von ihnen zu erlassenden Durchführungsbestimmungen in Kraft zu setzen sind. Enthält ein Gesetz oder ein Befehl eine Strafbestimmung, so ist, wo immer möglich, der Strafrahmen anzugeben. Bei der Vorbereitung von Entwürfen zu Gesetzen oder Befehlen nach Maßgabe der Kontrollratdirektive Nr. 13 hat das Direktorium, von dem der Gesetzgebungsvorschlag ausgeht - mit Ausnahme des Justizdirektoriums - seinen Standpunkt hinsichtlich des angemessenen Strafrahmens darzulegen; indessen wird das Justizdirektorium an einer unabhängigen Erwägung der Sache nicht gehindert.
3. Bei der Ausarbeitung von Gesetzgebungsvorschlägen gemäß Direktive Nr. 13 obliegt es dem Justizdirektorium, vorbehaltlich abweichender Anordnungen des Koordinierungsausschusses oder des Kontrollrats, zu bestimmen, welche Form der Gesetzgebung für den betreffenden Text zu wählen ist. Das Justizdirektorium hat die Gesichtspunkte des Direktoriums, vom dem der Gesetzgebungsvorschlag ausgeht, zu berücksichtigen, ohne jedoch an sie gebunden zu sein.
4. Neben den in Absatz 1 aufgezählten Gesetzgebungsakten kann der Kontrollrat zwecks Bekanntgabe seiner Entscheidungen Direktiven und „genehmigte Dokumente" herausgeben. Direktiven und genehmigte Dokumente sind keine Akte der Gesetzgebung.
5. Direktiven können erlassen werden, um grundsätzliche Richtlinien oder verwaltungsmäßige Entscheidungen des. Kontrollrats bekanntzugeben. Direktiven sind nicht bindend für die deutsche Bevölkerung in ihrer Gesamtheit, sondern nur für diejenigen Personen, an die sie gerichtet sind.
6. Unterzeichnung, von Akten des Kontrollrats:
a) Proklamationen und Gesetze werden von den Mitgliedern des Kontrollrats
unterzeichnet.
b) Befehle werden von den Mitgliedern des Kontrollrats beziehungsweise des
Koordinationsausschusses unterzeichnet.
c) Direktiven werden von den Mitgliedern des Koordinationsausschusses
unterzeichnet.
d) Bei Abwesenheit eines Mitgliedes des Kontrollrats beziehungsweise des Koordinationsausschusses kann sein Stellvertreter für ihn unterzeichnen.
7. Jede Entscheidung des Kontrollrats trägt die Überschrift „Kontrollrat". Entscheidungen des Kontrollrats sind zu bezeichnen als „Proklamation", „Gesetz'', „Befehl", „Direktive" oder „genehmigtes Dokument", unter Beifügung der laufenden Nummer. und des Titels, der tunlichst kurz zu fassen ist. Akte der Gesetzgebung müssen am Schluß den Zeitpunkt des Inkrafttretens angeben.
8. Der Hauptsekretär oder ein von ihm bevollmächtigter Stellvertreter kann die Richtigkeit von Abschriften einer Proklamation, eines Gesetzes, eines Befehls, einer Direktive oder eines genehmigten Dokuments beglaubigen, eine so beglaubigte Abschrift erteilen und ferner einen, Auszug aus dem Protokoll der Sitzung, in welcher der Text ganz oder teilweise genehmigt wurde, in beglaubigter Abschrift herstellen.
9. Direktive Nr. 10 des Kontrollrats vom 22. September 1945 wird hiermit aufgehoben. Sie wird durch diese Direktive ersetzt. Diese Direktive tritt am 1. Mai 1943 in Kraft.
Ausgefertigt in Berlin, den 29. April 1947.
(Die in den drei offiziellen Sprachen abgefaßten Originaltexte dieser Direktive sind von F. A. Keating, Generalmajor; N. C. D. Brownjohn; Generalmajor, für B. H. Robertson, Generalleutnant; R. Noiret, Divisionsgeneral, und P. A. Kurotschkin, Generaloberst; unterzeichnet.)