Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich
("Reichsstatthaltergesetz"; "Altes Reichsstatthaltergesetz")

vom 7. April 1933.

geändert durch
Gesetz vom 25. April 1933 (RGBl. I. S. 225),
Gesetz vom 26. Mai 1933 (RGBl. I. S. 293),
Gesetz vom 14. Oktober 1933 (RGBl. I. S. 736)

aufgehoben durch das Reichsstatthaltergesetz vom 30. Januar 1935 (RGBl. I. S. 65)

Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: 

§ 1. (1) In den deutschen Ländern, mit Ausnahme von Preußen, ernennt der Reichspräsident auf Vorschlag des Reichskanzlers Reichsstatthalter. Der Reichsstatthalter hat die Aufgabe, für die Beobachtung der vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen. Ihm stehen folgende Befugnisse der Landesgewalt zu:
1. Ernennung und Entlassung des Vorsitzenden der Landesregierung und auf dessen Vorschlag der übrigen Mitglieder der Landesregierung;
2. Auflösung des Landtags und Anordnung der Neuwahl vorbehaltlich der Regelung des § 8 des Vorläufigen Gleichschaltungsgesetzes vom 31. März 1933 (RGBl. I. S. 153);
3. Ausfertigung und Verkündung der Landesgesetze einschließlich der Gesetze, die von der Landesregierung gemäß § 1 des Vorläufigen Gleichschaltungsgesetzes vom 31. März 1933 (RGBl. I. S. 153) beschlossen werden. Artikel 70 der Reichsverfassung vom 11. August 1919 findet sinngemäß Anwendung;
4. auf Vorschlag der Landesregierung Ernennung und Entlassung der unmittelbaren Staatsbeamten und Richter, soweit sie bisher durch die oberste Landesbehörde erfolgte;
5. das Begnadigungsrecht.

(2) Der Reichsstatthalter kann in der Sitzungen der Landesregierung den Vorsitz übernehmen.

(3) Artikel 63 der Reichsverfassung vom 11. August 1919 bleibt unberührt.

Durch Gesetz vom 26. Mai 1933 wurde der § 1 wie folgt geändert:
- nach dem Abs. 1 wurde folgender Absatz eingefügt:
"(2) Die Ausübung der im Abs. 1 unter Ziffer 4 und 5 genannten Rechte kann der Reichsstatthalter teilweise den Landesregierungen übertragen, die zu weiterer Übertragung dieser Rechte ermächtigt sind."
- die bisherigen Abs. 2 und 3 wurden Abs. 3 und 4.

Erstmals wurden Reichsstatthalter ernannt:
für Anhalt und Braunschweig: Wilhelm Loeper (06.05.1933 - 23.10.1935 (+))
für Baden: Robert Backfisch (nach 1938 Namensänderung in Wagner; 06.05.1933 - Apr. 1945))
für Bayern: Franz Ritter von Epp (10.04.1933 - 29.04.1945)
für Hamburg: Karl Kaufmann (16.05.1933 - 03.05.1945)
für Hessen: Jakob Sprenger (06.05.1933 - März 1945)
für Lippe und Schaumburg-Lippe: Dr. Alfred Mayer (16.05.1933 - 04.04.1945)
für Mecklenburg und Lübeck: Friedrich Hildebrandt (27.05.1933 - 01.05.1945; ab 01.04.1937 nur noch für Mecklenburg)
für Oldenburg und Bremen: Karl Röver (06.05.1933 - 15.05.1942 (+))
für Sachsen: Martin Mutschmann (06.05.1933 - Mai 1945)
für Thüringen: Fritz Sauckel (06.05.1933 - Apr. 1945)
für Württemberg: Wilhelm Murr (06.05.1933 - Apr. 1945)

§ 2. (1) Der Reichsstatthalter darf nicht gleichzeitig Mitglied einer Landesregierung sein. Er soll dem Lande angehören, dessen Staatsgewalt er ausübt. Er hat seinen Amtssitz am Sitze der Landesregierung.

(2) Für mehrere Länder, deren jedes weniger als 2 Millionen Einwohner hat, kann ein gemeinsamer Reichsstatthalter, der Angehöriger eines dieser Länder sein soll, ernannt werden. Den Amtssitz bestimmt der Reichspräsident.

§ 3. (1) Der Reichsstatthalter wird für die Dauer einer Landtagsperiode ernannt. Er kann auf Vorschlag des Reichskanzlers vom Reichspräsidenten jederzeit abberufen werden.

(2) Auf das Amt des Reichsstatthalters finden die Vorschriften des Reichsministergesetzes vom 27. März 1930 (RGBl. I. S. 96) sinngemäß Anwendung. Die Dienstbezüge gehen zu Lasten des Reichs, die Festsetzung ihrer Höhe bleibt vorbehalten.

Durch Gesetz vom 14. Oktober 1933 erhielt der § 3 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) Der Reichsstatthalter kann auf Vorschlag des Reichspräsidenten jederzeit abberufen werden."

siehe hierzu die Verordnung über die Amtsbezüge der Reichsstatthalter vom 1. Juni 1933 (RGBl. I. S. 173), aufgehoben und ersetzt durch Verordnung vom 16. Juni 1938 (RGBl. I. S. 707)

§ 4. Mißtrauensbeschlüsse des Landtags gegen Vorsitzende und Mitglieder von Landesregierungen sind unzulässig.

§ 5. (1) In Preußen übt der Reichskanzler die im § 1 genannten Rechte aus. Er kann die Ausübung der im § 1 Abs. 1 unter Ziffer 4 und 5 genannten Rechte auf die Landesregierung übertragen.

(2) Mitglieder der Reichsregierung können gleichzeitig Mitglieder der Preußischen Landesregierung sein.

Durch Gesetz vom 25. April 1933 erhielt der § 5 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) In Preußen übt der Reichskanzler die im § 1 Abs. 1 unter Ziffer 3 bis 5 genannten Rechte auf den Ministerpräsidenten übertragen, der ermächtigt ist, diese Rechte weiter zu übertragen."

§ 6. Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Entgegenstehende Bestimmungen der Reichsverfassung vom 11. August 1919 und der Landesverfassungen sind aufgehoben. Soweit Landesverfassungen das Amt eines Staatspräsidenten vorsehen, treten diese Bestimmungen mit der Ernennung eines Reichsstatthalters außer Kraft.

    Berlin, den 7. April 1933.

Der Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick


Erlaß des Reichspräsidenten über den Amtssitz von Reichsstatthaltern

vom 18. Juni 1933

Auf Grund des § 2 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich (Reichsstatthaltergesetz vom 7. April 1933 (RGBl. I. S. 173)) bestimme ich:

Die für mehrere Länder ernannten gemeinsamen Reichsstatthalter haben ihre Amtssitze wie folgt:
a) der Reichsstatthalter in Mecklenburg-Schwerin, Lübeck und Mecklenburg-Strelitz in Schwerin,
b) der Reichsstatthalter in Oldenburg und Bremen in Oldenburg,
c) der Reichsstatthalter in Braunschweig und Anhalt in Dessau,
d) der Reichsstatthalter in Lippe und Schaumburg-Lippe in Detmold.

Durch das Gesetz über die Vereinigung von Mecklenburg-Strelitz mit Mecklenburg-Schwerin vom 15. Dezember 1933 (RGBl. I. S. 1065) wurde der Buchstabe a) faktisch geändert.

Durch das Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen vom 26. Januar 1937 (RGBl. I. S. 91) wurde der Buchstabe a) faktisch aufgehoben.

    Neudeck, den 18. Juni 1933.

Der Reichspräsident
von Hindenburg

Der Reichskanzler
Adolf Hitler

 


Quelle: Reichsgesetzblatt 1933 I S. 171, 373
Sartorius, Sammlung von Reichsgesetzen staats- und verwaltungsrechtlichen Inhalts, Beck 1935-37
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