Deutsche Gemeindeordnung

vom 30. Januar 1935.

für Deutschland:
in Kraft seit dem 1. April 1935
geändert bzw. neu gefaßt
Verordnung Nr. 21 der Militärregierung vom 1. April 1946 (für die britische Besatzungszone)
Anwendungsgesetz Nr. 30 für Nord-Württemberg vom 20. Dezember 1945 / 6. Februar 1946 (RegBl. 1946 S. 55)

bereits in den Jahren 1945 bis 1949 ist es in den meisten Ländern zur Aufhebung der Deutschen Gemeindeordnung gekommen:
Badische Gemeindeordnung vom 25. März 1947 und vom 23. September 1948 (GVBl. S. 177; für das Land (Süd-)Baden)
Gesetz Nr. 32 über die Verwaltung und Wahlen in den Gemeinden im Landesbezirk Baden vom 10. Januar 1946 (RegBl. S. 35, für den Landesbezirk Nordbaden des Landes Württemberg-Baden)
Gemeindeordnung für Württemberg-Hohenzollern vom 14. März 1947 (RegBl. 1948 S. 1)
Bayerische Gemeindeordnung vom 18. Dezember 1945 / 28. Februar 1946 (GVBl. 1946 S. 225)
Art. 148 der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947 (GBl. S. 251)
Verfassung für die Stadt Bremerhaven vom 4. November 1947 (GBl. S. 291)
Hessische Gemeindeordnung vom 21. Dezember 1945 (GVBl. 1946 S. 1)
Teil A des Selbstverwaltungsgesetzes für Rheinland-Pfalz vom 27. September 1948 (GVBl. S. 335)
Gemeindeordnung des Landes Mecklenburg vom 20. September 1946 (ABl. S. 113)
Gemeindeordnung für die Mark Brandenburg vom 14. September 1946 (GVBl. II. 1947 S. 307)
Gemeindeordnung für Sachsen vom 6. Februar 1947 (GVBl. S. 54)
Gemeindeordnung für Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 1946 (VoBl. S. 437)
Gemeindeordnung für Thüringen vom 22. September 1946 (RgBl. I. S. 138)

gemäß Art. 123 Abs. 1 in Verbindung mit den Artikeln 30, 124 und 125 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) als Landesrecht fortgeltend

endgültig aufgehoben durch den Erlaß
der Niedersächsischen Gemeindeordnung vom 4. März 1955 (GVBl. I. S. 126)
der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg vom 25. Juli 1955 (GBl. S. 129).

für Österreich:
in Kraft seit dem 1. April 1935

aufgehoben durch
(Bundes-) Verfassungsgesetz vom 1. Mai 1945 über die vorläufige Einrichtung der Republik Österreich (Vorläufige Verfassung, StGBl. 5/1945); §§ 2, 3, 18, 30, 31-34;
Gesetz vom 10. Juli 1945 über die vorläufige Neuordnung des Gemeinderechts (Vorläufiges Gemeindegesetz, StGBl. 66/1945)

es folgt die ursprüngliche Fassung unter Berücksichtigung der Durchführungsbestimmungen bis Mai 1945.

Die Deutsche Gemeindeordnung will die Gemeinden in enger Zusammenarbeit mit Partei und Staat zu höchsten Leistungen befähigen und sie damit instand setzen, im wahren Geiste des Schöpfers gemeindlicher Selbstverwaltung, des Reichsfreiherrn vom Stein, mitzuwirken an der Erreichung des Staatszieles: in einem einheitlichen, von nationalem Willen durchdrungenen Volke die Gemeinschaft wieder vor das Einzelschicksal zu stellen, Gemeinnutz vor Eigennutz zu setzen und unter Führung der Besten des Volkes die wahre Volksgemeinschaft zu schaffen, in der auch der letzte willige Volksgenosse das Gefühl der Zusammengehörigkeit findet.

Die Deutsche Gemeindeordnung ist ein Grundgesetz des nationalsozialistischen Staates. Auf dem von ihr bereiteten Boden wird sich der Neubau des Reiches vollenden.

Die Reichsregierung hat daher das folgende Gesetz erlassen, das hiermit verkündet wird:

Erster Teil
Grundlagen der Gemeindeverfassung

§ 1. (1) Die Gemeinden fassen die in der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat zusammen.

(2) Die Gemeinden sind öffentliche Gebietskörperschaften. Sie verwalten sich selbst unter eigener Verantwortung. Ihr Wirken muß im Einklang mit den Gesetzen und den Zielen der Staatsführung stehen.

§ 2. (1) Die Gemeinden sind berufen, das Wohl ihrer Einwohner zu fördern Lind die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu erhalten.

(2) Die Gemeinden haben in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben unter eigener Verantwortung zu verwalten, soweit die Aufgaben nicht nach gesetzlicher Vorschrift anderen Stellen ausdrücklich zugewiesen sind oder auf Grund gesetzlicher Vorschrift von anderen Stellen übernommen werden.

(3) Den Gemeinden können durch Gesetz staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Anweisung übertragen werden. Sie stellen die zur Durchführung dieser Aufgaben erforderlichen Dienstkräfte, Einrichtungen und Mittel zur Verfügung, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen.

(4) Neue Pflichten können den Gemeinden nur durch Gesetz auferlegt werden; Eingriffe in die Rechte der Gemeinden sind nur im Wege des Gesetzes zulässig. Verordnungen zur Durchführung solcher Gesetze bedürfen der Zustimmung des Reichsministers des Innern.

§ 3. (1) Die Gemeinden können ihre eigenen Angelegenheiten durch Satzungen regeln, soweit die Gesetze keine Vorschriften enthalten oder den Erlaß von Satzungen ausdrücklich gestatten.

(2) Jede Gemeinde hat eine Hauptsatzung zu erlassen, die der Genehmi­gung der Aufsichtsbehörde bedarf. In der Hauptsatzung ist das zu ordnen, was nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Hauptsatzung vorbehalten ist.

(3) Satzungen sind öffentlich bekanntzumachen. Sie treten, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft. Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann einer Satzung  rückwirkende Kraft beigelegt werden.

siehe zu Abs. 1: § 1 der 2. Durchführungsverordnung vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272).

§ 4. Das Gebiet jeder Gemeinde soll so bemessen sein, daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner gewahrt und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.

§ 5. (1) Einwohner der Gemeinde ist, wer in der Gemeinde wohnt. Bürger ist, wer das Bürgerrecht in der Gemeinde besitzt.

(2) Der Bürger muß seine Kräfte jederzeit ehrenamtlich dem Wohl der Gemeinde widmen. Wer zu ehrenamtlicher Tätigkeit bestellt wird, muß sich durch uneigennützige und verantwortungsbewußte Führung der Geschäfte dieses Vertrauens würdig erweisen und der Allgemeinheit Vorbild sein.

§ 6. (1) Leiter der Gemeinde ist der Bürgermeister. Er wird von den Beigeordneten vertreten.

(2) Bürgermeister und Beigeordnete werden durch das Vertrauen von Partei und Staat in ihr Amt berufen. Zur Sicherung des Einklangs der Gemeindeverwaltung mit der Partei wirkt der Beauftragte der NSDAP bei bestimmten Angelegenheiten mit. Die stete Verbundenheit der Verwaltung mit der Bürgerschaft gewährleisten die Gemeinderäte; sie stehen als verdiente und erfahrene Männer dem Bürgermeister mit ihrem Rat zur Seite.

§ 7. Die Gemeinden haben ihr Vermögen und ihre Einkünfte als Treuhänder der Volksgemeinschaft gewissenhaft zu verwalten. Oberstes Ziel ihrer Wirtschaftsführung muß sein, unter Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Kräfte der Abgabepflichtigen die Gemeindefinanzen gesund zu erhalten.

§ 8. (1) Der Staat führt die Aufsicht über die Gemeinden.

(2) Die Aufsicht schützt die Gemeinden in ihren Rechten und sichert die Erfüllung ihrer Pflichten.

Zweiter Teil
Benennung und Hoheitszeichen der Gemeinden

§ 9. (1) Städte sind die Gemeinden, die diese Bezeichnung nach bisherigem Recht führen. Die Gemeinden können auch andere Bezeichnungen, die auf der geschichtlichen Vergangenheit, der Eigenart oder der Bedeutung der Gemeinde beruhen, weiterführen.

(2) Der Reichsstatthalter kann nach Anhörung der Gemeinde Bezeichnungen verleihen und ändern.

§ 10. Die Gemeinden führen ihre bisherigen Namen. Der Reichsstatthalter spricht nach Anhörung der Gemeinde die Änderung von Gemeindenamen aus und bestimmt die Namen neugebildeter Gemeinden. Das gleiche gilt für die besondere Benennung von Gemeindeteilen.

§ 11. (1) Die Gemeinden führen Dienstsiegel.

(2) Die Gemeinden führen ihre bisherigen Wappen und Flaggen. Der Reichsstatthalter kann Gemeinden das Recht verleihen, Wappen und Flaggen zu führen. Er kann Wappen und Flaggen ändern. Die Gemeinde ist vorher zu hören.

Dritter Teil
Gemeindegebiet

§ 12. (1) Das Gebiet (die Gemarkung) der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören. Grenzstreitigkeiten entscheidet die Aufsichtsbehörde.

(2) Jedes Grundstück soll zu einer Gemeinde gehören. Aus besonderen Gründen können Grundstücke außerhalb einer Gemeinde verbleiben (gemeindefreie Grundstücke, Gutsbezirke).

§ 13. Gemeindegrenzen können aus Gründen des öffentlichen Wohles geändert werden. Das gleiche gilt, wenn Gemeinden aufgelöst oder neu gebildet und wenn Gemeinden oder Gemeindeteile zu gemeindefreien Grundstücken (Gutsbezirken) erklärt werden sollen.

§ 14. (1) Die Gemeinden haben die Absicht von Verhandlungen über die Ände­rung ihres Gebietes der Aufsichtsbehörde rechtzeitig vorher anzuzeigen.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit die Leitung der Verhandlungen übernehmen.

(3) Vereinbarungen der Gemeinden (Eingemeindungsverträge) werden nur wirksam, wenn sie bei Änderung des Gemeindegebiets bestätigt werden.

§ 15. (1) Der Reichsstatthalter spricht nach Anhörung der Gemeinde die Änderung des Gemeindegebiets aus. Gleichzeitig bestimmt es den Tag der Rechtswirksamkeit und regelt, soweit erforderlich, die Rechtsnachfolge, das Ortsrecht und die neue Verwaltung.

(2) Die Aufsichtsbehörde regelt die Auseinandersetzung. Ihr Spruch begründet Rechte und Pflichten der Beteiligten und bewirkt den Übergang, die Beschränkung und Aufhebung von dinglichen Rechten. Die Aufsichtsbehörde ersucht die zuständigen Behörden um die Berichtigung des Grundbuches, des Wasserbuches und anderer öffentlicher Bücher. Sie ist befugt, Unschädlichkeitszeugnisse auszustellen.

§ 16. Rechtshandlungen, die aus Anlaß der Änderung des Gemeindegebiets erforderlich werden, sind frei von öffentlichen Abgaben, Stempeln und Gebühren. Das gleiche gilt für Berichtigungen, Eintragungen und Löschungen nach § 15 Absatz 2.

Vierter Teil
Einwohner und Bürger

§ 17. (1) Die Einwohner sind nach den hierüber bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.

(2) Grundbesitzer und Gewerbetreibende, die nicht in der Gemeinde wohnen, sind in gleicher Weise berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen, die in der Gemeinde für Grundbesitzer oder Gewerbetreibende bestehen, und verpflichtet, für ihren Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im Gemeindegebiet zu den Gemeindelasten beizutragen.

(3) Diese Vorschriften gelten entsprechend für juristische Personen und Personenvereinigungen.

§ 18. (1) Die Gemeinde kann bei dringendem öffentlichen Bedürfnis durch Satzung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die Grundstücke ihres Gebietes den Anschluß an Wasserleitung, Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen (Anschlußzwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben.

(2) Die Satzung kann Ausnahmen vom Anschluß- und Benutzungszwang zulassen. Sie kann den Zwang auch auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets und auf bestimmte Gruppen von Grundstücken oder Personen beschränken.

(3) In der Satzung können für den Fall der Zuwiderhandlung Zwangsgelder bis zur Höhe von 1000 Reichsmark angedroht werden. Auch kann die Satzung vorsehen, daß bei Weigerung des Verpflichteten Handlungen an seiner Stelle und auf seine Kosten vorgenommen werden. Die Zwangsgelder und die Kosten für die Ersatzvornahme werden im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben.

siehe zu Abs. 3: § 1 der 5. Durchführungsverordnung vom 24. November 1938 (RGBl. I. S. 1665).

§ 19. (1) Bürger der Gemeinde sind die deutschen Staatsangehörigen, die das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens einem Jahr in der Gemeinde wohnen und die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen.

(2) Hauptamtliche Bürgermeister und hauptamtliche Beigeordnete werden Bürger ohne Rücksicht auf die Wohndauer mit dem Amtsantritt in der Gemeinde.

§ 20. (1) Das Bürgerrecht erlischt
1. durch Wegzug aus der Gemeinde,
2. durch Verlust des deutschen Staatsbürgerrechts.

(2) Das Bürgerrecht wird verwirkt
1. durch ehrenrührigen Verlust des deutschen Staatsbürgerrechts oder der bürgerlichen Ehrenrechte,
2. durch Aberkennung nach den Vorschriften dieses Gesetzes.

(3) Die Gemeinde kann die Verwirkung des Bürgerrechts unter Anführung der Gründe öffentlich bekanntmachen.

siehe zu Abs. 2 Nr. 2: die §§ 23 Abs. 2 und 24 Abs. 2.

§ 21. (1) Die Gemeinde kann deutschen Staatsbürgern, die sich um Volk und Staat oder um die Gemeinde besonders verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen. Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Ausländer bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) Die Gemeinde kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde dem Ehrenbürger das Ehrenbürgerrecht wegen eines unwürdigen Verhaltens aberkennen.

(3) Mit der Verwirkung des Bürgerrechts wird auch das Ehrenbürgerrecht verwirkt.

§ 22. (1) Der Bürgermeister bestellt die Bürger zu ehrenamtlicher Tätigkeit. Er kann die Bestellung jederzeit zurücknehmen. Für ehrenamtliche Bürgermeister und für Mitglieder des Gemeinderats gelten die besonderen Vorschriften dieses Gesetzes.

(2) Mit dem Verlust des Bürgerrechts endet jede ehrenamtliche Tätigkeit.

siehe zu Abs. 1 Satz 3: § 41.

§ 23. (1) Der Bürger kann eine ehrenamtliche Tätigkeit aus wichtigen Gründen ablehnen oder sein Ausscheiden verlangen, Als wichtiger Grund gilt namentlich, wenn der Bürger
1. ein geistliches Amt verwaltet,
2. ein öffentliches Amt verwaltet und die Anstellungsbehörde feststellt, daß die ehrenamtliche Tätigkeit mit seinen dienstlichen Pflichten nicht vereinbar ist,
3. schon sechs Jahre ein öffentliches Ehrenamt verwaltet hat,
4. mindestens vier minderjährige Kinder hat,
5. mindestens zwei Vormundschaften oder Pflegschaften führt,
6. häufig oder langdauernd von der Gemeinde geschäftlich abwesend ist,
7. anhaltend krank oder
8. mehr als sechzig Jahre alt ist.

(2) Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet der Gemeinderat. Er kann einen Bürger, der ohne wichtigen Grund eine ehrenamtliche Tätigkeit ablehnt oder niederlegt, in eine Buße bis zu 1000 Reichsmark nehmen und ihm das Bürgerrecht bis zur Dauer von sechs Jahren aberkennen. Die Buße wird im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben.

§ 24. (1) Der Bürger, der zu ehrenamtlicher Tätigkeit bestellt wird, ist wie ein Gemeindebeamter zur Verschwiegenheit verpflichtet. Er darf die Kenntnis von Angelegenheiten, über die er verschwiegen zu sein hat, nicht unbefugt verwerten. Das gilt auch dann, wenn er nicht mehr ehrenamtlich tätig ist.

(2) Verletzt der Bürger diese Pflichten, so stehen dem Gemeinderat die Befugnisse nach § 23 Absatz 2 zu.

§ 25. (1) Der Bürger darf in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht bei Angelegenheiten beratend oder entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung ihm selbst, seinem Ehegatten, seinen Verwandten bis zum dritten oder Verschwägerten bis zum zweiten Grade oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Das gilt auch, wenn der Bürger
1. in der Angelegenheit in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist,
2. gegen Entgelt bei jemand beschäftigt ist, der an der Erledigung der Angelegenheit ein persönliches oder wirtschaftliches Sonderinteresse hat.

Diese Vorschriften gelten nicht, wenn der Bürger an der Entscheidung der Angelegenheit lediglich als Angehöriger eines Berufes oder einer Bevölkerungsgruppe beteiligt ist, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.

(2) Darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, entscheidet der Bürgermeister endgültig; soweit es sich um ihn selbst handelt, entscheidet sein allgemeiner Vertreter.

(3) Wer an der Beratung nicht teilnehmen darf, muß den Beratungsraum verlassen.

§ 26. Ehrenamtliche Bürgermeister, Beigeordnete und Gemeinderäte haben eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde. Sie dürfen Ansprüche Dritter gegen die Gemeinde nicht geltend machen, soweit sie nicht als gesetzliche Vertreter handeln. Das gilt auch für andere ehrenamtlich tätige Bürger, wenn der Auftrag mit den Aufgaben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in Zusammenhang steht. Ob die Voraussetzungen dieses Verbots vorliegen, entscheidet der Bürgermeister endgültig, bei ihm selbst die Aufsichtsbehörde.

§ 27. (1) Die Gemeinde kann durch die Hauptsatzung ehrenamtlichen Bürgermeistern, Beigeordneten und Kassenverwaltern eine angemessene Aufwandsentschädigung bewilligen.

(2) Wer sonst ehrenamtlich tätig ist, hat nur Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und des entgangenen Arbeitsverdienstes im Rahmen von Zeugengebühren. Durch die Hauptsatzung können Durchschnittssätze festgesetzt werden.

(3) Die Ansprüche auf diese Bezüge sind nicht übertragbar.

§ 28. (1) Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß Bürgern, die mindestens zwanzig Jahre ein Ehrenamt ohne Tadel verwaltet haben, eine Ehrenbezeichnung verliehen werden kann.

(2) Die Gemeinde kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Ehrenbezeichnung wegen eines unwürdigen Verhaltens aberkennen.

(3) Mit der Verwirkung des Bürgerrechts wird auch die Ehrenbezeichnung verwirkt.

§ 29. (1) Gegen Verfügungen der Gemeinde, die
1. das Recht zur Mitbenutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen,
2. die Festsetzung von Zwangsgeldern oder die Ersatzvornahme,
3. den Erwerb, das Erlöschen oder die Verwirkung des Bürgerrechts  oder
4. die Verhängung von Bußen
betreffen, findet der Einspruch statt.

(2) Der Einspruch ist binnen zwei Wochen nach der Zustellung bei dem Bürgermeister einzulegen, Die Einspruchsfrist gilt als gewahrt, wenn der Einspruch rechtzeitig bei der Stelle eingelegt wird, die die Verfügung erlassen hat.

(3) Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung, wenn die Verfügung selbst nichts anderes besagt.

§ 30. (1) über den Einspruch entscheidet der Bürgermeister. Gegen die ablehnende Entscheidung ist die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig.

(2) Die Klagekann nur darauf gestützt werden, daß die Verfügung gesetzwidrig sei und den Kläger beeinträchtige.

(3) In der Entscheidung über den Einspruch ist auf diese Vorschriften hinzuweisen.

siehe zu Abs. 1: § 8 de r1. Durchführungverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393).

§ 31. (1) Gegen die Zurücknahme der Bestellung zu ehrenamtlicher Tätigkeit findet binnen zwei Wochen nach der Zustellung die Beschwerde statt.

(2) über die Beschwerde entscheidet die Aufsichtsbehörde endgültig.

(3) § 29 Absatz 3 findet entsprechende Anwendung.

Fünfter Teil
Verwaltung der Gemeinde

Erster. Abschnitt
Bürgermeister und Beigeordnete

§ 32. (1) Der Bürgermeister führt die Verwaltung in voller und ausschließlicher Verantwortung, soweit nicht § 33 ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(2) Der Bürgermeister führt in Stadtkreisen die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister.

siehe zu Abs. 2: die §§ 6 bis 11 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393).

§ 33. (1) Zur Sicherung des Einklangs der Gemeindeverwaltung mit der Partei wirkt der Beauftragte der NSDAP außer bei der Berufung und Abberufung des Bürgermeisters, der Beigeordneten und der Gemeinderäte (§§ 41, 45, 51 und 54) bei folgenden Entschließungen des Bürgermeisters mit:
1. der Erlaß der Hauptsatzung bedarf seiner Zustimmung;
2. das Ehrenbürgerrecht sowie Ehrenbezeichnungen dürfen nur mit seiner Zustimmung verliehen und aberkannt werden.

(2) Versagt der Beauftragte der NSDAP seine Zustimmung, so hat er dies binnen zwei Wochen nach Zuleitung der Entscheidung schriftlich zu begründen bei der Hauptsatzung unter Anführung der Vorschriften, die seine Zustimmung nicht finden; andernfalls gilt seine Zustimmung als erteilt. Wenn bei Versagung der Zustimmung zwischen dem Beauftragten der NSDAP und dem Bürgermeister in erneuter Verhandlung keine Einigung zustande kommt, so hat der Bürgermeister in Stadtkreisen die Entscheidung des Reichsstatthalters, im übrigen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde herbeizuführen. Bei der Hauptsatzung bedarf der Reichsstatthalter zu seiner Entscheidung der Zustimmung des Reichsministers des Innern, wenn er von der Stellungnahme der Aufsichtsbehörde abweichen will. Die Entscheidung des Reichsstatthalters bindet die Aufsichtsbehörde.

siehe hierzu die Hinweise zu §§ 118.

§ 34. (1) Dem Bürgermeister stehen Beigeordnete als Stellvertreter zur Seite. Ihre Zahl bestimmt die Hauptsatzung.

(2) Der Erste Beigeordnete führt in Stadtkreisen die Amtsbezeichnung Bürgermeister. Der mit der Verwaltung des Geldwesens einer Stadt beauftragte Beigeordnete führt die Amtsbezeichnung Stadtkämmerer. Die übrigen Beigeordneten in Städten führen die Amtsbezeichnung Stadtrat (Stadtrechtsrat, Stadtschulrat, Stadtbaurat und dergleichen).

§ 35. (1) Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters ist der Erste Beigeordnete. Die übrigen Beigeordneten sind zur allgemeinen Vertretung des Bürgermeisters nur berufen, wenn der Erste Beigeordnete verhindert ist. Die Reihenfolge richtet sich nach ihrem Dienstalter als Beigeordnete der Gemeinde. Der Bürgermeister kann schriftlich eine andere Reihenfolge bestimmen.

(2) Die übrigen Beigeordneten vertreten den Bürgermeister in ihrem Arbeitsgebiet. Der Bürgermeister kann jede Angelegenheit an sich ziehen.

(3) Der Bürgermeister kann auch andere Beamte und Angestellte mit seiner Vertretung in bestimmten Angelegenheiten beauftragen sowie Beigeordnete ermächtigen, solche Aufträge in ihrem Arbeitsgebiet zu erteilen.

§ 36. (1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde.

(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der schriftlichen Form. Sie sind unter der Amtsbezeichnung des Bürgermeisters handschriftlich zu unterzeichnen. Im Falle der vertretung des Bürgermeisters muß die Erklärung durch zwei vertretungsberechtigte Beamte oder Angestellte unterzeichnet sein.

siehe zu Abs. 2: § 3 der 2. Durchführungsverordnung vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 278).

§ 37. Der Bürgermeister ist Dienstvorgesetzter aller Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gemeinde. Er stellt sie an und entläßt sie; bei der Anstellung ist der Stellenplan einzuhalten. Rechte des Staates bei der Anstellung und Entlassung von Beamten und Angestellten, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt.

§ 38. Für hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete gelten die §§ 25 und 26 entsprechend.

§ 39. (1) In Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern sind Bürgermeister und Beigeordnete ehrenamtlich tätig. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß die Stelle des Bürgermeisters oder eines Beigeordneten hauptamtlich verwaltet wird

(2) In Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern muß die Stelle des Bürgermeisters oder eines Beigeordneten hauptamtlich verwaltet werden. Die Hauptsatzung bestimmt, welche Stelle außerdem hauptamtlich verwaltet werden.

§ 40. In Stadtkreisen muß der Bürgermeister oder der Erste Beigeordnete hauptamtlich angestellt sein und die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben. Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen. Die Hauptsatzung kann auch für andere hauptamtlich verwaltete Stellen, insbesondere für die Stelle des Stadtkämmerers, eine besondere Vorbildung vorschreiben.

§ 41. (1) Die Stellen hauptamtlicher Bürgermeister und Beigeordneter sind vor der Besetzung von der Gemeinde öffentlich auszuschreiben. Die bei der Gemeinde eingegangenen Bewerbungen sind dem Beauftragten der NSDAP zuzuleiten. Dieser schlägt nach Beratung mit den Gemeinderäten in nicht öffentlicher Sitzung drei Bewerber vor. Bei Stellen von Beigeordneten hat er vorher dem Bürgermeister Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Der Beauftragte der NSDAP übermittelt seine Vorschläge mit allen Bewerbungen
1. bei Stellen von Bürgermeistern, Ersten Beigeordneten und Stadtkämmerern in Stadtkreisen mit mehr als 100 000 Einwohnern durch die Aufsichtsbehörde dem Reichsminister des Innern,
2. bei Stellen anderer Beigeordneter in Stadtkreisen mit mehr als 100 000 Einwohnern und bei Stellen von Bürgermeistern und Beigeordneten in den übrigen Stadtkreisen durch die Aufsichtsbehörde dem Reichsstatthalter,
3. bei Stellen von Bürgermeistern und Beigeordneten in kreisangehörigen Städten durch die Aufsichtsbehörde der oberen Aufsichtsbehörde, in den übrigen Gemeinden der Aufsichtsbehörden.

(3) Erklärt sich die nach Abs. 2 zuständige Behörde mit der Berufung eines der vorgeschlagenen Bewerber einverstanden, so beruft sie den Bewerber, den die Gemeinde zu ernennen hat. Andernfalls sind neue Vorschläge einzureichen. Erklärt sich die zuständige Behörde auch mit diesen Vorschlägen nicht einverstanden, so beruft sie den Bewerber, den die Gemeinde zu ernennen hat. Das gleiche gilt, wenn innerhalb einer von der zuständigen Behörde bestimmten Frist ein Vorschlag nicht gemacht wird.

(4) Stellen ehrenamtlicher Bürgermeister und Beigeordneter brauchen nicht ausgeschrieben zu werden. Auch für hauptamtliche Stellen kann die nach Abs. 2 zuständige Behörde zulassen, daß die Ausschreibung unterbleibt. Im übrigen gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(5) Bis zur Erklärung des Einverständnisses der nach Abs. 2 zuständigen Behörde ist über die Vorschläge Verschwiegenheit zu wahren.

§ 42. (1) Bürgermeister und Beigeordnete können nicht sein
1. besoldete Beamte des Staates, einer Gemeinde oder sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts,
2. Angestellte und Arbeiter der Gemeinde,
3. Angestellte und Arbeiter von Gesellschaften und Vereinigungen, an denen die Gemeinde maßgebend beteiligt ist,
4. Angestellte von öffentlichen Krankenkassen,
5. Geistliche.

(2) Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die in den Nrn. 1 bis 4 genannten Beamten, Angestellten und Arbeiter bei der Berufung zum hauptamtlichen Bürgermeister oder Beigeordneten bis zur Unwiderruflichkeit ihrer Berufung (§ 45) beurlaubt sind. Auch kann die Aufsichtsbehörde ausnahmsweise die Berufung dieser Beamten, Angestellten und Arbeiter zu ehrenamtlichen Beigeordneten zulassen.

siehe hierzu den § 1 der 3. Durchführungsverordnung vom 30. März 1937 (RGBl. I. S. 428).

§ 43. (1) Bürgermeister und Beigeordnete dürfen miteinander nicht bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sein. In Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern kann die Aufsichtsbehörde Ausnahmen zulassen.

(2) Entsteht die Verwandtschaft oder Schwägerschaft im Laufe der Amtszeit, so hat einer der Beteiligten auszuscheiden. Ist einer der Beteiligten hauptamtlicher Bürgermeister, so scheidet der andere aus. Ist einer der Beteiligten hauptamtlich, der andere ehrenamtlich, so scheidet dieser aus. Im übrigen scheidet, wenn sich die Beteiligten nicht einigen, der an Lebensalter jüngere aus.

§ 44. (1) Hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete werden auf zwölf Jahre berufen. Sie sind verpflichtet, das Amt jeweils weitere zwölf Jahre zu führen, es sei denn, daß die Wiederberufung unter ungünstigeren Bedingungen erfolgen soll. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, so sind sie mit dem Ablauf ihrer Amtszeit zu entlassen.

(2) Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete auf Lebenszeit wiederberufen werden.

(3) Ehrenamtliche Bürgermeister und Beigeordnete werden auf sechs Jahre berufen. Sie bleiben bis zum Amtsantritt des Nachfolgers im Amt. Wiederberufung ist zulässig.

§ 45. (1) Die nach § 41 Abs. 2 zuständige Behörde kann die Berufung zum Bürgermeister und Beigeordneten bis zum Ablauf des ersten Amtsjahres zurücknehmen. Hierzu bedarf es im Falle des § 41 Abs. 2 Nr. 1 der Anhörung des Reichsstatthalters und im Falle des § 41 Abs. 2 Nr. 3 des Einvernehmens mit dem Beauftragten der NSDAP; kommt kein Einvernehmen zustande, so entscheidet der Reichsstatthalter.

(2) Die zuständige Behörde kann schon vor Ablauf des ersten Amtsjahres auf die Zurücknahme der Berufung verzichten.

(3) Der Reichsminister des Innern kann durch Verordnung die rechtlichen Folgen im Falle der Zurücknahme der Berufung zum hauptamtlichen Bürgermeister oder Beigeordneten regeln. Er kann dabei vorschrieben, daß Bürgermeister und Beigeordnete, die vor ihrer Berufung als Beamte im Dienste des Staates, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes standen, bei Zurücknahme der Berufung in ihr früheres Dienstverhältnis zu übernehmen sind, sofern nicht Gründe vorliegen, die auch sonst der Ernennung eines Beamten entgegenstehen.

§ 46. Die Bürgermeister werden vor dem Amtsantritt von der Aufsichtsbehörde, die Beigeordneten von dem Bürgermeister vereidigt.

§ 47. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß der Bürgermeister, die Beigeordneten und Gemeinderäte bei feierlichen Anlässen eine Amtstracht oder ein Amtszeichen tragen.

Zweiter. Abschnitt
Gemeinderäte

§ 48. (1) Die Gemeinderäte haben die Aufgabe, die dauernde Fühlung der Verwaltung der Gemeinde mit allen Schichten der Bürgerschaft zu sichern. Sie haben den Bürgermeister eigenverantwortlich zu beraten und seinen Maßnahmen in der Bevölkerung Verständnis zu verschaffen. Sie haben bei ihrer Tätigkeit ausschließlich das Gemeinwohl zu wahren und zu fördern.

(2) In Städten führen die Gemeinderäte die Amtsbezeichnung Ratsherr.

§ 49. Die Hauptsatzung bestimmt die Zahl der Gemeinderäte. Die Höchstzahl der Gemeinderäte beträgt in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern zwölf, in den übrigen kreisangehörigen Gemeinden vierundzwanzig, in den Stadtkreisen sechsunddreißig.

§ 50. Der Beauftragte der NSDAP ist nicht Gemeinderat. Er kann an den Beratungen des Bürgermeisters mit den Gemeinderäten teilnehmen, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, bei denen ihm das Gesetz eine Mitwirkung einräumt (§ 33 Abs. 1); er ist zu diesen Beratungen zu lasen.

§ 51. (1) Der Beauftragte der NSDAP beruft im Benehmen mit dem Bürgermeister die Gemeinderäte. Bei der Berufung hat er auf nationale Zuverlässigkeit, Eignung und Leumund zu achten und Persönlichkeiten zu berücksichtigen, deren Wirkungskreis der Gemeinde ihre besondere Eigenart oder Bedeutung gibt oder das gemeindliche Leben wesentlich beeinflußt.

(2) Beamte, Angestellte und Arbeiter der Gemeinde und Beamte der Aufsichtsbehörde können nicht als Gemeinderäte berufen werden. Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen.

§ 52. (1) Die Gemeinderäte werden auf sechs Jahre berufen. Ausscheidende Gemeinderäte können wiederberufen werden.

(2) Scheidet ein Gemeinderat vor Ablauf der Amtszeit aus, so wird für deren Rest ein Ersatzmann berufen.

§ 53. Die Gemeinderäte bekleiden ein Ehrenamt. Der Bürgermeister verpflichtet sie auf gewissenhafte Erfüllung ihrer Aufgaben und vereidigt sie.

§ 54. Gemeinderäte, bei denen die Voraussetzungen des § 61 nicht oder nicht mehr gegeben sind, scheiden aus. Die Entscheidung trifft die Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Beauftragten der NSDAP; kommt kein Einvernehmen zustande, so entscheidet der Reichsstatthalter.

§ 55. (1) Der Bürgermeister hat wichtige Angelegenheiten der Gemeinde mit den Gemeinderäten zu beraten. Er muß ihnen Gelegenheit zur Äußerung geben vor
1. Änderung der Gemeindegrenzen,
2. Verleihung und Aberkennung des Ehrenbürgerrechts und der Ehrenbezeichnungen,
3. Aberkennung des Bürgerrechts,
4. Erlaß, Änderung und Aufhebung von Satzungen,
5. Festsetzung von Abgaben und Tarife,
6. Übernahme neuer Aufgaben, für die eine gesetzliche Verpflichtung nicht besteht, besonders vor Errichtung und Erweiterung von öffentlichen Einrichtungen, Betrieben und wirtschaftlichen Unternehmen, sowie vor Beteiligung an solchen Unternehmen,
7. Umwandlung der Rechtsform von Eigenbetrieben oder Unternehmen, an denen die Gemeinde maßgebend beteiligt ist,
8. Verfügung über Gemeindevermögen, besonders vor Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, vor Schenkungen und Darlehenshingaben, soweit es sich nicht ihrer Natur nach um regelmäßig wiederkehrende Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt,
9. Umwandlungen von Gemeindegliedervermögen in freies Gemeindevermögen, Veränderungen der Nutzungsrechte am Gemeindegliedervermögen,
10. Verzicht auf Ansprüche der Gemeinde und Abschluß von Vergleichen, soweit es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt, die geldlich von unerheblicher Bedeutung sind,
11. Aufnahme von Darlehen, Übernahme von Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen und Bestellung anderer Sicherheiten,
12. über- und außerplanmäßige Ausgaben sowie vor Anordnungen, durch die Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen können, für die keine Mittel im Haushaltsplan vorgesehen sind, soweit sie nicht geringfügig sind,
13. Führung eines Rechtsstreits von größerer Bedeutung.

(2) Duldet die Angelegenheit keinen Aufschub, so kann der Bürgermeister von der Beratung absehen; er hat den Gemeinderäten bei der nächsten Beratung die Art der Erledigung mitzuteilen.

§ 56. (1) Der Bürgermeister lädt die Gemeinderäte mit angemessener Frist zu den beratungen und teilt die Beratungsgegenstände mit.

(2) Der Bürgermeister bestimmt jeweils, ob die Beratungen öffentlich oder nicht öffentlich sind. Die Tagesordnung öffentlicher Beratungen ist mit Ort und Stunde öffentlich bekanntzumachen.

(3) Die Beigeordneten nehmen an den Beratungen mit den Gemeinderäten teil. Der Bürgermeister kann Beamte und Angestellte der Gemeinde sowie Sachverständige zu den Beratungen zuziehen.

(4) Die Gemeinderäte müssen an den Beratungen teilnehmen, wenn sie nicht vom Bürgermeister beurlaubt sind.

§ 57. (1) Der Bürgermeister eröffnet, leitet und schließt die Beratungen mit den Gemeinderäten. Er sorgt dafür, daß nur solche Angelegenheiten erörtert werden, die zum Aufgabengebiet der Gemeinde gehören.

(2) Er handhabt die Ordnung in den Beratungen und übt das Hausrecht aus. Auf sein Verlangen haben sich die einzelnen Gemeinderäte zu bestimmten Beratungsgegenständen zu äußern. Sie sind zur Äußerung verpflichtet, wenn ihre Meinung von der des Bürgermeisters abweicht. Eine Abstimmung der Gemeinderäte findet nicht statt.

(3) Über den wesentlichen Inhalt der Beratungen ist eine Niederschrift zu fertigen. In der Niederschrift sind abweichende Äußerungen der Gemeinderäte aufzunehmen. Auch sonst ist jeder Gemeinderta berechtigt, seine Auffassung zur Niederschrift zu geben. Die Niederschrift wird von dem Bürgermeister und zwei von ihm bestimmten Gemeinderäten unterzeichnet.

Dritter. Abschnitt
Beiräte

§ 58. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß Beiräte zur beratenden Mitwirkung für einen bestimmten Verwaltungszweig bestellt werden. Beiträte können außer den Gemeinderäten auch andere sachkundige Bürger sein. Die Beiträte werden vom Bürgermeister berufen.

§ 59. Die Beratungen mit den Beiträten sind nicht öffentlich. Der Bürgermeister kann den Vorsitz einem Beigeordneten übertragen. Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 56, 57 über die Beratung mit den Gemeinderäten entsprechend.

Sechster Teil
Gemeindewirtschaft

Erster Abschnitt.
Gemeindevermögen

§ 60. (1) Das Gemeindevermögen ist pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten. Mit möglichst wenig Kosten soll es den bestmöglichen Ertrag bringen

(2) Das Gemeindevermögen ist aus Mitteln des ordentlichen Haushalts zu unterhalten.

(3) Für Vermögensgegenstände, die nach Alter, Verbrauch oder sonstiger Wertminderung jeweils ersetzt oder nach wachsendem Bedarf erweitert werden müssen, sind die Mittel zur Ersatzbeschaffung oder Erweiterung aus Mitteln des ordentlichen Haushalts anzusammeln (Erneuerungs-, Erweiterungsrücklagen).

siehe zu Abs. 3: die Rücklagenverordnung vom 5. Mai 1936 /RGBl. I. S. 435).

§ 61. (1) Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind oder in absehbarer Zeit erforderlich werden.

(2) Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände gegen Entgelt regelmäßig nur aus Mitteln des ordentlichen Haushalts oder aus Rücklagen erwerben, die sie für diesen Zweck aus Mitteln des ordentlichen Haushalts angesammelt hat. Darlehen zum Erwerb von Vermögensgegenständen soll sie nur aufnehmen, wenn es sich um einen nicht voraussehbaren außerordentlichen Bedarf handelt oder wenn sie aus sonstigen zwingenden Gründen Rücklagen nicht ansammeln konnte.

§ 62. (1) Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände, die sie für ihre Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht, veräußern.

(2) Die Gemeinde bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, wenn sie
1. Vermögensgegenstände aller Art unentgeltlich veräußern,
2. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte verkaufen oder tauschen,
3. Sachen, die einen besonderen wissenschaftlichen, geschichtlichen oder künstlerischen Wert haben, besonders Archive und Teile solcher, veräußern oder wesentlich verändern will.

(3) Der Reichsminister des Innern kann durch Verordnung Rechtsgeschäfte nach Absatz 2 Nummern 1 und 2 von der Genehmigungspflicht freistellen„ wenn sie ihrer Natur nach regelmäßig wiederkehren oder wenn bestimmte Wertgrenzen nicht überstiegen werden.

siehe zu Abs. 2 Nr. 1: die 4. Durchführungsverordnung vom 20. August 1937 (RGBl. I. S. 911, betr. Großstädte).

siehe zu Abs. 3: die §§ 23 bis 25 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393) und § 5 der 2. Durchführungsverordnung vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272).

§ 63. Der Erlös aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen ist dem Vermögen zur Erhaltung seines Wertes zuzuführen oder zur außerordentlichen Tilgung von Darlehen zu verwenden. Ausnahmsweise darf er zur Verminderung des Darlehensbedarfs des außerordentlichen Haushaltsplans oder zur Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren verwendet werden, wenn dies nach den Grundsätzen einer ordentlichen Finanzwirtschaft vertretbar ist.

§ 64. Für die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen gilt das bisherige Recht.

§ 65. (1) Für die Nutzung des Gemeindevermögens, dessen Ertrag nach bisherigem Recht nicht der Gemeinde, sondern sonstigen Berechtigten zusteht (Gemeindegliedervermögen), verbleibt es bei den bisherigen Vorschriften und Gewohnheiten.

(2) Gemeindevermögen darf nicht in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden.

siehe zu Abs. 1: § 2 der 5. Durchführungsverordnung vom 24. November 1938 (RGBl. I. S. 1665).

§ 66. (1) Die Gemeinde verwaltet die örtlichen Stiftungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, soweit nicht durch Gesetz oder Stifter anderes bestimmt ist. Das Stiftungsvermögen ist von dem übrigen Gemeindevermögen getrennt zu halten und so anzulegen, daß es für seinen Verwendungszweck greifbar ist.

(2) Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden oder gefährdet die Stiftung das Gemeinwohl, so sind die Vorschriften des § 87 des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden. Die Umwandlung des Stiftungszwecks und die Aufhebung der Stiftung steht der Gemeinde zu; sie bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Zweiter Abschnitt
Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde

siehe hierzu auch das Zweckverbandsgesetz vom 7. Juni 1939 (RGBl. I. S. 979)

§ 67. (1) Die Gemeinde darf wirtschaftliche Unternehmen nur errichten oder wesentlich erweitern, wenn
1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt,
2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Ver­hältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht,
3. der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

(2) Wirtschaftliche Unternehmen im Sinne dieses Abschnittes sind nicht
1. Unternehmen, zu denen die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,
2. Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, der körperlichen Ertüchtigung, der Kranken-, Gesundheits- und Wohlfahrtspflege.

Auch diese Unternehmen und Einrichtungen sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten.

(3) Bankunternehmen darf die Gemeinde nicht errichten.

(4) Für das öffentliche Sparkassenwesen verbleibt es bei den besonderen Vorschriften.

siehe hierzu die Eigenbetriebsverordnung vom 21. November 1938 (RGBl. I. S. 1650).

§ 68. Wenn die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen errichten oder wesentlich erweitern will, so hat sie der Aufsichtsbehörde rechtzeitig, mindestens sechs Wochen vor Beginn oder Vergebung der Arbeiten darüber zu berichten. Aus dem Bericht muß zu ersehen sein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ob die Deckung der Kosten tatsächlich und rechtlich gesichert ist.

§ 69. (1) Die Gemeinde darf sich an einem wirtschaftlichen Unternehmen nur beteiligen, wenn die Voraussetzungen des § 67 vorliegen und wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, die die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt. § 68 gilt entsprechend.

(2) Die Beteiligung der Gemeinde an einem Zweckverband, an dem ausschließlich öffentliche Körperschaften beteiligt sind, bleibt hiervon unberührt.

§ 70. (1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde in der Gesellschafterversammlung oder in dem dieser gleichgestellten Organ der Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist. Bestellt der Bürgermeister Beamte oder Angestellte als Vertreter, so sind sie an seine Weisungen gebunden.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn der Gemeinde das Recht eingeräumt ist, Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder eines ähnlichen Organs von Unternehmen zu bestellen.

(3) Werden Beamte oder Angestellte der Gemeinde aus dieser Tätigkeit haftbar gemacht, so hat ihnen die Gemeinde den Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß sie ihn vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben. Auch in diesem Falle ist die Gemeinde schadenersatzpflichtig, wenn Vertreter nach Anweisung gehandelt haben.

§ 71. (1) Vertreter der Gemeinde in dem Vorstand, dem Aufsichtsrat oder einem sonstigen Organ einer Gesellschaft, an der Gemeinden oder Gemeindeverbände mit mehr als 75 vom Hundert beteiligt sind, dürfen der Aufnahme von Darlehen und Kassenkrediten nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zustimmen.

(2) Sind mehrere Gemeinden beteiligt, die verschiedenen Aufsichtsbehörden unterstehen, so hat die nächsthöhere gemeinsame Aufsichtsbehörde auf Antrag des Vorstandes eine für alle Beteiligten zuständige Aufsichtsbehörde zu bestimmen.

(3) Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmen, an dem Gemeinden oder Gemeindeverbände mit mehr als 75 v. H. beteiligt sind, sich an einem anderen Unternehmen beteiligen will.

§ 72. (1) Wirtschaftliche Unternehmen sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen.

(2) Die Einnahmen jedes Unternehmens sollen mindestens alle Aufwendungen decken und angemessene Rücklagen ermöglichen. Zu den Aufwendungen gehören auch die Steuern, die Zins- und Tilgungsbeträge für die zu Zwecken des Unternehmens aufgenommenen Schulden, die marktübliche Verzinsung der von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Betriebsmittel sowie die angemessene Vergütung der Leistungen und Lieferungen von Unternehmen und Verwaltungszweigen der Gemeinde für das Unternehmen.

§ 73. Bei Unternehmen, für die kein Wettbewerb gleichartiger Privatunternehmen besteht, darf der Anschluß und die Belieferung nicht davon ab­hängig gemacht werden, daß auch andere Leistungen oder Lieferungen abgenommen werden.

§ 74. (1) Für die Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit (Eigenbetriebe) sind Betriebssatzungen aufzustellen.

(2) Für jedes Unternehmen sind Beiträte zu bestellen. Für mehrere Unternehmen können gemeinsame Beiräte bestellt werden. Als Beiräte sind wirtschaftlich besonders sachkundige Bürger zu berufen.

(3) Haushaltsführung, Vermögensverwaltung und Rechnungslegung jedes Unternehmens sind so einzurichten, daß sie eine besondere Betrachtung der Verwaltung und des Ergebnisses ermöglichen.

siehe hierzu die Hinweise zu § 67.

§ 75. Zur Umwandlung eines Eigenbetriebs in ein rechtlich selbständiges Unternehmen bedarf die Gemeinde der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Dritter Abschnitt
Schulden

§ 76. (1) Die Gemeinde darf Darlehen (Anleihen, Schuldscheindarlehen, son­stige Kredite mit Ausnahme der Kassenkredite) nur im Rahmen des außerordentlichen Haushaltsplans aufnehmen. Der Gesamtbetrag der Darlehen, die zur Bestreitung von Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans dienen sollen, bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung wird vorbehaltlich der Genehmigung zur Aufnahme der einzelnen Darlehen (§ 78) ausgesprochen; sie ist zu versagen, soweit sich schon in diesem Zeitpunkt erkennen läßt, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme der einzelnen Darlehen offenbar nicht vorliegen.

(2) Darlehensermächtigungen im außerordentlichen Haushaltsplan erlöschen unbeschadet der Vorschrift des § 87 mit Ablauf des Rechnungsjahres.

siehe zu Abs. 1: die 4. Durchführungsverordnung vom 20. August 1937 (RGBl. I. S. 911, betr. Großstädte).

§ 77. (1) Die Gemeinde darf Darlehen nur zur Bestreitung eines außerordentlichen und unabweisbaren Bedarfs und nur insoweit aufnehmen, als sie zu seiner anderweitigen Deckung nicht in der Lage ist. Kann der Aufwand für die Verzinsung und Tilgung voraussichtlich nicht durch Mehreinnahmen oder Ausgabenersparnisse, die sich aus der Verwendung der Darlehensmittel ergeben, dauernd ausgeglichen werden, so muß die Gemeinde nachweisen, daß die Verzinsungs- und Tilgungsverpflichtungen mit ihrer dauernden Leistungsfähigkeit im Einklang stehen. Der Nachweis gilt in der Regel als erbracht, wenn die Gemeinde vor Aufnahme des Darlehens bereits einen wesentlichen Betrag für den Darlehenszweck aus Mitteln des ordentlichen Haushalts angesammelt hat.

(2) Die Gemeinde darf ein Darlehen, das sie bis zur Fälligkeit aus Mitteln des ordentlichen Haushalts nicht zurückzahlen kann, nur aufnehmen, wenn es sich als Vorwegnahme eines langfristigen Darlehens darstellt, das für den gleichen Zweck rechtlich und tatsächlich gesichert ist, oder wenn ein zur Abdeckung des Darlehens ausreichender Erlös aus der Veräußerung von Gemeindevermögen bis zur Fälligkeit bestimmt eingeht.

§ 78. (1) Die Gemeinde bedarf zur Aufnahme der Darlehen, deren Gesamtbetrag nach § 76 genehmigt worden ist, zur Übernahme von Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen und zur Bestellung anderer Sicherheiten der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) Der Genehmigung unterliegen auch Rechtsgeschäfte, die einem der im Absatz l bezeichneten Rechtsgeschäfte wirtschaftlich gleichkommen.

(3) Eine Genehmigung ist nicht erforderlich für die im Rahmen der laufenden Verwaltung abzuschließenden, ihrer Natur nach regelmäßig wiederkehrenden Geschäfte, es sei denn, daß es sich unmittelbar oder mittelbar um Verpflichtungen gegenüber Ausländern oder in einer anderen als der Reichswährung handelt. Die Aufnahme von Darlehen ist in jedem Falle genehmigungspflichtig.

siehe hierzu § 7 der 2. Durchführungsverordnung vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 273).

§ 79. Die Gemeinde darf zur Sicherung des Darlehensgebers keine besonderen Sicherheiten bestellen. Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn und soweit die Bestellung von Sicherheiten der Verkehrsübung entspricht.

§ 80. (1) Die Gemeinde hat für jedes Darlehen einen Tilgungsplan aufzustellen.

(2) In dem Tilgungsplan ist eine Tilgung in der Mindesthöhe der Rückzahlungsbedingungen des Darlehensvertrages vorzusehen. Darlehen zur Befriedigung wiederkehrender Bedürfnisse sind bis zur Wiederkehr des Bedürfnisses zu tilgen. Allgemein sind die Tilgungsbeträge um so höher zu bemessen, je geringer der unmittelbare wirtschaftliche Nutzen des Darlehenszwecks ist.

(3) Für Darlehen, die mit dem Gesamtbetrag fällig werden oder für die der Tilgungsplan eine von den Rückzahlungsbedingungen abweichende Tilgung vorsieht, sind die Tilgungsbeträge planmäßig anzusammeln und bereit zu halten (Tilgungsrücklage).

§ 81. (1) Die Gemeinde darf Kredite zur rechtzeitigen Leistung von Ausgaben des ordentlichen Haushaltsplans (Kassenkredite) nur bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten und von der Aufsichtsbehörde genehmigten Höchstbetrag aufnehmen. Die Genehmigung darf nur in Ausnahmefällen für einen höheren Betrag als ein Sechstel des haushaltsmäßigen ordentlichen Einnahmesolls erteilt werden. Kassenkredite, die im Zeitpunkt einer neuen Genehmigung nicht zurückgezahlt sind, sind bei der neuen Genehmigung einzurechnen. Die Genehmigung zur Aufnahme weiterer Kassenkredite erlischt unbeschadet der Vorschrift des § 87 mit Ablauf des Rechnungsjahres.

(2) Die Aufnahme von Kassenkrediten ist nur zu genehmigen, wenn der Bedarf nicht aus Mitteln der Betriebsrücklage, zu deren Ansammlung jede Gemeinde verpflichtet ist, gedeckt werden kann.

(3) Kassenkredite sind aus ordentlichen Einnahmen des laufenden Haushaltsplans oder sonst innerhalb von neun Monaten zurückzuzahlen. Für Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans dürfen sie nicht verwendet werden.

siehe hierzu die 4. Durchführungsverordnung vom 20. August 1937 (RGBl. I. S. 911, betr. Großstädte).

Vierter Abschnitt
Haushalt

§ 82. Das Rechnungsjahr der Gemeinde deckt sich mit dem Rechnungsjahr des Staates. Es wird nach dem Kalenderjahr benannt, in dem es beginnt.

§ 83. Für jedes Rechnungsjahr hat die Gemeinde eine Haushaltssatzung zu erlassen. Sie enthält die Festsetzung
1. des Haushaltsplans,
2. der Steuersätze für die Gemeindesteuern, die für jedes Rechnungsjahr neu festzusetzen sind,
3. des Höchstbetrags der Kassenkredite,
4. des Gesamtbetrags der Darlehen, die zur Bestreitung von Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans bestimmt sind.

§ 84. Die Haushaltssatzung ist vom Bürgermeister so rechtzeitig aufzustellen, daß sie vom Gemeinderat zugeleitet, mit ihnen beraten und spätestens einen Monat vor Beginn des Rechnungsjahres der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden kann.

§ 85. (1) Der Haushaltsplan hat alle voraussehbaren Ausgaben und Einnahmen des Rechnungsjahres zu enthalten. Die Ausgaben sind unter Einbeziehung von Fehlbeträgen aus Vorjahren mit den Einnahmen auszugleichen.

(2) Die Gemeinde kann Steuern und Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften erheben, soweit die sonstigen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen.

siehe zu Abs. 1 Satz 1: die Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinden vom. 4. September 1937 (RGBl. I. S. 921, betr. Gemeinden über 3000 Einwohner)..

§ 86. (1) Die Haushaltssatzung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde für
1. die Höhe der Steuersätze nach den darüber bestehenden Vorschriften,
2. den Höchstbetrag der Kassenkredite,
3. den Darlehensbetrag im außerordentlichen Haushaltsplan.

(2) Die Satzung ist öffentlich bekanntzumachen, bei Genehmigungspflicht der Satzung nach Ausspruch der Genehmigung.

(3) Gleichzeitig mit der Bekanntmachung der Haushaltssatzung ist der Haushaltsplan eine Woche lang öffentlich auszulegen,

siehe zu Abs. 1 Ziffern 2 und 3: die 4. Durchführungsverordnung vom 20. August 1937 (RGBl. I. S. 911, betr. Großstädte).

§ 87. Ist die Haushaltssatzung bei Beginn des Rechnungsjahres noch nicht bekanntgemacht, so darf die Gemeinde
1. nur die Ausgaben leisten, die bei sparsamster Verwaltung nötig sind, um
    a) die bestehenden Gemeindeeinrichtungen in geordnetem Gang zu erhalten und den gesetzlichen Aufgaben und rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinde zu genügen,
    b) Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen, für die durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge fest­gesetzt worden sind, die haushaltsrechtlich noch verausgabt werden können;
2. die feststehenden Einnahmen und die Einnahmen aus den für ein Rechnungsjahr festzusetzenden Steuern und Abgaben nach den Sätzen des Vorjahres forterheben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist; Zahlungen, die der Pflichtige hiernach geleistet hat, sind auf die nach der Haushaltssatzung für das neue Rechnungsjahr zu erhebenden Beträge anzurechnen;
3. im Rahmen der Genehmigung des Vorjahres noch nicht in Anspruch genommene Kassenkredite aufnehmen;
4. im Rahmen der Ansätze des außerordentlichen Haushaltsplans des Vorjahres noch nicht in Anspruch genommene Darlehen aufnehmen.

§ 88. (1) Die Haushaltssatzung kann im Laufe des Rechnungsjahres nur durch eine Nachtragssatzung geändert werden.

(2) Der Bürgermeister ist zum Erlaß einer Nachtragssatzung verpflichtet, wenn sich im Lauf des Rechnungsjahres zeigt, daß
1. der im Haushaltsplan vorgesehene Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben auch bei Ausnützung jeder Sparmöglichkeit nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann;
2. über- oder außerplanmäßige Ausgaben in erheblichem Umfange geleistet werden müssen; § 91 Absatz 2 bleibt unberührt.

§ 89. Die Haushaltssatzung bildet die Grundlage für die Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben. Der Bürgermeister hat die Verwaltung nach der Haushaltssatzung zu führen. Er darf die Haushaltsmittel nur insoweit und nicht eher in Anspruch nehmen, als es bei einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich ist.

siehe hierzu: die §§ 30  und 31 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393) in Verbindung mit § 3 der 5. Durchführungsverordnung vom 24. November 1938 (RGBl. I. S. 1665)..

§ 90. Die Vorhaben, deren Kosten aus Mitteln des außerordentlichen Haushaltsplans ganz oder teilweise zu decken sind, dürfen erst in Angriff genommen werden, wenn die dafür vorgesehenen Einnahmen eingegangen sind oder wenn der rechtzeitige Eingang rechtlich und tatsächlich gesichert ist.

§ 91. (1) Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben dürfen nur mit Zustimmung des Bürgermeisters oder des von ihm ermächtigten Beigeordneten geleistet werden; die Zustimmung darf nur bei unabweisbarem Bedürfnis erteilt werden.

(2) Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben, die zum außerordentlichen Haushaltsplan gehören, dürfen nur nach Änderung der Haushaltssatzung geleistet werden.

(3) Entsprechendes gilt für Anordnungen, durch die Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen können, für die ausreichende Mittel im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind.

§ 92. Beamte und Angestellte der Gemeinde, die schuldhaft gegen die Vorschriften dieses Abschnittes verstoßen, haften der Gemeinde für den daraus entstandenen Schaden.

§ 93. Leistet ein Beamter oder Angestellter der Gemeinde ohne Zustimmung des Bürgermeisters oder des zuständigen Beigeordneten eine überplanmäßige oder außerplanmäßige Ausgabe oder trifft er ohne Zustimmung eine Anordnung, durch die Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen können, für die Mittel Im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind, so ist er der Gemeinde zum Schadenersatz verpflichtet, es sei denn, daß er zur Abwendung einer nicht voraussehbaren dringenden Gefahr für die Gemeinde sofort handeln mußte, hierbei nicht über das durch die Notlage gebotene Maß hinausgegangen ist und mit dem Antrag auf Zustimmung unverzüglich Anzeige erstattet. Das gleiche gilt, wenn er ohne vorherige rechtzeitige Anzeige beim Bürgermeister oder zuständigen Beigeordneten eine Zahlung leistet oder eine Anordnung trifft, obwohl er erkennt oder erkennen muß, daß durch die Zahlung oder Anordnung später der Haushaltsplan überschritten werden muß.

Fünfte Abschnitt
Kassen-, Rechnungs- und Prüfungswesen

§ 94. (1) Die Kassengeschäfte führt ein besonderer Kassenverwalter; er hat einen Stellvertreter.

(2) Die Kassen der Gemeinde sollen in einer Hand vereinigt werden. Ist ein hauptamtlicher Kassenverwalter bestimmt, so müssen sie in seiner Hand vereinigt werden; die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen.

§ 95. Der Bürgermeister hat über die Einnahmen und Ausgaben des Rechnungsjahres im ersten Viertel des neuen Rechnungsjahres Rechnung zu legen.

siehe hierzu: die §§ 30  und 31 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393) in Verbindung mit § 3 der 5. Durchführungsverordnung vom 24. November 1938 (RGBl. I. S. 1665)..

§ 96. (1) Der Bürgermeister legt die Rechnung den Gemeinderäten zur Beratung vor. Über die Beratung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Jeder Gemeinderat ist außerdem berechtigt, sich vo Abschluß der Beratung schriftlich zu äußern. Auf sein Verlangen ist der Abschluß der Beratung eine Woche auszusetzen, um ihm Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung zu geben. Der Gemeinderat hat die schriftliche Äußerung in der Beratung der Gemeinderäte zu vertreten.

(2) In Gemeinden, in denen ein Rechnungsprüfungsamt besteht, hat der Bürgermeister zunächst diesem die Rechnung zuzuleiten.

§ 97. Das Rechnungsprüfungsamt hat die Rechnung mit allen Unterlagen dahin zu prüfen,
1. ob der Haushaltsplan eingehalten ist,
2. ob die einzelnen Rechnungsbeträge sachlich und rechnerisch in vorschriftsmäßiger Weise begründet und belegt sind,
3. ob bei den Einnahmen und Ausgaben nach dem Gesetz und sonstigen Vorschriften verfahren worden ist.

§ 98. (1) Ergibt die Prüfung der Rechnung Unstimmigkeiten, so berichtet das Rechnungsprüfungsamt dem Bürgermeister. Dieser veranlaßt die erforderliche Aufklärung.

(2) Das Rechnungsprüfungsamt faßt seine Bemerkungen in einem Schlußbericht zusammen.

§ 99. (1) Der Bürgermeister legt die Rechnung mit dem Schlußbericht des Rechnungsprüfungsamtes und der Niederschrift über die Beratung und den schriftlichen Bemerkungen der Gemeinderäte der Aufsichtsbehörde vor.

(2) Nach Prüfung der Rechnung (§ 103) beschließt die Aufsichtsbehörde über die Entlastung des Bürgermeisters. Hat die Prüfung erhebliche Verstöße gegen die Grundsätze einer geordneten Haushaltsführung ergeben, so hat die Aufsichtsbehörde die Gemeinde zu veranlassen, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, und dies zu überwachen.

(3) Der Entlastungsbeschluß ist dem Bürgermeister unter Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung zuzustellen. Dieser hat ihn mit dem Ergebnis der Prüfung den Gemeinderäten zur Kenntnis zu bringen.

§ 100. Stadtkreise müssen ein Rechnungsprüfungsamt einrichten; andere Gemeinden können es einrichten, wenn ein Bedürfnis dafür besteht und die Kosten im angemessenen Verhältnis zum Umfang der Verwaltung stehen.

§ 101. (1) Das Rechnungsprüfungsamt untersteht unmittelbar dem Bürgermeister oder dem von ihm bestimmten Beigeordneten.

(2) Der Bürgermeister kann die Leitung des Rechnungsprüfungsamts nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde einem Beamten übertragen und entziehen.

(3) Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts darf mit dem Bürgermeister, den Beigeordneten sowie dem Kassenverwalter nicht bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sein.

(4) Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts darf Zahlungen für die Gemeinde weder anordnen noch ausführen.

§ 102. Der Bürgermeister kann dem Rechnungsprüfungsamt weitere Aufgaben übertragen, insbesondere
1. die laufende Überwachung der Kassen der Gemeinde und ihrer Unternehmen sowie die Kassen- und Vorratsprüfungen,
2. die laufende Prüfung der Wirtschaftsführung der wirtschaftlichen Unternehmen, die Prüfung der Betätigung der Gemeinde als Gesellschafter oder Aktionär in Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit und die Buch- und Betriebsprüfungen, die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der Hingabe eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat,
3. die Prüfung von Vergebungen,
4. die Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.

§ 103. (1) Der Reichsminister des Innern regelt im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen durch Verordnung die überörtliche Prüfung des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens, der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung sowie der wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde.

(2) Zu diesem Zweck wird eine Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet, die dem Reichsminister des Innern untersteht. Bis zu ihrer Errichtung setzen die bestehenden überörtlichen Prüfungseinrichtungen ihre Tätigkeit fort.

6. Abschnitt
Gemeinsame Vorschriften zum 1. bis 5. Abschnitt

§ 104. (1) Geschäfte des bürgerlichen Rechtsverkehrs, die ohne die nach den Vorschriften der Abschnitte 1 bis 5 erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde abgeschlossen werden, sind unwirksam.

(2) Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot der §§ 73 und 79 verstoßen, sind nichtig.

§ 105. (1) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen durch Verordnung Entschließungen, die nach den Vorschriften der Abschnitte 1 bis 5 der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen, von der Genehmigung allgemein freistellen und dafür die vorherige  Anzeige an die Aufsichtsbehörde vorschreiben.

(2) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen durch Verordnung die Wirtschaftsführung der Gemeinden näher regeln, namentlich
1. die Aufnahme von Darlehen und die Übernahme sonstiger Verpflichtungen im Sinne des § 78,
2. die Bildung von Rücklagen,
3. die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans in Anlehnung an die Reichshaushaltsordnung,
4. die Nachweisungen und die Bewertung des Gemeindevermögens,
5. das Kassen- und Rechnungswesen,
6. das Rechnungsprüfungswesen.

siehe zu Abs 1: § 32 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393) geändert durch die 2. Durchführungsverordnung vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272).

siehe zu Abs. 2  Ziffer 2: die Rücklagenverordnung vom 5. Mai 1936 (RGBl. I. S. 435).
siehe zu Abs. 2 Ziffer 3: die Verordnung über die Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinden vom 4. September 1937 (RGBl. I. S. 921) und die Eigenbetriebsverordnung vom 21. November 1938 (RGBl. I. S. 1650).
siehe zu Abs. 2 Ziffer 5: die Verordnung über das Kassen- und Rechnungswesen der Gemeinden vom 2. November 1938 (RGBl. I. S. 1583).

Siebenter Teil
Aufsicht

§ 106. Der Staat beaufsichtigt die Gemeinde, um sicherzustellen, daß sie im Einklang mit den Gesetzen und den Zielen der Staatsführung verwaltet wird. Die Aufsicht soll so gehandhabt werden, daß die Entschlußkraft und Verantwortungsfreudigkeit der Gemeindeverwaltung gefördert und nicht beeinträchtigt wird.

§ 107. Oberste Aufsichtsbehörde ist der Reichsminister des Innern. Er bestimmt durch Verordnung, welche Behörden obere Aufsichtsbehörden und Aufsichtsbehörden sind.

siehe hierzu: die §§ 33  und 34 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393).

§ 108. Die Aufsichtsbehörde kann sich jederzeit über alle Angelegenheiten der Gemeinde unterrichten; sie kann an Ort und Stelle prüfen und besichtigen, mündliche und schriftliche Berichte einfordern sowie Akten und sonstige Unterlagen einsehen.

§ 109. Die Aufsichtsbehörde kann Entschließungen und Anordnungen des Bürgermeisters, die das bestehende Recht verletzen oder den Zielen der Staatsführung zuwider laufen, aufheben und verlangen, daß Maßnahmen, die auf Grund derartiger Entschließungen oder Anordnungen getroffen worden sind, rückgängig gemacht werden.

§ 110. Unterläßt es der Bürgermeister, Entschließungen zu fassen oder Anordnungen zu treffen, die zur Erfüllung einer der Gemeinde gesetzlich obliegenden Verpflichtung erforderlich sind, so kann die Aufsichtsbehörde anordnen, daß er innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlaßt. Sie hat dabei den Inhalt der Entschließung oder Anordnung im einzelnen zu bezeichnen.

§ 111. Die Aufsichtsbehörde kann Anordnungen nach §§ 108 bis 110 an Stelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder die Durchführung einem Dritten übertragen.

$ 112. Wenn und solange der geordnete Gang der Verwaltung der Gemeinde es erfordert und die Befugnisse der Aufsichtsbehörde nach §§ 109 bis 111 nicht ausreichen, kann die Aufsichtsbehörde einen Beauftragten bestellen, der alle oder einzelne Aufgaben der Gemeinde auf ihre Kosten wahrnimmt.

§ 113. (1) Die Gemeinde kann gegen Anordnungen der Aufsichtsbehörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde erheben. Über die Beschwerde entscheidet die nächsthöhere Aufsichtsbehörde endgültig.

(2) Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, es sei denn, daß die Anordnung ohne Nachteil für das öffentliche Wohl nicht ausgesetzt werden kann. Dies ist in der Anordnung festzustellen.

§ 114. Andere Behörden und Stellen als die Aufsichtsbehörden (§ 107) sind zu Eingriffen in die Gemeindeverwaltung nach §§ 108 ff. nicht befugt.

§ 115. (1) Ansprüche der Gemeinde gegen den Bürgermeister werden von der Aufsichtsbehörde geltend gemacht. Die Kosten der Rechtsverfolgung trägt die Gemeinde.

(2) Verträge des Bürgermeisters mit der Gemeinde bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, daß es sich um Verträge nach feststehendem Tarif handelt. § 104 Absatz 1 gilt entsprechend.

§ 116. (1) Zur Einleitung der Zwangsvollstreckung gegen die Gemeinde wegen einer Geldforderung bedarf der Gläubiger einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, daß es sich um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt. In der Verfügung hat die Aufsichtsbehörde die Vermögensgegenstände zu bestimmen, in die die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, und über den Zeitpunkt zu befinden, in dem sie stattfinden soll. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung regelt sich nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung.

(2) Ein Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinde findet nicht statt.

Achter Teil
Schlußbestimmungen

§ 117. (1) Der Reichsminister des Innern kann durch Verordnung Aufgaben, die dem Reichsstatthalter nach den §§ 9 bis 11, 15 dieses Gesetzes zustehen, auf nachgeordnete Behörde übertragen.

(2) Ist der Reichsstatthalter nicht zugleich örtlicher Gauleiter der NSDAP, so ist in dem Falle des § 45 Abs. 1 neben dem Reichsstatthalter auch der Gauleiter zu hören. Unter den gleichen Voraussetzungen hat der Reichsstatthalter in den Fällen des § 45 Abs. 1 und des § 54 letzter Halbsatz im Einvernehmen mit dem Gauleiter zu handeln; kommt kein Einvernehmen zustande, so entscheidet der Reichsminister des Innern.

(3) Die Aufgaben des Reichsstatthalters nimmt in Preußen der Oberpräsident, in den Hohenzollerschen Landen der Regierungspräsident wahr. Absätze 1 und 2 gelten entsprechend.

siehe zu Abs. 1: die §§ 36 und 37 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393) geändert durch die §§ 8 und 9 der 2. Durchführungsverordnung vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272).

§ 118. Der Stellvertreter des Führers bestimmt, wer Beauftragter der NSDAP im Sinne dieses Gesetzes ist.

siehe hierzu: die Verordnungen zur Ausführung des § 118 der Deutschen Gemeindeordnung vom 26. März 1935 (RGBl. I. S. 470), vom 17. Dezember 1937 (RGBl. 1938 I. S. 11), vom 27. September 1938 (RGBl. I. S. 1343), vom 24. November 1938 (RGBl. I. S. 1757), vom 23. Januar 1940 (RGBl. I. S. 363, geändert durch RGBl. 1943 I. S. 265).

siehe auch die Ergänzungsverordnung für die preußischen Ämter vom 22. August 1935 (RMBl. S. 746)

§ 119. Der Reichsminister des Innern kann durch Verordnung
1. für einzelne Gemeinden die Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustandes auf eine befristete Übergangszeit anordnen,
2. für gemeindefreie Grundstücke (Gutsbezirke) Vorschriften erlassen),
3. an Stelle der Amtsbezeichnungen Bürgermeister, Beigeordneter und Gemeinderat für Gemeinden, die nicht Städte sind, andere herkömmliche Amtsbezeichnungen vorschreiben,
4. den Ablauf der Amtszeit der bisherigen ehrenamtlichen Gemeindeorgane regeln, an deren Stelle die Gemeinderäte treten,
5. die Vorschriften des Reichs- und Landesrechts bezeichneten, die durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden,
6. die weitergeltenden Vorschriften des Reichs- und Landesrechts an den neuen Rechtszustand angleichen und in neuer Fassung und Ordnung bekanntzumachen.

siehe zu Ziffer 2: die Verordnung über gemeindefreie Grundstücke und Gutsbezirke vom 15. November 1938 (RGBl. I. S. 1631).
siehe zu Ziffer 6.: die §§ 38 bis 40  der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393).

§ 120. Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern und nach Benehmen mit der obersten Landesbehörde durch Verordnung den Zusammenschluß kreisangehöriger Gemeinden, auch in einzelnen Teilen des Reichs, zu engeren Gemeindeverbänden zu regeln, ihnen Aufgaben der Gemeinden übertragen und die Rechtsverhältnisse dieser Verbände ordnen. Er kann ferner im Verordnungswege für mehrere kreisangehörige Gemeinden Gemeinschaftseinrichtungen vorschreiben, die einen geordneten Gang der Verwaltung gewährleisten.

§ 121. (1) Der Reichsminister des Innern kann zur Durchführung des Gesetzes Rechtsvorschriften und Verwaltungsvorschriften erlassen. Er kann Übergangsvorschriften treffen, die von diesem Gesetz abweichen.

(2) Vorschriften über die Wirtschaftsführung der Gemeinden (§ 105) sind im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen zu erlassen.

siehe hierzu: die Durchführungsverordnungen (1.) vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393, ber. S. 430), (2.) vom 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272, Änd. von § 11 Ziffer 5 des Gesetzes sowie Änd. der 1. DVO), (3.) vom 30. März 1937 (RGBl. I. S. 428, zu den §§ 42 Abs. 1, 89, 95 und 119 des Gesetzes), (4.) vom 20. August 1937 (RGBl. I. S. 911, zu § 105 Abs. 1 des Gesetzes), (5.) vom 24. November 1938 (RGBl. I. S. 1665) und (6.) vom 14. April 1942 (RGBl. I. S. 175, zu § 32 des Gesetzes).

siehe auch:
das Gesetz über den Deutschen Gemeindetag vom 15. Dezember 1933 (RGBl. I. S. 1065)
die Verordnungen zur Ausführung des § 118: siehe die Hinweise zu § 118.
die Rücklagenverordnung vom 5. Mai 1936 (RGBl. I. S. 435)
das Reichsgesetz über die Amtszeit der gemeindlichen Selbstverwaltungskörper vom 9. März 1937 (RGBl. I. S. 282)
die Zweite Durchführungsverordnung zum Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen vom 11. März 1937 (RGBl. I. S. 301)
die Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinden vom 4. September 1937 (RGBl. I. S. 921)
die Verordnung zur Einführung der Deutschen Gemeindeordnung in den Gemeinden des bremischen Landesgebiets vom 30. März 1938 (RGBl. I. S. 343, geändert am 28. September 1939 (RGBl. I. S. 2041).
die Verordnung über das Kassen- und Rechnungswesen der Gemeinden vom 2. November 1938 (RGBl. I. S. 1583)
die Verordnung über gemeindefreie Grundstücke und Gutsbezirke vom 15. November 1938 (RGBl. I. S. 1631)
die Eigenbetriebsverordnung vom 21. November 1938 (RGBl. I. S. 1615)
die Verordnung über die Benennung von Straßen, Plätzen und Brücken vom 1. April 1939 (RGBl. I. S. 703)
die Verordnung über die Verlängerung der Amtszeit der gemeindlichen Zeitbeamten vom 11. Oktober 1939 (RGBl. I. S. 2019, geändert am 15. Januar 1941 (RGBl. I. S. 32)
die Verordnung zur Dezentralisierung der Aufsicht über Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts vom 19. März 1942 (RGBl. I. S. 130).

siehe weiter (Einführung und Sonderbestimmungen für einzelne Gebiete):
für das Saarland: RGBl. 1935 I. S. 1054 und S. 1055,
für Österreich: RGBl 1938 I. S. 1167, RGBl. 1938 I. S. 1322 (betr. Gemeinde-Kreditrecht), RGBl. 1939 I. S. 1194 (betr. Übertragung von Aufgaben des Reichsstatthalters),
für die Ostgebiete: RGBl 1939 I. S. 2467, geändert durch RGBl. 1942 I. S. 377; RGBl. 1942 I. S. 464, RGBl. 1940 I. S. 673 (betr. Gemeinde-Kredite)
für Eupen: RGBl. 1940 I. S. 1301.
für das Sudetenland: RGBl. 1938 (RGBl. I. S. 1614, geändert durch RGBl. 1939 I. S. 1073; RGBl.1938 I. S. 1622 (betr. Gemeinde-Kreditrecht), RGBl. 1942 I. S. 337

§ 122. Dieses Gesetz gilt nicht für die Hauptstadt Berlin.

statt dessen galt für Berlin das Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin vom 27. April 1920 (preuß. GS S. 123, geändert am 7. Oktober 1920 (GS S. 435) und am 24. April 1922 (GS S. 96)) in Verbindung mit der Städteordnung für die sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie vom 30. Mai 1853 (GS S. 261, in der geltenden Fassung) fort, bis es durch das Reichsgesetz über die Verfassung und Verwaltung der Reichshauptstadt Berlin vom 1. Dezember 1936 (RGBl. I. S. 957, mit dem Erlaß des Führers und Reichskanzlers vom 1. April 1944 (RGBl. I. S. 87) und der Durchführungsverordnung vom 24. Dezember 1936 (RGBl. I. S. 1147, geändert am 22. August 1938 (RGBl. I. S. 1053)).

Das Gesetz galt auch nicht, bzw. nur im Rahmen eines besonderen Gesetzes
in der Hansestadt Hamburg: Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Hansestadt Hamburg vom 9. Dezember 1937 (RGBl. I. S. 1327)
für die Hansestadt Bremen: lt. § 38 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393, geändert am 30. März 1938 (RGBl. I. S. 343, geändert am 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272, § 10))
für die Hansestadt Lübeck: gemäß § 38 der 1. Durchführungsverordnung vom 22. März 1935 (RGBl. I. S. 393, geändert am 25. März 1936 (RGBl. I. S. 272, § 10), faktisch aufgehoben durch Verordnung vom 11. März 1937 (RGBl. I. S. 301).
für die Stadt Wien: gemäß § 31 der Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Lande Österreich vom 15. September 1938 (RGBl I. S. 1167) erst mit dem 1. Mai 1939 und nur im Rahmen des § 8 des Gesetzes über den Aufbau der Verwaltung der Ostmark vom 14. April 1939 (RGBl. I S. 780).

§ 123. Dieses Gesetz tritt am 1. April 1935 in Kraft.

    Berlin, den 30. Januar 1935.

Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick


Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I S.49, ber. S. 171
Dr. Dr. A. Dehlinger, Systematische Übersicht über 76 Jhg. RGBl. (1867-1942), Kohlhammer Stuttgart 1943
Schönfelder, Deutsche Reichsgesetze, Beck 1944
Sartorius, Sammlung von Reichsgesetzen staats- und verwaltungsrechtlichen Inhalts, Beck 1935-37

Hinweis
© 22. Februar 2004 - 22. Januar 2013
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