"Karlsbader Beschlüsse"

Beschlüsse der Ministerkonferenz in Karlsbad vom 6. bis 31. August 1819, welche durch Beschluß der Bundesversammlung vom 20. September 1819 ( für den Deutschen Bund in Kraft gesetzt wurden.
Der Beschluss der Bundesversammlung ist auch in zeitgenössischen Abhandlungen als grundgesetzwidrig eingestuft worden, da verbindliche Beschlüsse nur in einer Vollversammlung der Bundesversammlung gefasst werden konnten und jeder der Mitgliedstaaten ein Einspruchsrecht gegen allgemeinverbindliche Beschlüsse hatte, der Beschluss zur Übernahme der Karlsbader Beschlüsse als allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse aber dieses Verfahren missachtete.

 

Bundes-Exekutionsordnung
Provisorische Exekutions-Ordnung in Bezug auf den 2. Artikel der Bundesacte

vom 20. September 1819

aufgehoben durch
Exekutions-Ordnung vom 3. August 1820
 

Artikel 1. Bis zur Abfassung einer definitiven, in allen ihren Theilen vollendeten Executions-Ordnung, soll die Bundesversammlung durch gegenwärtige provisorische Einrichtung befugt und angewiesen seyn, allen ihren Beschlüssen, die sie zur Erhaltung der inneren Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und zum Schutz des Besitzstandes (bis zum betretenen rechtlichen oder gerichtlichen Wege) zu fassen sich für hinlänglich veranlaßt und berechtigt hält, die gehörige Folgeleistung und Vollziehung auf nachstehende Weise zu sichern.

Artikel 2. Zu diesem Ende wählt die Bundesversammlung jedesmal für den Zeitraum von sechs Monaten aus ihrer Mitte eine Commission von fünf Mitgliedern, welche auch während der Ferien in Thätigkeit bleibt.

Artikel 3. An sie gelangten alle Eingaben und Berichte, Propositionen und Anfragen, welche auf die Vollziehung der gefaßten Beschlüsse Bezug haben.

Artikel 4. Die Commission theilt nach erstattetem Vortrage in der Versammlung, während der Ferien aber den betreffenden Bundesstaaten durch deren Bundestagsgesandten, oder die Substituten derselben, alles dasjenige mit, was sich auf den unterbliebenen oder unvollständig erfolgten Vollzug der Bundesbeschlüsse bezieht, und erwartet, wenn aus solchen Anzeigen hervorgeht, daß in einem gegebenen Falle die Beschlüsse unvollzogen geblieben, oder unvollständig vollzogen worden sind, innerhalb eines, nach Beschaffenheit der Umstände anberaumenden, kurzen Termines, die Anzeige von der erfolgten Vollziehung.

Artikel 5. Geht aus der Erklärung des Bundestagsgesandten hervor, daß der betreffende Bundesstaat der Meinung ist, die vorliegenden Bundesbeschlüsse seyen auf den angegebenen Fall überhaupt nicht, oder nicht in der bezeichneten Ausdehnung anwendbar; so begutachtet den Fall die Commission, und veranlaßt einen Schluß der Bundesversammlung, welcher dem Gesandten des betreffenden Bundesstaats, um die Vollziehung zu veranlassen, mitgetheilt wird; dieser hat, wie in dem vorigen Artikel, den erfolgten Vollzug der Versammlung in einem zu bestimmenden Termine anzuzeigen.

Artikel 6. Wenn sich ein einzelner Bundesstaat zu der Anzeige veranlaßt sieht, oder wenn sich aus Thatverhältnissen, welche zur Kenntniß der Bundesversammlung gelangen, ergiebt, daß Bundesbeschlüsse darum in einem einzelnen Staate nicht vollzogen werden, weil Localverordnungen ihnen entgegen zu stehen scheinen, in einem solchen Falle aber die Regierung nothwendig erachtet, auf Dazwischenkunft der Bundesversammlung anzutragen, oder die Bundesversammlung selbst dieserhalb einzuschreiten für erforderlich hält; so beschließt auf Vortrag der Commission, welche den betreffenden Bundestagsgesandten zuvor noch mit seinen Bemerkungen hören, und über die vorliegenden Anstände vernehmen wird, die Versammlung über deren Anwendung oder Modification in Beziehung auf den vorliegenden Fall, und giebt von diesem Beschlusse dem betreffenden Bundestagsgesandten Nachricht, welcher nach den, in den Art 4 und 5 enthaltenen bestimmungen den Vollzug in dem festzusetzenden Termine der Versammlung anzuzeigen hat.

Artikel 7. Geht die Nichtvollziehung der Beschlüsse in einem einzelnen Bundesstaate aus einer Widersetzlichkeit der Staatsangehörigen und Unterthanen hervor, welche die betreffende Landesverwaltung nicht zu heben im Stande ist, so beschließt die Bundesversammlung, wenn die Commission zuvor sich über die vorliegenden Verhältnisse mit den betreffenden Bundestagsgesandten in Einverständniß gesetzt haben wird, nach vorhergegangenem Commissions-Vortrage, der Lage der Sache angemessene Desortatorien, auf welche sodann, wenn sie in dem zu bestimmenden Termine unbeachtet blieben, oder in so weit die von dem betreffenden Bundesstaate selbst angewendeten Mittel nicht zureichend sind, die militärische Assistenz durch in das Gebiet des Staates einrückende Bundestruppen erfolgt.

Die Bundesversammlung hat nach den obwaltenden Verhältnissen und auf einen vorhergegangenen Commissions-Antrag, sowohl die Zahl der zu stellenden Truppen, als die zu deren Stellung verpflichteten Bundesstaaten zu bestimmen.

Der Rückmarsch der Truppen geschieht nach erfolgter und gehörig versicherter Vollziehung der Bundesbeschlüsse.

Artikel 8. Liegt der Grund der Nichtvollziehung der Bundesschlüsse in einer Weigerung der betreffenden Bundesstaats-Regierung, die Bundesschlüsse zu vollziehen, so erfolgen Defortatorien und wirkliche militärische Vollziehung, auf die, in dem vorhergehenden Artikel bezeichnete Art, mit dem Unterschiede, daß dieselben gegen die Regierung des Bundesstaats selbst gerichtet werden.

Die Kosten, welche den Zweck der nothwendig gewordenen militärischen Vollziehung nicht überschreiten dürfen, und bloß auf den wirklichen Aufwand zu beschränken sind, hat der betreffende Bundesstaat zu tragen; auch ernennt in diesem Falle die Bundesversammlung eine Special-Vollziehungs-Commission, welche die Execution leitet, und über den Gang derselben an die Bundesversammlung berichtet.

 

Bundes-Universitätsgesetz
Provisorischer Beschluß über die in Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maaßregeln

vom 20. September 1819

aufgehoben durch
Bundesbeschluß über die Aufhebung der Bundes-Ausnahmegesetze vom 2. April 1848
 

§. 1. Es soll bei jeder Universität ein mit zweckmäßigen Instructionen und ausgedehnten Befugnissen versehener, am Orte der Universität residirender, außerordentlicher landesherrlicher Bevollmächtigter, entweder in der Person des bisherigen Curators oder eines andern, von der Regierung dazu tüchtig befundenen Mannes angestellt werden.

Das Amt dieses Bevollmächtigten soll sein, über die strengste Vollziehung der bestehenden Gesetze und Disciplinar-Vorschriften zu wachen, den Geist, in welchem die akademischen Lehrer bei ihren öffentlichen und Privat-Vorträgen verfahren, sorgfältig zu beobachten, und demselben, jedoch ohne unmittelbare Einmischung in das Wissenschaftliche und die Lehrmethoden eine heilsame, auf die künftige Bestimmung der studierenden Jugend berechnete Richtung zu geben, endlich Allem, was zur Beförderung der Sittlichkeit, der guten Ordnung und des äußern Anstandes unter den Studierenden dienen kann, seine unausgesetzte Aufmerksamkeit zu widmen.

Das Verhältniß dieser außerordentlichen Bevollmächtigten zu den akademischen Senaten soll, so wie alles, was auf die nähere Bestimmung ihres Wirkungskreises und ihrer Geschäftsführung Bezug hat, in den ihnen von ihrer obersten Staatsbehörde zu ertheilenden Instructionen, mit Rücksicht auf die Umstände, durch welche die Ernennung dieser Bevollmächtigten veranlaßt worden ist, so genau als möglich festgesetzt werden.

§. 2. Die Bundesregierungen verpflichten sich gegeneinander, Universitäts- und andere öffentliche Lehrer, die durch erweisliche Abweichung von ihrer Pflicht oder Überschreitung der Grenzen ihres Berufes, durch Mißbrauch ihres rechtmäßigen Einflusses auf die Gemüther der Jugend, durch Verbreitung verderblicher, der öffentlichen Ordnung und Ruhe feindseliger oder die Grundlagen der bestehenden Staatseinrichtungen untergrabender Lehren, ihre Unfähigkeit zu Verwaltung des ihnen anvertrauten wichtigen Amtes unverkennbar an den Tag gelegt haben, von den Universitäten und sonstigen Lehranstalten zu entfernen, ohne daß ihnen hierbei, so lange der gegenwärtige Beschluß in Wirksamkeit bleibt, und bis über diesen Punct definitive Anordnungen ausgesprochen seyn werden, irgend ein Hinderniß im Wege stehen könne. Jedoch soll eine Maßregel dieser Art nie anders, als auf den vollständig motivirten Antrag des der Universität vorgesetzten Regierungs-Bevollmächtigten oder von demselben vorher eingeforderten Bericht beschlossen werden.

Ein auf solche Weise ausgeschlossener Lehrer darf in keinem andern Bundes-Staate bei irgend einem öffentlichen Lehr-Institute wieder angestellt werden.

§. 3. Die seit langer Zeit bestehenden Gesetze gegen geheime oder nicht autorisirte Verbindungen auf den Universitäten sollen in ihrer ganzen Kraft und Strenge aufrechterhalten, und insbesondere auf den seit einigen Jahren gestifteten, unter dem Namen der allgemeinen Burschenschaft bekannten Verein um so bestimmter ausgedehnt werden, als diesem Verein die schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden Gemeinschaft und Correspondenz zwischen den verschiedenen Universitäten zum Grunde liegt. Den Regierungs-Bevollmächtigten soll in Ansehung dieses Punctes eine vorzügliche Wachsamkeit zur Pflicht gemacht werden.

Die Regierungen vereinigen sich darüber, daß Individuen, die nach Bekanntmachung des gegenwärtigen Beschlusses erweislich in geheimen oder nicht autorisirten Verbindungen geblieben oder in solche getreten sind, bei keinem öffentlichen Amte zugelassen werden sollen.

§. 4. Kein Studirender, der durch einen von dem Regierungs-Bevollmächtigten bestätigten oder auf dessen Antrag erfolgten Beschluß eines akademischen Senats von einer Universität verwiesen worden ist, oder der, um einem solchen Beschlusse zu entgehen, sich von der Universität entfernt hat, soll auf einer andern Universität zugelassen, auch überhaupt kein Studirender ohne ein befriedigendes Zeugniß seines Wohlverhaltens auf der von ihm verlassenen Universität von irgend einer andern Universität aufgenommen werden.

 

Bundes-Preßgesetz
Preßgesetz

vom 20. September 1819

verlängert durch
Beschluss der Bundesversammlung vom 16. August 1824 (auf unbestimmte Zeit)

aufgehoben durch
Bundesbeschluß über die Einführung der Preßfreiheit vom 3. März 1848
Bundesbeschluß über die Aufhebung der Bundes-Ausnahmegesetze vom 2. April 1848
 

§. 1. So lange als der gegenwärtige Beschluß in Kraft bleiben wird, dürfen Schriften, die in der Form täglicher Blätter oder heftweise erscheinen, deßgleichen solche, die nicht über 20 Bogen im Druck stark sind, in keinem deutschen Bundesstaate ohne Vorwissen und vorgängige Genehmhaltung der Landesbehörden zum Druck befördert werden.

Schriften, die nicht in eine der hier namhaft gemachten Classen gehören, werden fernerhin nach den in den einzelnen Bundesstaaten erlassenen oder noch zu erlassenden Gesetzen behandelt. Wenn dergleichen Schriften aber irgend einem Bundesstaate Anlaß zur Klage geben, so soll diese Klage im Namen der Regierung, an welche sie gerichtet ist, nach den in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Formen, gegen die Verfasser oder Verleger der dadurch betroffenen Schrift erledigt werden.

§. 2. Die zur Aufrechthaltung dieses Beschlusses erforderlichen Mittel und Vorkehrungen bleiben der nähern Bestimmung der Regierungen anheimgestellt; sie müssen jedoch von der Art seyn, daß dadurch dem Sinn und Zweck der Hauptbestimmung des § 1 vollständig Genüge geleistet werde.

§. 3. Da der gegenwärtige Beschluß durch die unter den obwaltenden Umständen von den Bundes-Regierungen anerkannte Nothwendigkeit vorbeugender Maßregeln gegen den Mißbrauch der Presse veranlaßt worden ist, so können die auf gerichtliche Verfolgung und Bestrafung der im Wege des Drucks bereits verwirklichten Mißbräuche und Vergehungen abzweckenden Gesetze, in so weit sie auf die im 1. § bezeichneten Classen von Druckschriften anwendbar seyn sollen, so lange dieser Beschluß in Kraft bleibt, in keinem Bundesstaate als zureichend betrachtet werden.

§. 4. Jeder Bundesstaat ist für die unter seiner Oberaufsicht erscheinenden, mithin für sämmtliche unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Druckschriften, in so fern dadurch die Würde oder Sicherheit anderer Bundesstaaten verletzt, die Verfassung oder Verwaltung derselben angegriffen wird, nicht nur den unmittelbaren Beleidigten, sondern auch der Gesammtheit des Bundes verantwortlich.

§. 5. Damit aber diese, in dem Wesen des deutschen Bundes-Vereins gegründete, von dessen Fortdauer unzertrennliche, wechselseitige Verantwortlichkeit nicht zu unnützen Störungen des zwischen den Bundesstaaten obwaltenden freundschaftlichen Verhältnisses Anlaß geben möge, so übernehmen sämmtliche Mitglieder des deutschen Bundes die feierliche Verpflichtung gegen einander, bei der Aufsicht über die in ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften mit wachsamem Ernste zu verfahren, und diese Aufsicht dergestalt handhaben zu lassen, daß dadurch gegenseitigen Klagen und unangenehmen Erörterungen auf jede Weise möglichst vorgebeugt werde.

§. 6. Damit jedoch auch die durch gegenwärtigen Beschluß beabsichtigte allgemeine und wechselseitige Gewährleistung der moralischen und politischen Unverletzlichkeit der Gesammtheit und aller Mitglieder des Bundes nicht auf einzelnen Puncten gefährdet werden könne, so soll in dem Falle, wo die Regierung eines Bundesstaates sich durch die in einem andern Bundesstaate erscheinenden Druckschriften verletzt glaubte, und durch freundschaftliche Rücksprache oder diplomatische Correspondenz zu einer vollständigen Befriedigung und Abhülfe nicht gelangen könnte, derselben ausdrücklich vorbehalten bleiben, über dergleichen Schriften Beschwerde bei der Bundesversammlung zu führen, letztere aber sodann gehalten seyn, die angebrachte Beschwerde commissarisch untersuchen zu lassen und, wenn dieselbe gegründet befunden wird, die unmittelbare Unterdrückung der in Rede stehenden Schrift, auch wenn sie zur Classe der periodischen gehört, aller fernern Fortsetzung derselben durch einen entscheidenden Ausspruch zu verfügen.

Die Bundesversammlung soll außerdem befugt seyn, die zu ihrer Kenntniß gelangenden, unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Schriften, in welchem deutschen Staate sie auch erscheinen mögen, wenn solche, nach dem Gutachten einer von ihr ernannten Commission, der Würde des Bundes, der Sicherheit einzelner Bundesstaaten oder der Erhaltung des Friedens und der Ruhe in Deutschland zuwiderlaufen, ohne vorhergegangene Aufforderung, aus eigener Autorität, durch einen Ausspruch, von welchem keine Appellation stattfindet, zu unterdrücken, und die betreffenden Regierungen sind verpflichtet, diesen Ausspruch zu vollziehen.

§. 7. Wenn eine Zeitung oder Zeitschrift durch einen Ausspruch der Bundesversammlung unterdrückt worden ist, so darf der Redacteur derselben binnen fünf Jahren in keinem Bundesstaate bei der Redaction einer ähnlichen Schrift zugelassen werden.

Die Verfasser, Herausgeber, und Verleger der unter der Hauptbestimmung des § 1 begriffenen Schriften bleiben übrigens, wenn sie den Vorschriften dieses Beschlusses gemäß gehandelt haben, von aller weitern Verantwortung frei, und die im § 6 erwähnten Aussprüche der Bundesversammlung werden ausschließend gegen die Schriften, nie gegen die Personen, gerichtet.

§. 8. Sämmtliche Bundesglieder verpflichten sich, in einem Zeitraum von zwei Monaten die Bundesversammlung von den Verfügungen und Vorschriften, durch welche sie dem § 1 dieses Beschlusses Genüge zu leisten gedenken, in Kenntniß zu setzen.

§. 9. Alle in Deutschland erscheinenden Druckschriften, sie mögen unter den Bestimmungen dieses Beschlusses begriffen seyn oder nicht, müssen mit dem Namen des Verlegers und, in so fern sie zur Classe der Zeitungen oder Zeitschriften gehören, auch mit dem Namen des Redacteurs versehen seyn. Druckschriften, bei welchen diese Vorschrift nicht beobachtet ist, dürfen in keinem Bundesstaate in Umlauf gesetzt und müssen, wenn solches heimlicher Weise geschieht, gleich bei ihrer Erscheinung in Beschlag genommen, auch die Verbreiter derselben, nach Beschaffenheit der Umstände, zu angemessener Geld- oder Gefängnißstrafe verurtheilt werden.

§. 10. Der gegenwärtige einstweilige Beschluß soll, vom heutigen Tage an, fünf Jahre lang in Wirksamkeit bleiben. Vor Ablauf dieser Zeit soll am Bundestage gründlich untersucht werden, auf welche Weise die im 18. Artikel der Bundes-Acte in Anregung gebrachten gleichförmigen Verfügungen über die Preßfreiheit in Erfüllung zu setzen seyn möchten, und demnächst ein Definitiv-Beschluß über die rechtmäßigen Grenzen der Preßfreiheit in Deutschland erfolgen.

Durch Beschluss der Bundesversammlung vom 16. August 1824 wurde das Preßgesetz auf unbestimmte Zeit verlängert und der § 10 dadurch aufgehoben.

 

Bundes-Untersuchungsgesetz
Provisorischer Beschluß betreffend die Bestellung einer Central-Behörde zur nähern Untersuchung der in mehreren Bundesstaaten entdeckten revolutionären Umtriebe

vom 20. September 1819

faktisch aufgehoben in Folge
der Einstellung der Tätigkeit der Central-Untersuchungs-Commission im Jahre 1828,
nachdem sie am 14. Dezember 1827 der Bundesversammlung ihren Hauptbericht gemäß Artikel 10 abgegeben hatte.

aufgehoben durch
Bundesbeschluß über die Aufhebung der Bundes-Ausnahmegesetze vom 2. April 1848
 

Artikel 1. Innerhalb vierzehn Tagen, von der Fassung gegenwärtigen Beschlusses an zu rechnen, versammelt sich in der Stadt und Bundesfestung Mainz eine aus sieben Mitgliedern, mit Einschluß eines Vorsitzenden, zusammengesetzte, außerordentliche, von dem Bunde ausgehende Central-Untersuchungs-Commission.

Zu Mitgliedern wurden gewählt: Österreich, Preußen, Bayern, Hannover, Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau.

Artikel 2. Der Zweck dieser Commission ist gemeinschaftliche, möglichst gründliche und umfassende Untersuchung und Feststellung des Thatbestandes, es Ursprungs und der mannigfachen Verzweigungen der gegen die bestehende Verfassung und innere Ruhe, sowohl des ganzen Bundes, als einzelner Bundesstaaten, gerichteten revolutionären Umtriebe und demagogischen Verbindungen, von welchen nähere oder entferntere Indicien bereits vorliegen, oder sich in dem Laufe der Untersuchung ergeben möchten.

Artikel 3. Die Bundesversammlung wählt durch Mehrheit der Stimmen der engem Versammlung die sieben Bundesglieder, welche die Central-Untersuchungs-Commissarien zu ernennen haben.

Den Vorsitzenden bestimmen die sieben von den Bundesgliedern ernannten Commissarien, nach ihrer Constituirung als Central-Untersuchungs-Commission durch Wahl aus ihrer Mitte.

Artikel 4. Zu Mitgliedern der Central-Untersuchungs-Commission können nur Staatsdiener ernannt werden, welche in dem Staate, der sie ernennt, in richterlichen Verhältnissen stehen, oder gestanden, oder wichtige Untersuchungen instruirt haben.

Jedem Commissarius wird ein auf das Protokoll verpflichteter Actuarius oder Secretär von seiner Regierung beigegeben, welche zusammen das Canzlei-Personale bilden.

Der Vorsitzende vertheilt die zu erledigenden Geschäfte unter die einzelnen Mitglieder.

Beschlüsse werden auf vorgängigen Vortrag nach Stimmenmehrheit gefaßt.

Artikel 5. Um ihren Zweck zu erreichen, wird die Central-Untersuchungs-Commission die Oberleitung der in verschiedenen Bundesstaaten theils schon angefangenen, theils vielleicht noch anzufangenden Local-Untersuchungen übernehmen.

Die Behörden, welche dergleichen Untersuchungen bisher geführt haben, oder künftig führen werden, sind von ihren Regierungen anzuweisen, die bei ihnen verhandelten Acten in möglichst kürzester Zeit an die Central-UntersuchungsCommission entweder in Urschrift oder in Abschrift einzusenden, den von der besagten Bundes-Commission an sie gelangenden Requisitionen schleunigst und vollständigst zu willfahren, in Gemäßheit derselben die erforderlichen Untersuchungen mit möglichster Genauigkeit und Beschleunigung vorzunehmen oder fortzusetzen, und mit Verhaftung der inculpirten Personen vorzuschreiten.

Neue, zu Entdeckungen führende Spuren sind die Localbehörden auch ohne vorläufige Anfrage bei der Central-Untersuchungs-Commission unverzüglich zu verfolgen, jedoch zugleich der letztem davon Kenntniß zu geben verpflichtet.

Überhaupt werden die Localbehörden von ihren obersten Landesbehörden angewiesen werden, sowohl mit der Central-Bundes-Commission als unter sich, in fortgesetzter Communication zu bleiben, und sich gegenseitig in Beziehung auf den Art. 2 der Bundes-Acte zu unterstützen.

Artikel 6. Sämmtliche Bundesglieder, in deren Gebiet bereits Untersuchungen eingeleitet sind, verpflichten sich, der Central-Untersuchungs-Commission unmittelbar nach ihrer Constituirung die Localbehörden oder Commissionen, welchen sie die Untersuchung anvertraut haben, anzuzeigen.

Die Bundesglieder, in deren Staaten Untersuchungen dieser Art noch nicht eingeleitet sind, jedoch aber noch nöthig werden sollten, sind verbunden, auf das dieser wegen von der Central-Untersuchungs-Commission an sie gelangende Ansinnen, sogleich die Untersuchung vornehmen zu lassen, und der Central-Commission die Behörde namhaft zu machen, welcher sie hierzu den Auftrag ertheilen.

Artikel 7. Die Central-Bundes-Commission ist berechtiget, wenn sie es nöthig findet, ein oder das andere Individuum selbst zu vernehmen. Sie wird sich um Sistirung derselben an die obersten Staatsbehörden der Bundesglieder oder an die ihr, vermöge Art. 6, bekannt gemachten Behörden wenden. Bei, von der Central-Commission anerkannter, unumgänglicher Nothwendigkeit sind dergleichen Personen auf die, erwähnter Maßen an die obersten Staats- oder bereits designirten Localbehörden gerichtete Requisition der Central-Commission zu verhaften und unter sicherer Bedeckung nach Mainz abzuführen.

Artikel 8. Zu sicherer Verwahrung der an den Sitz der Commission zu transportirenden Individuen sollen die erforderlichen Anstalten getroffen werden.

Die Kosten der Commission, so wie der Untersuchung selbst, sind von dem Bunde zu tragen.

Artikel 9. Auf gegenwärtigen Bundesschluß wird die Central-UntersuchungsCommission anstatt besonderer Instruction verwiesen.

In allen Fällen, wo sich Anstände ergeben, oder überhaupt die Central-Untersuchungs-Commission weitere Verhaltungsbefehle einzuholen, in den Fall kommen sollte, hat dieselbe an die Bundesversammlung zu berichten, welche zur Einleitung der Beschlußnahme und Vortrag über solche Anfragen eine Commission von drei Mitgliedern aus ihrer Mitte ernennen wird.

Art. 10. Eben so ist über die Resultate der möglichst zu beschleunigenden Untersuchung von der Central-Untersuchungs-Commission Bericht an die Bundesversammlung von Zeit zu Zeit zu erstatten.

Die Bundesversammlung wird nach Maaßgabe der, sowohl im Einzelnen, als nach geschlossener Untersuchung aus den ganzen Verhandlungen sich ergebenden Resultate, die weitern Beschlüsse zu Einleitung des gerichtlichen Verfahrens fassen.

 

    Nachdem die vorliegenden Abstimmungen sich, im Einverständnisse mit den hierdurch ausgesprochenen Gesinnungen und aufgestellten Ansichten, mit dem Ausdruck des lebhaftesten und ehrerbietigsten Dankes für die von Seiner Kaiserlich-Königlichen Majestät andurch neuerdings bethätigte unermüdete hohe Sorgfalt für das Beste des deutschen Bundes erkläret hatten, und den gemachten Vorschlägen beigetreten waren; so ward einmüthig

beschlossen:

    daß in deren Gemäßheit
    ad I. nach dem Sinne des monarchischen Princips und zur Aufrechhaltung des Bundesvereins, die Bundesstaaten bei Wiedereröffnung der Sitzungen ihre Erklärungen über eine angemessene Auslegung und Erläuterung des 13. Artikels der Bundesacte abzugeben haben.
    ad II. Daß inzwischen, bis eine definitive Executions-Ordnung durch die beabsichtigten weitern Berathungen zu Stande gebracht werden könne, zur nöthigen Handhabung und Ausführung der nach dem 2. Artikel der Bundesacte für die innere Sicherheit im Bunde zu fasenden Beschlüsse und erforderlichen Maasregeln, eine provisorische Executions-Ordnung nach dem vorgelegten Entwurfe eingeführt seyn soll.
    ad III. Daß, mit Vorbehalt der weitern Berathungen des Bundestags, zur gründlichen Verbesserung des gesammten Schul- und Universitätswesens, den Gebrechen desselben zunächst und ungesäumt durch Ergreifung von provisorischen Maasregeln abgeholfen, und dieserhalb der betreffende Entwurf angenommen werde.
    ad IV. Daß zur nöthigen Oberaufsicht über die Druckschriften und zur Verhütung des sich ergebenden Mißbrauchs derselben, in Bezug auf Zeitungen, Zeit- und Flugschriften, eine provisorische gesetzliche Verfügung nach dem gedachten Entwurf allgemein eingeführt werden soll.
    ad V. Daß eine Central-Behörde ausschließlich zur weitern Untersuchung der, gegenwärtig in mehreren Bundesstaaten entdeckten, revolutionairen Umtriebe, von Bundeswegen, nach dem vorstehenden Gesetzes-Entwurf, bestellt und angeordnet seyn soll.

    Gesammte Bundesgesetz-Beschlüsse treten nach ihrem nähern Inhalte sogleich in allen Bundesstaaten in Anwendung und Vollziehung.

 


Quellen: Protokoll der Deutschen Bundesversammlung Jahrgang 1819, § 220
Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte Band 1, Verlag Kohlhammer
© 26. November 2000 - 23. November 2012

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