Gesetz über die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik

vom 1. Dezember 1967

aufgehoben durch
Gesetz über die Staatsbank der DDR vom 19. Dezember 1974 (GBl. I S. 580)

Unter den Bedingungen der Schaffung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus erhöht sich die Rolle des Banksystems bei der Finanzierung des volkswirtschaftlichen Reproduktionsprozesses. Das erfordert die Weiterentwicklung der Aufgaben der Staatsbank als Emissionsbank bei der Bilanzierung des gesamten Kreditsystems, der Ausarbeitung der Grundsätze auf den Gebieten des Geldumlaufs und des Kredits im volkswirtschaftlichen Maßstab und der Refinanzierung der Geschäftsbanken.

Die Staatsbank hat auf die optimale Gestaltung des volkswirtschaftlichen Reproduktionsprozesses Einfluß zu nehmen und damit zur ständigen Sicherung der Stabilität der Währung beizutragen. Durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten des Geldumlaufs und des Kredits hat sie die Ausarbeitung volkswirtschaftlicher Prognosen, die Festlegung optimaler Perspektivplanziele und die planmäßige proportionale Entwicklung der Volkswirtschaft aktiv zu unterstützen.

Erster Abschnitt
Stellung und Aufgaben der Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik

§ 1. (1) Die Deutsche Notenbank führt mit Wirkung vom 1. Januar 1968 den Namen "Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik".

(2) Die Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik (nachstehend Staatsbank genannt) ist juristische Person. Ihr Sitz ist Berlin, die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik.

§ 2. (1) Die Staatsbank ist die Emissionsbank der Deutschen Demokratischen Republik und das Organ des Ministerrates für die Verwirklichung der von der Partei- und Staatsführung beschlossenen Kreditpolitik in ihrer Gesamtheit.

(2) Die Staatsbank ist verantwortlich für die Planung des Geldumlaufs, die Bilanzierung der Kredite und Kreditquellen des Kreditsystems und die Ausarbeitung von Grundsätzen im volkswirtschaftlichen Maßstab auf den Gebieten des Kredits, des Zinses sowie des Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs. Sie hat durch ökonomische Beziehungen auf vertraglicher Grundlage zu den anderen Kreditinstituten über die Anläge freier Mittel und die Refinanzierung auf die Erreichung der in der Bilanz des Kreditsystems festgelegten Ziele einzuwirken.

(3) Durch die Erfüllung dieser Aufgaben hat die Staatsbank die Ausarbeitung und Durchführung der Perspektiv- und Jahrespläne zur Erzielung eines hohen Nutzeffektes des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses zu fördern und gemeinsam mit den anderen Kreditinstituten zur kontinuierlichen Sicherung der Stabilität der Währung beizutragen.

(4) Die Staatsbank verwirklicht ihre Aufgaben i:: Durchführung der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, der Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates und der Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates.

§ 3. (1) Die Staatsbank wirkt an der Ausarbeitung von Prognosen der Entwicklung der Hauptfaktoren der Volkswirtschaft auf der Grundlage einer eigenen prognostischen Tätigkeit mit. Sie unterstützt durch ihre Tätigkeit die volkswirtschaftliche Prognostik zur Durchsetzung der effektivsten Struktur der Volkswirtschaft.

(2) Die Staatsbank stellt die Bilanz des Kreditsystems als Perspektiv- und Jahresplan der Entwicklung der Kredite und Kreditquellen auf der Grundlage zentraler Bilanzen, eigener Berechnungen und Einschätzungen sowie der ihr vorzulegenden Kreditbilanzen der anderen Kreditinstitute auf. Der Präsident der Staatsbank übergibt die Bilanz des Kreditsystems mit einer Analyse, über die Entwicklung der umlaufenden Geldmenge dem Minister der Finanzen für die Bilanzierung der Staatsfinanzen. Die Staatsbank erarbeitet Stellungnahmen und Vorschläge zu den Entwürfen des Volkswirtschaftsplanes, der Finanzbilanz des Staates und der Bilanz der Geldeinnahmen und -ausgaben der Bevölkerung und trägt damit zur optimalen Planung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses bei. Sie wirkt aktiv an der Ausarbeitung der Zahlungsbilanz der Deutschen Demokratischen Republik mit.

(3) Die Staatsbank analysiert die Durchführung der Bilanz des Kreditsystems und des Volkswirtschaftsplanes unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der vom Ministerrat beschlossenen Entwicklung des Geldumlaufs und der Kredite. Sie kontrolliert die Einhaltung der bestätigten Kreditbilanzen der Kreditinstitute auf der Grundlage der mit den Kreditinstituten abgeschlossenen Verträge.

(4) Der Präsident der Staatsbank hat dem Ministerrat regelmäßig über die Durchführung der Bilanz des Kreditsystems Bericht zu erstatten. Er hat dem Ministerrat bzw. dem Vorsitzenden des Ministerrates, dem Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission sowie dem Minister der Finanzen wichtige Erkenntnisse aus der Arbeit der Staatsbank zu volkswirtschaftlichen Schwerpunktfragen zu übermitteln und Lösungsvorschläge zu unterbreiten.

§ 4. (1) Die Staatsbank hat in Zusammenarbeit mit den anderen Kreditinstituten Grundsatzregelungen im volkswirtschaftlichen Maßstab für die Geld- und Wertpapieremission, die Anlagenpolitik, die Kreditgewährung, die Verzinsung von Guthaben und Krediten, den baren und bargeldlosen Zahlungsverkehr sowie für die Sicherheit und Technik des Bankverkehrs und die Rechnungsführung und Statistik der Kreditinstitute auszuarbeiten.

(2) Im Auftrage des Ministerrates übt die Staatsbank gegenüber den Kreditinstituten eine Kontrolle über die Durchsetzung der im volkswirtschaftlichen Maßstab festgelegten Grundsätze auf den Gebieten des Kredits und des Geldumlaufs aus.

(3) Der Präsident der Staatsbank unterbreitet dem Ministerrat Vorschläge für die Weiterentwicklung der Geld- und Kreditpolitik und für den Erlaß entsprechender gesetzlicher Bestimmungen.

(4) Der Präsident der Staatsbank erläßt die zur Wahrnehmung der Verantwortung der Staatsbank erforderlichen Durchführungsbestimmungen und Anordnungen.

§ 5. (1) Die Staatsbank hat im Rahmen der vom Ministerrat bestätigten Höhe des Bargeldumlaufs das alleinige Recht der Ausgabe von Geldzeichen (Banknoten und Münzen) der Währung der Deutschen Demokratischen Republik. Der Präsident der Staatsbank unterbreitet dem Ministerrat Vorschläge für die Neuausgabe von Geldzeichen.

(2) Die von der Staatsbank ausgegebenen Geldzeichen sind das gesetzliche Zahlungsmittel in der Deutschen Demokratischen Republik.

(3) Der Präsident der Staatsbank regelt die Ersatzleistung für beschädigte Geldzeichen.

(4) Die Staatsbank stellt den Bargeldumsatzplan der Deutschen Demokratischen Republik auf und analysiert in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Geldeinnahmen und -ausgaben der Bevölkerung.

§ 6. (1) Die Staatsbank führt Konten der anderen Geld- und Kreditinstitute. Ausgehend von der Bilanz des Kreditsystems
- nimmt die Staatsbank freie Geldmittel der Geld- und Kreditinstitute als Einlagen entgegen
- gewährt sie den Kreditinstituten Refinanzierungskredite.

(2) Über die Anlage freier Mittel und die Gewährung von Refinanzierungskrediten hat die Staatsbank Verträge abzuschließen. Durch differenzierte Vertragsbedingungen und Zinssätze hat sie ihre Vertragspartner zu einer aktiven Kreditpolitik mit hohem volkswirtschaftlichen Nutzen anzuregen.

(3) Die Staatsbank führt Konten des Staatshaushalts und übernimmt auf der Grundlage der vom Minister der Finanzen erlassenen Bestimmungen Aufgaben der Haushaltsdurchführung. Sie kann weitere Konten staatlicher Organe sowie Konten gesellschaftlicher Organisationen führen.

(4) Die Staatsbank ist berechtigt, für ihre Kontoinhaber die im Bankverkehr üblichen Geschäfte durchzuführen.

§ 7. (1) Auf dem Gebiet des zwischenstaatlichen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs ist die Staatsbank berechtigt,
- Bankenabkommen und -vereinbarungen mit Banken in anderen Staaten abzuschließen sowie mit solchen Banken und mit internationalen Organisationen des Bankwesens zusammenzuarbeiten
- Konten und Depots bei Banken in anderen Staaten zu unterhalten und alle im zwischenstaatlichen Bankverkehr üblichen Geschäfte einschließlich der Gewährung und der Inanspruchnahme von Krediten durchzuführen
- allein oder gemeinsam mit anderen Banken Beteiligungsverhältnisse einzugehen und andere Formen der Finanzierung anzuwenden.

(2) Die Staatsbank arbeitet die Grundsätze für die Durchführung des zwischenstaatlichen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs einschließlich des Reisezahlungsverkehrs durch die Kreditinstitute aus.

(3) Der Präsident der Staatsbank setzt die Umrechnungssätze fremder Währungen zur Währung der Deutschen Demokratischen Republik fest und veröffentlicht sie.

(4) Die Staatsbank ist berechtigt, Devisen und Sorten sowie Gold und andere Edelmetalle anzukaufen, zu verkaufen und zu verwahren.

(5) Die Staatsbank wirkt an der Analyse der Durchführung der Zahlungsbilanz der Deutschen Demokratischen Republik mit und hat durch ihre Tätigkeit zur Erhöhung der Effektivität der Außenwirtschaftsbeziehungen beizutragen.

§ 8. Der Ministerrat kann der Staatsbank weitere Aufgaben übertragen.

§ 9. (1) Die Staatsbank arbeitet bei der Durchführung ihrer Aufgaben eng mit der Staatlichen Plankommission, dem Ministerium der Finanzen, dem Amt für Preise und anderen staatlichen Organen zusammen. Sie unterrichtet die zuständigen staatlichen Organe über Probleme, die sich aus ihrer Tätigkeit, insbesondere aus der Durchführung der Bilanz des Kreditsystems, ergeben und unterbreitet ihnen entsprechende Vorschläge.

(2) Der Präsident der Staatsbank ist berechtigt, in Vereinbarungen mit den Leitern anderer Kreditinstitute diesen Kreditinstituten die Durchführung von Aufgaben der Staatsbank als Auftragsgeschäft zu übertragen. Die Verantwortung der Staatsbank für die Erfüllung der Aufgaben wird dadurch nicht eingeschränkt.

§ 10. Die Staatsbank gewährleistet die Geheimhaltung der bei ihr geführten Konten sowie der von ihr durchgeführten Geschäfte entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen.

Zweiter Abschnitt
Leitung der Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik

§ 11. (1) Die Staatsbank wird vom Präsidenten nach dem Prinzip der Einzelleitung geleitet. Er wird vom Vorsitzenden des Ministerrates berufen und abberufen und ist dem Ministerrat für die Erfüllung der Aufgaben der Staatsbank persönlich verantwortlich und rechenschaftspflichtig.

(2) Bei Verhinderung des Präsidenten übernimmt der Vizepräsident bzw. der hierzu vom Präsidenten beauftragte Direktor die Vertretung.

(3) Der Präsident bestimmt die Arbeitsbereiche des Vizepräsidenten und der Direktoren. Sie sind dem Präsidenten für die Erfüllung ihrer Aufgaben persönlich verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Der Präsident unterbreitet dem Ministerrat Vorschläge zur Berufung des Vizepräsidenten und anderer leitender Kader der Bank entsprechend der dafür geltenden Nomenklatur.

(4) Der Präsident organisiert die Erfüllung der Aufgaben der Staatsbank nach den Grundsätzen der sozialistischen Leitungswissenschaft unter Anwendung von modernen Leitungsmethoden und -instrumenten und legt das hierzu erforderliche Informations- und Weisungssystem fest. Er sichert die Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung zur Verbesserung der ökonomischen Führungstätigkeit.

§ 12. In der Staatsbank besteht ein Bankrat als kollektives Beratungsorgan des Präsidenten. Der Bankrat berät den Präsidenten in grundsätzlichen Fragen der Tätigkeit der Staatsbank, nimmt zu Lösungsvorschlägen Stellung und gibt Hinweise zur Einleitung geld- und kreditpolitischer Maßnahmen von volkswirtschaftlicher Bedeutung.

Dritter Abschnitt
Vertretung der Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik im Rechtsverkehr

§ 13. (1) Die Staatsbank wird im Rechtsverkehr durch den Präsidenten, den Vizepräsidenten, die Direktoren und durch bevollmächtigte Mitarbeiter vertreten.

(2) Schriftliche Erklärungen der Staatsbank, die das Dienstsiegel tragen, haben die Eigenschaft öffentlicher Urkunden. Zur Führung des Dienstsiegels gemäß den hierfür geltenden gesetzlichen Bestimmungen sind der Präsident, der Vizepräsident, die Direktoren und die vom Präsidenten bestimmten leitenden Mitarbeiter berechtigt.

Vierter Abschnitt
Vermögen und Geschäftsführung der Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik

§ 14. (1) Die Staatsbank besitzt einen Eigenmittelfonds in Höhe von 600 Millionen Mark der Deutschen Demokratischen Republik und einen Reservefonds. Der Ministerrat kann die Erhöhung des Eigenmittelfonds und die Bildung weiterer Fonds festlegen. Der Eigenmittelfonds und der Reservefonds bilden die für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der Staatsbank haftenden Mittel.

(2) Der jährliche Reinertrag der Tätigkeit der Staatsbank wird zu 50 % dem Reservefonds und zu 50 % dem Staatshaushalt zugeführt. Erreicht der Reservefonds die Höhe des Eigenmittelfonds, wird der gesamte Reinertrag dem Staatshaushalt zugeführt. Die Zuführung zu weiteren Fonds erfolgt gemäß den Beschlüssen des Ministerrates.

§ 15. (1) Die Staatsbank arbeitet nach einem Finanzplan.

(2) Die Staatsbank stellt jährlich eine Bilanz mit Ergebnisrechnung und einen Jahresbericht auf. Der Präsident der Staatsbank legt den Jahresbericht dem Ministerrat zur Bestätigung vor.

Fünfter Abschnitt
Schlußbestimmungen

§ 16. Die Prüfung und Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit der Jahresbilanz und der Ergebnisrechnung der Staatsbank erfolgen durch die Staatliche Finanzrevision.

§ 17. Soweit in den Bestimmungen dieses Gesetzes die Zuständigkeit der Staatsbank für die Durchführung bestimmter Aufgaben der Deutschen Notenbank nicht mehr vorgesehen ist, regelt der Ministerrat die anderweitige Verantwortung für ihre Erfüllung.

§ 18. Durchführungsverordnungen erläßt der Ministerrat.

§ 19. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1968 in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten außer Kraft
- das Gesetz vom 20. Dezember 1965 über die Deutsche Notenbank (GBl. I 1966 S.25)
- die Richtlinie vom 3. September 1964 über die Verantwortung und die Hauptaufgaben der Deutschen Notenbank im neuen ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft (GBl. II S.817).

Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am ersten Dezember neunzehnhundertsiebenundsechzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den ersten Dezember neunzehnhundertsiebenundsechzig

Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik
W. Ulbricht


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1967 Teil I S. 132
© 13. Dezember 2004

Home            Zurück             Top