Gesetz über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik

vom 2. Dezember 1959

aufgehoben durch
Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (GBl. I. S. 83)

Die Schule hat eine große Bedeutung für die gesellschaftliche Erziehung und Bildung der Menschen. In Deutschland besteht schon seit über einem Jahrhundert die Schulpflicht. Aber in der Vergangenheit bis 1945 diente die Schule nicht den Interessen des Volkes. Sie war eine Standesschule und schloß die Kinder der Werktätigen von der höheren Bildung aus.

Die Arbeiterbewegung kämpfte zu allen Zeiten gemeinsam mit fortschrittlichen Pädagogen und demokratischen Kräften der Bevölkerung gegen dieses Bildungsprivileg. Durch den Hitlerfaschismus wurde die Schule zu einer Stätte der Verbreitung des Rassenhasses und der Völkerverhetzung erniedrigt und zur Vorbereitung der Jugend auf den Eroberungskrieg mißbraucht.

Nach der Zerschlagung des Faschismus kam es deshalb darauf an, im Zusammenhang mit der Errichtung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung auch eine neue Schule zu schaffen, frei von der faschistischen und militaristischen Ideologie der Vergangenheit.

Im gemeinsamen politischen Handeln aller antifaschistischen und demokratischen Kräfte unseres Volkes wurde die demokratische Schulreform durchgeführt und ein zutiefst humanistisches Eildungs- und Erziehungswesen aufgebaut. Dadurch wurden zugleich die Voraussetzungen für eine schöpferische Tätigkeit der pädagogischen Wissenschaft gegeben.

Die demokratische Einheitsschule verwirklichte zum ersten Mal in der deutschen Geschichte auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und im demokratischen Berlin die Forderungen der sozialistischen Arbeiterbewegung und aller fortschrittlichen Kräfte nach einer einheitlichen Schule und nach gleichen Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder des Volkes in Stadt und Land. Damit wurden die fortschrittlichen Ideen solcher großen Pädagogen wie Comenius, Pestalozzi, Diesterweg und Wander erfüllt und weiterentwickelt.

Diese erfolgreiche Entwicklung des Schulwesens war nur möglich, weil in der Deutschen Demokratischen Republik die Arbeiterkasse im Bündnis mit den Bauern und den anderen demokratischen Kräften des Volkes die Macht ausübt.

In Westdeutschland und Westberlin dagegen, wo die alten monopolkapitalistischen Verhältnisse beibehalten und die Macht der Militaristen wieder hergestellt wurden, besteht weiterhin das Bildungsprivileg. Die Schule wurde zu einem Instrument der volksfeindlichen Politik der Militaristen und Imperialisten. In ihr werden die Kinder mit dem Ungeist der Revanche und Kriegshetze verseucht und im Unterricht gegen die Deutsche Demokratische Republik, die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten aufgehetzt.

Bereits der erfolgreiche Aufbau der antifaschistischdemokratischen Schule in der Deutschen Demokratischen Republik war eine nationale Tat und ein Beispiel für die fortschrittliche Lösung des Schulproblems in ganz Deutschland.

Mit dem Aufbau des Sozialismus begann eine neue Etappe der gesellschaftlichen Entwicklung, Die Schaffung der Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft erforderte auch die sozialistische Erziehung der jungen Generation.

Das kann nur durch eine Schule geschehen, die aufs engste mit dem gesellschaftlichen Leben, vor allem mit der sozialistischen Produktion verbunden ist: Besonders dadurch wird die Kluft zwischen der geistigen und körperlichen Arbeit und zwischen der Theorie und der Praxis überwunden.

Diese Aufgabe vermochte die antifaschistisch-demokratische Schule trotz aller Fortschritte nicht zu lösen, denn ihr Unterricht war noch vom Leben getrennt, und sie gewährte im wesentlichen nur eine einseitige intellektuelle Bildung und Erziehung.

Der Sozialismus aber braucht Menschen, deren geistige und körperliche Fähigkeiten allseitig entwickelt sind, denen die Arbeit zum Lebensinhalt wird und die eine hohe Achtung vor den arbeitenden Menschen haben.

Zur Verwirklichung des Sozialismus wurde deshalb der Übergang von der antifaschistisch-demokratischen Schule zur sozialistischen Schule historisch notwendig. Der erfolgreiche Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung erfordert eine hohe Arbeitsproduktivität in allen Zweigen dar Volkswirtschaft. Diese wird erreicht, indem in immer stärkerem Maße die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft und die Errungenschaften der hoch entwickelten Technik in der sozialistischen Produktion in Industrie und Landwirtschaft angewandt werden.

Die schnelle Entwicklung der Mechanisierung und Automatisierung, die Anwendung moderner chemischer Verfahren, die Entwicklung der Elektrotechnik und die Ausnutzung der Kernenergie verändern die Produktionsprozesse und den Charakter der Arbeit.

Die komplizierten Maschinen, die Meß- und Steuerungsgeräte können nur gemeistert werden und die Organisation und Kontrolle der modernen technologischen Prozesse ist nur möglich, wenn die Werktätigen eine hohe Allgemeinbildung haben und möglichst viele Arbeiter ingenieurtechnische Kenntnisse besitzen, Auch die Genossenschaftsbauern benötigen zur Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der modernen Technik in der sozialistischen Landwirtschaft hohe fachliche Kenntnisse.

Der Erfüllung dieser Aufgaben dient der Aufbau der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für alle Kinder. Die allgemeinbildende polytechnische Oberschule vermittelt ein umfassendes lebensnahes und anwendbares Wissen. Sie erzieht die jungen Menschen zu Staatsbürgern, die aktiv am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen.

Die allgemeinbildende polytechnische Oberschule baut auf den fortschrittlichen Traditionen der deutschen Pädagogik auf und entspricht den geschichtlichen Erfahrungen.

Die Verbindung des Unterrichts mit der produktiven Arbeit der Schüler führt zu einer neuen Qualität der Bildung und Erziehung. Durch den polytechnischen Unterricht wird die Kluft zwischen Theorie und Praxis, Schule und Leben überwunden. Auf der Grundlage der polytechnischen Bildung wird das wissenschaftliche Niveau des gesamten Unterrichts, besonders in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern, wesentlich erhöht.

Die allgemeinbildende polytechnische Oberschule erzieht die heranwachsende Generation zur Liebe zur Arbeit und zu den arbeitenden Menschen und trägt zur allseitigen Entwicklung ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten bei. Sie vermittelt der jungen Generation die Lehren aus der deutschen Geschichte und erzieht sie im Geiste des Friedens und der Völkerfreundschaft, insbesondere zur Freundschaft mit der Sowjetunion:

Der Unterricht erfolgt auf der Grundlage der fortgeschnittenen Wissenschaft und der Produktionspraxis und ist eng mit der produktiven Arbeit verbunden. Während der gesamten Schulzeit nehmen die Schüler, entsprechend ihrem Alter, an gesellschaftlich-nützlicher Arbeit teil.

Die allgemeinbildende polytechnische Oberschule erzieht die Schüler zur sicheren Beherrschung der Muttersprache. Die Vermittlung von Fremdsprachen, besonders der russischen Sprache, dient der Vertiefung der Völkerfreundschaft und befähigt die Schüler, sich mit den fortschrittlichen Errungenschaften anderer Völker bekanntzumachen. Auch Literatur und Kunst, Körperkultur und Sport sollen ihnen zu einem echten Lebensbedürfnis werden.

Die weitere sozialistische Entwicklung des Schulwesens der Deutschen Demokratischen Republik ist von großer nationaler Bedeutung. Die Erhöhung des Bildungsniveaus und die großen Perspektiven, die sich der gesamten Jugend eröffnen, sind Ausdruck der Politik der Arbeiter-und-Bauern-Macht, die auf große wirtschaftliche und kulturelle Leistungen zur Sicherung des Friedens und der nationalen Wiedergeburt Deutschlands als friedliebender und demokratischer Staat gerichtet ist.

Eine solche Schule kann nur mit Erfolg gestaltet werden, wenn ihr Aufbau zur Sache des ganzen Volkes wird. Die Aussprache über die Thesen der 4. Tagung des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zur sozialistischen Entwicklung des Schulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik hat sich zu einer Volksbewegung für den Aufbau der sozialistischen Schule entwickelt. Das zeigt, daß der Vorschlag, die allgemeinbildende polytechnische Oberschule zu schaffen, den Forderungen entspricht, die von der Nationalen Front des demokratischen Deutschland aufgestellt wurden.

Die neue Schule ist das Vorbild für die Entwicklung der Schule ganz Deutschlands, da sie den historischen Bedingungen der Entwicklung unseres Vaterlandes entspricht und schöpferische Menschen erzieht, deren ganzes Streben auf die Arbeit für den Frieden, den Fortschritt und, die Völkerfreundschaft gerichtet ist.

Die Errichtung der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule ist deshalb eine erstrangige Aufgabe für alle in der Nationalen Front des demokratischen Deutschland, in den Gewerkschaften, der Freien Deutsehen Jugend und allen anderen Massenorganisationen vereinigten Schichten und Kräfte unseres Volkes.

Die Volkskammer beschließt daher:

I.
Die allgemeinbildende Schule in der Deutschen Demokratischen Republik, ihr Charakter und ihre Aufgaben

§ 1. (1) Die allgemeinbildende Schule für alle Kinder in der Deutschen Demokratischen Republik ist die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule, im folgenden Oberschule genannt. Für diese Schule besteht allgemeine Schulpflicht.

(2) Die Oberschule ist bis zum Herbat des Jahres 1964 planmäßig und schrittweise, den ökonomischen Bedingungen und Perspektiven In den einzelnen Bezirken und Kreisen entsprechend, aufzubauen.

§ 2. (1) Die schulische Erziehung und Bildung der Jugend ist ausschließlich Angelegenheit des Staates.

(2) Es besteht Schulgeldfreiheit.

§ 3. (1) Bildung und Erziehung in der sozialistischen Schule sind eng mit der produktiven Arbeit und der Praxis des sozialistischen Aufbaus zu verbinden. Die Schule hat die Jugend auf das Leben und die Arbeit im Sozialismus vorzubereiten, sie zu allseitig polytechnisch gebildeten Menschen zu erziehen und ein hohes Bildungsniveau zu sichern. Sie erzieht die Kinder und Jugendlichen zur Solidarität und zu kollektivem Handeln, zur Liebe zur Arbeit und zu den arbeitenden Menschen und entwickelt alle ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten zum Wohle des Volkes und der Nation.

(2) Die Schule hat dafür zu sorgen, daß alle Schüler das Bildungs- und Erziehungsziel der sozialistischen Schule erreichen. Sie muß dabei besonders sorgfältig und planmäßig die Arbeiter- und Bauernkinder fördern und ausbilden. Die Kinder berufstätiger Mütter müssen wirksame Unterstützung und Hilfe erhalten.

(3) Die Schule auf dem Lande hat die besondere Aufgabe, junge Menschen heranzubilden, die an der sozialistischen Umgestaltung des Dorfes und damit an der allmählichen Beseitigung der wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land aktiv teilnehmen können. Die Jugend muß durch die Schule befähigt werden, in der sich auf dem Dorfe entwickelnden sozialistischen Großproduktion erfolgreich tätig zu sein.

(4) Der Schulhort und das Internat haben, als ein fester Bestandteil der Schule, den Schülern beim Lernen zu helfen und für eine erzieherisch wertvolle Freizeitgestaltung und gute Betreuung der Schüler während des ganzen Tages zu sorgen. Dafür sind Lehrer und Erzieher einzusetzen.

§ 4. (1) Die polytechnische Bildung und Erziehung ist Grundzug und Bestandteil des Unterrichts und der Erziehung in allen Schuljahren. Entsprechend dem Alter der' Kinder ist der Unterricht mit gesellschaftlich-nützlicher Tätigkeit bzw. mit produktiver Arbeit zu verbinden. Im Mittelpunkt des polytechnischen Unterrichts steht in den unteren Klassen der Werkunterricht und von der Klasse 7 ab der Unterricht in der sozialistischen Produktion.

(2) Der Unterricht ist nach dem staatlichen Lehrplan zu erteilen, der Wissenschaftlichkeit und Systematik des Unterrichts gewährleisten muß. Im Unterricht ist von den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft auszugehen, die Verbindung von Theorie und Praxis zu sichern . und eine fortschrittliche Unterrichtsmethodik anzuwenden, die auf der Aktivität und Selbsttätigkeit der Schüler beruht und sie fördert. Die Einhaltung der Regeln der Schulhygiene und die Erziehung zu einer gesunden Lebensweise müssen zum festen Bestandteil der Arbeit der Schule werden.

II.
Bildungsgang und Schulpflicht in der Deutschen Demokratischen Republik

§ 5. (1) Die Oberschule hat
eine Unterstufe (Klasse 1 bis 4) und
eine Oberstufe (Klasse 5 bis 10).

(2) Die Oberschule schafft die Grundlage für die berufliche Ausbildung und für alle weiterführenden Bildungseinrichtungen. Sie hat den Schülern eine hohe Allgemeinbildung, die auf der polytechnischen Bildung beruht, und sichere Kenntnisse in den Grundlagen der Wissenschaft, der Technik und der Kultur zu vermitteln.

§ 6. Der Weg von der Oberschule über die Berufsausbildung ist der Hauptweg zur Entwicklung des Fach- und Hochschulnachwuchses. Für die weiterführende Schulbildung gibt es folgende Wege:
1. Abschluß der Oberschule und Erwerb einer qualifizierten Berufsausbildung. Eine mindestens zweijährige Berufsausbildung befähigt zur Aufnahme eines Fachschulstudiums. Es sind Möglichkeiten zu schaffen, die bei einem Berufsschulbesuch und gleichzeitiger Berufsausbildung den Erwerb des Abiturs ermöglichen, das zur Aufnahme eines Universitäts- oder Hochschulstudiums befähigt.
2. Abschluß der Oberschule und
    a) Besuch einer Betriebsoberschule (mit Abschluß Abitur) oder
    b) Besuch einer Abendoberschule (mit Abschluß Abitur) oder
    c) Teilnahme an einem Lehrgang zur Vorbereitung auf eine Sonderreifeprüfung.

Auf diesem Wege kann ebenfalls die Befähigung zur Aufnahme eines Fachschul- oder Hochschul- bzw. Universitätsstudiums erworben werden. Die Teilnahme an den weiterführenden Oberschulen und Lehrgängen erfolgt ohne Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit. Zur Teilnahme sind auch junge Werktätige, die vor der Einführung der Oberschule die Grund- oder Mittelschule absolviert haben, zuzulassen.

3. Besuch von Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten zur Vorbereitung auf ein Direktstudium an einer Universität oder Hochschule durch junge Werktätige mit abgeschlossener Berufsausbildung, besonders durch Jugendliche, die vor Einführung der Oberschule die Grund- oder Mittelschule absolviert haben.

§ 7. (1) Außer der Oberschule besteht die 12klassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule, im folgenden erweiterte Oberschule genannt.

(2) Die erweiterte Oberschule mit naturwissenschaftlichem, neu- oder altsprachlichem Zweig führt zur Hochschulreife. Sie hat durch enge Verbindung des Unterrichts mit der Produktion die Schüler auf ihre berufliche Tätigkeit oder auf das Studium an einer Fach- oder Hochschule bzw. Universität vorzubereiten. In der erweiterten Oberschule sind den Schülern auf der Grundlage der polytechnischen Bildung die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, besonders in den Naturwissenschaften, zu vermitteln.

(3) Der Weg von der erweiterten Oberschule zur Hochschule oder Universität führt nach dem Abschluß der Schule (Abitur) über ein berufspraktisches Jahr unter Anleitung der Hochschule oder Universität.

§ 8. (1) Nach Errichtung der Oberschule für alle Kinder in den einzelnen Bezirken und Kreisen besteht für den Bereich der betreffenden Bezirke und Kreise allgemeine Schulpflicht für den Besuch dieser Schule im Sinne des § 1 Abs. 1 und anschließend - soweit nicht die erweiterte Oberschule besucht wird - eine mindestens zweijährige Berufsschulpflicht.

(2) Die Schulpflicht besteht vom beginnenden 7. Lebensjahr für alle Kinder, deren Erziehungspflichtige ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik haben; sie ist in den staatlichen Schulen der Deutschen Demokratischen Republik zu erfüllen.

(3) Die Schulpflicht erstreckt sich auf den regelmäßigen Besuch des lehrplanmäßigen Unterrichts, die Teilnahme an den vom Ministerium für Volksbildung für obligatorisch erklärten Veranstaltungen der Schule und die Befolgung der Schulordnung.

(4) Die Erziehungspflichtigen haben dafür zu sorgen, daß der Schulpflichtige seine Schulpflicht erfüllt.

(5) Körperlich oder geistig behinderte Schulpflichtige erfüllen die Schulpflicht in den für sie vorgeschriebenen staatlichen Sonderschuleinrichtungen.

III.
Der Lehrer der sozialistischen Schule

§ 9. (1) Der Lehrer in der Deutschen Demokratischen Republik trägt eine große Verantwortung: Er hat die ehrenvolle Aufgabe, in enger Verbindung mit der Arbeiterklasse die Jugend im Geiste des Sozialismus zu erziehen und auf das Leben im Sozialismus vorzubereiten und sich ständig um seine politische und fachliche Weiterbildung zu bemühen.

(2) Es ist eine qualifizierte Lehrerbildung zu sichern, die den Forderungen der sozialistischen Gesellschaft an die Bildung und Erziehung der heranwachsenden Generation gerecht wird. Die gründliche Weiterbildung der Lehrer ist durch ein auf lange Sicht geplantes System zu sichern.

(3) Die verantwortliche gesellschaftliche Stellung des Lehrers erfordert die allseitige Unterstützung und Wertschätzung seiner für das ganze Volk wichtigen Arbeit durch alle staatlichen Organe und durch die gesamte Bevölkerung.

IV.
Die Aufgaben der staatlichen Organe und die Mitwirkung der Bevölkerung bei der Ausbildung und Erziehung der Jugend

§ 10. (1) Die sozialistische Entwicklung des Volksbildungswesens ist zielstrebig und sachkundig vom Ministerium für Volksbildung und von den örtlichen staatlichen Organen entsprechend den Grundsätzen des demokratischen Zentralismus zu leiten.

(2) Für alle Fachorgane sind ständig die konkreten Aufgaben zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Schule festzulegen. Die örtlichen Volksvertretungen beraten regelmäßig die Grundfragen der Schulpolitik und arbeiten unmittelbar an deren Verwirklichung mit. Sie erarbeiten Pläne zum Aufbau der zehnklassigen Oberschule, die mit der Bevölkerung zu beraten sind und organisieren ihre Durchführung in sozialistischer Gemeinschaftsarbeit

§ 11. (1) Die örtlichen Volksvertretungen organisieren und leiten die Mitarbeit der gesamten Bevölkerung beim Aufbau des sozialistischen Schulwesens. Sie stützen sich dabei auf die Ausschüsse der Nationalen Front des demokratischen Deutschland, die Gewerkschaften, den Demokratischen Frauenbund Deutschlands, die Freie Deutsche Jugend und die Pionierorganisation „Ernst Thälmann". Durch die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den volkseigenen Betrieben und den Schulen ist die Einflußnahme der Arbeiterklasse auf die Ausbildung und Erziehung der Jugend sowie auf die gesamte Schularbeit zu verstärken.

(2) Die Schulen und die staatlichen Organe sind verpflichtet, mit den Betrieben der sozialistischen Produktion in Industrie und Landwirtschaft in allen Fragen der Ausbildung und sozialistischen Erziehung der Jugend sowie bei der Vorbereitung und Durchführung der Feriengestaltung eng zusammenzuarbeiten. Die volkseigenen Betriebe und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften sind für die Unterstützung der Schulen bei der Entwicklung des polytechnischen Unterrichts, insbesondere bei der Durchführung des Unterrichts in der sozialistischen Produktion, verantwortlich.

(3) Die Eltern und anderen Erziehungspflichtigen haben die hohe Pflicht, die Kinder so zu erziehen, daß sie fähig und bereit sind, am Leben und an der Arbeit in der sozialistischen Gesellschaft aktiv teilzunehmen. Ihre Aufgabe ist es, die Schulen bei der allseitigen Bildung und Erziehung der Kinder zu unterstützen.

(4) Die Eltern nehmen an der Schularbeit durch gewählte Elternbeiräte und Elternaktivs der Klassen teil. Die Arbeit der Elternbeiräte und ihrer Aktivs dient der Verwirklichung der sozialistischen Schulpolitik.

(5) Die Schulen und die staatlichen Organe sind zur engen Zusammenarbeit mit den Elternbeiräten und Elternaktivs der Klassen verpflichtet. Sie treffen vielfältige Maßnahmen, um den Elternbeiräten und der Bevölkerung in den Wohngebieten zu helfen, die sozialistische Bildungs- und Erziehungsarbeit wirkungsvoll zu unterstützen.

§ 12. Die Schulen und die staatlichen Organe haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit der Nationalen Front des demokratischen Deutschland, insbesondere mit der Gewerkschaft, der Freien Deutschen Jugend und der Pionierorganisation „Ernst Thälmann" zusammenzuwirken.

V.
Die Aufgaben in anderen Erziehungseinrichtungen der Volksbildung

§ 13. In Kindergärten und anderen Einrichtungen der vorschulischen Erziehung sind die drei- bis sechsjährigen Kinder auf die Schule vorzubereiten, an das sozialistische Leben heranzuführen und mit dem Schaffen der werktätigen Menschen bekanntzumachen. Die besondere Fürsorge gilt den Kindern berufstätiger Mütter.

§ 14. Die Erziehung der Schüler in Heimen muß die sozialistische Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule unterstützen und fortführen.

§ 15. Für die Arbeit der Erziehungseinrichtungen gelten die §§ 10 bis 12 und für die Erzieher der § 9 dieses Gesetzes sinngemäß.

VI.
Unterstützung der sozialistischen Erziehung und Bildung durch die Wissenschaft

§ 16. (1) Es ist die Aufgabe der Wissenschaftler und der wissenschaftlichen Einrichtungen, der Schule und den Erziehungseinrichtungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben wirksam zu helfen.

(2) Die pädagogischen Wissenschaftler haben die Erfahrungen der Lehrer und Erzieher gründlich auszuwerten und zu verallgemeinern. Es ist ihre Aufgabe, den Lehrern und Erziehern bei der sozialistischen Entwicklung der Schule umfassende Hilfe zu erweisen. Die pädagogische Wissenschaft soll sich dabei auf die fortschrittlichen Traditionen der deutschen Pädagogik stützen und die 'Erkenntnisse und Erfahrungen der Pädagogik in der Sowjetunion sowie in den anderen sozialistischen Ländern nutzen.

VII.
Schulen und Erziehungseinrichtungen im zweisprachigen Gebiet

§ 17. Im zweisprachigen Gebiet der Bezirke Cottbus und Dresden sind auch Oberschulen und erweiterte Oberschulen mit sorbischem Sprachunterricht und sorbische Oberschulen und erweiterte Oberschulen sowie entsprechende Einrichtungen der Vorschulerziehung und der Lehrer- und Erzieherausbildung zu unterhalten.

VIII.
Schlußbestimmungen

§ 18. (1) Der Ministerrat wird beauftragt, alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung dieses Gesetzes zu treffen.

(2) Durchführungsbestimmungen erläßt der Minister für Volksbildung.

siehe hierzu u. a. die Durchführungsverordnungen vom 17. Dezember 1959 (GBl. 1960 I. S. 6) und vom 7. April 1960 (GBl. S. 228).

§ 19. (1) Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
    die Verordnung der Provinz Sachsen vom 22. Mai 1948 zur Demokratisierung der deutschen Schule (Verordnungsblatt für die Provinz Sachsen, Nr. 23 S. 228);
    das Gesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Mai 1946 zur Demokratisierung der deutschen Schule (Amtsblatt der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern, Nr. 3 S. 71);
    das Gesetz des Landes Sachsen vom 31. Mai 1946 zur Demokratisierung der deutschen Schule (Gesetze, Befehle, Verordnungen, Bekanntmachungen der Landesverwaltung Sachsen, Nr. 15 S. 218);
    das Gesetz der Provinz Mark Brandenburg vom 31. Mai 1946 zur Demokratisierung der deutschen Schule (Verordnungsblatt der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, Nr. 9 S. 155);
    das Gesetz des Landes Thüringen vom 2. Juni 1946 zur Demokratisierung der deutschen Schule (Regierungsblatt für das Land Thüringen, t Nr. 20 S. 113);
    das Gesetz vom 15. Dezember 1950 über die Schulpflicht in der Deutschen Demokratischen Republik (Schulpflichtgesetz) (GBl. S. 1203);
    die Durchführungsbestimmung vorn 29. Dezember 1950 zum Gesetz über die Schulpflicht in der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. 1951 S. 6);
    die Vierte Durchführungsbestimmung vom 20. Januar 1955 zum Gesetz über die Schulpflicht in der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. I S. 99).

in Kraft getreten am 7. Dezember 1959.

Das vorstehende, vom Präsidenten der Volkskammer im Namen des Präsidiums der Volkskammer unter dem dritten Dezember neunzehnhundertneunundfünfzig ausgefertigte, Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den siebenten Dezember neunzehnhundertneunundfünfzig

Der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik
W. Pieck


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1959 S. 859
© 27. November 2004 - 8. Januar 2020

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