Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei

vom 11. Juni 1968

geändert durch
Gesetz vom 24. Juni 1971 (GBl. I S. 49), Nr. 8
Gesetz vom 14. Dezember 1988 (GBl. I S. 329), Nr. 3

aufgehoben durch
Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei vom 13. September 1990 (GBl. I. S 1489)

Die Deutsche Volkspolizei hat sich im Kampf um die Entwicklung und Festigung der Macht der Arbeiter und Bauern als ein zuverlässiges Organ der sozialistischen Staatsmacht der Deutschen Demokratischen Republik erwiesen. Arbeiter und Bauern, Söhne und Töchter des Volkes, übernahmen die ehrenvolle Aufgabe, in den Reihen der Deutschen Volkspolizei den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft und die Errungenschaften des Volkes zu schützen, das friedliche Leben und die Rechte der Bürger zu sichern. In aufopferungsvollem Einsatz haben sie einen bedeutenden Beitrag zur Festigung der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung geleistet.

Die Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus erfordert die weitere Stärkung der sozialistischen Staatsmacht und den zuverlässigen Schutz der sozialistischen Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik. Es ist gemeinsames Anliegen der sozialistischen Gesellschaft, ihres Staates und aller Bürger, jederzeit die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Damit werden auch für die Arbeit der Deutschen Volkspolizei neue Maßstäbe gesetzt und an die Tätigkeit aller ihrer Angehörigen neue Anforderungen gestellt.

Das erfordert:
- die Tätigkeit der Deutschen Volkspolizei unablässig darauf zu richten, die sozialistische Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik aktiv zu unterstützen und deren Schutz zu gewährleisten sowie dazu beizutragen, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den Rechten und Interessen der sozialistischen Gesellschaft, des Staates und seiner Bürger gestalten kann
- Gefahren für die sozialistische Gesellschaft und die Bürger vorzubeugen, eingetretene Störungen sofort zu beseitigen und zielgerichtet den Kampf zur Verhütung und Aufklärung von Straftaten sowie anderen Rechtsverletzungen zu führen
- mit der Bevölkerung eng zusammenzuarbeiten und die Bereitschaft der Bürger, insbesondere der freiwilligen Helfer der Deutschen Volkspolizei zu fördern, bei der Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der Rechtssicherheit und Ordnung verstärkt mitzuwirken
- die Zusammenarbeit der Deutschen Volkspolizei mit den örtlichen Volksvertretungen, den anderen Staatsorganen, den Organen der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion, den Wirtschaftsorganen, den gesellschaftlichen Organisationen und den Ausschüssen der Nationalen Front des demokratischen Deutschland weiter auszubauen und zu vervollkommnen
- entsprechend den wachsenden politischen und fachlichen Anforderungen ein höheres Niveau der wissenschaftlichen Führung, Ausbildung und klassenmäßigen Erziehung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei zu erreichen.

Dem Volke verbunden und vom Vertrauen des Volkes getragen, leistet die Deutsche Volkspolizei durch ihre Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Entwicklung und Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der Gerechtigkeit und Rechtssicherheit sowie der Gestaltung der sozialistischen Menschengemeinschaft.

ERSTER TEIL
Grundsätze

§ 1. Charakter und Stellung. (1) Die Deutsche Volkspolizei gewährleistet als Organ der einheitlichen sozialistischen Staatsmacht der Deutschen Demokratischen Republik die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Ihre gesamte Tätigkeit dient dem zuverlässigen Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung, der sozialistischen Errungenschaften, des friedlichen Lebens und der schöpferischen Arbeit der Menschen. Durch die Erfüllung ihrer Aufgaben trägt sie dazu bei, die Würde und Freiheit, das Leben und die Gesundheit der Bürger zu schützen und ihre Rechte zu gewährleisten.

(2) Die Deutsche Volkspolizei wird durch den Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei zentral geführt.

§ 2. Grundlagen der Tätigkeit. Die Deutsche Volkspolizei wird auf der Grundlage der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, der Gesetze und Beschlüsse der Volkshammer, der Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates, der Anordnungen und Beschlüsse des Nationalen Verteidigungsrates, der Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrates, anderer gesetzlicher Bestimmungen sowie der Befehle, Direktiven und anderen Weisungen des Ministers des innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei tätig.

§ 3. Pflichten der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei. (1) Die Angehörigen der Deutschen Volkspolizei haben getreu ihrem Eid ihre ganze Kraft in den Dienst des sozialistischen Vaterlandes zu stellen und durch selbstlosen Einsatz die öffentliche Ordnung und Sicherheit jederzeit zuverlässig zu gewährleisten. Sie haben das Vertrauensverhältnis zu den Bürgern ständig weiter zu festigen und das Ansehen des sozialistischen Staates zu stärken. indem sie umsichtig, korrekt und konsequent auftreten, bei Gefahren oder Störungen, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen, sofort einschreiten und Bürger durch Rat und Tat unterstützen,

(2) Die Angehörigen der Deutschen Volkspolizei haben jederzeit größte Wachsamkeit zu üben und die Dienst- und Staatsgeheimnisse zu wahren.

§ 4. Schutz der Würde und der Rechte des Menschen. (1) Der Schutz und die Achtung der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Rechte sind unverbrüchliches Gebot der Tätigkeit der Deutschen Volkspolizei.

(2) Die Deutsche Volkspolizei darf in die Rechte von Personen nur eingreifen, soweit das gesetzlich zulässig und zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unumgänglich ist.

§ 5. Zusammenarbeit mit den örtlichen Volksvertretungen und deren Organen. (1) Die Deutsche Volkspolizei unterstützt die örtlichen Volksvertretungen und deren Organe bei der Durchführung der Aufgaben auf dem Gebiet der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere bei der Mobilisierung der Werktätigen zur bewußten Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Unduldsamkeit gegenüber Rechtsverletzungen sowie Disziplinlosigkeiten,

(2) Die Leiter der Dienststellen und die Abschnittsbevollmächtigten in den Gemeinden informieren die örtlichen Volksvertretungen und deren Organe, unterbreiten ihnen Vorschläge, erteilen auf Verlangen Auskünfte und erstatten Berichte über Probleme, soweit sie die Verantwortung der örtlichen Volksvertretungen und deren Organe zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zum Schutz des sozialistischen Eigentums, zur Einhaltung und Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Gewährleistung der Rechte der Bürger betreffen.

§ 6. Zusammenarbeit mit den anderen Staatsorganen, Wirtschaftsorganen, Ausschüssen der Nationalen Front des demokratischen Deutschland und gesellschaftlichen Organisationen. (1) Die Deutsche Volkspolizei löst ihre Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit den Leitern der anderen Staatsorgane, der Organe der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion, den Generaldirektoren der VVB und den Leitern anderer wirtschaftsleitender Organe, den Direktoren der Kombinate und Betriebe und den Leitern anderer Einrichtungen, den Vorständen der Genossenschaften, den Leitungen der gesellschaftlichen Organisationen und den Ausschüssen der Nationalen Front des demokratischen Deutschland sowie den gesellschaftlichen Kollektiven und stützt sich auf die Bereitschaft der Bürger, insbesondere der freiwilligen Helfer der Deutschen Volkspolizei, zur aktiven, Mitwirkung bei der Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

(2) Die Zusammenarbeit dient der komplexen Vorbeugung und Bekämpfung von Straftaten, Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten, zur Beseitigung ihrer Ursachen und Bedingungen sowie zur Abwehr und Beseitigung anderer Gefahren und Störungen -und trägt dazu bei, daß die zuständigen Staats- und Wirtschaftsorgane, Betriebe, Einrichtungen, Genossenschaften, Massenorganisationen und die gesellschaftlichen Kollektive ihrer Verantwortung zur Wahrung der Ordnung und Sicherheit gerecht werden.

ZWEITER TEIL
Aufgaben und Befugnisse

§ 7. Aufgaben. (I) Die Deutsche Volkspolizei hat die öffentliche Ordnung und Sicherheit jederzeit zuverlässig zu gewährleisten, Ihr obliegt es im Rahmen ihrer Zuständigkeit:
a) Straftaten, Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten vorausschauend und zielgerichtet vorzubeugen, alle Straftaten aufzudecken, zu untersuchen und aufzuklären, Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden sowie die Ursachen und Bedingungen der Straftaten, Verfehlungen und Ordnungswidrigkeiten aufdecken und beseitigen zu helfen,
b) anderen Gefahren vorzubeugen und Störungen zu beseitigen, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen sowie das sozialistische, persönliche oder private Eigentum bedrohen oder in anderer Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen,
c) die zum Schutz der Staatsgrenze für die Grenzgebiete festgelegte Ordnung durchzusetzen,
d) die Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr, auf den Binnengewässern, den inneren Seegewässern im Bereich der 'Grenzzone sowie in den Seehäfen zu gewährleisten,
e) den Personenverkehr und den Gütertransport auf dem Eisenbahngebiet im Binnen- und Transitverkehr zu schützen, insbesondere den Transport volkswirtschaftlich hochwertiger und gefährlicher Güter zu sichern,
f) die Einhaltung der Ausweis-, Paß- und Meldebestimmungen zu gewährleisten,
g) eine strenge Ordnung im Umgang mit Waffen, Sprengmitteln und Giften durchzusetzen,
h) die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen für die Tätigkeit von Vereinigungen, die Durchführung von Veranstaltungen und die Polizeistunde zu gewährleisten,
i) wichtige Betriebe, Anlagen und Objekte zu sichern j) die im Rahmen der Landesverteidigung übertragenen Aufgäben zu erfüllen.

(2) Bei Gefahren oder Störungen, für deren Abwehr oder Beseitigung andere Staatsorgane zuständig sind, hat die Deutsche Volkspolizei auch tätig zu werden, wenn die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich beeinträchtigt ist und die Gefahren oder Störungen durch die zuständigen Staatsorgane nicht mit eigenen Kräften und Mitteln abgewehrt oder beseitigt werden können oder deren Mitarbeiter nicht gegenwärtig sind. Die Tätigkeit der Deutschen Volkspolizei erstreckt sich dabei auf die Einleitung oder Durchführung notwendiger Sofortmaßnahmen, Wurden Maßnahmen ohne Kenntnis des zuständigen Staatsorgans getroffen, ist dieses unverzüglich davon zu unterrichten.

(3) Die Deutsche Volkspolizei gewährt anderen Staatsorganen bei der Durchsetzung von gesetzlich begründeten Maßnahmen Unterstützung, wenn deren Mitarbeiter bedroht oder tätlich angegriffen werden oder ohne Gewährung von Schutz die Durchführung der angeordneten Maßnahmen nicht möglich ist.

(4) Die Deutsche Volkspolizei erfüllt darüber hinaus die ihr durch andere gesetzliche Bestimmungen übertragenen Aufgaben.

§ 8. Wahrnehmung der Befugnisse. (I) Die Angehörigen der Deutschen Volkspolizei sind entsprechend den ihnen übertragenen Aufgaben verpflichtet, die in diesem Gesetz und in anderen gesetzlichen Bestimmungen festgelegten Befugnisse so wahrzunehmen, daß gestaltend auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit Einfluß genommen, wirksam Gefahren vorgebeugt wird und Störungen beseitigt werden, die das Leben, die Gesundheit von Menschen, das sozialistische, persönliche oder private Eigentum bedrohen oder in anderer Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen. Maßnahmen sind unter strenger Wahrung der gesetzlichen Bestimmungen in dem Umfange zu treffen und nur so lange durchzuführen, wie dies zur Abwehr von Gefahren oder zur Beseitigung von Störungen im Interesse der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig ist. Der Grund der Maßnahme ist dem Betreffenden mitzuteilen, soweit dies nicht durch den Zweck der Maßnahme oder die Umstände ausgeschlossen ist.

(2) Die freiwilligen Helfer der Deutschen Volkspolizei sind berechtigt, die ihnen durch gesetzliche Bestimmungen übertragenen Befugnisse wahrzunehmen.

(3) Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei kann Angehörige anderer Organe des Ministeriums des Innern zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz geregelten Befugnisse ermächtigen.

§ 9. Verantwortlichkeit von Personen. (1) Wird die öffentliche Ordnung und Sicherheit: durch das Verhalten von Personen gefährdet oder gestört, hat sich die Deutsche Volkspolizei an denjenigen zu wenden, der diesen Zustand verursacht hat, oder an den, der für diese Person verantwortlich ist.

(2) Wird durch eine Sache die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder gestört, hat sich die Deutsche Volkspolizei an den Rechtsträger, Eigentümer; Besitzer oder Verwalter der Sache oder an die Person zu wenden, die die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt.

(3) Die Deutsche Volkspolizei kann sich auch an andere Personen wenden, wenn die Gefahr oder die Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht auf andere Weise abzuwehren oder zu beseitigen ist.

§ 10. Legitimationspflicht. (1) Wenden sich Angehörige der Deutschen Volkspolizei an Personen, haben sie diesen ihren Dienstgrad und Namen zu nennen, soweit es nicht auf Grund der Umstände unzweckmäßig oder der Angehörige der Deutschen Volkspolizei bekannt ist.

(2) Angehörige der Deutschen Volkspolizei in Zivil haben sich unaufgefordert mit dem Dienstbuch auszuweisen: Angehörige der Kriminalpolizei können sich auch mit der Dienstmarke legitimieren; auf Verlangen ist das Dienstbuch vorzuzeigen.

(3) Freiwillige Helfer der Deutschen Volkspolizei haben sich bei der Wahrnehmung übertragener Aufgaben unaufgefordert mit dem Ausweis für freiwillige Helfer auszuweisen.

§ 11. Durchsetzung von gesetzlichen Bestimmungen, Abwehr von Gefahren und Beseitigung von Störungen. (1) In Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben ist die Deutsche Volkspolizei befugt, zur Durchsetzung gesetzlicher Bestimmungen die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen und Forderungen zu stellen. Sie ist berechtigt, Erlaubnisse und Genehmigungen zu erteilen sowie Ausweise, polizeiliche Führungszeugnisse und Bescheinigungen auszustellen; sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie ist befugt; Auskunft aus dem Strafregister anzufordern.

(2) Sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben oder wird den gesetzlichen Bestimmungen oder den mit der Erteilung oder Ausstellung von Erlaubnissen, Genehmigungen, Ausweisen oder Bescheinigungen gegebenen Auflagen zuwidergehandelt oder werden diese Dokumente mißbräuchlich benutzt, kann sie die Deutsche Volkspolizei nach den jeweils dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen einschränken, zurücknehmen, entziehen oder für ungültig erklären. Entscheidungen sind nach gründlicher Prüfung und Einschätzung des Sachverhaltes und der mit den Maßnahmen verbundenen Auswirkungen, insbesondere auf den Beruf, staatsbürgerliche Verpflichtungen oder wichtige persönliche Belange zu treffen.

(3) Zur Vorbeugung oder Abwehr von unmittelbaren Gefahren oder zur Beseitigung von Störungen, die das Leben, die Gesundheit von Menschen, das sozialistische, persönliche oder private Eigentum bedrohen oder in anderer Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen, ist die Deutsche Volkspolizei verpflichtet, wirksame Maßnahmen zu fordern oder unmittelbar selbst auf Kosten des Verantwortlichen durchzuführen, sofern die Beseitigung dieses Zustandes keinen Aufschub duldet.

(4) Die Deutsche Volkspolizei kann Personen zur Unterstützung auffordern, wenn die für die Gefahr oder Störung Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig herangezogen werden können. oder die eigenen Kräfte und Mittel nicht ausreichen und für das Leben oder die Gesundheit der aufgeforderten Personen keine erhebliche Gefahr besteht oder nicht andere wichtige Pflichten verletzt werden.

(5) Forderungen können mündlich, schriftlich oder durch Zeichen erhoben werden, Schriftliche Forderungen sind zu begründen und haben eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

§ 12. Personalienfeststellung und Klärung eines Sachverhaltes. (1) Personalien dürfen nur dann festgestellt oder aufgenommen werden, wenn es zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben unbedingt erforderlich ist.

(2) Können Personalien nicht an Ort und Stelle zweifelsfrei festgestellt werden, ist eine Zuführung zulässig. Sie ist auch zulässig, wenn es zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhaltes unumgänglich ist.

(3) Bürger, die einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber einem anderen Bürger glaubhaft begründen, sollen auf Ersuchen durch Feststellung und Austausch der Personalien unterstützt werden.

§ 13. Durchsuchung, Verwahrung und Einziehung. (1) Personen, die dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen,
a) durch deren Benutzung die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder gestört wird oder
b) die der Einziehung unterliegen,
dürfen einschließlich der von ihnen mitgeführten Gegenstände zum Zwecke der Verwahrung oder Einziehung dieser Sachen durchsucht werden, wenn nur dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet werden kann. Beim Passieren von Gebieten, für die besondere Kontrollmaßnahmen festgelegt sind, können mitgeführte Sachen durchsucht werden:

(2) Sachen können, sofern die Voraussetzungen nach Abs. 1 vorliegen, ohne Durchsuchung in Verwahrung genommen worden. Die Verwahrung ist auch zur Sicherung des Eigentums zulässig.

(3) Nach Wegfall der Gründe ist die Verwahrung aufzuheben. Die dadurch, entstandenen Kosten sind der Deutschen Volkspolizei auf Verlangen zu erstatten.

(4) Die Deutsche Volkspolizei kann Sachen einziehen, wenn sie in gesetzlichen Bestimmungen dazu ausdrücklich ermächtigt ist oder wenn Sachen ihrer Beschaffenheit und Zweckbestimmung nach eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bilden und die Rückgabe aus diesen Gründen ausgeschlossen ist.

§ 14. Betreten von Grundstücken, Wohnungen oder anderen Räumen. Sind unmittelbare Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Personen oder für bedeutende Werte abzuwenden oder muß ein Zustand beseitigt werden, der im erheblichen Maße die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder stört, dürfen Grundstücke, Wohnungen oder andere Räume betreten werden.

§ 15. Gewahrsam. (1) Wird die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch Personen erheblich gefährdet oder gestört, können diese, insbesondere wenn das Leben oder die Gesundheit von Personen gefährdet wird, in Gewahrsam genommen werden, sofern nicht. auf andere Weise die Gefahr oder Störung beseitigt werden kann. In Gewahrsam können auch Personen genommen werden, die aus Einrichtungen entwichen sind, in die sie zwangsweise eingewiesen wurden,

(2) Der Gewahrsam ist unverzüglich aufzuheben, wenn der Grund dafür weggefallen ist. Er darf die Dauer von 24 Stunden nicht überschreiten.

(3) Den in Gewahrsam genommenen Personen können die dadurch entstandenen Kosten auferlegt werden.

§ 16. Durchsetzung von Maßnahmen der Deutschen Volkspolizei. (1) Wird den von der Deutschen Volkspolizei auf der Grundlage dieses Gesetzes angeordneten Maßnahmen nicht nachgekommen, können sie im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten des Verantwortlichen durchgeführt werden.

(2) Wird der Deutschen Volkspolizei bei der Ausübung ihrer Befugnisse Widerstand entgegengesetzt oder werden von ihr angeordnete Maßnahmen, deren Durchführung unerläßlich ist, behindert oder nicht befolgt, ist die körperliche Einwirkung zulässig, wenn andere Mittel nicht ausreichen, um ernste Auswirkungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Die Anwendung von Hilfsmitteln ist nur gestattet zur Abwehr von Gewalttätigkeiten, Verhinderung von Fluchtversuchen oder wenn die körperliche Einwirkung nicht zum Erfolg führt. Es sind dabei diejenigen Mittel anzuwenden, die im Verhältnis zur Art und Schwere der Rechtsverletzung und des Widerstandes stehen. Die körperliche Einwirkung und die Anwendung von Hilfsmitteln ist nur so lange zulässig, bis der Zweck der Maßnahme erreicht ist.

§ 17. Anwendung von Schußwaffen. (1) Schußwaffen dürfen nur im äußersten Falle angewendet werden, wenn ändere Maßnahmen der körperlichen Einwirkung ohne oder mit Hilfsmitteln erfolglos blieben oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Die Anwendung von Schußwaffen gegen Personen ist erst dann zulässig, wenn durch Waffenwirkung geben Sachen der Zweck nicht erreicht wird.

(2) Die Anwendung von Schußwaffen ist gerechtfertigt:
a) um die unmittelbar bevorstehende Ausführung oder die Fortsetzung einer Straftat zu verhindern, die sich den Umständen nach als ein
    - Verbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte
    - Verbrechen gegen die Deutsche Demokratische Republik
    - Verbrechen gegen die Persönlichkeit
    - Verbrechen gegen die allgemeine Sicherheit oder gegen die staatliche Ordnung oder
    - anderes Verbrechen, das insbesondere unter Anwendung von Schußwaffen oder Sprengmitteln begangen werden soll oder ausgeführt wird, darstellt
b) zur Verhinderung der Flucht oder zur Wiederergreifung von Personen
    - die eines Verbrechens dringend verdächtig sind oder wegen eines Verbrechens festgenommen oder verhaftet wurden
    - die eines Vergehens dringend verdächtig sind, wegen eines Vergehens festgenommen, verhaftet oder zu einer Strafe mit Freiheitsentzug verurteilt wurden und wenn Anhaltspunkte vorliegen, daß von Schußwaffen oder Sprengmitteln Gebrauch gemacht oder in anderer Weise die Flucht mittels Gewalt oder tätlichen Angriffs gegen die mit der Durchführung der Festnahme, Verhaftung, Bewachung oder Beaufsichtigung Beauftragten durchgeführt wird oder daß die Flucht gemeinschaftlich begangen wird
    - die zu einer Strafe mit Freiheitsentzug verurteilt und in die strenge oder allgemeine Vollzugsart eingewiesen wurden
c) gegen Personen, die wegen eines Verbrechens oder Vergehens Festgenommene, Verhaftete oder zu einer Strafe mit Freiheitsentzug Verurteilte mit Gewalt zu befreien versuchen oder dabei behilflich sind.

(3) Die Anwendung von Schußwaffen ist durch Zuruf oder Abgabe eines Warnschusses anzukündigen, sofern nicht die unmittelbar bevorstehende Gefahr nur durch die gezielte Anwendung der Schußwaffe verhindert oder beseitigt werden kann.

(4) Bei der Anwendung von Schußwaffen ist das Leben der Person nach Möglichkeit zu schonen. Verletzten ist unter Beachtung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen Erste Hilfe zu erweisen, sofern es die Durchsetzung der polizeilichen Maßnahme zuläßt.

(5) Die Anwendung von Schußwaffen gegen Personen, die sich dem äußeren Eindruck nach im Kindesalter befinden, ist unzulässig. Das gleiche gilt, wenn unbeteiligte Personen gefährdet werden können. Gegen Jugendliche und weibliche Personen sind nach Möglichkeit Schußwaffen nicht anzuwenden.

(6) Die Anwendung von Schußwaffen regelt sich im einzelnen nach der vom Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei zu erlassenden Schußwaffengebrauchsbestimmung,

DRITTER TEIL
Entschädigung und Rechtsmittel

§ 18. Entschädigung. (1) Personen, die, beider Unterstützung. der Deutschen Volkspolizei Schaden erleiden, erhalten Schadensersatz. Das gilt nicht, wenn sie zur Mithilfe bei der Beseitigung der von ihnen verursachten Störung hinzugezogen wurden.

(2) Der Umfang des Schadensersatzes regelt sich nach den geltenden Bestimmungen.

§ 13. Rechtsmittel. (1) Gegen die nach diesem Gesetz getroffenen Maßnahmen der Deutschen Volkspolizei ist die Beschwerde zulässig,

(2) Die Beschwerde Ist innerhalb einer Frist von 14 Tagen, nachdem der Beschwerdegrund bekannt wurde, bei der Dienststelle der Deutschen Volkspolizei schriftlich oder mündlich einzulegen, die die Maßnahme getroffen hat.

(3) Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Hiervon können Ausnahmen gewährt werden.

(4) Gibt der Leiter der Dienststelle der Beschwerde nicht oder nicht in vollem Umfange statt, ist sie innerhalb einer Woche dem Leiter der übergeordneten Dienststelle zu übersenden, Dieser entscheidet innerhalb einer Frist von 2 Wochen endgültig. Ist im Ausnahmefall eine Entscheidung innerhalb dieser. Frist nicht möglich, so ist dies dem Betreffenden mitzuteilen.

(5) Entscheidungen über Beschwerden haben schriftlich oder mündlich zu ergehen und sind zu begründen.

(6) Soweit gegen Maßnahmen der Deutschen Volkspolizei Rechtsmittel nach anderen gesetzlichen Bestimmungen zulässig sind, finden diese Bestimmungen Anwendung.

Durch Gesetz vom 24. Juni 1971 erhielt der § 19 folgende Fassung:
"§ 19. Beschwerdeverfahren. (1) Gegen die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften von der Deutschen Volkspolizei getroffenen Entscheidungen und durchgeführten Maßnahmen der Deutschen Volkspolizei kann Beschwerde eingelegt werden. Der von der Entscheidung oder Maßnahme Betroffene ist darüber zu belehren, daß er Beschwerde einlegen kann. Eine Belehrung kann etnfallen, soweit dies durch die Umstände, unter denen die Maßnahme durchgeführt werden muß, ausgeschlossen ist.
(2) Die Beschwerde ist schriftlich oder mündlich unter Angabe der Gründe innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zugang oder Bekanntgabe der Entscheidung oder Kenntnis der Maßnahme bei der Dienststelle einzulegen, die die Entscheidung getroffen oder die Maßnahme angeordnet hat.
(3) Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Die für die Entscheidung jeweils zuständige Dienststelle kann jedoch die Durchführung der ausgesprochenen Maßnahmen bis zur endgültigen Entscheidung vorläufig aussetzen.
(4) Über die Beschwerde ist innerhalb einer Woche nach ihrem Eingang zu entscheiden. Wird der Beschwerde nicht oder nicht in vollem Umfange stattgegeben, ist sie innerhalb dieser Frist dem übergeordneten Leiter zur Entscheidung zuzuleiten. Der Einreicher der Beschwerde ist davon zu informieren. Der übergeordnete Leiter hat innerhalb weiterer zwei Wochen endgültig zu entscheiden.
(5) Kann in Ausnahmefällen eine Entscheidung innerhalb der Frist nicht getroffen werden, ist rechtzeitig ein Zwischenbescheid unter Angabe der Gründe sowie des voraussichtlichen Abschlußtermins zu geben.
(6) Entscheidungen über Beschwerden sind den Einreichern der Beschwerden bekanntzugeben und zu begründen.
(7) Die Rechtsmittelregelungen des Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitsrechts bleiben hiervon unberührt."

Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 erhielt der § 19 Abs. 4 folgende Fassung:
"(4) Über die Beschwerde ist innerhalb von 2 Wochen nach ihrem Eingang zu entscheiden. Wird der Beschwerde nicht oder nicht in vollem Umfang stattgegeben, ist sie innerhalb dieser Frist dem übergeordneten Leiter zur Entscheidung zuzuleiten. Der Einreicher der Beschwerde ist darüber zu informieren. Der übergeordnete Leiter hat innerhalb weiterer 2 Wochen zu entscheiden. Diese Entscheidung ist endgültig, soweit sich aus § 19a oder anderen Rechtsvorschriften nicht anderes ergibt.

Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 wurde an dieser Stelle folgender § eingefügt:
"§ 19a. Zulässigkeit des Gerichtsweges. (1) Gegen die Entscheidung über Entschädigungsansprüche gemäß § 18 kann der Bürger, nachdem über seine Beschwerde entschieden worden ist, Antrag auf Nachprüfung durch das Gericht stellen. Das Gericht kann in der Sache selbst entscheiden.
(2) Für die Durchführung des Verfahrens ist das Kreisgericht zuständig, in dessen Bereich die Dienststelle der Deutschen Volkspolizei ihren Sitz hat, die die erste Entscheidung getroffen hat.
(3) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen."

VIERTER TEIL
Schlußbestimmungen

§ 20. Übertragung von Befugnissen. (I) Der Ministerrat kann anderen Organen die Ausübung der in diesem Gesetz' geregelten Befugnisse übertragen.

(2) Die Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit sind' ermächtigt, die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen.

(3) Die Angehörigen der Nationalen Volksarmee sind berechtigt, in Erfüllung militärischer Wach-; Ordnungs- und Sicherungsaufgaben entsprechend den vom Minister für Nationale Verteidigung getroffenen Festlegungen, die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen.

§ 21. Durchführungsbestimmungen. Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei ist berechtigt, die zur Durchführung erforderlichen Bestimmungen zu erlassen.

§ 22. Inkrafttreten. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1968 in Kraft.

Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am elften Juni neunzehnhundertachtundsechzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.

Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik
W. Ulbricht


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1968 S. 232
© 19. Dezember 2004 - 18. Februar 2005

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