Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Länder in der Deutschen Demokratischen Republik

vom 23. Juli 1952

Die Aufgaben der weiteren demokratischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik erfordern eine größtmögliche Annäherung der Organe der Staatsgewalt an die Bevölkerung und eine breitere Einbeziehung der Werktätigen in die Leitung des Staates.

Das noch vom kaiserlichen Deutschland stammende System der administrativen Gliederung in Länder mit eigenen Landesregierungen sowie in große Kreise gewährleistet nicht die Lösung der neuen Aufgaben unseres Staates.

Der Staat des alten Deutschlands hatte nichts mit der Leitung der Wirtschaft zu tun, da die Fabriken, Werke und Gruben sowie die Banken einzelnen Großkapitalisten gehörten, die Profite aus der Ausbeutung der Werktätigen zogen. Der neue, wahrhaft demokratische Staat in der Deutschen Demokratischen Republik, der mit den großkapitalistischen Ausbeutern ein Ende gemacht hat, leitet im Auftrage des Volkes auch die Wirtschaft, die in Volkseigentum überging und den Interessen des Volkes dient.

Der alte deutsche Staat der Großkapitalisten und Großgrundbesitzer, der sich bewußt vom werktätigen Volk abgrenzte, war bestrebt, das Volk von der Politik fernzuhalten und es von der tagtäglichen Teilnahme an den Staatsangelegenheiten auszuschalten. Der neue sozialistische Staat der Deutschen Demokratischen Republik wird dagegen nur dann eine unüberwindliche Kraft darstellen, wenn er dem werktätigen Volk nahesteht, wenn er die Werktätigen in die Politik einbezieht und das Volk zur ständigen, systematischen, aktiven und entscheidenden Teilnahme an der Leitung des Staates heranzieht.

Deshalb ist die alte administrative Gliederung, selbst mit den nach 1945 vorgenommenen Änderungen, jetzt zu einer Fessel der neuen Entwicklung geworden. Die örtlichen Organe der Staatsgewalt müssen deshalb so reorganisiert werden, daß der Staatsapparat die Möglichkeit erhält, den Willen der Werktätigen, der in den Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik zum Ausdruck gebracht ist, unverbrüchlich zu erfüllen und, gestützt auf die Initiative der Massen, eine Politik des werktätigen Volkes durchzuführen. Der territoriale Wirkungsbereich der örtlichen Organe der Staatsgewalt muß deshalb so bestimmt werden, daß diese Organe die Leitung des wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaus vollauf verwirklichen können. Die wirksame Anleitung und Kontrolle der unteren Organe durch die übergeordneten sowie durch das Volk selbst müssen gesichert werden. Dadurch wird unser Staat gestärkt, der eines der wichtigsten Instrumente des Aufbaus des Sozialismus in unserem Lande ist.

Hiervon ausgehend beschließt die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik folgendes Gesetz:

§ 1. (1) Die Länder haben eine Neugliederung ihrer Gebiete in Kreise vorzunehmen.

(2) Die Abgrenzung der Kreise hat so zu erfolgen, daß sie den wirtschaftlichen Erfordernissen entspricht und die Durchführung aller staatlichen Aufgaben, insbesondere die wirksame Anleitung und Kontrolle der staatlichen Organe in den Gemeinden gewährleistet ist.

§ 2. (1) Die Länder haben jeweils mehrere Kreise in Bezirke zusammenzufassen.

(2) Die Abgrenzung der Bezirke hat so zu erfolgen, daß sie den wirtschaftlichen Erfordernissen entspricht und die Durchführung aller staatlichen Aufgaben, insbesondere die wirksame Anleitung und Kontrolle der staatlichen Organe in den Kreisen gewährleistet ist.

§ 3. Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik wird beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Einheitlichkeit des Aufbaus und die fortschreitende Demokratisierung der Arbeitsweise der örtlichen Organe der Staatsgewalt zu gewährleisten.

siehe hierzu die Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke vom 24. Juli 1952 (GBl. S. 621), die Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Kreise vom 24. Juli 1952 (GBl. S. 623), die Verordnung zur Änderung von Bezirks- und Kreisgrenzen vom 4. Dezember 1952 (GBl. S. 1283).

§ 4. Die Dienststellen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik regeln für ihren Geschäftsbereich im Einvernehmen mit der Koordinierungs- und Kontrollstelle für die Arbeit der Verwaltungsorgane
a) die Überleitung der bisher von den Landesregierungen wahrgenommenen Aufgaben auf die Organe der Bezirke,
b) die Anpassung der Gliederung ihrer nachgeordneten Dienststellen an die neue Struktur der örtlichen Staatsorgane.

§ 5. Die durch das Gesetz vom 19. Juni 1952 über den Staatshaushaltsplan 1952 (GBl S. 483) für die Haushalte der Länder und Kreise für das Jahr 1952 bestätigten Einnahmen und Ausgaben sind vom Ministerrat auf die Bezirke und die neuen Kreise umzulegen unter entsprechender Änderung der Bestimmungen über die Finanzierung der Ausgaben sowie über Haushaltseinsparungen und Reserven.

§ 6. Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.

    Berlin, den 23. Juli 1952

Das vorstehende, vom Vizepräsidenten der Volkskammer unter dem dreiundzwanzigsten Juli neunzehnhundertzweiundfünfzig ausgefertigte Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den vierundzwanzigsten Juli neunzehnhundertzweiundfünfzig.

Der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik
In Vertretung:
Dieckmann

Dieses Gesetz war Grundlage für die Zerschlagung bzw. Auflösung der Länder in der DDR und ihrer Aufteilung in Bezirke. Aufgrund dieses Gesetzes wurden durch Landesgesetze vom 25. Juli 1952 (GVBl. Brandenburg I. S. 15; RBl. Mecklenburg S. 61; GVBl. Sachsen S. 325; GABl. Sachsen-Anhalt S. 213; RBl. Thüringen I. S. 177) die Landkreise neu abgegrenzt und zu Bezirken zusammengefaßt. Die Mitglieder der Landtage wurden entsprechend ihrem Wohnsitz zu Mitgliedern der Bezirkstage und traten bis 1958 noch länderweise zu gemeinsamen Sitzungen für die Wahl der Mitglieder der Länderkammer zusammen.
 


Quelle: Gesetzblatt der DDR 1952 S. 613
Dokumente des geteilten Deutschland, KRÖNER 391

© 3. September 2000 - 30. Januar 2002
Home              Zurück             Top