Edict über die Stände-Versammlung

(X. Beilage zur Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818)

geändert und ergänzt durch
Gesetz, den Geschäftsgang der beiden Kammern der Stände-Versammlung betreffend, vom 2. September 1831 (GBl. S. 25)
Gesetz, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreffend, vom 4. Juni 1848 (GBl. S. 77)

aufgehoben durch Gesetz, den Geschäftsgang des Landtages betreffend, vom 25. Juli 1850 (GBl. S. 297) und  Gesetz, den Geschäftsgang des Landtages betreffend, vom 19. Januar 1872 (GBl. S. 173)

Erster Titel.
Bildung der Ständeversammlung

I. Abschnitt.
Zusammensetzung der beiden Kammern und Eigenschaften ihrer Mitglieder.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848 wurde der nachstehende I. Abschnitt aufgehoben.

§ 1. Die allgemeine Versammlung der Stände des Reichs besteht, nach Titel VI. § 1. der Verfassungsurkunde, aus zwei Kammern, nämlich: der Kammer der Reichsräthe, und der Kammer der Abgeordneten.

§ 2. Die Bildung der ersten Kammer (der Reichsräthe) ist in §§ 2 - 5 festgestellt; die zweite Kammer (der Abgeordneten) bildet sich nach den Bestimmungen §. 7 bis 13. Die für dieselbe berechnete Gesammtzahl wird in Folge §§ 9 und 10, und nach den bestehenden Verhältnissen auf die einzelnen Regierungsbezirke, und für jede einzelne Klasse in folgender Art vertheilt.

A. Grundbesitzer mit gutsherrlicher Gerichtsbarkeit.

§ 3. Der Antheil an dem für diese Klasse bestimmten achten Theile wird für jeden Regierungsbezirk nach der Zahl der gutsherrlichen Gerichtsbezirke desselben Regierungsbezirkes bestimmt.

B. Universitäten

§ 4. Ihre Theilnahme ist bereits in der Urkunde § 9. festgesetzt.

C. Klasse der Geistlichen.

§ 5. Der achte Theil für diese Klasse wird vor Allem zwischen den Individuen der katholischen und protestantischen Kirche nach der Zahl ihrer Pfarreien getheilt, und nach diesem Maasstabe den erstern zwei Dritttheile, den letztern ein Dritttheil der Stellen in der Kammer der Abgeordneten zugewiesen. Die Vertheilung derselben auf die einzelnen Regierungsbezirke geschieht bei jenen nach der Zahl der Pfarreien, und den letzteren nach der Größe der General-Decanate.

§ 6. D. An der Wahl der Abgeordneten aus den Städten und Märkten, für welche ein Viertheil bestimmt ist, nehmen nur jene Theil, welche eine Bevölkerung von wenigstens 500 Familien besitzen, die in den königlichen Ausschreiben besonders benannt seyn werden; die übrigen wählen mit den Landgemeinden, und sind in dieser Klasse wahlfähig. Bei den Städten wird den bedeutenderen derselben, sowohl in Ansehung ihrer besondern Verhältnisse, als ihrer Bevölkerung die Wahl von eigenen Abgeordneten, und zwar der Stadt München von zwei, jeder der Städte Nürnberg und Augsburg von Einem Abgeordneten gestattet; alle übrige wahlfähige Städte und Märkte, welche über 500 Familien zählen, wählen in jedem einzelnen Regierungsbezirk die für denselben noch zu stellenden Abgeordneten dieser Klasse.

§ 7. E. Die für die übrigen Landeigenthümer, welche keine gutherrliche Gerichtsbarkeit haben, bestimmte Hälfte der Gesamtzahl der Abgeordneten word wieder für jeden einzelnen Regierungsbezirk nach der Bevölkerung oder Familienzahl (jedoch nach Abzug der Familien von den im Regierungsbezirk befindlichen, und als solche wahlfähigen Städten und Märkten) verhältnißmäßig ausgeschieden.

§ 8. Neben den allgemeinen Eigenschaften, welche zur passiven Wahlfähigkeit eines Abgeordneten für die zweite Kammer nach § 12. der Urkunde vorgezeichnet sind, wird noch insbesondere erfordert, daß
a) der Abgeordnete aus der Klasse der Grundbesitzer mit grundherrlicher Gerichtsbarkeit in dem nämlichen Regierungsbezirke, von welchem er in die Kammer gewählt wird, begütert sey; daß
b) die Abgeordneten der Universitäten nur aus ordentlichen decretirten Lehrern, und
c) jene von der Klasse der Geistlichen nur aus wirklichen selbstständigen Pfarrern, welche ihre Pfarrei selbst versehen, gewählt werden können; daß ferner
d) die Abgeordneten der Städte und Märkte in jenen Städte und Märkten, von welchen sie entweder als solche, oder als Wahlmänner, ernannt werden, mit einem freieigenen Grundvermögen, oder einem bürgerlichen Gewerbe ansäßig seyen, und solches wenigstens schon drei Jahre im Besitze haben, wovon sie an Häuser- und Rusticalsteuer ein Simplum von zehn Gulden, oder an Gewerbesteuer einen für die dritte Hauptklasse festgesetzten Betrag von dreißig bis vierzig Gulden, oder, in Verbindung dieser Steuern mit einander, eine solche Gesammtsumme entrichten, welche dem so eben bestimmten Betrage der dritten Hauptklasse der Gewerbesteuer entspricht; daß endlich
e) auf gleiche Art die Abgeordneten aus der Klasse der Landeigenthümer ein freieigenes oder erblich nutzbares Eigenthum in ihrem respectiven Regierungsbezirke seit vollen drei Jahren besitzen, wovon sie als Simplum der Steuer der Steuer wenigstens zehn Gulden bezahlen.

§ 9. In das Steuersimplum bei dieser Klasse wird nur die Rustical-, Häuser- und Gewerbsteuer mit Ausschluß der Personal- und indirecten Auflagen, jedoch nicht bloß von den in einem einzelnen Landgerichte, sondern von sämmtlichen in einem Regierungsbezirke befindlichen Besitzungen des zu wählenden Individuums eingerechnet. In jenen Regierungsbezirken, in welchen die dermalige Steuerverfassung der ältern Regierungsbezirke nicht besteht, wird ein dieser festgesetzten Steuerquote nach der jährlichen Gesammtsumme gleichkommende Betrag zur Grundlage genommen.

§ 10. Ein Unterthan, welcher in verschiedenen Regierungsbezirken oder in mehreren Klassen des einen Regierungsbezirks wahlfähig ist, kann zwar in jeder derselben gewählt werden, doch nur in Einer Eigenschaft als Abgeordneter eintreten, und zwar in jener, in welcher ihn die größere Mehrheit der Stimmen berufen hat.

II. Abschnitt.
Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848 wurde der nachstehende II. Abschnitt aufgehoben.

§ 11. So oft, nach den Bestimmungen der Verfassungsurkunde § 13., eine neue Wahl der Abgeordneten erforderlich ist, wird jedesmal die Zahl der zu Wählenden nach den schon im allgemeinen bestimmten Verhältnissen für jeden einzelnen Regierungsbezirk und für jede Klasse öffentlich bekannt gemacht, und die Vornahme der Wahl von der königlichen Regierung des Bezirkes angeordnet werden.

§ 12. Jeder Wähler der Abgeordneten hat vor der Wahl den in der Verfassungsurkunde Titel X. § 3. vorgeschriebenen Eid, wenn er ihn nicht schon früher geschworen hat, und nebstdem noch nachstehenden Wählereid abzulegen:

"Ich schwöre, daß ich meine Wahlstimme nach freier innerer Ueberzeugung, wie ich solches zum allgemeinen Besten des Landes für dienlich erachte, ohne fremde Einwirkung abgebe, und diesfalls von Niemand, unter was immer für einem Vorwand, weder mittel- noch unmittelbar irgend eine Gabe oder Geschenk angenommen habe, noch annehmen werde;
Ich schwöre, daß ich ebenfalls, um zum Abgeordneten der zweiten Kammer erwählt zu werden, Niemand weder mittel- noch unmittelbar eine Gabe oder Geschenk versprochen oder gegeben habe, noch geben oder versprechen werden.
So wahr ect. ect.."
Die Wähler der Abgeordneten für die ersten drei Klassen übergeben diesen Eid schriftlich mit ihrer Wahlstimme, jene der vierten und fünften Klasse schwören ihn vor der Vornahme der letzten Wahl in Gegenwart der königlichen Wahlcommission.

§ 13. Die Wahlstimme kann nicht durch Bevollmächtigte, sondern nur persönlich durch die aus der Klasse hierzu berufenen Mitglieder, welche wenigstens 25 Jahre, und im Falle, wenn sie als Wahlmänner zu den letzten Wahlmomenten aufzutreten haben, wenigstens 30 Jahre als sind, geführt werden.

A. Wahl der Grundbesitzer mit gutsherrlicher Gerichtsbarkeit.

§ 14. Nach Erhaltung der königlichen Ausschreibung erläßt jede Regierung an die in ihrem Bezirke befindlichen wahlfähigen Mitglieder dieser Klasse, mit Ausschluß derjenigen, welche bereits Sitz und Stimme in der ersten Kammer haben, einen besondern Aufruf zur Abgabe der Wahlstimme mit Bestimmung einer zerstörlichen Zeitfrist, setzt sie von der Zahl der für gedachte Klasse aus dem Regierungsbezirke zu wählenden Abgeordneten in Kenntniß, und theilt ihnen zugleich ein namentliches Verzeichniß aller im nämlichen Bezirke befindlichen wahlfähigen Mitglieder der Klasse mit.
Jedes wählende Mitglied übergiebt sodann in der bestimmten Zeitfrist, mit Beifügung der oben § 12. geforderten Eide, seine schriftliche Wahlstimme mit eigener Unterschrift und Fertigung, und sendet sie mit einem besondern beliebigen Wahlspruche unmittelbar an den königlichen Regierungspräsidenten ein.

§ 15. Der Präsident der Regierung des Bezirks bestimmt den Tag zur Eröffnung der Wahlstimmen, und beruft hierzu die nächstgelegenen fünf Mitglieder dieser Klasse, in deren Gegenwart er, mit Beziehung der beiden Directoren der Regierung und eines Secretairs als Actuar, jede einzelne Wahlstimme eröffnet, und sie mit Erwähnung des Wahlspruches, jedoch mit Verschweigung des Namens des Wählers, öffentlich bekannt macht. - Die Wahlstimme wird in das Wahlprotocoll aber von sämmtlichen Anwesenden, mit Ausnahme der allenfalls erwählten Abgeordneten, unterschrieben.
Bei allenfallsiger Stimmengleichheit haben die gegenwärtigen Mitglieder der Klasse sogleich durch schwarze und weißer Kugeln zu entscheiden, und zwar nicht bloß für die Wahl der wirklichen Abgeordneten, sondern auch für die Ersatzmänner.

§ 16. Eine Abschrift des Protocolls und der hierin bei jedem Wahlspruche eingetragenen Stimme, ist, mit Beseitigung des Namens des Wählers, jedem Mitgliede der Klasse, zur Kenntniß und zu seiner Ueberzeugung über die richtige Aufnahme seiner Stimme, mitzutheilen.

§ 17. Wahlstimmen, welche nicht in der vorgeschriebenen Form zur bestimmten Zeitfrist übergeben sind, werden nicht eingerechnet; auch hat ein Mitglied, welches allenfalls mehrere Grundbesitzungen mit gutsherrlicher Gerichtsbarkeit im Regierungsbezirke hat, nur Eine Stimme anzugeben.

B. Wahl der Abgeordneten der Universitäten.

§ 18. Die Wahl der Abgeordneten von den Universitäten geschieht in einer vollständigen Versammlung aller ordentlichen und außerordentlichen Lehrer, welche ihre schriftliche Wahlstimme, unter einem beliebigen Wahlspruche, mit ebenmäßiger Beifügung des Constitutions- und Wahleides, übergeben. Der Vorstand öffnet sie in der Versammlung und läßt sie dem Protocoll, welcher von sämmtlichen Anwesenden, mit Ausschluß des Erwählten, unterzeichnet werden muß, an den Präsidenten der Regierung des Bezirks ein.
Bei Stimmengleichheit entscheidet, wie oben § 15., die Wahl durch Kugeln.

C. Wahl der Abgeordneten von der Klasse der Geistlichen.

§ 19. Zur Wahl der Abgeordneten aus dieser Klasse sind zwei Wahlhandlungen erforderlich; die erste, zur Auswahl des Wahlmannes, geschieht am Sitze eines jeden Decanats, wozu, nach vorläufiger Aufforderung des Land- oder Herrschaftsgerichtes, alle nach § 8. wahlfähige Pfarrer desselben einberufen werden, sie mögen zu dem nämlichen Regierungsbezirke gehören, oder nicht. Der Dechant sammelt die schriftlichen Stimmen, trägt sie in ein Protocoll ein, welches von allen Anwesenden unterschrieben wird, und sendet solches durch das Land- oder Herrschaftsgericht an die Bezirksregierung.
Pfarrereien, welche keinem Decanate zugetheilt sind, stimmen für diesen Fall bei dem nächstgelegenen Decanate mit, und sind auch in demselben wahlfähig.

§ 20. Bei der zweiten Wahlhandlung stimmen nur die ernannten Wahlmänner der Decanate, und wählen blos unter sich (mit Ausschluß aller übrigen) die für den Regierungsbezirk bestimmten Abgeordneten mittelst Einsendung einer schriftlichen Wahlstimme, welcher sie gleichfalls die vorgeschriebenen Eide und einen besonderen Wahlspruch beizufügen haben.
Zu diesem Ende theilt der Präsident der Regierung einem jeden der ihm bekannt gemachten Wahlmänner der Decanate die vollständige Liste derselben, unter den § 14. angeordneten Bestimmungen, mit, und erhohlt von denselben die Wahlstimme, welche er auf gleiche Art nach den § 15. gegebenen Bestimmungen in Gegenwart der hierzu einberufenen, nächstgelegenen 5 Wahlmänner dieser Klasse eröffnet, und weiter auf die hierin angezeigte Art verfährt.

D. Wahl der Abgeordneten aus den Städten und Märkten.

§ 21. Bei jenen Städten, welchen eigene Stellen angewiesen sind, tritt nur Eine Wahlhandlung ein, die von dem verfassungsmäßig erwählten Magistrate und den Gemeinde-Bevollmächtigten unter dem Vorsitze eines eigends hierzu ernannten königlichen Commissairs, nach vorher abgelegtem Wahleide, vorgenommen wird.
Die Wahl geschieht durch schriftliche Wahlzettel, welche besonders hierzu vorbereitet, mit fortlaufenden Nummern bezeichnet, und nachdem sie unter einander gemengt worden sind, unter die Wahlmänner ausgetheilt werden.
Jeder Wahlmann hat in derselben den oder die gewählten Abgeordneten mit Tauf- und Zunamen, ihrem Gewerbe oder Charakter einzutragen, ihn mit seiner Unterschrift zu bezeichnen und dem königlichen Commissair, welcher die Einsammlung besorgt, zu übergeben.

§ 22. Nachdem alle Wahlzettel übergeben sind, lieset der Commissair jede einzelne Wahlstimme in Gegenwart sämmtlicher Wähler, mit Beifügung der Ziffer des Wahlzettels, jedoch mit Verschweigung der Unterschrift, öffentlich ab, damit jeder Wahlmann, beim Ablesen seiner Ziffer, sich überzeugen könne, ob seine Stimme unverfälscht aufgenommen und in die Berechnung eingestellt worden sey. Wird gegen die Wahl keine weitere Erinnerung gemacht; so ist das Resultat der Stimmen, mit Beiziehung der zwei ältesten Mitglieder des Magistrats und der Gemeinde-Bevollmächtigten festzusetzen, und auf gleiche Art der Wahlversammlung zu eröffnen, das Wahlprotocoll aber von obigen zwei Mitgliedern des Magistrats und der Gemeinde-Bevollmächtigten, welche sich nicht unter den erwählten Abgeordneten befinden, zu unterzeichnen, und mit sämmtlichen Wahlzetteln dem königlichen Regierungspräsidenten einzusenden.

§ 23. Um die Gültigkeit der Stimmen nicht durch den Vorschlag passiv-wahlunfähigen Individuen zu vereiteln, ist noch vor der Wahl von dem Rentamte ein alphabetisches Verzeichniß sämmtlicher angesessenen und begüterten Gemeindeglieder, welche sowohl hinsichtlich ihrer dreijährigen Ansässigkeit, als ihrer Steuerzahlung zur Wahl gezogen werden können, herzustellen, und solches nicht allein den Wählern einen Tag vor der Wahl schriftlich mitzutheilen, sondern auch in dem Wahlzimmer zur allgemeinen Einsicht anzuheften.

§ 24. Für die Städte, welche gemeinschaftliche Abgeordnete zu wählen haben, sind zwei Wahlhandlungen erforderlich. Die erste hat den Zweck, die erforderlichen Wahlmänner für die Wahlversammlung des Regierungsbezirks zu ernennen, und wird auf die oben in den §§ 21, 22 und 23. bezeichnete Art vorgenommen.

§ 25. Jede wahlfähige Stadt, so wie jeder wahlfähige Markt, hat für 500 Familien der Bevölkerung einen Wahlmann zu stellen, welcher aber bereits alle für die Abgeordneten in die Kammer erforderliche Eigenschaften besitzen muß, indem die letzte Auswahl nur aus diesen Wahlmännern Statt hat.

§ 26. Die zweite Wahlhandlung, oder die eigentliche Wahl der Abgeordneten dieser Klasse, wird am Sitze der königlichen Bezirksregierung vorgenommen, wozu die ernannten Wahlmänner mittelst besonderer Befehle einberufen, und vor allem nach § 12. beeidigt werden.
Die Wahl selbst wird in der nämlichen Weise, wie sie §§ 21, 22, und 23. vorgezeichnet ist, von dem königlichen Regierungspräsidenten, mit Beiziehung der beiden Directoren, geleitet, und da dieselbe sich bloß auf die ernannten Wahlmänner beschränkt, so ist einem jeden derselben den Tag vor der Wahl das Verzeichniß der sämmtlichen Wahlmänner mitzutheilen. Zur Gültigkeit der Wahl wird die Anwesenheit von drei Viertheilen der Wahlmänner, oder, im gesetzlichen Verhinderungsfalle, deren Ersatzmänner erfordert.

E. Wahl der Grundeigenthümer oder gutsherrliche Gerichtsbarkeit.

§ 27. Die Auswahl der Abgeordneten dieser Klasse zerfällt in drei Momente, nämlich:
a) in die Urwahl,
b) in die Ernennung der Wahlmänner, und
c) in die eigentliche Wahl der Abgeordneten für die Kammer.
Die ersten zwei Wahlhandlungen werden von den betreffenden Land- und Herrschaftsgerichten geleitet, welchen zugleich die Zahl der zu stellenden Wahlmänner von der Regierung des Bezirks eröffnet werden soll.

§ 28. Die Urwahl wird in jeder Gemeinde, nach erhaltenem Auftrage von dem Land- oder Herrschaftsgerichte, durch den bestehenden Gemeindeausschuß zu dem Zwecke vorgenommen, daß ein Bevollmächtigter und, im Verhinderungs- oder Erkrankungsfalle, ein Ersatzmann aus ihrer Gemeinde zum zweiten Wahlmomente ernannt werde, worüber der Gemeindevorstand unter seiner und zweier Mitglieder Unterschrift die schriftliche Anzeige dem Land- respective Herrschaftsgerichte zu übergeben hat.

§ 29. Dieser Bevollmächtigte muß in der Gemeinde ansäßig, wenigstens 25 Jahre als seyn, und so viel Grundvermögen besitzen, daß sein Steuersimplum die Summe von drei Gulden erreicht.

§ 30. Jede Gemeinde hat wenigstens Einen Bevollmächtigten zu stellen. Gemeinden von einer Bevölkerung von 200 oder mehreren Familien haben von jedem 100 Familien Einen zu ernennen.

§ 31. Nach Ernennung sämmtlicher Bevollmächtigten schreitet das Land- oder Herrschaftsgericht zur zweiten Wahlhandlung, oder zu r Ernennung der Wahlmänner für die Wahlversammlung des Regierungsbezirks, wozu jedes Land- und Herrschaftsgericht von 1000 Familien seines Bezirks, mit Ausschluß der Bevölkerung der hierin befindlichen Städte und Märkte, welche zu den Abgeordneten ihrer Klasse concurriren, einen Wahlmann zu stellen und die Anzeige hierüber von der Regierung zu erwarten hat.

§ 32. Herrschaftsgerichte, welche nicht 1000 Familien zählen, stellen ihre Gemeinde-Bevollmächtigten zu der Wahlhandlung des betreffenden Landgerichts.

§ 33. Der zu ernennende Wahlmann muß alle § 8. erwählten Eigenschaften zur passiven Wahlfähigkeit eines Abgeordneten in der Kammer besitzen, und kann nur aus den Grundbesitzern des landgerichts gewählt werden, zu welchem Ende ein alphabetisches Verzeichniß aller im Landgerichte begüterten und hierzu wahlfähigen Grundeigenthümer hergestellt, und in dem Wahlzimmer zur öffentlichen Einsicht angeheftet werden soll.

§ 34. Zur Vornahme dieser Wahlhandlung hat das Landgericht sämmtliche Bevollmächtigte auf einen bestimmten Tag einzuberufen, sie vor Allem mit dem Zwecke und den formellen und wesentlichen Bedingungen der Wahl bekannt zu machen, sodann vor der wirklichen Abnahme der Wahlstimmen durch das Los vier Beisitzer aus den anwesenden Bevollmächtigten bestimmen zu lassen, welche, nebst den Landgerichtsassessoren und dem Actuar, der Wahlhandlung beizuwohnen und das Protocoll zu unterzeichnen haben; zugleich hat jeder der anwesenden Bevollmächtigten eine Nummer zu ziehen, die bei seiner Stimme zu bemerken ist, damit er bei der folgenden Eröffnung von der richtigen Aufnahme derselben sich überzeugen könne.

§ 35. Jeder Bevollmächtigte wird sodann nach der Ordnung der Gemeinden einzeln vorgerufen, und sein Vorschlag der Wahlmänner, in Gemeinden einzeln vorgerufen, und sein Vorschlag der Wahlmänner, in Gegenwart der in vorstehendem §. erwähnten Wahlcommission, zum Protocoll genommen. Nach beendigter Aufnahme der sämmtlichen Stimmen sind solche der ganzen Versammlung nicht nach der Ordnung des Eintrages, sondern nach jener der Nummern zu eröffnen, und, wenn gegen ihre Richtigkeit keine Erinnerung gemacht wird, das Resultat der Stimmenmehrheit zu ziehen, und ebenfalls bekannt zu machen.

§. 36. Bei Gleichheit der Stimmen, wenn hierdurch die Zahl der Wahlmänner überschritten werden sollte, ist die Ausscheidung durch eine neue Umfrage zu veranlassen, wobei jedoch nur die in Frage stehenden Individuen in die Wahl aufzunehmen sind, die aber in dem gegebenen Falle auch nicht durch freiwilligen Verzicht eines oder des andern der Gewählten nachgesehen werden darf. Das Wahlprotocoll ist sogleich an die Regierung einzusenden.

§ 37. Die letzte Wahlhandlung, oder die Auswahl der Abgeordneten in die Kammer, die nur aus den Wahlmännern selbst genommen werden können, wird bei der königlichen Regierung des Bezirks, unter der Leitung des königlichen Regierungspräsidenten, vorgenommen, und hierbei ganz das nämliche Verfahren beobachtet, welches oben § 26. für die Wahl der Abgeordneten der Städte vorgeschrieben worden ist.

§ 38. Zur gütlichen Wahl bei dieser Versammlung wird die Anwesenheit von drei Viertheilen der Wahlmänner in der Art erfordert, daß von jedem einzelnen Land- und Herrschaftsgerichte mehr, als die Hälfte anwesend seyn soll. Wenn aus Mangel der Zahl die Wahl an dem bestimmten Tage nicht vor sich gehen kann; so haben die ohne hinreichende Ursache ausbleibenden Wahlmänner die Kosten der neuen Einberufung zu tragen.

§ 39. Im Falle, daß unabwendbare Verhältnisse die Erscheinung der Wahlmänner irgend eines Districts ganz hindern sollten, hat der Regierungspräsident die Befugniß, wenn die erforderliche Anzahl der übrigen Wahlmänner vorhanden ist, und wenigstens zwei Dritttheile derselben für die Vornahme der Wahl stimmen, sie auch ohne weitern Anstand zu vollenden.

§ 40. Wenn sämmtliche Wahlen vollzogen, und die Protocolle dem Präsidenten der königlichen Regierung vorgelegt, solche auch nach ihren formellen und wesentlichen Erfordernissen geprüft sind, werden sie mit allen Beilagen an das königliche Staatsministerium eingesendet.

§ 41. Alle Wahlhandlungen müssen von den königlichen Land- und Herrschaftsgerichten oder den besondern königlichen Commissarien, so wie von dem Präsidenten der Regierung, mit pflichtmäßiger und rücksichtsloser Unterfangenheit geleitet werden.
Jede Beschränkung der Freiheit der Wahlstimmen (insofern sie nur für wirklich wahlfähige Individuen gegeben werden), jede Benutzung eines obrigkeitlichen Einflusses auf die Wähler soll strenge geahndet, und selbst nach Umständen mit der Dienstentlassung bestraft werden.

§ 42. Auf gleiche Art soll die Bestechung der Wähler die Ungültigkeit der Wahl und den Verlust der activen und passiven Wahlfähigkeit für den Bestecher und den Bestochenen als Strafe zur Folge haben, mit Vorbehalt des fernern, sowohl auf den Meineid als sonst in den Gesetzen angeordneten, Strafen.

§ 43. Die Wahlhandlungen selbst beschränken sich einzig auf den Gegenstand der Wahlen, und jede Einmengung von andern Gegenständen, von besondern Anträgen, Beschwerden, oder Instructionen, auf was immer für eine Art, sind von der Wahlcommission ohne Weiteres zurückzuweisen.

§ 44. Die Wahl zur Kammer der Abgeordneten kann nur abgelehnt werden:
a) wegen Krankheit, welche das Individuum auf längere Zeit zu allen Geschäften unfähig macht, und durch ärztliche Zeugnisse belegt wird;
b) wegen solcher häuslichen, Familien- oder Dienstverhältnisse, welche die persönliche und beständige Anwesenheit, nach den Zeugnissen der Gerichtsstellen oder Vorgesetzten, wesentlich erfordern.
c) Staatsdiener, oder Staatspensionisten, so wie alle für den öffentlichen Dienst verpflichtete Individuen können zwar als Wahlmänner der Wahlhandlung beiwohnen, müssen jedoch, wenn sie zu Abgeordneten erwählt werden, die Bewilligung des Königs nachsuchen, ohne welche sie in die Kammer nicht eintreten können. Die Beamten der Gutsherren müssen die Zustimmung derselben der dem Präsidenten der Regierung zu machenden Anzeige beilegen.

hinsichtlich des §§ 44 lit. a) wurde ein ergänzendes und auslegendes Verfassungsgesetz, das Gesetz, den § 44 lit. a. im I. Titel der X. Beilage zur Verfassungs-Urkunde betreffend, vom 23. Mai 1846, erlassen.

§ 45. Die Erklärung über die Ablehnung der Wahl muß von den Gewählten sogleich, wie ihm die Ernennung zu einem Wahlmanne für die Versammlung des Regierungsbezirks bei der dritten, vierten und fünften Klasse, oder zur wirklichen Auswahl in die Kammer bei der ersten und zweiten Klasse eröffnet wird, in den ersten Fällen bei dem Wahlbezirke jeder Decanats der treffenden Landgerichts oder der Stadt, in letzterem Falle aber bei der königlichen Regierung des Bezirks übergeben werden.

§ 46. Die Wahlmänner des einschlägigen Landgerichts, der betreffenden Stadt oder Klasse, haben über die angebrachten Gründe durch Stimmenmehrheit zu entscheiden. Im Falle der wirklichen Entlassung tritt das in der Reihe der Stimmenzahl nächstfolgende Individuum in dessen Stelle ein.

§ 47. Nach der wirklichen Wahl hat keine Entschuldigung mehr statt, ausgenommen, es ergeben sich die erforderlichen und oben § 42. angeführten Hindernisse erst in der Folge, während der Dauer der sechsjährigen Function, in welchem Falle die Kammer zu entscheiden hat.

§ 48. Die durch dergleichen freiwillige, oder durch die nach den Bestimmungen der Urkunde § 14. veranlaßten Austritte, so wie durch den Tod der Abgeordneten, während der sechsjährigen Dauer der Versammlung erledigten Stellen werden aus den, gemäß der Stimmenmehrheit, nächstfolgenden Ersatzmännern aus der nämlichen Klasse und den nämlichen Regierungsbezirken ergänzt, weshalb in den Wahlprotocollen die Reihen der Gewählten auch in Hinsicht der Ersatzmänner genau zu bemerken, und jede Stimmengleichheit bei letztern ebenfalls sogleich zu entscheiden kommt. Auf gleiche Weise tritt in dem § 44. lit c. bemerkten Falle, wenn die königliche Bewilligung nicht ertheilt wird, der nächste Ersatzmann ein.

§ 49. Den Mitgliedern der Kammer der Abgeordneten, welche nicht am Orte der Versammlung selbst wohnen, wird auf die Dauer der Versammlung eine bemessene Entschädigung der Reise- und Zehrungskosten in der Art gegeben, daß ihnen
a) von dem zur Erscheinung bestimmten Tage, bis zum Schlusse der Versammlung, jedoch mit Einschluß des vorhergehenden und nachfolgenden Tages, eine Tagesgebühr von 5 fl.;
b) für die Reisekosten von einer Entfernung von 1 - 6 Stunden und so weiter, von jeden 6 Stunden eine Gebühr von 8 fl. verabfolgt werden soll.

III. Abschnitt.
Versammlung und Einberufung der Stände.

Durch Artikel 41 des Gesetzes vom 25. Juli 1850 wurde der III. Abschnitt des Ersten Titels aufgehoben.

§ 50. Zu den in der Verfassungsurkunde bestimmten oder vom Könige angeordneten Versammlungen werden die Reichsräthe durch königliche Rescripte, die Abgeordneten der zweiten Kammer durch öffentliche Ausschreibung einberufen, und hierin der Ort und die Zeit der Versammlung bestimmt werden.
Die letztern erhalten eine Abschrift dieser Ausschreibung mittelst besonderer Mittheilung der königlichen Regierung des Bezirks, welche ihnen bei der Erscheinung zur Vollmacht dient.

§ 51. Beide Kammern können nur gleichzeitig zusammenberufen, eröffnet und geschlossen werden, sohin ihre Sitzungen nur in gleichem Zeitraume halten.

§ 52. Jedes zur Versammlung berufene Mitglied hat sich, am Tage seiner Ankunft, an dem bestimmten Ort der Versammlung bei den geeigneten Behörden persönlich zu melden.

§ 53. Die Reichsräthe machen diese Meldung bei dem ersten Präsidenten, welchen der König für die Dauer der Versammlung ernennt; die Abgeordneten bei der besondern Einweisungscommission. Der Präsident und die Einweisungscommission werden in dem Einberufungsdecrete bekannt gemacht werden.

§ 54. Die Reichsräthe haben wenigstens 3 Tage vor der in dem Einberufungsrescripte bestimmten Versammlungszeit an den Präsidenten die schriftliche Erklärung über ihr Erscheinen zu übergeben, und derselben den in der Verfassungsurkunde vorgeschriebenen Eid unter ihrer Fertigung beizufügen. Im Falle obwaltender besonderer Hindernisse, haben sie solche ebenfalls dem Präsidenten in obigem Zeitraume anzuzeigen.

§ 55. Jedem Mitgliede der beiden Kammern ist bei seinem Eintritte ein Abdruck der Verfassungsurkunde mit sämmtlichen Beilagen zuzustellen.

§ 56. Wenn die Hälfte der Reichsräthe anwesend ist; so zeigt der Präsident mittelst Deputation dem Könige an, daß die Kammer sich constituiren könne, und die Eröffnung der Sitznng erwarte.

§ 57. Sie wählt sich zwei Secretaire, und schlägt drei Mitglieder zur Auswahl des zweiten Präsidenten vor, aus welchen der König denselben ernennt.

§ 58. Die Kammer der Reichsräthe ist durch die königliche Eröffnung derselben rechtmäßig constituirt.

§ 59. Die Reichsräthe sitzen nach der in der Verfassungsurkunde bestimmten Reihe, unter sich aber nach ihrem Eintritte in die Kammer.

§ 60. Zur gültigen Constituirung der Kammer der Abgeordneten wird die Anwesenheit von zwei Dritttheilen der gewählten Mitglieder erfordert.

§ 61. Die Einweisungscommission besteht für den ersten Fall der Zusammenberufung einer neugewählten Kammer aus einer eigends ernannten königlichen Commission; außer diesem Falle aber, aus dem Präsidenten und Secretair der letzten Versammlung.

§ 62. Sie hat vor Allem die Beglaubigung der Abgeordneten, ihre Wahlen und erforderlichen Eigenschaften, mit Beiziehung von sechs durch das Loos zu währenden Mitgliedern der Kammer, zu prüfen, zu welchem Ende ihr sämmtliche Wahlprotocolle mitgetheilt werden, sonach ferner die Wahl des ersten und zweiten Präsidenten, so wie der zweite Secretairs, zu leiten.

§ 63. Die Mitglieder der Kammer wählen für die Stelle des Präsidenten sechs Mitglieder, aus welchen der König den ersten und einen zweiten Präsidenten, der im Verhinderungsfalle oder in Abwesenheit des ersten dessen Geschäftsführung übernimmt, für die Dauer der Sitzung ernennt.

§ 64. Sie wählen ferner aus ihrer Mitte zwei Secretairs.

§ 65. Beide Wahlen geschehen auf die nämliche Art, wie solche bei der Wahlversammlung des Regierungsbezirks angeordnet ist, mittelst schriftlicher Wahlzettel aus der Gesamtzahl der Abgeordneten, ohne Unterschied der Regierungsbezirke, Klassen oder Stände. Die Gewählten müssen absolute Stimmenmehrheit für sich haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Wahl durch Kugeln. Zur Eröffnung der Wahlzettel werden fünf Mitglieder durch das Loos ernannt, und als Beisitzer der Commission beigegeben.

§ 66. Die Commission übergiebt das Wahlprotocoll für den Vorschlag des Präsidenten dem königlichen Staatsministerium des Innern, und macht sonach die königliche Ernennung bekannt, worauf sie ihre Function schließt, und die Kammer der Abgeordneten sich constituirt.

§ 67. Die Ordnung der Plätze, welche die Abgeordneten in den Versammlungen einzunehmen und beizubehalten haben, werden durch Loose bestimmt.

§ 68. Wenn die Kammer der Abgeordneten sich constituirt hat; so hat sie dem Könige durch eine Abordnung, und der Kammer der Reichsräthe auf die später vorgeschriebene Weise anzuzeigen, daß sie versammelt und constituirt sey. Zugleich untersucht sie die Entschuldigungen der nicht erschienenen Mitglieder, und hat diejenigen, deren Ursachen nicht gegründet befunden werden, ohne Weiteres einzuberufen.

§ 69. Der König wird nach Constituirung der beiden Kammern den Tag zur Eröffnung der ständischen Versammlung bestimmen, und sich hierbei von sämmtlichen Mitgliedern den im Titel VII. § 25. vorgeschriebenen Eid in Seine Hände ablegen lassen.

§ 70. Die später eintretenden Mitglieder leisten diesen Eid in den Kammern in die Hände des Präsidenten.

Zweiter Titel.
Wirkungskreis und Geschäftsgang der Ständeversammlung

siehe das Reglement der Kammer der Reichsräthe vom 14. April 1819, das Edict vom 28. Februar 1825, über die Geschäftsordnung für die Kammer der Abgeordneten und die Geschäftsordnung der Kammer der Reichsräthe vom 16. August 1825; nach den Änderungen und Neufassung der Gesetze über den Geschäftsgang 1831, 1850 und 1872 gaben sich beide Kammern jeweils neue Geschäftsordnungen.

Durch § 19 Abs. 2 des Gesetzes vom 2. September 1831 wurden die Teile des Zweiten Titels des Ediktes, die nicht ausdrücklich aufgehoben wurden, ihres Verfassungs- und Gesetzesranges beraubt, indem die restlichen Bestimmungen jederzeit durch Bestimmungen der Geschäftsordnungen der Kammern aufgehoben werden konnten.

Durch Artikel 41 des Gesetzes vom 25. Juli 1850 wurde der Zweite Titel endgültig aufgehoben.

Der Wirkungskreis der ständischen Versammlung ist in der Verfassungsurkunde Tit. VII. bestimmt ausgewiesen. Der Geschäftsgang wird auf nachstehende Art festgestellt:

I. Abschnitt.
Vorstände und untergeordnetes Personal der Kammern.

§ 1. Den Präsidenten der Kammern kommt in der Regel alle Vorzüge und Obliegenheiten zu, die den Vorständen der Collegien gebühren. Sie eröffnen alle Eingaben, und weisen solche theils unmittelbar in Folge nachstehender Bestimmungen, theils, nachdem sie zuvor der Kammer vorgelegt worden sind, in Folge eines Beschlusses derselben an die betreffenden Ausschüsse zur Bearbeitung hin; sie sorgen für die Aufrechterhaltung der Ordnung und des Reglements, bestimmen die Sitzungstage, ordnen die Vorträge, leiten die Berathungen, Abstimmungen u. dgl.

§ 2. Die Secretairs führend das Sitzungsprotocoll bei den allgemeinen Versammlungen, wachen für die Ordnung der Canzlei, bemerken die Meldungen zum Vortrage und der Tagesordnung, entwerfen die Berichte und Beschlüsse, wenn nicht besondere Referenten aufgestellt sind; leisten die Zahlungen, wozu sie von der Central-Staatskasse die erforderlichen Vorschüsse erhalten, und nach geendigter Versammlung hierüber Rechnung stellen u.s.w.

§ 3. Zur Aufbewahrung der Acten und Ordnung der Registratur in dem der ständischen Versammlung zugewiesenen Versammlungsgebäude haben die Kammern einen gemeinschaftlichen ständigen Archivar zu benennen, welcher aus der Staatscasse besoldet wird.

§ 4. Die nöthigen Individuen für die Canzlei werden von dem Directorium, welches aus dem Präsidenten und den Secretairs für jede Kammer besteht, auf die Zeit der Dauer der Versammlung aufgenommen, von denselben verpflichtet, und aus den Exigenzgeldern bezahlt.

§ 5. Die für die Dauer der Versammlung erforderlichen Boten und Diener wird der König bestimmen.

§ 6. Während der Dauer der Versammlung gebührt die Polizei den Kammern in ihrem Sitzungsgebäude; sie wird von dem Präsidenten ausgeübt, welcher hierzu die nöthigen Befehle ertheilt.

§ 7. Keinem Fremden ist erlaubt, während der Sitzung in den Sitzungssaal einzutreten, sondern nur bei den öffentlichen Sitzungen der zweiten Kammer wird einer angemessenen Zahl von Zuhörern der Zutritt zu den Galerien gestattet.

§ 8. Sie müssen auf jedesmaligen Befehl des Präsidenten, wenn sich die Sitzung in einen geheimen Ausschuß bildet, sich entfernen.

§ 9. Jedes Zeichen von Beifall oder Mißbilligung wird strenge untersagt. Die Zuwiderhandelnden werden durch den Diener der Kammer sogleich fortgewiesen. Sollte sich Jemand beigehen lassen, die Ruhe der Sitzungen, auf was immer für eine auffallende Art, zu stören oder die Berathungen zu unterbrechen; so ist derselbe durch die Militairwache in Arrest zu führen, und der Polizei, oder nach Befinden, dem Gerichte zur Bestrafung zu übergeben.

II. Abschnitt.
Allgemeine Sitzungen

§ 10. Die ersten Präsidenten der Kammern bestimmen die Zahl und die Zeit ihrer Sitzungen nach Maaß der Menge und der Dringlichkeit der Geschäfte. Sie eröffnen und schließen jede Sitzung, wobei sie zugleich den Tag der folgenden Sitzung anzeigen. Die in derselben vorkommende Tagesordnung wird in dem Sitzungssaale öffentlich angeheftet.

§ 11. Jedes anwesende Mitglied ist zur Erscheinung bei den allgemeinen Sitzungen verbunden. Sollte jedoch ein gegründetes Hinderniß obwalten; so ist solches dem Präsidenten anzuzeigen.

§ 12. Während der Dauer der Versammlung ist es keinem Mitgliede der Kammer erlaubt, sich ohne Urlaub der Kammer zu entfernen; doch kann der Präsident in besonders dringenden Fällen diesen Urlaub allein ertheilen, wovon er aber in der folgenden Sitzung die Kammer in Kenntniß zu setzen hat.

§ 13. Am Anfange der Sitzung liest der Secretair das Protocoll der letzten Sitzung ab, welches von dem Präsidenten, dem Secretair und noch drei Mitgliedern nach dem Turnus zu unterzeichnen ist.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 13 aufgehoben.

§ 14. Nach Verlesung des Protocolls und Bekanntmachungen der seit der letzten Sitzung vorgekommenen Eingaben wird zur Tagesordnung geschritten, die in dem Sitzungssaale angeheftet ist.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 14 aufgehoben.

§ 15. Die allgemeinen Sitzungen der Kammer der Abgeordneten sind, mit Ausschluß der später bezeichneten Fälle, öffentlich; sie können jedoch, auf Verlangen von fünf Mitgliedern, in einen geheimen Ausschuß verwandelt werden.

§ 16. Der König läßt die den Kammern vorzulegenden Berathungs-Gegenstände durch seine Minister oder besondern Commissarien an sie gelangen. Dieselben werden nicht blos mündlich vorgetragen, sondern ihre Anträge auch schriftlich übergeben, und überhaupt auch in der Folge die erforderlichen Erläuterungen ertheilt. Sie haben in den Versammlungen einen besondern Platz einzunehmen.

§ 17. Wenn auf solche Art die Minister oder königlichen Commissarien erscheinen, um im Namen des Königs Vorträge zu machen; so bleiben alle in der Tagesordnung stehende Berathungen ausgesetzt, und es wird erst nach Beendigung des Vortrages der königlichen Commissarien, wenn dieser nicht eine andere Einleitung nothwendig machen sollte, zur Tagesordnung geschritten.

§ 18. Die Berathung über die von den besonderen Ausschüssen erstatteten Vorträge, welche jedesmal unter die sämmtlichen Mitglieder zu vertheilen sind, kann nur nach drei Tagen vorgenommen werden, und die Mitglieder, welche hierbei über den Antrag zu sprechen wünschen, haben sich am Tage vor der Sitzung bei dem Secretariate, mit dem Bemerken, ob sie für oder wider den Antrag sprechen, zu melden, und ihren Wunsch vormerken zu lassen.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 18 aufgehoben.

§ 19. Die Redner werden sodann nach der Reihe ihrer Sitze und mit der Eintheilung aufgerufen, daß sie abwechslungsweise für und wider sprechen.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 19 aufgehoben.

§ 20. Keiner kann sprechen, ohne zuvor von dem Präsidenten der Kammer die Erlaubniß erhalten zu haben und aufgerufen zu seyn; er hat sodann, wenn seine Rede den ganzen Gegenstand oder den größern Theil desselben umfaßt, auf dem besondern Rednerstuhle zu sprechen, wenn sie aber nur einzelne Bemerkungen betrifft, diese an seinem Platze vorzutragen.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 20 aufgehoben.

§ 21. Sie haben sich hierbei aller Persönlichkeiten, aller unanständigen beleidigenden Ausdrücke, so wie aller Abweichungen von dem vorliegenden Berathungsgegenstande zu enthalten, widrigenfalls der Präsident sie zur Ordnung zu verweisen, und, im Weigerungsfalle, selbst die fernere Wortführung zu untersagen das Recht hat. Sollten sie sich selbst persönliche Ausfälle gegen den Regenten, die königliche Familie oder die einzelnen Mitglieder der Kammer erlauben, oder Anträge gegen die allgemeine Staatsverfassung zu stellen unternehmen, und ungeachtet der von dem Präsidenten gemachten Erinnerung hiermit fortfahren; so ist derselbe berechtigt und verpflichtet, die Sitzung für diesen Tag zu schließen, und in der folgenden Sitzung über die Bestrafung des fehlenden Mitgliedes der Kammer vorzutragen, welche entscheiden wird, ob dasselbe bis zum bloßen Widerruf, oder zum zeitlichen oder gänzlichen Ausschluß aus der Kammer zu verurtheilen sey.

§ 22. Wenn sämmtliche Mitglieder, welche sich zur Rede angemeldet, gesprochen haben, steht es jedem Mitgliede frei, nach der Reihe der Plätze noch seine allenfallsigen kurzen Bemerkungen vorzutragen; so wie es dem Referenten des Ausschusses und den königlichen Commissarien vorbehalten ist, noch einmal das Wort zu nehmen, wonach jede weitere Discussion geschlossen, die Abstimmung aber, nachdem die Fragen vorgelegt seyn werden, auf drei Tage vertagt werden soll.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 22 aufgehoben.

§ 23. Kein Redner soll während seiner Rede unterbrochen werden; doch steht es dem Minister und den königlichen Commissarien frei, im Falle durch dergleichen Vorträge zu einigen Erläuterungen und Ausschüssen Veranlassung gegeben worden ist, diese sogleich zu ertheilen.

§ 24. Die königlichen Staatsminister, die königlichen Commissarien, und die Berichtserstatter der Ausschüsse haben allein das Recht, ihre niedergeschriebenen Reden abzulesen.

III. Abschnitt.
Besondere Ausschüsse der Kammer.

§ 25. Jede der beiden Kammern erwählt, gleich nach ihrer Constituirung, aus ihrer Mitte fünf besondere Ausschüsse, und zwar
1) für die Gegenstände der Gesetzgebung;
2) für die Steuern;
3) für die übrigen an die Kammer gelangenden Gegenstände der innern Reichsverwaltung;
4) für die Staatsschuldentilgung;
5) für die Untersuchung der vorkommenden Beschwerden über die Verletzung der Staatsverfassung.
Von jedem dieser fünf Abschlüsse ist ein Mitglied zu der im folgenden § 36. angeordneten vorläufigen Prüfung der von den einzelnen Mitgliedern der Kammer zu stellenden Anträge, durch die Wahl der Ausschüsse, selbst unter sich zu Bestimmung, und dem Präsidenten bekannt zu machen.

§ 26. Die Auswahl der Ausschüsse geschieht aus der Gesamtzahl der Mitglieder, ohne Unterschied der Regierungsbezirke oder Klassen, durch absolute Stimmenmehrheit.

§ 27. Diese Ausschüsse bestehen in der Kammer der Reichsräthe aus fünf, in der Kammer der Deputirten aus sieben, höchsten neun Mitgliedern.

§ 28. Bei den Ausschüssen führet das in Jahren älteste Mitglied den Vorsitz. Der Referent und Secretair wird von ihnen selbst gewählt.

§ 29. Um die an sie verwiesenen Gegenstände gehörig zu bearbeiten, haben die Ausschüsse alle hierzu erforderliche Erläuterungen zu sammeln, und sich hierüber mit den betreffenden Staatsministerien in Benehmen zu setzen, die Gründe für und wider genau zu entwickeln, und hiernach den Vortrag mit allen Meinungen der Mitglieder des Ausschusses umständlich zu entwerfen.

§ 30. Den Präsidenten der Kammern steht es frei, jeder Sitzung dieser Ausschüsse beizuwohnen; die übrigen Mitglieder hingegen haben zu derselben keinen Zutritt.

§ 31. Die Präsidenten bestimmen nach vollendeter Arbeit den Tag zum Vortrag in den Kammern.

§ 32. Die Kammern können den Gegenstand, wenn sie den Vortrag nicht erschöpfend finden, zur weitern Ausarbeitung an den Ausschuß zurückweisen, in welchem Falle derselbe noch mit zwei Mitgliedern verstärkt werden kann.

§ 33. Die Beschwerden, welche nach Bestimmung der Verfassungsurkunde Tit. VII. § 21, an die Kammern gelangen können, werden von dem Präsidenten unmittelbar zum Ausschusse verweisen, um ihren Beistand und ihre Gründlichkeit sowohl in formellen als wesentlichen Verhältnissen vorläufig zu prüfen, ehe sie den Kammern vorgelegt werden. Sie müssen mit den erforderlichen Beweisen belegt, und zugleich bescheinigt seyn, daß sie bereits bei den obersten Behörden, resp. den betreffenden Staatsministerien, früher vorgebracht worden, und hierauf entweder noch gar keine, oder eine den Bestimmungen der Staatsverfassung zuwiderlaufende Entscheidung erfolgt sey.

§ 34. Im Falle sie demnach als unbescheinigt, oder als gänzlich grundlos, oder als ungeeignet befunden werden, sind sie ohne Weiteres als beruhend zu den Acten zu legen, oder an die betreffenden Staatsministerien zu geben, und in der folgenden Sitzung der Kammern hiervon Nachricht zu ertheilen; im entgegengesetzten Falle ist die Beschwerde den Kammern, mittelst umständlichen Vortrags, vorzulegen.

§ 35. Dem Ausschusse, so wie den Kammern, kömmt es zwar nicht zu, hierüber weitere Instructionen zu veranlassen, oder  von königlichen Stellen Berichte zu verlangen; doch können sie von den einschlägigen Staatsministerien durch den Präsidenten die erforderlichen Ausschüsse erhohlen, um jede Vorlage grundloser Beschwerden zu beseitigen; wenn sie dieselben aber als gegründet erachten, sind sie nach gemeinschaftlichem Beschluß beider Kammern dem Könige vorzulegen, welcher nach den Bestimmungen der Verfassungsurkunde Tit. X. § 5. verfahren wird.

§ 36. Die Wünsche und Anträge der einzelnen Mitglieder können nur solche Gegenstände betreffen, welche in den verfassungsmäßigen Wirkungskreis der Stände sich eignen; so werden jedesmal schriftlich dem Präsidenten übergeben, und vor Allem durch den nach § 25. zu bildenden Ausschuß in Gegenwart des Präsidenten geprüft, ob sie nach der oben gegebenen Bestimmung zur Annahme geeignet sind, oder nicht. Im letztern Falle werden sie ohne Weiteres nach absoluter Stimmenmehrheit der Ausschußglieder als ungeeignet zurückgewiesen; im erstern Falle aber gemäß Tit. VII. § 20. der Urkunde der Kammer zur Vorlage gebracht, und von derselben erst entschieden, ob sie zu näherer Würdigung an den Ausschuß gewiesen werden sollen. - Entscheidet dieser verneinend; so beruht der Antrag, und kann in dieser Versammlung nicht mehr zur Sprache kommen; im bejahenden Falle aber wird derselbe durch den betreffenden Ausschuß zur künftigen allgemeinen Berathung gebracht.

§ 37. Jedem Mitgliede steht es frei, seine Anträge, so lange sie noch nicht der Kammer zur Vorlage gebracht sind, zurück zu nehmen. Ist jedoch die erste Vorlage an die Kammer bereits geschehen; so hat dieselbe über die Zurücknahme zu entscheiden.

§ 38. Der für die Staatsschuldentilgung angeordnete Ausschuß hat den Tilgungsplan, welcher den Kammern vorgelegt werden wird, zu prüfen, so wie bei jeder nächtsfolgenden Versammlung die seitherige Ausführung und Befolgung dessen zu untersuchen, und das Resultat den Kammern vorzulegen.

§ 39. Damit der in der ständischen Versammlung genehmigten Tilungsplan genau eingehalten werde, ist derselben Tit. VII. § 14. das Recht eingeräumt, zwei Mitglieder zu ernennen, welche auch nach Beendigung ihrer Sitzungen fortwährend an allen Verhandlungen der angeordneten Schuldentilgungscommission genaue Kenntniß zu nehmen, und für die Befolgung der in der letzten Versammlung getroffenen Bestimmungen zu wachen habe. Diesen Mitgliedern sollen daher alle zehn Tage die sämmtlichen Verhandlungen der Commission, die Journale und Hauptbücher zur Einsicht vorgelegt werden, und sie sind befugt, im Falle die Commission ihren gegründeten Bemerkungen gegen allenfallsige Ueberschreitungen der Befugnisse, oder Nichtbefolgung des genehmigten Tilgungsplanes unbeachtet lassen würde, den Könige die gebührende Vorstellung zu übergeben, und bei der künftigen ständischen Versammlung ihre pflichtmäßige Anzeige zu machen.

IV. Abschnitt.
Beschlüsse und wechselseitige Mittheilungen der Kammern.

§ 40. Wenn der Gegenstand nach § 22 zur Abstimmung vorbereitet ist; so entwirft der Präsident, bis zur nächstfolgenden Sitzung, die zur Entscheidung vorzulegenden Fragen in der Art, daß hierdurch der Gegenstand erschöpft wird, und die Abstimmung nur mit Ja und Neun erfolgen kann. Die Fragen werden zwei Tage vor der Abstimmung öffentlich bekannt gemacht, und in dem Sitzungssaale angeheftet.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 40 aufgehoben.

§ 41. Jedem Mitgliede steht es frei, über die entworfenen Fragen seine Erinnerungen vorzulegen, und dieselben sind erforderlichen Falls noch vor der Abstimmung durch einen Beschluß der Kammer zu berichtigen.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 41 aufgehoben.

§ 42. Wenn gegen die vorgezeichneten Fragen keine Erinnerung gemacht wird, oder diese berichtigt ist; so wird zur Abstimmung selbst über jede einzelne Frage an dem festgesetzten Tage nach ihrer gegebenen Ordnung und Reihe geschritten.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 42 aufgehoben.

§ 43. Hierbei haben die Staatsminister und königlichen Commissarien, so wie alle Zuhörer, abzutreten, und die Abstimmung geschieht in geheimer Sitzung.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 43 aufgehoben.

§ 44. Jedes Mitglied wird nach der Reihe seines Sitzes aufgerufen; der dirigirende Präsident spricht seine Stimme zuletzt aus und hat bei Stimmengleichheit noch eine weitere und entscheidende Stimme; der zweite Präsident, wenn er nicht dirigirt, sitzt und stimmt in der Reihe am ersten, die Secretaire stimmen unmittelbar vor dem Präsidenten.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 44 aufgehoben.

§ 45. Die Stimme wird ohne weitere Motivirung oder Erläuterung in nachstehender einfacher Form abgegeben:

"Einverstanden"
oder
"Nicht einverstanden".

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 45 aufgehoben.

§ 46. Die Secretairs bemerken jede Stimme, und der Präsident spricht am Ende die Stimmenmehrheit, und hiernach den Beschluß der Kammer aus.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 46 aufgehoben.

§ 47. In übrigen minder wichtigen Vorkommnissen, welche nicht Hauptgegenstände des Wirkungskreises betreffen, wird durch das Aufstehen oder Sitzen der Mitglieder gestimmt.

Durch Gesetz vom 2. September 1831 wurde der § 47 aufgehoben.

§ 48. Zur gültigen Abstimmung wird die Gegenwart von zwei Dritttheilen der im Orte anwesenden Mitglieder, zu gültigen Beschlüssen die absolute Stimmenmehrheit erfordert, mit Ausnahme der besonders angeführten einzelnen Fälle.

§ 49. Die Beschlüsse der Kammer, welche auf Vorträge der besondern Ausschüsse gefaßt worden, werden letztern mitgetheilt, damit die nöthigen Aufsätze in Folge dieser Beschlüsse entworfen, und der Kammer zur Genehmigung vorgelegt werden können, welche jedoch in wichtigern Fällen in zwei nach einander folgenden Sitzungen abgelesen werden sollen, um in der ersten die allenfallsigen Erinnerungen gegen die Fassung des Beschlusses zu vernehmen, in letzterer aber die endliche Genehmigung der Fassung zu erhohlen.
Die übrigen Beschlüsse werden von den Secretairs ausgefertigt.

§ 50. Die beiden Kammern communiciren unter sich durch Schreiben, welche von dem Präsidenten und dem Secretair unterzeichnet werden.

§ 51. Jene Kammer, welcher die Instruction eines Gegenstandes übertragen ist, theilt ihre Meinung zuerst der andern mit. Findet dieser Antrag die Beistimmung der letztern nicht; so hat diese ihre Ansichten oder vorzuschlagenden Modificationen der erstern vorzulegen, um eine neue Berathung zu veranlassen, bis von beiden Kammern entweder das einhellige Einverständniß erzielt ist,. oder die bestimmte Erklärung der nicht zu vereinigenden Meinungen erfolgt.

§ 52. Die Form der Communication ist folgende:
a) Im Falle der Zustimmung:
"Die Kammer der ....  übergiebt der Kammer der .... den anliegenden Vorschlag Sr. Majestät des Königs; sie glaubt, daß er (unbedingt, oder unter den beigefügten Modificationen) anzunehmen sey."
b) Im Falle der Verwerfung:
"Die Kammer der ....  übergiebt ....; sie hat demselben ihre Zustimmung nicht geben zu können geglaubt."
c) Im Falle eines eigenen Antrags:
"Die Kammer der ....  übergiebt  ....... den anliegenden von ihr genehmigten Antrag mit dem Ersuchen, denselben der gleichfallsigen Berathung zu unterstellen."
d) Im Falle der Uebergabe einer Beschwerde:
"Die  ....  übergibt  .... die bei ihr eingereichte Beschwerde des ..... in Betreff des ....., welch sie zur Vorlage an Se. Majestät den König geeignet findet, zur gleichfallsigen Würdigung."
Die Antwort der andern Kammer besteht:
1) Im Falle der Zustimmung:
"Die Kammer ,,,,  hat dem ihr mitgetheilten Vorschlage (oder Antrage) in Betreff ....  ihre Zustimmung ertheilt."
2) Im Falle der Verwerfung:
"Die Kammer ....  hat dem .... ihre Zustimmung nicht ertheilen zu können geglaubt."
3) Im Falle einer Modification:
"Die Kammer ....  hat dem ....  ihre Zustimmung nur unter den beigefügten Modificationen geben zu können erachtet, worüber sie die weitere jenseitige Ansicht erwartet."

§ 53. Die gemeinschaftlich gefaßten Beschlüsse der Reichsstände werden dem Könige in nachstehender einfachen Form vorgelegt:

I. über die ihnen zugekommenen Gegenstände
a) Im Falle der gemeinschaftlichen Zustimmung:
"Die allerunterthänigst treugehorsamsten Stände haben dem an sie gebrachten Antrage zugestimmt."
b) Im Falle der gemeinschaftlichen Verwerfung:
"Die ..... haben dem an sie gebrachten Antrage ihre Zustimmung nicht geben zu können geglaubt."
c) Im Falle einer verschiedenen Meinung:
" Die .....  haben sich über die gemeinschaftliche Zustimmung zu dem an sie gebrachten Antrage nicht vereinen können."
d) Im Falle einer vorzuschlagenden Modification:
Die .....  haben dem an sie gebrachten Antrage nur unter folgenden ehrfurchtsvollst vorzuschlagenden Abänderungen ihre Zustimmung geben zu können geglaubt.
II. Ueber die eigenen Wünsche und Anträge
Die ..... übergeben Sr. Majestät dem Könige den beigefügten Vorschlag, welchen sie für den Staat vortheilhaft und nützlich halten, mit der ehrfurchtsvollsten Bitte, demselben die königliche Genehmigung zu ertheilen."
III. Ueber die vorzulegenden Beschwerden.
"Die ..... übergeben Sr. Majestät dem Könige die beiliegende Beschwerde des ....  im Betreff .... mit der ehrerbietigsten Bitte, derselben die Allerhöchste Abhülfe zu gewähren."

§ 54. Diese gemeinschaftlichen Vorlagen der Beschlüsse werden von dem Präsidenten und dem Secretair einer jeden Kammer unterzeichnet, und durch eine gemeinschaftliche Abordnung, welche aus den nämlichen Individuen, mit Zuziehung von zwei Mitgliedern einer jeden Kammer, bestehen soll, dem Könige überreicht.

§ 55. Die Reichsstände haben, außer den königlichen Staatsministerien, mit keiner andern königlichen Behörde in Vernehmen zu treten, noch weniger Adressen an das Volk zu erlassen.

§ 56. Eben so haben die einzelnen Mitglieder, welche in der Versammlung keinen besondern Regierungsbezirk, keinen ausgeschiedenen Stand oder Klasse, sonder alle Unterthanen des Reichs ohne Unterschied zu vertreten haben, keine Instruction von ihren Wahlbezirken oder Klassen zu übernehmen, keine Rücksprache mit denselben zu pflegen, sondern des ganzen Landes Wohl und Beste unbefangen und ohne Beschränkung nach ihrer eigenen innern Ueberzeugung und ihren geschwornen Pflichten zu berathen.

§ 57. Die jährliche Schließung der Sitzungen wird der König, sowie die Eröffnung verfügen; nach dem Schlusse haben die Präsidenten das Canzleipersonal zu entlassen, und die Landtagsacten dem ernannten Archivar zur Aufbewahrung zu übergeben.

    München, den 26. Mai 1818.

Zur Beglaubigung:
Egid von Kobell,
Königl. Staatsrath und General-Secretair

Während der Geschäftsgang der Kammern des Landtages bereits 1831 (als Verfassungsrecht) aus dem Edikt herausgenommen wurden und 1848 das Wahlrecht durch ein neues Verfassungsgesetz ersetzt wurde, sind im Jahre 1850 die restlichen Bestimmungen des Edikts aufgehoben und der Geschäftsgang der Kammern durch einfachgesetzliche Bestimmungen geregelt worden.
 


Quellen: Gesetzblatt für das Königreich Baiern 1818, S. 349ff, ausgeg. am 18. Juli 1818
Gesetzblatt und Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern (versch. Ausgaben)
K.H.L. Pölitz, Die Verfassungen des teutschen Staatenbundes seit dem Jahre 1789 bis auf die neueste Zeit, F.A. Brockhaus. 1847
Hermann Rehm, Quellensammlung zum Staats- und Verwaltungsrecht des Kgr. Bayern, Verlag Hirschfeld, Leipzig 1903
© 27. Oktober  2001 - 4. Juni 2003
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