Gesetz, den Geschäftsgang des Landtages betreffend

vom 25. Juli 1850

aufgehoben und ersetzt durch das Gesetz, den Geschäftsgang des Landtages betreffend, vom 19. Januar 1872 (GBl. S. 173)

Maximilian II.
von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und Schwaben ect. ect.

Wir haben nach Vernehmung Unseres Staatsrathes und mit Beirath und Zustimmung der Kammer der Reichsräthe und der Kammer der Abgeordneten, dann unter Beobachtung der im § 7 Tit. X. Verfassungs-Urkunde vorgeschriebenen Form, beschlossen und verordnen, wie folgt:

Allgemeine Bestimmungen

Art. 1. Jeder Kammer kommt zu, ihre Geschäftsordnung selbst festzustellen und nach Bedürfniß abzuändern unter Beobachtung der nachfolgenden und der sonstigen über den Landtag bestehenden verfassungsmäßigen Bestimmungen.

Besondere Bestimmungen

Abtheilung I.
Einberufung und Constituirung des Landtages

Art. 2. Der Landtag wird durch Königliche Ausschreibung einberufen, worin der Ort und Tag der Versammlung bestimmt wird. Jedes Mitglied der beiden Kammern erhält überdieß eine besondere Mittheilung hierüber, welche bei der Anmeldung in der Kammer vorzulegen ist.

Diese Vorlage erfolgt nach den näheren Bestimmungen der Geschäftsordnung.

Art. 3. Sobald die Mehrheit der verfassungsmäßigen Anzahl der Mitglieder einer Kammer sich angemeldet hat, beginnt die Prüfung der Wahlverhandlungen und der Beglaubigung der Kammermitglieder in der durch die Geschäftsordnung einer jeden Kammer vorgeschriebenen Weise.

Ueber erhobene Beanstandungen entscheidet die betreffende Kammer.

Die Regierung ist berechtigt, Beanstandungen zu erheben und an allen Verhandlungen über die erhobenen Beanstandungen Theil zu nehmen-

Das gleiche Recht der Beanstandung steht aus einem jeden Wahlberechtigten bezüglich der in seinem Wahlbezirke gewählten Abgeordneten zu.

Art. 4. Wenn die Mehrheit der verfassungsmäßigen Anzahl der Mitglieder einer Kammer unbeanstandet geblieben ist, so wählt jede Kammer nach Vorschrift der Geschäftsordnung ihre Präsidenten und Schriftführer für die Dauer des Landtages, dann ihrer Ausschüsse, bildet erforderlichen Falls Geschäftsabtheilungen und macht nach vollzogener Zusammensetzung des Directoriums von ihrer Constituirung dem Gesammt-Ministerium und der andern Kammer die Anzeige.

Art. 5. Der König bestimmt nach Constituirung der beiden Kammern den Tag zur Eröffnung des Landtages und die Formen, unter welchen dieselbe stattfindet.

Art. 6. Sämmtliche neueintretende Mitglieder der beiden Kammern leisten bei der Eröffnung den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Eid in die Hände des Königs oder in die Hände des von Ihm zu Eröffnung des Landtages Bevollmächtigten.

Die später eintretenden Mitglieder haben diesen Eid in die Hände des Präsidenten abzulegen.

Abtheilung II.
Polizei im Sitzungsgebäude, - Registratur-, Canzlei- und übriges Dienstpersonal der Kammern, - Ausgaben

Art. 7. Während der Dauer der Versammlung gebührt jeder Kammer die Polizei in ihrem Sitzungsgebäude, und wird in ihrem Namen ausschließend von dem Präsidenten nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung ausgeübt.

Den Präsidenten der Kammern wird zu diesem Zwecke eine Militärwache zur Verfügung gestellt.

Art. 8. Die Präsidenten der Kammern sind verpflichtet, die Ruhe in den Sitzungen aufrecht zu erhalten, Zeichen des Beifalls und der Mißbilligung den Zuhörern nicht zu gestatten, nöthigenfalls jeden derselben, welcher die Ruhe der Sitzungen in irgend einer Weise stört, aus dem Sitzungssaale wegzuweisen, und nach Umständen an die zuständige Behörde abführen und eintretenden Falles die Gallerien räumen zu lassen. Im Falle der Räumung der Gallerien kann die Sitzung bis zur Erschöpfung der Tagesordnung fortgesetzt werden.

Art. 9. Der Präsident ist berechtigt und verpflichtet, jedes Kammermitglied, welches einer in diesem Gesetze oder in der Geschäftsordnung enthaltenen Bestimmung entgegenhandelt, sofort zur Ordnung zu verweisen und ihm im Weigerungsfalle die fernere Wortführung zu untersagen. Dem Betheiligten steht jedoch das Recht der Berufung an die Kammer zu.

Art. 10. Die anwesenden Staatsminister, Königlichen Commissäre, so wie alle Mitglieder der Kammer sind befgt, den Präsidenten auf Zuwiderhandlungen gegen die Ordnung aufmerksam zu machen und auf Zurückweisung zur Ordnung anzutragen.

Art. 11. Zur Aufbewahrung der Acten und Ordnung der Registratur des Landtages haben die Kammern einen gemeinschaftlichen ständigen Archivar zu benennen, welcher aus der Staatscasse besoldet wird.

Das erforderliche Canzlei- und sonstige Dienstpersonal wird von den in der Geschäftsordnung jeder Kammer zu bestimmenden Organen derselben aufgenommen und bis zur Aufarbeitung aller Geschäfte nach Bedürfniß verwendet.

Art. 12. Die Staatscasse bestreitet die sämmtlichen Ausgaben des Landtages und leistet den Kammervorständen auf jedesmaliges Begehren die nöthigen Vorschüsse, über deren Verwendung nach geendigter Versammlung Rechnung zu stellen ist.

Abtheilung III.
Sitzungen der Kammern, Berathungen, Abstimmung und Beschlußfassung, Beziehungen derselben zur Staatsregierung und untereinander.

A. Sitzungen der Kammer

Art. 13. Die Sitzungen der beiden Kammern werden von dem Präsidenten bestimmt, geleitet und geschlossen.

Dieselben sind öffentlich.

Ausnahmsweise findet die Öeffentlichkeit der Sitzungen nicht statt:
a) auf Antrag des Dierectoriums oder einer in der Geschäftsordnung zu bestimmenden Zahl von Mitgliedern;
b) wenn ein Staatsminister oder Königlicher Commissär erklärt, daß er der Kammer eine Eröffnung in vertraulicher Sitzung zu machen habe. Ueber solche Eröffnungen der Regierung darf ohne deren Zustimmung weder eine öffentliche Berathung noch eine Bekanntmachung stattfinden.

Art. 14. Wenn die Staatsminister oder Königlichen Commissäre das Wort verlangen, um im Namen des Königs Vorlagen zu machen, so bleibt die Tagesordnung bis nach Beendigung des Vortrages hierüber unterbrochen.

Art. 15. Die Staatsminister und Königlichen Commissäre müssen während der Verhandlungen über jeden Berathungsgegenstand auf ihr Verlangen zu jeder Zeit gehört werden, ohne daß jedoch dadurch ein Redner in seinem bereits begonnenen Vortrage unterbrochen werden darf.

Den Staatsministern und Königlichen Commissären steht überdieß am Schlusse der Verhandlung, nachdem der Berichterstatter gesprochen hat, die Abgabe einer Schlußäußerung zu.

Sollten hiebei bisher nicht vorgekommene Thatsachen vorgebracht werden, so kann jedes Mitglied über diese Thatsachen das Wort verlangen, vorbehaltlich des Rechtes der Königlichen Commissäre und Berichterstatter, hierüber das letzte Wort in Anspruch zu nehmen.

Nach solchen Schlußäußerungen kann auch außerdem auf den Antrag von wenigstens zehn Mitgliedern durch beschluß der Kammer die Verhandlung wieder aufgenommen werden.

Art. 16. Die Staatsminister und Königlichen Commissäre sind gleich den Kammermitgliedern berechtiget, bei allen zur Verhandlung kommenden Gesetzentwürfen Abänderungen oder Unterabänderungen vorzuschlagen.

Art. 17. Nur diejenigen Mitglieder der Ausschüsse oder Abtheilungen, welche Bericht erstatten, oder ein Sondergutachten abgeben, dann die Staatsminister und Königlichen Commissäre sind befugt, Vorträge abzulesen.

Art. 18. Anfragen (Interpellationen) einzelner Kammermitglieder an die Staatsregierung sind dem Präsidenten kurz motivirt und schriftlich zu übergeben, welcher solche sofort dem betreffenden Minister mitzutheilen hat.

Art. 19. In der hierauf folgenden nächsten oder längstens in der zweiten Sitzung wird die übergebende Interpellation, deren weitere Motivirung unzulässig ist, von dem Interpellanten verlesen, und hierauf vor Allem die Unterstützungsfrage gestellt.

Art. 20. Findet die Interpellation die nöthige Unterstützung, so hat der treffende Ministerdieselbe entweder sogleich zu beantworten, oder den Tag zu bestimmen, wann dieses geschehen soll, oder die Gründe anzugeben, aus welchen die Beantwortung nicht erfolgen könne.

Art. 21. Eine weitere Verhandlung über die Anfrage und die darauf ertheilte Antwort findet nicht statt.

Ist der Interpellirende durch die letztere nicht zufrieden gestellt, so steht es ihm frei, deßfalls einen förmlichen Antrag zu stellen, welcher auf dem von der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Wege zu erledigen ist.

B. Berathungen

Art. 22. Alle Verlangen der Regierung, alle Anträge eines Kammermitgliedes, so wie alle Beschwerden müssen zur Vorberathung an einen Ausschuß oder eine Abtheilung verwiesen werden.

In den Ausschüssen und Abtheilungen sind die Regierungsvorlagen, so weit nicht, namentlich wegen besonderer Dringlichkeit, mit Zustimmung der betreffenden Staatsminister oder der Commissäre, ein Anderes von der Kammer, beschlossen wird, inr allen übrigen Berathungsgegenständen sowohl hinsichtlich der Bearbeitung als der Berathung zu berücksichtigen.

Es soll jedoch in jeder Woche ein Tag der Berathung und Erledigung der Beschwerden gewidmet werden. Den Kammern bleibt unbenommen, diese Berathung und Erledigung zu vertagen und eine bereits begonnene Discussion fortzusetzen und zu beendigen.

Der Ausschuß oder die Abtheilung hat vor der Berichterstattung die betreffenden Staatsminister oder Königlichen Commissäre hierüber zu hören.

Art. 23. Berichte und Gutachten, welche über Regierungsvorlagen, über Anträge der Kammermitglieder oder über Beschwerden abzugeben sind, müssen zum Behufe der erstmaligen berathung schriftlich erstattet, gedruckt und vertheilt weden.

Art. 24. Die Berathung über die im Artikel 23 bezeichneten Berichte und Gutachten kann ohne Zustimmung der Regierung nicht früher erfolgen, als nachdem zwischen dem Tage, an welchem der Bericht oder das Gutachten vertheilt worden ist, und dem Tage der berathung zwei volle Tage verflossen sind.

Die Gegenstände, welche sich auf Vorlagen und Mittheilungen der Regierung beziehen, sind vor allen andern auf die Tagesordnung zu bringen, wenn nicht die betreffenden Staatsminister oder Regierungscommissäre einen Aufschub verlangen oder demselben beistimmen.

C. Abstimmung und Beschlußfassung

Art. 25. Zur giltigen Abstimmung wird die Gegenwart der Mehrheit jener Mitglieder erfordert, aus welchen verfassungsmäßig jede der beiden Kammern zu bestehen hat, mit Vorbehalt derjenigen Fälle, in welchen gesetzlich die Anwesenheit einer größeren Anzahl vorgeschrieben ist.

hier bestand seit 1850 (Artikel übernommen als Art. 25 des Gesetzes von 1872) ein Streit, ob dadurch der Titel X § 7 Abs. 3 der Verfassungsurkunde abgeändert oder aufgehoben wurde; die Mehrheit der Rechtswissenschaftler war der Meinung, daß dieses Gesetz, das unter der Beobachtung der für Verfassungsänderungen erforderlichen Bedingungen zustande kam (obwohl es größtenteils einfachgesetzlich war) den Titel X § 7 Abs. 3 der Verfassungsurkunde abänderte, also bei Verfassungsänderungen die 3/4-Mehrheit aller Mitglieder einer Kammer (und nicht die 3/4-Mehrheit der bei der Versammlung anwesenden Mitglieder).

Art. 26. Wenn im Augenblicke der Abstimmung diese Mehrheit nicht versammelt ist, so hat der Präsident die Anwesenden für die nächste Sitzung persönlich laden und die Ladung bescheinigen zu lassen.

Art. 27. Jedes Mitglied der Kammer der Abgeordneten, welches nach geschehener zweimaliger, richtig nachgewiesener Ladung auf die dritte unter Androhung des Ausschlusses an ihn ergangene und nachgewiesene Vorladung weder erscheint, noch sein Ausbleiben durch genügend dargelegte Gründe rechtfertigt, wird als ausgetreten betrachtet.

Art. 28. Wenn ein Mitglied der Kammer der Reichsräthe nach geschehener zweimaliger, richtig nachgewiesener Ladung auf die dritte unter Androhung des unten festgesetzten Rechtsnachtheiles an dasselbe ergangene und nachgewiesene Vorladung weder erscheint, noch sein Ausbleiben durch genügend dargelegte Gründe rechtfertigt, so wird das betreffende Mitglied für die Dauer des Landtages als ausgetreten betrachtet.

Art. 29. An der Abstimmung Theil zu nehmen ist jeder anwesende Mitglied verpflichtet.

Dagegen hat sich der Abstimmung zu enthalten:
1) jedes einzelne Kammermitglied, wenn auf dessen Antrag oder in Folge einer durch die Geschäftsordnung gestatteten Reclamation über die dauernde oder vorübergehende Verpflichtung oder Berechtigung desselben zum Sitz in der Kammer entschieden weden soll;
2) jedes einzelne Kammermitglied, gegen welches eine nach der Geschäftsordnung zulässige Anklage oder Beschwerde erhoben wird, oder welches eine solche gegen ein anderes Mitglied der Kammer erhebt;
3) jedes einzelne Kammermitglied, welches in irgend einer von der Geschäftsordnung vorgesehenen Form die Entscheidung der Kammer bezüglich einer rein persönlichen Angelegenheit in Anspruch nimmt.

Reclamationen, Anklagen und Beschwerden, welche gegen mehrere Kammermitglieder zugleich gerichtet sind, werden in der Abstimmung getrennt behandelt, den Fall der formellen Beanstandungen der Wahl eines ganzen Wahlbezirkes abgerechnet.

Art. 30. Jedem Mitgliede der Kammer steht frei, Erinnerungen gegen die Fassung und Stellung der Fragen zu machen. Dasselbe Recht steht auch den Staatsminister und Königlichen Commissären zu, wenn die Fragen eine Vorlage der Regierung oder einen Gegenstand betreffen, der an dieselbe gebracht werden soll.

Art. 31. Die Abstimmung geschieht bei allen Gegenständen, welche öffentlich berathen werden, öffentlich, und zwar in der Regel durch Aufstehen und Sitzenbleiben.

Die Kammer kann jedoch die Abstimmung durch Namensaufruf beschließen.

Ueber das Ganze von Gesetzen muß jedenfalls öffentlich mittelst Namensaufrufes abgestimmt werden.

Art. 32. Giltige Beschlüsse können nur mit Stimmenmehrheit der Anwesenden gefaßt werden, mit Vorbehalt derjenigen Fälle, in welchen besondere Gesetze mehr als einfache Stimmenmehrheit erfordern.

Bei Stimmengleichheit wird der in Berathung gezogene Vorschlag als verworfen erachtet.

D. Beziehungen der Kammern zu der Staatsregierung und untereinander.

Art. 33. Die Kammern sowohl als die Ausschüsse haben innerhalb des Umfanges ihres Wirkungskreises das Recht, diejenigen Erläuterungen und Aufschlüsse, welche sie für erforderlich erachten, von den einschlägigen Staatsministerien zu verlangen, und letztere haben solchen Ansinnen zu entsprechen.

Unmittelbares Benehmen mit anderen Stellen und Behörden ist nicht gestattet.

Die Ausschüsse sind ferner befugt, das mündliche und schriftliche Gutachten von Sachverständigen zu erholen.

Zur Abgabe solcher Gutachten kann Niemand angehalten werden, ebenso dürfen hiedurch keine eigenen Ausgaben für die Staatscasse erwachsen.

Art. 34. Die von den Ausschüssen bearbeiteten Vorträge sind den Staatsministern und Königlichen Commissären gleichzeitig mit der Vertheilung an die Kammermitglieder zuzustellen.

Art. 35. Für die nach Tit. VII. § 14 der Verfassungsurkunde zu ernennenden Commissäre hat jede Kammer sogleich nach der Wahl der Ausschüsse die entsprechende Wahl vorzunehmen, und gleichzeitig auch einen Stellvertreter zu wählen, welcher im Verhinderungsfalle des Commissärs in dessen Befugniß und Verpflichtung eintritt.

Diese Commissäre und Stellvertreter haben ihre Functionen auch nach Verfluß der Wahlperiode und selbst im Falle der Auflösung der Kammern bis zur Ernennung von Nachfolgern forzusetzen.

Art. 36. Diese Commissäre haben auch nach der Beendigung des Landtages über die genaue Einhaltung des gesetzlichen Staatsschuldentilgungsplanes und die Befolgung der über das Staatsschuldentilgungswesen überhaupt bestehenden gesetzlichen Bestimmungen fortwährend zu wachen.

Sie haben zu diesem Zwecke von den sämmtlichen Verhandlungen der Staatsschuldentilgungscommission Kenntniß zu nehmen, welche denselben überdieß zu jeder Zeit auf Verlangen die erforderlichen Acten, Rechnungen, Cassabücher, Urkunden und sonstige Behelfe zur Einsicht vorzulegen hat.

Sie haben hierbei insbesondere Augenmerk darauf zu richten, daß keine Vermischung der Gelder der Ablösungscassa mit jenen der Staatsschuldentilgungscassa oder irgend einer anderen Staatscassa stattfinde.

Diesen Mitglieder sollen dahier alle zehn Tage die sämmtlichen Verhandlungen der Commission, die Journale und Hauptbücher zur Einsicht vorgelegt werden, und sie sind befugt, im Falle die Commission ihre gegründeten Bemerkungen gegen allenfallsige Ueberschreitung der Befugnisse oder Nichtbefolgung des genehmigten Tilgungsplanes unbeachtet lassen würde, hievon dem Staatsministerium der Finanzen Mittheilung zu machen, und dem nächsten Landtage Anzeige zu erstatten.

Art. 37. Weder die Kammern noch ihre Ausschüsse sind berechtigt, ohne Zustimmung der Staatsregierung Aufrufe oder Erklärungen an das Volk oder einzelne Theile desselben zu richten, oder Deputationen oder Ueberbringer von Bittschriften zuzulassen.

Art. 38. Die geschäftlichen Beziehungen beider Kammern werden durch Uebereinkunft der Directoren geordnet.

Art. 39. Sobald ein Gesammtbeschluß beider Kammern zu Stande gekommen ist, wird derselbe dem Gesammt-Staatsministerium behufs der Vorlage an den König übersendet.

Dasselbe gilt von Vorlagen jeder einzelnen Kammern.

Art. 40. Der König ertheilt oder verweigert den Gesetzentwürfen, welche die Zustimmung beider Kammern erhalten haben, seine Sanction entweder sogleich nach der Vorlage eines jeden einzelnen Gesammtbeschlusses, oder spätestens beim Schlusse der Versammlung im Landtagsabschiede; dasselbe geschieht hinsichtlich der Bescheidung der von den Kammern gestellten Anträge.

Art. 41. Die §§ 6 und 15 Tit. VI., ferner der § 29 des Tit. VII der Verfassungsurkunde, der Abschn. III des Tit. I, und der ganze Titel II des X. Edicts zur Verfassungsurkunde, dann das Gesetz vom 2. September 1831, den Geschäftsgang der beiden Kammern der Ständeversammlung betreffend, sind aufgehoben.

Transistorische Bestimmung

Art. 42. Die Geschäftsbehandlung jeder Kammer richtet sich nach den bisherigen Bestimmungen bis zu dem Tage, an welchem die neue Geschäftsordnung gemäß Beschluß der Kammer in Wirksamkeit tritt.

    Gegeben Aachen, den 25. Juli 1850.

Max.

von der Pfordten, v. Kleinschrod, Dr. v. Aschenbrenner, Dr. v. Ringelmann,
v. Lüder, v. Zwehl.


Nach Königlich allerhöchstem Befehl,
der geheime Secretär des Staatsrathes,
Rath Seb. v. Kobell.


Das vorstehende Gesetz ersetzte den II. Titel der X. Verfassungs-Beilage und änderte den Titel VI §§ 6 und 15 und Titel VII § 29 der Verfassungs-Urkunde.


Quellen: Gesetzblatt für das Königreich Bayern 1850, S. 297
©  24. Mai 2003


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