Badische Gemeindeordnung

vom 23. September 1948

geändert durch
Gesetz vom 6. Oktober 1950 (GVBl. S. 277)
Gesetz zur vorläufigen Angleichung des Kommunalrechts vom 13. Juli 1953 (GBl. S. 97)
keine formale Änderung, aber Änderung durch Setzung entgegenstehenden Rechts

siehe auch das Landesgesetz über Gemeindewahlen der Stadt Kehl (Kehler Gemeindewahlgesetz) vom 5. September 1950 (GVBl. S. 277)

aufgehoben durch
§ 150 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg vom 25. Juli 1955 (GBl. S. 129)

Das Badische Volk hat durch den Landtag am 23. September 1948 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Teil
Grundlagen der Gemeindeverfassung

§ 1. Die Gemeinden sind öffentliche Gebietskörperschaften. Sie verwalten sich selbst unter eigener Verantwortung nach Maßgabe der Gesetze.

§ 2. (1) Die Gemeinden sind berufen, das Wohl ihrer Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu erhalten.

(2) Die Gemeinden haben in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben unter eigener Verantwortung zu verwalten, soweit die Aufgaben nicht nach gesetzlicher Vorschrift anderen Stellen ausdrücklich zugewiesen sind oder auf Grund gesetzlicher Vorschrift von anderen Stellen übernommen werden.

(3) Den Gemeinden kann durch Gesetz die Erfüllung staatlicher Aufgaben übertragen werden. Sie stellen die zur Durchführung dieser Aufgaben erforderlichen Dienstkräfte und Einrichtungen zur Verfügung. Eine finanzielle Mehrbelastung darf hierdurch nicht eintreten.

(4) Neue Pflichten können den Gemeinden nur durch Gesetz auferlegt werden; Eingriffe in die Rechte der Gemeinden sind nur im Wege des Gesetzes zulässig. Verordnungen zur Durchführung solcher Gesetze bedürfen der Zustimmung des Ministeriums des Innern.

(5) Für die Polizeiverwaltung der Gemeinden verbleibt es bis zu einer anderweitigen Regelung bei den bisherigen Vorschriften.

§ 3. (1) Die Gemeinden regeln ihre Angelegenheiten durch Beschlüsse. Die Beschlüsse werden vom Gemeinderat gefaßt. Sie führen die Bezeichnung Satzung, wenn sie eine Dauerregelung enthalten. Satzungen müssen in Übereinstimmung mit dem Gesetz stehen. Der Gemeinderat kann Beschlüsse nur in den Grenzen seiner gesetzlichen Zuständigkeit fassen.

(2) Jede Gemeinde hat eine Hauptsatzung zu erlassen, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. In der Hauptsatzung ist das zu ordnen, was nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Hauptsatzung vorbehalten ist.

(3) Satzungen sind öffentlich bekanntzumachen. Sie treten, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft. Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann einer Satzung rückwirkende Kraft beigelegt werden.

§ 4. Das Gebiet jeder Gemeinde soll so bemessen sein, daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner gewahrt und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.

§ 5. (1) Einwohner der Gemeinde ist, wer in der Gemeinde wohnt, Bürger ist, wer das Bürgerrecht der Gemeinde besitzt.

(2) Der Bürger hat die Ehrenpflicht, seine Kräfte jederzeit dem Wohl der Gemeinde zu widmen. Wer zu einer solchen Tätigkeit bestellt wird, muß sich durch uneigennützige und verantwortungsbewußte Führung der Geschäfte dieses Vertrauens würdig erweisen und der Allgemeinheit Vorbild sein.

§ 6. Der Bürgermeister vertritt und verwaltet die Gemeinde. Die Interessen der Gemeinde werden vom Gemeinderat wahrgenommen.

§ 7. Die Gemeinden haben ihr Vermögen und ihre Einkünfte als Treuhänder der Bevölkerung gewissenhaft zu verwalten. Oberstes Ziel ihrer Wirtschaftsführung muß sein, unter Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Kräfte der Abgabepflichtigen die Gemeindefinanzen gesund zu erhalten.

§ 8. (1) Der Staat führt die Aufsicht über die Gemeinden im Rahmen der Gesetze.

(2) Die Aufsicht schützt die Gemeinden in ihren Rechten und sichert die Erfüllung ihrer Pflichten.

Zweiter Teil
Benennung und Wahrzeichen der Gemeinden

§ 9. (1) Städte sind die Gemeinden, die diese Bezeichnung nach bisherigem Recht führen. Die Gemeinden können auch andere Bezeichnungen, die auf der geschichtlichen Vergangenheit, der Eigenart oder der Bedeutung der Gemeinde beruhen, weiterführen.

(2) Das Ministerium des Innern kann im Einvernehmen mit der Gemeinde Bezeichnungen ändern oder neu verleihen.

§ 10. Die Gemeinden führen ihren bisherigen Namen. Das Ministerium des Innern spricht im Einvernehmen mit der Gemeinde die Änderung von Gemeindenamen aus und bestimmt die Namen neugebildeter Gemeinden. Das gleiche gilt für die besondere Benennung von Gemeindeteilen.

§ 11. (1) Die Gemeinden führen Dienstsiegel.

(2) Die Gemeinden führen die Wappen und Flaggen, die sie vor dem 30. Januar 1933 geführt haben. Den Gemeinden kann durch Verordnung das Recht verliehen werden, Wappen und Flaggen zu führen oder zu ändern; der Gemeinderat ist vorher zu hören.

Dritter Teil
Gemeindegebiet

§ 12. (1) Das Gebiet (die Gemarkung) der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören. Grenzstreitigkeiten entscheidet die Aufsichtsbehörde.

(2) Jedes Grundstück soll zu einer Gemeinde gehören. Aus besonderen Gründen können Grundstücke außerhalb einer Gemeinde verbleiben (gemeindefreie Grundstücke).

§ 13. Gemeindegrenzen können aus Gründen des öffentlichen Wohles geändert werden. Das gleiche gilt, wenn Gemeinden aufgelöst oder neu gebildet und wenn Gemeinden oder Gemeindeteile zu gemeindefreien Grundstücken erklärt werden sollen.

§ 14. (1) Das Ministerium des Innern spricht im Einvernehmen mit der Gemeinde die Änderung des Gemeindegebiets aus. Gleichzeitig bestimmt es den Tag der Rechtswirksamkeit und regelt, soweit erforderlich, die Rechtsnachfolge, das Ortsrecht und die neue Verwaltung. Die Änderung, Auflösung und Neubildung von Gemeinden ist gegen den Willen einer der betroffenen Gemeinden nur durch Gesetz möglich.

(2) Die Aufsichtsbehörde regelt die Auseinandersetzung. Ihr Spruch begründet Rechte und Pflichten der Beteiligten und bewirkt den Übergang, die Beschränkung und Aufhebung von dinglichen Rechten. Die Aufsichtsbehörde ersucht die zuständigen Behörden um die Berichtigung des Grundbuches, des Wasserbuches und anderer öffentlicher Bücher. Sie ist befugt, Unschädlichkeitszeugnisse auszustellen.

§ 15. Vereinbarungen der Gemeinden aus Anlaß der Änderung des Gemeindegebiets bedürfen der Bestätigung durch das Ministerium des Innern.

§ 16. Rechtshandlungen, die aus Anlaß der Änderung des Gemeindegebiets erforderlich werden, sind frei von öffentlichen Abgaben, Stempeln und Gebühren. Das gleiche gilt für Berichtigungen, Eintragungen und Löschungen nach § 14 Absatz 2.

Vierter Teil
Einwohner und Bürger

§ 17. (1) Die Einwohner sind nach den hierüber bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.

(2) Grundbesitzer und Gewerbetreibende, die nicht in der Gemeinde wohnen, sind in gleicher Weise berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen, die in der Gemeinde für Grundbesitzer oder Gewerbetreibende bestehen, und verpflichtet, für ihren Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im Gemeindegebiet zu den Gemeindelasten beizutragen.

(3) Diese Vorschriften gelten entsprechend für juristische Personen und Personenvereinigungen.

(4) Die Gemeinde ist berechtigt, durch Satzung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in Ausnahmefällen für eine bestimmte Zeit auch persönliche Dienste der Einwohner zur Erfüllung der ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben und für die Fälle der Not oder zur Erfüllung vordringlicher, auf andere Weise nicht zu bewältigender Aufgaben in Anspruch zu nehmen. Der Kreis der Verpflichteten, die Art und der Umfang der Dienstleistung sowie die etwa zu gewährende Vergütung oder zu zahlende Abfindung ist durch Gemeindesatzung zu bestimmen. In der Satzung können für den Fall der Zuwiderhandlung Zwangsgelder bis zur Höhe von 1000 DM angedroht werden.

(5) Die Vorschriften, die das Recht der Gemeinde zur Erhebung und Beitreibung von Steuern, Gebühren, Beiträgen und sonstigen Abgaben regeln, werden bis zu einer Neuregelung aufrechterhalten,

§ 18. (1) Der Gemeinderat kann bei dringendem öffentlichen Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke des Gemeindegebietes den Anschluß an Wasserleitungen, Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen (Anschlußzwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben.

(2) Die Satzung kann Ausnahmen von Anschluß- und Benutzungszwang zulassen. Sie kann den Zwang auch auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets und auf bestimmte Gruppen von Grundstücken oder Personen beschränken.

(3) In der Satzung können für den Fall der Zuwiderhandlung Zwangsgelder bis zur Höhe von 1000 DM angedroht werden. Auch kann die Satzung vorsehen, daß bei Weigerung des Verpflichteten Handlungen an seiner Stelle und auf seine Kosten vorgenommen werden. Die Zwangsgelder und die Kosten für die Ersatzvornahme sowie für die Beseitigung satzungswidriger Maßnahmen werden im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben.

§ 19. (1) Bürger der Gemeinde sind die deutschen Staatsangehörigen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und die Wählereigenschaft besitzen.

(2) Bürgermeister und Beigeordnete werden mit ihrem Amtsantritt Bürger der Gemeinde.

§ 20. Das Bürgerrecht erlischt
1. durch Wegzug aus der Gemeinde,
2. durch Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit,
3. durch Verlust der Wählereigenschaft.

§ 21. (1) Die Gemeinde kann das Ehrenbürgerrecht sowohl an Inländer wie an Ausländer verleihen, die sich um Volk, Staat oder Gemeinde besonders verdient gemacht haben.

(2) Die Gemeinde kann dem Ehrenbürger das Ehrenbürgerrecht wegen eines unwürdigen Verhaltens aberkennen.

§ 22. Bürgermeister, Beigeordnete und Gemeinderäte haben eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde. Sie dürfen Ansprüche Dritter gegen die Gemeinde nicht geltend machen, soweit sie nicht als gesetzliche Vertreter handeln. Der Gemeinderat entscheidet in jedem Einzelfall endgültig, ob die Voraussetzungen dieses Verbotes beim Bürgermeister oder einem sonstigen Mitglied des Gemeinderats vorliegen.

§ 23. (1) Die Gemeinde kann durch die Hauptsatzung Bürgermeistern und Beigeordneten eine Aufwandsentschädigung im Rahmen der aufgestellten Richtlinien bewilligen.

(2) Wer sonst unentgeltlich tätig ist, hat nur Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und des entgangenen Arbeitsverdienstes im Rahmen von Zeugengebühren. Durch die Hauptsatzung können Durchschnittssätze oder Pauschalen festgesetzt werden.

(3) Die Ansprüche auf diese Bezüge sind nicht übertragbar.

(4) In Gemeinden, in denen der Dienst des Bürgermeisters dessen volle Arbeitskraft in Anspruch nimmt, kann die Hauptsatzung bestimmen, daß der Bürgermeister besoldet wird. In Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern kann die Hauptsatzung auch bestimmen, daß ein oder mehrere Beigeordnete besoldet werden. Besoldete Bürgermeister und Beigeordnete haben für den Fall der Versetzung in den Ruhestand Anspruch auf Ruhegehalt und im Falle der Nichtwiederwahl Anspruch auf Versorgung. Für den Fall des Todes haben die Hinterbliebenen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, Das Nähere bestimmt die Hauptsatzung, soweit keine vertragliche Vereinbarung getroffen ist.

§ 24. (1) Die Rechtswidrigkeit einer Verfügung des Bürgermeisters oder eines Beschlusses des Gemeinderats kann von jedem Betroffenen durch verwaltungsgerichtliche Klage geltend gemacht werden. Dasselbe Recht steht der Aufsichtsbehörde in den Fällen zu, die in der Landesverordnung über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehen sind.

(2) Die Klage ist nur innerhalb eines Monats nach Zustellung der Verfügung oder des Beschlusses an den Betroffenen zulässig. Die Klagefrist wird auch gewahrt durch die Einreichung der Klageschrift beim Bürgermeister oder beim Gemeinderat, gegen dessen Verfügung oder Beschluß sie sich richtet. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn seit der Bekanntmachung der Verfügung oder des Beschlusses ein Jahr verstrichen ist.

Fünfter Teil
Verwaltung der Gemeinden

1. Abschnitt
Der Gemeinderat

§ 25. Der Gemeinderat beschließt über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister oder eine übergeordnete Stelle nach Maßgabe der Gesetze zuständig ist.

§ 26. (1) Der Gemeinderat besteht aus dem Bürgermeister, den besoldeten Beigeordneten und aus 6 bis 24 in allgemeiner Wahl gewählten Gemeinderäten. Ihre Zahl beträgt in Gemeinden
bis zu 2 000 Einwohnern                         6 Mitglieder,
von 2 001 bis zu 5 000 Einwohnern         8 Mitglieder,
von 5 001 bis zu 10 000 Einwohnern     12 Mitglieder,
von 10 001 bis zu 15 000 Einwohnern   14 Mitglieder,
von 15 001 bis zu 20 000 Einwohnern   16 Mitglieder,
von 20 001 bis zu 30 000 Einwohnern   18 Mitglieder,
von 30 001 bis zu 50 000 Einwohnern   20 Mitglieder,
über 50 000 Einwohner                         24 Mitglieder.

Die Zahl der zu wählenden Gemeinderäte richtet sich nach der in der letzten Volkszählung festgestellten Einwohnerzahl der Gemeinde. Bei gemeindlichen Gebietsänderungen kann die Zahl der Gemeinderäte bis zur nächsten ordentlichen Wahl erhöht werden. Auf Antrag der Gemeinde kann die Aufsichtsbehörde bei besonderen Verhältnissen eine höhere Mitgliederzahl festsetzen, als sich aus dieser Vorschrift ergibt.

(2) Als ehrenamtliche Beigeordnete können nur die Mitglieder des jeweiligen Gemeinderats gewählt werden. Ihre Wahl erfolgt durch den Gemeinderat für die Dauer der Wahlperiode.

(3) In Städten führen die Gemeinderäte die Amtsbezeichnung Stadtrat.

§ 27. (1) Die Gemeinderäte werden auf die Dauer von 4 Jahren gewählt.

(2) Auf die Wahl finden die Vorschriften des Landeswahlgesetzes und der dazu erlassenen Vollzugsverordnungen Anwendung.

§ 28. (1) Es können nicht gleichzeitig Mitglieder des Gemeinderats sein: Ehegatten und solche Personen, weiche miteinander in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, oder in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht, ebenso nicht Personen, welche als offene oder persönlich haftende Gesellschafter bei der gleichen Handelsgesellschaft beteiligt sind.

(2) Werden solche Personen gleichzeitig gewählt, so entscheidet das Los. Das nachträgliche Einrücken eines Gewählten, welcher mit einem Gemeinderat in einem das Hindernis begründenden Verhältnis steht, ist unzulässig. Entsteht das Hindernis im Laufe der Wahlperiode unter Gemeinderäten, so entscheidet das Los darüber, wer auszuscheiden hat. Ist einer der Beteiligten Bürgermeister oder Beigeordneter, so scheidet der andere aus.

§ 29. (1) Wer die Wählbarkeit verliert oder aus der Partei oder Wählergruppe, auf deren Vorschlag er gewählt wurde, ausscheidet, verliert das ihm übertragene Amt. Der Verlust dieses Amtes wird insbesondere bedingt durch Bestrafung wegen eines ehrenrührigen Verstoßes gegen die allgemeinen Strafgesetze, Bestrafung durch die alliierten Gerichte wegen Kriegsverbrechens und die im politischen Säuberungsverfahren nach Inkrafttreten des Säuberungsgesetzes erfolgte oder aufrechterhaltene endgültige Bestrafung mit Entlassung oder Berufsverbot. Die Ausübung des Amts ruht, solange das Verfahren schwebt.

(2) Es obliegt der Aufsichtsbehörde, den Verlust des Amtes festzustellen und bekanntzugeben.

(3) Gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde kann verwaltungsgerichtliche Klage erhoben werden. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 30. (1) Wird die Stelle eines nach der Verhältniswahl gewählten Gemeinderats durch die Wahl zum Bürgermeister oder besoldeten Beigeordneten, durch Tod oder Austritt erledigt, so tritt für die noch übrige Amtsdauer an die Stelle des Abgegangenen der der gleichen Vorschlagsliste angehörende nächste nicht gewählte Bewerber. Dieser kann zugunsten eines nachfolgenden Ersatzmannes der gleichen Liste zurücktreten.

(2) Scheidet in einem nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählten Gemeinderatskollegium ein Mitglied aus, so ist eine Ergänzungswahl vorzunehmen.

§ 31. (1) Der Gemeinderat wird zu seinen Sitzungen vom Bürgermeister einberufen. Die Einberufung soll monatlich mindestens einmal erfolgen.

(2) Auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder muß der Gemeinderat einberufen werden.

(3) Der Gemeinderat ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Gemeinderäte anwesend ist. Erscheinen zu einer vorschriftsmäßig einberufenen Sitzung die Mitglieder nicht in beschlußfähiger Zahl, so ist innerhalb von drei Tagen eine zweite Sitzung mit gleicher Tagesordnung anzuberaumen. Die in dieser Sitzung gefaßten Beschlüsse sind ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder gültig.

(4) Der Gemeinderat kann die Form seiner Verhandlungen durch eine Geschäftsordnung regeln. Diese kann bestimmen, daß Gegenstände einfacher Natur ohne mündliche Verhandlung im Wege der Offenlegung während einer bestimmten Zeit erledigt werden können. Sie gelten als genehmigt, wenn kein Gemeinderatsmitglied die mündliche Behandlung verlangt. Im übrigen können rechtswirksame Beschlüsse nur in einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung gefaßt werden.

(5) Anträge gelten im Gemeinderat als angenommen, wenn bei der Beschlußfassung die Mehrheit der Anwesenden dafür gestimmt hat; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

(6) Wenn ein Mitglied bei einem Gegenstand beteiligt ist, so darf es an der Beratung und Beschlußfassung nicht teilnehmen. Ein Mitglied ist beteiligt, wenn die Erledigung ihm oder einer Person, die gemäß § 28 Absatz 1 nicht gleichzeitig mit ihm Mitglied des Gemeinderats sein könnte, oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person oder einer Handelsgesellschaft, der er als offener oder persönlich haftender Gesellschafter angehört, unmittelbar einen Vorteil oder einen Nachteil bringen kann. Das gilt auch, wenn das Mitglied des Gemeinderats
1. in der Angelegenheit in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist,
2. gegen Entgelt bei jemand beschäftigt ist, der an der Erledigung der Angelegenheit ein persönliches oder wirtschaftliches Sonderinteresse hat.

Diese Vorschriften gelten nicht, wenn das Mitglied an der Entscheidung der Angelegenheit lediglich als Angehöriger eines Berufs oder einer Bevölkerungsgruppe beteiligt ist, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden. Bei der Festsetzung der Gemeindesteuern, allgemeiner Abgaben und allgemeiner Entgelte für gemeindliche Leistungen sowie bei der allgemeinen Regelung der Dienst- und Gehaltsverhältnisse der Gemeindebeamten, -angestellten und -arbeiter gelten die Mitglieder des Gemeinderats nicht als beteiligt. Entsprechendes gilt für Gemeindebürger, die zu freiwilliger Tätigkeit bestellt sind.

(7) Die Mitglieder des Gemeinderats sind zur Teilnahme an den Sitzungen und Wahlen verpflichtet.

(8) Über die in ihrer amtlichen Stellung ihnen bekanntgewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder von den Gemeindebehörden oder den zuständigen Staatsbehörden vorgeschrieben ist, haben die Mitglieder des Gemeinderats und der Ausschüsse Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem sie aus ihrer amtlichen Stellung ausgetreten sind; es sei denn, daß sie durch den Gemeinderat, den Bürgermeister oder die zuständige Staatsbehörde von der Schweigepflicht entbunden worden sind.

§ 32. (1) Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich. Wenn das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner es erfordern, ist die Öffentlichkeit durch Beschluß des Gemeinderats. Der Vorsitzende kann Gegenstände, in denen er die Voraussetzungen für die Nichtöffentlichkeit für gegeben hält, von vornherein in die nichtöffentliche Sitzung verweisen.

(2) Die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung ist mit Ort und Stunde öffentlich bekanntzugeben.

(3) Der Vortrag in den Sitzungen kann vom Bürgermeister mit Zustimmung des Gemeinderats auch einem Beamten übertragen werden, der nicht Mitglied des Gemeinderats ist; auf Verlangen des Gemeinderats ist ein solcher Beamter zum Vortrag zuzulassen.

§ 33. (1) Die Namen der in jeder Sitzung anwesenden Mitglieder, die verhandelten Gegenstände und die gefaßten Beschlüsse sind in ein Sitzungsbuch einzutragen. Werden Beschlüsse unter Ausschluß der Öffentlichkeit gefaßt so sind sie in ein besonderes Sitzungsbuch einzutragen. Beschlüsse, die sich auf den Haushalt der Gemeinde beziehen, sind der Aufsichtsbehörde innerhalb 14 Tagen zuzuleiten. Haben Mitglieder einem Beschluß nicht zugestimmt, so können sie verlangen, daß ihre gegenteilige Meinung im Sitzungsbuch verzeichnet wird.

(2) Die Sitzungsbücher werden vom Ratschreiber oder von einem besonders bestellten Schriftführer geführt und von dem Vorsitzenden und mindestens zwei Mitgliedern des Gemeinderats sowie dem Ratschreiber oder Schriftführer unterzeichnet. Die Einsicht in die Sitzungsbücher über die öffentlichen Sitzungen ist jedem Gemeindeangehörigen gestattet.

§ 34. Die Mitglieder des Gemeinderats sind an Aufträge nicht gebunden; nur das Wohl der Gemeinde und der Einwohnerschaft nach Maßgabe ihrer freien Überzeugung darf im Rahmen der Gesetze für ihre Verwaltungstätigkeit bestimmend sein.

2. Abschnitt
Ausschüsse

§ 35. (1) Der Gemeinderat kann Ausschüsse zur Vorbereitung von Gegenständen seines Aufgabenbereichs einsetzen. Die Ausschüsse setzen sich aus Mitgliedern des Gemeinderats zusammen. Sie können andere Personen mit

beratender Stimme zuziehen, die auf dem zur Beratung stehenden Gebiet besonders fachkundig sind. Die Ausschüsse übermitteln ihre Vorschläge dem Gemeinderat. Dieser beschließt über die Vorschläge. Die Ausschüsse selbst haben keine Entscheidungsbefugnis.

(2) Die Ausschüsse werden nach jeder allgemeinen Gemeindewahl neu gebildet.

3. Abschnitt
Bürgermeister

§ 36. (1) Der Bürgermeister leitet die gesamte Gemeindeverwaltung. Er berußt die Sitzungen des Gemeinderats und der Ausschüsse ein, bereitet ihre Beschlüsse vor, führt im Gemeinderat und in den Ausschüssen den Vorsitz, bringt die Gegenstände zum Vortrag, sorgt für den Vollzug der gefaßten Beschlüsse, gibt auf Grund derselben namens der Gemeinde die erforderlichen Erklärungen ab und unterzeichnet die ergehenden Verfügungen. Der Beschluß ermächtigt den Bürgermeister zu allen gesetzmäßigen Handlungen, die erforderlich sind, um den Willen der Gemeinde zu verwirklichen. Der Bürgermeister ernennt und entläßt die Gemeindebediensteten Im Einvernehmen mit dem Gemeinderat.

(2) Der Bürgermeister setzt im Benehmen mit dem Gemeinderat den Geschäftskreis der Beigeordneten fest und regelt auch die Zuteilung einzelner Geschäfte zu einem bestimmten Geschäftskreis. Er ordnet an, in welcher Richtung sich deren Anträge an den Gemeinderat und die Ausschüsse sowie deren Vorbereitung bewegen sollen; er bleibt berechtigt, jedes Geschäft selbst zur Bearbeitung zu übernehmen.

(3) Als Vorgesetzter aller Beamten und Bediensteten der Gemeinde führt der Bürgermeister die Dienstaufsicht und erläßt Anordnungen innerhalb der durch die gesetzlichen Bestimmungen und die Beschlüsse des Gemeinderats gezogenen Grenzen.

(4) Der Bürgermeister sorgt, soweit nötig, für die Bekanntmachung der Gesetze und Verordnungen sowie der von den Staatsbehörden erlassenen besonderen Anordnungen, vollzieht die der Gemeinde nach Gesetz oder Verordnung obliegenden Aufgaben und unterstützt im übrigen die Staatsverwaltung innerhalb des Gemeindegebiets. Alle amtlichen, für die Gemeinde bestimmten Schriftstücke werden an ihn gerichtet; er verfügt auf die Ersuchensschreiben anderer Behörden.

(5) Der Bürgermeister verwaltet die Ortspolizei, soweit sie nicht einer staatlichen Polizeiverwaltungsbehörde übertragen ist.

§ 37. (1) Der Bürgermeister ist befugt, diejenigen einfacheren Geschäfte der laufenden Verwaltung, die in Anwendung bestimmter gesetzlicher oder gemeindlicher Vorschriften sich wiederkehrend ergeben, selbst zu erledigen.

(2) Sehr dringende Geschäfte, insbesondere im Falle eines Notstandes und der Unmöglichkeit, den Gemeinderat sofort einzuberufen, können vom Bürgermeister in eigener Zuständigkeit besorgt werden; dem Gemeinderat ist in der nächsten Sitzung Bericht zu erstatten.

(3) Der Gemeinderat kann die Leitung bestimmter Anstalten oder Einrichtungen mit Zustimmung des Bürgermeisters einem Gemeindebeamten übertragen.

§ 38. (1) Dem Bürgermeister stehen Beigeordnete zur Seite. Im Fall der Verhinderung des Bürgermeisters wird er durch einen Beigeordneten vertreten, die Reihenfolge der Vertretung richtet sich nach der Wahl.

(2) Die Zahl der Beigeordneten beträgt in den Gemeinden
bis zu 3 000 Einwohnern                     1
von 3 001 bis 25 000 Einwohnern       2
von 25 001 bis 50 000 Einwohnern     3
von mehr als 50 000 Einwohnern         4.

In Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern kann die Hauptsatzung die Zahl der Beigeordneten bis zum Doppelten erhöhen.

(3) Sind Bürgermeister und Beigeordnete gleichzeitig verhindert, so wird der Bürgermeister durch ein Mitglied des Gemeinderats vertreten. Die Reihenfolge der Vertretung richtet sich nach der Höhe der Stimmenzahl in der Gemeindewahl; bei gleicher Stimmenzahl entscheidet das Lebensalter.

(4) Der Bürgermeister ist kraft Gesetzes Vorsitzender aller Ausschüsse. Er kann den Vorsitz an einen Beigeordneten oder an ein anderes Mitglied des Gemeinderats abtreten.

(5) Bei Erledigung der ihnen gemäß §36 Absatz 2 zugewiesenen Geschäfte vertreten die Beigeordneten den Bürgermeister innerhalb der von ihm bestimmten Grenzen. Die Vertretung gilt auch nach außen. Der Bürgermeister kann sich seine Mitwirkung bei Erledigung der Geschäfte vorbehalten.

§ 39. (1) Die Wahl der Bürgermeister und besoldeten Beigeordneten erfolgt auf die Dauer von 9 Jahren. Bei den Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern werden die Bürgermeister unmittelbar durch die Wahlberechtigten gemäß § 27 Abs. 2 gewählt. Die Bürgermeister in den Gemeinden über 5000 Einwohner und die besoldeten Beigeordneten werden durch den Gemeinderat gewählt.

(3) Wenn nach dem dritten Wahlgang noch niemand gewählt ist, weil keiner der Bewerber die erforderliche Stimmenzahl erhält oder weil der Bewerber nicht wählbar ist oder weil er die Wahl nicht annimmt, so wird der Bürgermeister durch das Ministerium des Innern ernannt, jedoch höchstens auf die Dauer von zwei Jahren.

Durch Gesetz vom 6. Oktober 1950 erhielt der § 39 folgende Fassung:
"§ 39. (1) Die Wahl der Bürgermeister und besoldeten Beigeordneten erfolgt auf die Dauer von neun Jahren.
(2) Bei den Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern werden die Bürgermeister unmittelbar durch die Wahlberechtigten gemäß § 27 Abs. 2 gewählt. Hiernach ist gewählt, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen und mindestens ein Drittel der Stimmen aller Wahlberechtigten erhalten hat. Ist der erste Wahlgang ergebnislos, so findet ein zweiter Wahlgang statt, bei dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.
(3) Die Bürgermeister in den Gemeinden über 5000 Einwohner werden durch den Gemeinderat gewählt. Ist auch der dritte Wahlgang ergebnislos, weil keiner der Bewerber die erforderliche Stimmenzahl erhält oder weil er die Wahl nicht annimmt, so wird der Bürgermeister unmittelbar durch die Wahlberechtigten gemäß $ 27 Abs. 2 gewählt. Satz 2 und 3 des zweiten Absatzes finden Anwendung.
(4) Die besoldeten Beigeordneten werden durch den Gemeinderat in getrennten Wahlgängen in geheimer Abstimmung gewählt. Wählbar als besoldeter Beigeordneter ist, wer als Bürgermeister wählbar ist. Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten hat. Ist der erste Wahlgang ergebnislos, so findet ein zweiter Wahlgang statt, bei dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los."

§ 40. In Städten mit über 20 000 Einwohnern führt der Bürgermeister die Amtsbezeichnung „Oberbürgermeister", den Beigeordneten kann die Bezeichnung „Bürgermeister" gegeben werden.

4. Abschnitt
Gemeindebeamte

§ 41. (1) Art und Zahl der Beamtenstellen einer Gemeinde werden durch Satzung festgesetzt.

(2) Ratsschreiber und Gemeinderechner sollen in der Regel Beamte sein.

(3) Die Gemeindebeamten haben Anspruch auf angemessene Besoldung und, wenn sie hauptberuflich sind, auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung. Der Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung ist in den Städten durch Satzung zu regeln; in den übrigen Gemeinden richtet er sich nach den Bestimmungen des Badischen Versicherungsgesetzes für Gemeinde- und Körperschaftsbeamte.

(4) Gemeindebeamte, welche ihre Dienstpflichten verletzen, unterliegen der dienstpolizeilichen Bestrafung nach Maßgabe der Gesetze.

(5) Im übrigen werden die allgemeinen Dienstpflichten und die Rechte der Gemeindebeamten durch Satzung geregelt, welche insbesondere auch Bestimmungen über die regelmäßige Arbeitszeit, die Besoldung, die Bezüge bei Erkrankung, die Frage der Nebenbeschäftigung, den Erholungsurlaub, die Kündigungsfristen, die unwiderrufliche Anstellung und die Anrechnung anderweitiger Dienstzeit auf das Ruhegehaltsdienstalter zu treffen hat. Durch Vereinbarung mit einem Gemeindebeamten können diesem günstigere als die satzungsmäßigen Bedingungen eingeräumt werden.

§ 42. (1) Die Dienstverhältnisse der hauptberuflichen Gemeindeangestellten und der vollbeschäftigten Gemeindearbeiter können durch Satzung geregelt werden, wenn kein Tarifvertrag für sie abgeschlossen ist.

(2) Die Satzung oder der Tarifvertrag ordnet alle mit der Anstellung und Beschäftigung zusammenhängenden Fragen, insbesondere die regelmäßige Arbeitszeit, die Vergütung bei vorübergehender Behinderung in der Arbeitsleistung sowie bei Krankheit, an gesetzlichen Feiertagen und während des Erholungsurlaubes, ferner die Kündigungsfristen, die Dienststrafen, die Versorgung infolge Dienstunfähigkeit und Alters (Ruhelöhne und Hinterbliebenenversorgung).

(3) Beim Fehlen einer Satzung sind für die Rechtsverhältnisse der Gemeindeangestellten die Bestimmungen der allgemeinen Tarifordnung und der Tarifordnung A für Angestellte im öffentlichen Dienst maßgebend, für die der Arbeiter die allgemeinen Tarifverträge der einschlägigen Berufsgruppen. Dauerangestellte sind neben der allgemeinen Sozialpflichtversicherung noch bei der Zusatzversorgungskasse der Badischen Gemeinden und Gemeindeverbände zu versichern. Die gesetzlichen Arbeitnehmerversicherungsanteile haben die Angestellten zu tragen,

Sechster Teil
Gemeindewirtschaft

1. Abschnitt
Gemeindevermögen

§ 43. (1) Das Gemeindevermögen ist pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten. Mit möglichst wenig Kosten soll es den bestmöglichen Ertrag bringen.

(2) Das Gemeindevermögen ist aus Mitteln des ordentlichen Haushalts zu unterhalten.

(3) Für Vermögensgegenstände, die nach Alter, Verbrauch oder sonstiger Wertminderung jeweils ersetzt oder nach wachsendem Bedarf erweitert werden müssen, sind die Mittel zur Ersatzbeschaffung oder Erweiterung aus Mitteln des ordentlichen Haushalts anzusammeln (Erneuerungs-, Erweiterungsrücklagen).

§ 44. (1) Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind oder in absehbarer Zeit erforderlich werden.

(2) Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände gegen Entgelt regelmäßig nur aus Mitteln des ordentlichen Haushalts oder aus Rücklagen erwerben, die sie für diesen Zweck aus Mitteln des ordentlichen Haushalts angesammelt hat. Darlehen zum Erwerb von Vermögensgegenständen soll sie nur aufnehmen, wenn es sich um einen nicht voraussehbaren außerordentlichen Bedarf handelt oder wenn sie aus sonstigen zwingenden Gründen Rücklagen nicht ansammeln konnte.

§ 45. Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände, die sie für ihre Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht, veräußern.

§ 46. Der Erlös aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen ist dem Vermögen zur Erhaltung seines Wertes zuzuführen oder zur außerordentlichen Tilgung von Darlehen zu verwenden. Ausnahmsweise darf er zur Minderung des Darlehensbedarfs des außerordentlichen Haushaltsplans oder zur Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren verwendet werden, wenn dies nach den Grundsätzen einer ordentlichen Finanzwirtschaft vertretbar ist.

§ 47. (1) Für die Bewirtschaftung der Gemeindewaldungen gilt das bisherige Recht.

(2) Außerordentliche Holzhiebe und Waldausstockungen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

§ 48. (1) Für die Nutzung des Gemeindevermögens, dessen Ertrag nach bisherigem Recht nicht der Gemeinde, sondern sonstigen Berechtigten zusteht (Allmendgut), verbleibt es bei den bisherigen Vorschriften und Gewohnheiten.

(2) Gemeindevermögen darf nicht in Allmendgut umgewandelt werden.

§ 49. (1) Die Gemeinde verwaltet die örtlichen Stiftungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, soweit nicht durch Gesetz oder Stifter anderen bestimmt ist. Das Stiftungsvermögen ist von dem übrigen Gemeindevermögen getrennt zu halten und so anzulegen, daß es für seinen Verwendungszweck greifbar ist.

(2) Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden oder gefährdet die Stiftung das Gemeindewohl, so sind die Vorschriften des § 87 des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden. Die Umwandlung des Stiftungszwecks und die Aufhebung der Stiftung steht der Gemeinde zu; sie bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

2. Abschnitt
Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde

§ 50. (1) Die Gemeinde darf wirtschaftliche Unternehmen nur errichten oder wesentlich erweitern, wenn
1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt,
2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht,
3. der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

(2) Wirtschaftliche Unternehmen im Sinne dieses Abschnitts sind nicht
1. Unternehmen, zu denen die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,
2. Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, der körperlichen Ertüchtigung, der Kranken-, Gesundheits- und Wohlfahrtspflege.

Auch diese Unternehmen und Einrichtungen sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten.

(3) Bankunternehmen darf die Gemeinde nicht errichten.

(4) Für das öffentliche Sparkassenwesen verbleibt es bei den besonderen Vorschriften.

§ 51. (1) Die Gemeinde darf sich an einem wirtschaftlichen Unternehmen nur beteiligen, wenn die Voraussetzungen des § 50 vorliegen und wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, die die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt.

(2) Die Beteiligung der Gemeinde an einem Zweckverband, an dem ausschließlich öffentliche Körperschaften beteiligt sind, bleibt hiervon unberührt.

§ 52. (1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde in der Gesellschafterversammlung oder in dem dieser gleichgestellten Organ der Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist. Der Gemeinderat kann andere Vertreter entsenden. Die Vertreter der Gemeinde sind an die Weisungen des Gemeinderats gebunden.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn der Gemeinde das Recht eingeräumt ist, Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder eines ähnlichen Organs von Unternehmen zu bestellen.

(3) Werden Beamte oder Angestellte der Gemeinde aus dieser Tätigkeit haftbar gemacht, so hat ihnen die Gemeinde den Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß sie ihn vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben. Auch in diesem Falle ist die Gemeinde schadenersatzpflichtig, wenn Beamte oder Angestellte nach Anweisung gehandelt haben.

§ 53. (1) Vertreter der Gemeinde in dem Vorstand, dem Aufsichtsrat oder einem sonstigen Organ einer Gesellschaft, an der Gemeinden oder Gemeindeverbände mit mehr als 75 vom Hundert beteiligt sind, dürfen der Aufnahme von Darlehen und Kassenkrediten nur zustimmen, wenn der Gemeinderat die Zustimmung beschließt und die Staatsaufsichtsbehörde den Beschluß genehmigt.

(2) Sind mehrere Gemeinden beteiligt, die verschiedenen Aufsichtsbehörden unterstehen, so ist das Ministerium des Innern für die Genehmigung der Beschlüsse zuständig.

(3) Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmen, an dem Gemeinden oder Gemeindeverbände mit mehr als 75 vom Hundert beteiligt sind, sich an einem andern Unternehmen beteiligen will.

§ 54. (1) Wirtschaftliche Unternehmen sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen.

(2) Die Einnahmen jedes Unternehmens sollen mindestens alle Aufwendungen decken und angemessene Rücklagen ermöglichen. Zu den Aufwendungen gehören auch die Steuern, die Zins- und Tilgungsbeträge für die zu Zwecken des Unternehmens aufgenommenen Schulden, die marktübliche Verzinsung der von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Betriebsmittel sowie die angemessene Vergütung der Leistungen und Lieferungen von Unternehmen und Verwaltungszweigen der Gemeinde für das Unternehmen.

§ 55. Bei Unternehmen, für die kein Wettbewerb gleichartiger Privatunternehmen besteht, darf der Anschluß und die Belieferung nicht davon abhängig gemacht werden, daß auch andere Leistungen oder Lieferungen abgenommen werden.

§ 56. (1) Für die Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit (Eigenbetriebe) sind Betriebssatzungen aufzustellen.

(2) Für jedes Unternehmen sind Beiräte zu bestellen. Für mehrere Unternehmen können gemeinsame Beiräte bestellt werden. Als Beiräte sind wirtschaftlich besonders sachkundige Bürger zu berufen.

(3) Haushaltsführung, Vermögensverwaltung und Rechnungslegung jedes Unternehmens sind so einzurichten, daß sie eine besondere Betrachtung der Verwaltung und des Ergebnisses ermöglichen.

(4) Ausnahmen kann die Aufsichtsbehörde zulassen.

§ 57. Der Beschluß des Gemeinderats, durch den ein Eigenbetrieb in ein rechtlich selbständiges Unternehmen umgewandelt wird, bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

3. Abschnitt
Schulden

§ 58. Die Gemeinde darf Darlehen (Anleihen, Schuldscheindarlehen, sonstige Kredite mit Ausnahme der Kassenkredite) nur im Rahmen des außerordentlichen Haushaltsplans aufnehmen. Der Gesamtbetrag der Darlehen, die zur Bestreitung von Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans dienen sollen, bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung wird vorbehaltlich der Genehmigung zur Aufnahme der einzelnen Darlehen (§ 60) ausgesprochen; sie ist zu versagen, soweit sich schon in diesem Zeitpunkt erkennen läßt, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme der einzelnen Darlehen offenbar nicht vorliegen.

§ 59. (1) Die Gemeinde darf Darlehen nur zur Bestreitung eines außerordentlichen und unabweisbaren Bedarfs und nur insoweit aufnehmen, als sie zu seiner anderweitigen Deckung nicht in der Lage ist. Kann der Aufwand für die Verzinsung und Tilgung voraussichtlich nicht durch Mehreinnahmen oder Ausgabenersparnisse, die sich aus der Verwendung der Darlehensmittel ergeben, dauernd ausgeglichen werden, so muß die Gemeinde nachweisen, daß die Verzinsungs- und Tilgungsverpflichtungen mit ihrer dauernden Leistungsfähigkeit im Einklang stehen. Der Nachweis gilt in der Regel als erbracht, wenn die Gemeinde vor Aufnahme des Darlehens bereits einen wesentlichen Betrag für den Darlehenszweck aus Mitteln des ordentlichen Haushalts angesammelt hat.

(2) Die Gemeinde darf ein Darlehen, das sie bis zur Fälligkeit aus Mitteln des ordentlichen Haushalts nicht zurückzahlen kann, nur aufnehmen, wenn es sich als Vorwegnahme eines langfristigen Darlehens darstellt, das für den gleichen Zweck rechtlich und tatsächlich gesichert ist, oder wenn ein zur Abdeckung des Darlehens ausreichender Erlös aus der Veräußerung von Gemeindevermögen bis zur Fälligkeit bestimmt eingeht.

§ 60. (1) Die Gemeinde bedarf zur Aufnahme von Darlehen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) Das gleiche gilt für die Übernahme von Bürgschaften und den Abschluß von Garantieverträgen, soweit die Bürgschaft oder Haftsumme den Betrag von 50 Prozent des Grundsteueraufkommens des letzten Rechnungsjahres der betreffenden Gemeinde übersteigt. Ausgenommen sind die im Rahmen der laufenden Verwaltung abzuschließenden, ihrer Natur nach regelmäßig wiederkehrenden Geschäfte.

§ 61. Die Gemeinde darf zur Sicherung des Darlehensgebers keine besonderen Sicherheiten bestellen. Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn und soweit die Bestellung von Sicherheiten der Verkehrsübung entspricht.

§ 62. (1) Die Gemeinde hat für jedes Darlehen einen Tilgungsplan aufzustellen.

(2) In dem Tilgungsplan ist eine Tilgung in der Mindesthöhe der Rückzahlungsbedingungen des Darlehensvertrages vorzusehen. Darlehen zur Befriedigung wiederkehrender Bedürfnisse sind bis zur Wiederkehr des Bedürfnisses zu tilgen. Allgemein sind die Tilgungsbeträge um so höher zu bemessen, je geringer der unmittelbare wirtschaftliche Nutzen des Darlehenszweckes ist.

(3) Für Darlehen, die mit dem Gesamtbetrag fällig werden oder für die der Tilgungsplan eine von den Rückzahlungsbedingungen abweichende Tilgung vorsieht, sind die Tilgungsbeträge planmäßig anzusammeln und bereit zu halten (Tilgungsrücklage).

§ 63. (1) Die Gemeinde darf Kredite zur rechtzeitigen Leistung von Ausgaben des ordentlichen Haushaltsplans (Kassenkredite) nur bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten und von der Aufsichtsbehörde genehmigten Höchstbetrag aufnehmen. Die Genehmigung darf nur in Ausnahmefällen für einen höheren Betrag als ein Sechstel des haushaltsmäßigen ordentlichen Einnahmesolls erteilt werden. Kassenkredite, die im Zeitpunkt einer neuen Genehmigung nicht zurückgezahlt sind, sind bei der neuen Genehmigung einzurechnen. Die Genehmigung zur Aufnahme weiterer Kassenkredite erlischt unbeschadet der Vorschrift des § 69 mit Ablauf des Rechnungsjahres.

(2) Die Aufnahme von Kassenkrediten ist nur zu genehmigen, wenn der Bedarf nicht aus der Betriebsmittelrücklage, zu deren Ansammlung Jede Gemeinde verpflichtet ist, gedeckt werden kann.

(3) Kassenkredite sind aus ordentlichen Einnahmen des laufenden Haushaltsplans oder sonst innerhalb von neun Monaten zurückzuzahlen. Für Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans dürfen sie nicht verwendet werden.

4. Abschnitt
Haushalt

§ 64. Das Rechnungsjahr der Gemeinde deckt sich mit dem Rechnungsjahr des Staates. Es wird nach dem Kalenderjahr benannt, in dem es beginnt.

§ 65. Für jedes Rechnungsjahr hat die Gemeinde eine Haushaltssatzung zu erlassen. Sie enthält die Festsetzung
1. des Haushaltsplans,
2. der Steuersätze für die Gemeindesteuern, die für jedes Rechnungsjahr neu festzusetzen sind,
3. des Höchstbetrags der Kassenkredite,
4. des Gesamtbetrags der Darlehen, die zur Bestreitung von Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplans bestimmt sind.

§ 66. (1) Die Haushaltssatzung ist vom Bürgermeister so rechtzeitig aufzustellen, daß sie den Gemeinderäten zugeleitet, vom Gemeinderat beschlossen und spätestens einen Monat vor Beginn des Rechnungsjahres der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden kann.

(2) Die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan sind vollzugsreif, wenn sie von der Aufsichtsbehörde für unbeanstandet erklärt werden oder wenn innerhalb vier Wochen nach ihrer Vorlage keine Beanstandung erfolgt ist. Die Änderung gesetzwidriger Einnahmen oder Ausgaben kann ebenso wie die Einstellung von Ausgaben, zu denen die Gemeinde verpflichtet ist, seitens der Aufsichtsbehörde verlangt werden. Kommt die Gemeinde der entsprechenden Aufforderung nicht innerhalb der bestimmten Frist nach, dann kann die Aufsichtsbehörde die nötigen Anordnungen selbst treffen.

§ 67. (1) Der Haushaltsplan hat alle voraussehbaren Ausgaben und Einnahmen des Rechnungsjahres zu enthalten. Die Ausgaben sind unter Einbeziehung von Fehlbeträgen aus Vorjahren mit den Einnahmen auszugleichen.

(2) Die Gemeinde kann Steuern und Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften erheben, soweit die sonstigen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen.

§ 68. (1) Die vollzugsreife Haushaltssatzung ist durch die Aufsichtsbehörde öffentlich bekanntzumachen, bei Genehmigungspflicht der Satzung nach Ausspruch der Genehmigung.

(2) Gleichzeitig mit der Bekanntmachung der Haushaltssatzung ist der Haushaltsplan eine Woche lang öffentlich auszulegen.

§ 69. Ist die Haushaltssatzung bei Beginn des Rechnungsjahres noch nicht bekanntgemacht, so darf die Gemeinde
1. nur die Ausgaben leisten, die bei sparsamster Verwaltung nötig sind, um
    a) die bestehenden Gemeindeeinrichtungen in geordnetem Gang zu erhalten und den gesetzlichen Aufgaben und rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinde zu genügen,
    b) Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen, für die durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge festgesetzt worden sind, die haushaltsrechtlich noch verausgabt werden können;
2. die feststehenden Einnahmen und die Einnahmen aus den für ein Rechnungsjahr festzusetzenden Steuern und Abgaben nach den Sätzen des Vorjahres forterheben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Zahlungen, die der Pflichtige hiernach geleistet hat, sind auf die nach der Haushaltssatzung für das neue Rechnungsjahr zu erhebenden Beträge anzurechnen;
3. im Rahmen der Genehmigung des Vorjahres noch nicht in Anspruch genommene Kassenkredite aufnehmen;
4. im Rahmen der Ansätze des außerordentlichen Haushaltsplans des Vorjahres noch nicht in Anspruch genommene Darlehen aufnehmen.

§ 70. (1) Die Haushaltssatzung kann im Verlauf des Rechnungsjahres nur durch eine Nachtragssatzung geändert werden. § 66 findet entsprechende Anwendung.

(2) Der Gemeinderat ist zum Erlaß einer Nachtragssatzung verpflichtet, wenn sich im Laufe des Rechnungsjahres zeigt, daß
1. der im Haushaltsplan vorgesehene Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben auch bei Ausnützung jeder Sparmöglichkeit nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann;
2. über- oder außerplanmäßige Ausgaben in erheblichem Umfange geleistet werden müssen.

§ 71. Die Haushaltssatzung bildet die Grundlage für die Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben. Der Bürgermeister hat die Verwaltung nach der Haushaltssatzung zu führen. Er darf die Haushaltsmittel nur insoweit und nicht eher in Anspruch nehmen, als es bei einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich ist.

§ 72. Die Vorhaben, deren Kosten aus Mitteln des außerordentlichen Haushaltsplans ganz oder teilweise zu decken sind, dürfen erst in Angriff genommen werden, wenn die dafür vorgesehenen Einnahmen eingegangen sind oder wenn der rechtzeitige Eingang rechtlich und tatsächlich gesichert ist.

§ 73. (1) überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben können nur auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderats geleistet werden. Der Gemeinderat darf diese Ausgaben nur im Falle eines dringenden Bedarfs beschließen und nur insoweit, als anderweitige Deckungsmittel durch Erschließung neuer Einnahmen oder Streichung oder Kürzung anderer Ausgaben zur Verfügung stehen. § 66 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(2) Entsprechendes gilt für Anordnungen, durch welche Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen können, für die ausreichende Mittel im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind.

§ 74. Beamte und Angestellte der Gemeinde, die schuldhaft gegen die Vorschriften dieses Abschnitts verstoßen, haften der Gemeinde für den daraus entstandenen Schaden.

§ 75. Wenn ohne Beschluß des Gemeinderats und entgegen einer etwaigen Anordnung der Aufsichtsbehörde im Sinne des § 66 Absatz 2 ein Beamter oder Angestellter der Gemeinde eine überplanmäßige oder außerplanmäßige Ausgabe leistet oder eine Anordnung trifft, durch die Verbindlichkeiten der Gemeinde entstehen können, für welche Mittel im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind, so ist er der Gemeinde zum Schadenersatz verpflichtet; es sei denn, daß er zur Abwendung einer nicht voraussehbaren dringenden Gefahr für die Gemeinde sofort handeln mußte und hierbei nicht über das durch die Notlage gebotene Maß hinausgegangen ist. In diesem Falle muß er unverzüglich dem Bürgermeister Anzeige erstatten, der die Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlußfassung unterbreitet. Der Beschluß wird der Aufsichtsbehörde vorgelegt. Das gleiche gilt, wenn er ohne vorherige rechtzeitige Anzeige beim Bürgermeister oder zuständigen Beigeordneten eine Zahlung leistet oder eine Anordnung trifft, obwohl er erkennt oder erkennen muß daß durch die Zahlung oder Anordnung später der Haushaltsplan überschritten werden muß

5. Abschnitt
Kassen-, Rechnungs- und Prüfungswesen

§ 76. (1) Die Kassengeschäfte führt ein besonderer Kassenverwalter; er hat einen Stellvertreter.

(2) Die Kassen der Gemeinde sollen in einer Hand vereinigt werden. Ist ein hauptamtlicher Kassenverwalter bestimmt, so müssen sie in seiner Hand vereinigt werden; die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen.

§ 77. Der Bürgermeister hat über die Einnahmen und Ausgaben des Rechnungsjahres Rechnung zu legen.

§ 78. (1) Der Bürgermeister legt die Rechnung dem Gemeinderat vor. Der Gemeinderat beschließt nach Durchsicht der Rechnung über ihre Anerkennung.

(2) In Gemeinden, in denen ein Rechnungsprüfungsamt besteht, hat der Bürgermeister zunächst diesem die Rechnung zuzuleiten.

§ 79. Das Rechnungsprüfungsamt hat die Rechnung mit allen Unterlagen dahin zu prüfen,
1. ob der Haushaltsplan eingehalten ist,
2. ob die einzelnen Rechnungsbeträge sachlich und rechnerisch in vorschriftsmäßiger Weise begründet und belegt sind,
3. ob bei den Einnahmen und Ausgaben nach dem Gesetz und sonstigen Vorschriften verfahren worden ist.

§ 80. (1) Ergibt die Prüfung der Rechnung Unstimmigkeiten, so berichtet das Rechnungsprüfungsamt dem Bürgermeister. Dieser veranlaßt die erforderliche Aufklärung:

(2) Das Rechnungsprüfungsamt faßt seine Bemerkungen in einem Schlußbericht zusammen.

§ 81. (1) Der Bürgermeister legt die Rechnung mit dem Schlußbericht des Rechnungsprüfungsamtes und der Niederschrift über die Beschlußfassung des Gemeinderats der Aufsichtsbehörde vor.

(2) Nach Prüfung der Rechnung beschließt die Aufsichtsbehörde über die Entlastung des Gemeinderats. Hat die Prüfung erhebliche Verstöße gegen die Grundsätze einer geordneten Haushaltsführung ergeben, so hat die Aufsichtsbehörde die Gemeinde zu veranlassen, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen und diese zu überwachen.

(3) Der Entlastungsbeschluß ist dem Gemeinderat unter Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung zuzustellen.

§ 82. Stadtkreise müssen ein Rechnungsprüfungsamt einrichten; andere Gemeinden können es einrichten, wenn ein Bedürfnis dafür besteht und die Kosten im angemessenen Verhältnis zum Umfang der Verwaltung stehen.

§ 83. (1) Das Rechnungsprüfungsamt untersteht unmittelbar dem Bürgermeister oder dem von ihm bestimmten Beigeordneten.

(2) Der Bürgermeister kann die Leitung des Prüfungsamts nur mit Genehmigung des Gemeinderats einem Beamten übertragen und entziehen.

(3) Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts darf mit dem Bürgermeister, den Beigeordneten sowie dem Kassenverwalter nicht bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sein.

(4) Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts darf Zahlungen für die Gemeinde weder anordnen noch ausführen.

§ 84. Der Gemeinderat kann auf Vorschlag des Bürgermeisters dem Rechnungsprüfungsamt weitere Aufgaben übertragen, insbesondere
1. die laufende Überwachung der Kassen der Gemeinden und ihrer Unternehmen sowie die Kassen und Vorratsprüfungen,
2. die laufende Prüfung der Wirtschaftsführung der wirtschaftlichen Unternehmen, die Prüfung der Betätigung der Gemeinde als Gesellschafter oder Aktionär in Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit und die Buch- und Betriebsprüfungen, die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der Hingabe eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat,
3. die Prüfung von Vergebungen,
4. die Prüfung der Verwaltung auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.

§ 85. Die Übrwachung des Finanz-, Kassen- und Rechnungswesens der Gemeinden obliegt der Badischen Rechnungskammer. Sie bedient sich zur Durchführung dieser Aufgabe der bestehenden überörtlichen Prüfungseinrichtungen.

6. Abschnitt
Gemeinsame Vorschriften zum 1. bis 5. Abschnitt

§ 86. (1) Geschäfte des bürgerlichen Rechtsverkehrs, die ohne die nach den Vorschriften der Abschnitte 1 bis 5 erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde abgeschlossen werden, sind unwirksam.

(2) Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot der §§ 55 und 61 verstoßen. sind nichtig.

§ 87. (1) Das Ministerium des Innern kann im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und den Gemeinden die Handhabung der Staatsaufsicht näher regeln.

(2) Das Ministerium des Innern kann im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Verordnung die Wirtschaftsführung der Gemeinden näher regeln, namentlich
1. die Aufnahme von Darlehen und die Übernahme sonstiger Verpflichtungen im Sinne des § 60,
2. die Bildung von Rücklagen,
3. die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans,
4. die Nachweisungen und die Bewertung des Gemeindevermögens,
5. das Kassen- und Rechnungswesen,
6. das Rechnungsprüfungswesen.

Siebenter Teil
Aufsicht

§ 88. Der Staat beaufsichtigt die Gemeinde, um sicherzustellen, daß sie im Einklang mit den Gesetzen verwaltet wird. Die Aufsicht soll so gehandhabt werden, daß die Entschlußkraft und Verantwortungsfreudigkelt der Gemeindeverwaltung gefördert und nicht beeinträchtigt wird.

§ 89. Die Aufsichtsbehörde über die Städte mit mehr als 15 000 Einwohnern ist das Ministerium des Innern, über die übrigen Gemeinden der Landrat. Städte, die früher der Städteordnung unterstanden (§ 108 der Badischen Gemeindeordnung vom 5. Oktober 1921) sind den Städten mit mehr als 15 000 Einwohnern gleichzustellen.

§ 90. Die Aufsichtsbehörde kann sich jederzeit über alle Angelegenheiten der Gemeinden unterrichten; sie kann an Ort und Stelle prüfen und besichtigen, mündliche und schriftliche Berichte einfordern sowie Akten und sonstige Unterlagen einsehen.

§ 91. (1) Die Aufsichtsbehörde kann Beschlüsse, Anträge, Anordnungen und Entschließungen des Gemeinderats aufheben oder zurückweisen, wenn sie den Gesetzen zuwiderlaufen. Sie kann verlangen, daß Maßnahmen rückgängig gemacht werden, die auf Grund derartiger Akte getroffen worden sind.

(2) Die gleichen Rechte hat die Aufsichtsbehörde in bezug auf Maßnahmen des Bürgermeisters.

§ 92. Unterläßt es der Gemeinderat oder der Bürgermeister, Entschließungen zu fassen oder Anordnungen zu treffen, die zur Erfüllung einer der Gemeinde gesetzlich obliegenden Verpflichtung erforderlich sind, so kann die Aufsichtsbehörde anordnen, daß er innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlaßt. Sie hat dabei den Inhalt der Entschließung oder Anordnung im einzelnen zu bezeichnen.

§ 93. Die Aufsichtsbehörde kann Anordnungen nach §§ 90 bis 92 an Stelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder die Durchführung einem Dritten übertragen.

§ 94. (1) Wenn und solange der geordnete Gang der Verwaltung der Gemeinde es erfordert und die Befugnisse der Aufsichtsbehörde nach den §§ 91 bis 93 nicht ausreichen, kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen.

(2) Wenn die Interessen der Gemeinde es erfordern, können Neuwahlen veranlaßt werden. Die Möglichkeit der Anordnung etwaiger weiterer Maßnahmen gemäß Absatz 1 bleibt unberührt.

§ 95. (1) Der Gemeinderat, der Bürgermeister und jede durch eine Anordnung der Aufsichtsbehörde betroffene Person können gegen die Anordnung der Aufsichtsbehörde verwaltungsgerichtliche Klage erheben. Die Klage kann sich nur auf die Behauptung einer Rechtsverletzung stützen und ist innerhalb einer Frist von 14 Tagen, vom Tage der Zustellung der Anordnung an den Bürgermeister der Gemeinde an gerechnet, bei einem Verwaltungsgericht einzureichen.

(2) Die Klage hat aufschiebende Wirkung, außer wenn die Entscheidung ausdrücklich auf eine der folgenden Begründungen hinweist:
a) Aufrechterhaltung der Ordnung,
b) öffentliche Sicherheit,
c) öffentliche Gesundheit,
d) höhere Gewalt.

§ 96. Andere Behörden und Stellen als die Aufsichtsbehörden (§ 89) sind zu Eingriffen in die Gemeindeverwaltung nach §§ 90 ff. nicht befugt.

§ 97. (1) Ansprüche der Gemeinde gegen den Bürgermeister werden von der Aufsichtsbehörde geltend gemacht. Die Kosten der Rechtsverfolgung trägt die Gemeinde.

(2) Verträge des Bürgermeisters mit der Gemeinde bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, daß es sich um Verträge nach feststehendem Tarif handelt. § 86 Absatz 1 gilt entsprechend.

§ 98. (1) Zur Einleitung der Zwangsvollstreckung gegen die Gemeinde wegen einer Geldforderung bedarf der Gläubiger einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, daß es sich um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt. In der Verfügung hat die Aufsichtsbehörde die Vermögensgegenstände zu bestimmen, in die die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, und über den Zeitpunkt zu befinden, in dem sie stattfinden soll. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung regelt sich nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung.

(2) Ein Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinde findet nicht statt.

Achter Teil
Übergangs- und Schlußbestimmungen

§ 99. Das Ministerium des Innern erläßt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

§ 100. (1) Dieses Gesetz tritt mit dem auf seine Verkündung folgenden Tage in Kraft.

(2) Am gleichen Tage tritt die Landesverordnung vom 25. März 1947 (Badische Gemeindeordnung) außer Kraft.


Quellen: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden 1948 S. 53
© 21. Juli 2004


Home                  Zurück                    Top