Verordnung über einige Grundlagen der künftigen preußischen Verfassung

vom 6. April 1848

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen ec. ec.

verordnen, nach Anhörung Unserer zum Vereinigten Landtage versammelten getreuen Stände, auf den Antrag Unseres Staatsministeriums, was folgt:

§ 1. In Erweiterung der Unserem Volke verliehenen Freiheit der Presse werden die im § 4. Nr. 1 des Gesetzes vom 17. März d. J. (Gesetzsammlung S. 69) enthaltenen Vorschriften über die Kautionsbestellung für die Herausgabe neuer Zeitungen aufgehoben. Die Vorschrift § 4. Nr. 4. findet auch auf neue Zeitungen Anwendung.

§ 2. Die Untersuchung und Bestrafung aller Staatsverbrechen erfolgt fortan durch die ordentlichen Gerichte und es wird jeder durch Ausnahmsgesetze dafür eingeführte besondere Gerichtsstand hierdurch aufgehoben. In dem Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln tritt auch bei politischen und Preßverbrechen, so wie bei politischen und Preßvergehen die Zuständigkeit der Geschworenengerichte ein.

§ 3. Die Verordnungen vom 29. März 1844, betreffend das gerichtliche und Disziplinar-Strafverfahren gegen Beamte, so wie das bei Pensionirungen zu beobachtende Verfahren (Gesetzsammlung S. 77 und 90) treten in Beziehung auf den Richterstand außer Kraft.

§ 4. Alle Preußen sind berechtigt, sich friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln, ohne daß die Ausübung dieses Rechtes einer vor-gängigen polizeilichen Erlaubniß unterworfen wäre. Auch Versammlungen unter freiem Himmel können, in sofern sie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefahrbringend sind, von der Obrigkeit gestattet werden.

Eben so sind alle Preußen berechtigt, zu solchen Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, sich ohne vorgängige polizeiliche Erlaubniß in Gesellschaften zu vereinigen.

Alle, das freie Vereinigungsrecht beschränkenden, noch bestehenden gesetzlichen Bestimmungen werden hiermit aufgehoben.

§ 5. Die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte ist fortan von dem religiösen Glaubensbekenntnisse unabhängig.

§ 6. Den künftigen Vertretern des Volks soll jedenfalls die Zustimmung zu allen Gesetzen sowie zur Festsetzung des Staatshaushalts-Etats und das Steuerbewilligungsrecht zustehen.

    Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel

    Gegeben zu Potsdam, den 6. April 1848

Friedrich Wilhelm.

Camphausen.         Gr. v. Schwerin.         v. Auerswald.         Bornemann.        
v. Arnim.        Hansemann.       v. Reyher.
 


Quellen: Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Jahrgang 1848, S. 87
Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte Band 1, Verlag Kohlhammer
© 18. Februar 2001 - 22. Mai 2011
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