vom 13. Dezember 1872
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II. und Art. III.) erhielt das Gesetz folgende Überschrift:
"Kreisordnung
für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen"
ersetzte die
"althergebrachte"
Kreisordnung der Altmark (von vor 1806)
Kreisordnung der Kur- und Neumark
Brandenburg
vom 17. August 1825 (GS. S. 203)
Kreisordnung des Herzogthums Pommern und Fürstenthums Rügen
vom 17. August 1825 (GS S. 217)
Allerh. Verordnung, wegen der Abänderungen, welche in der seitherigen Verfassung
der Kommunal- Land- und Kreistage des Markgrafthums Niederlausitz eintreten
sollen vom 18. November 1826 (GS. S. 110)
Kreisordnung für das
Königreich Preußen
vom 17. März 1828 (GS S. 34)
Kreisordnung für die Provinz Sachsen
vom 17. Mai 1827 (GS S. 54)
Kreisordnung für das Herzogthum Schlesien, die Grafschaft Glatz und das
Preußische Markgrafthum Oberlausitz
vom 2. Juni 1827 (GS S. 71)
sollte auch die
Kreisordnung
für das Großherzogthum Posen vom 20 Dezember 1828 (GS 1829 S. 3)
ersetzen, was aber durch den § 182 vorläufig und durch das Änderungsgesetz von
1881 endgültig ausgesetzt wurde.
geändert und ergänzt durch
Münzgesetz (des Deutschen Reiches) vom 9. Juli 1873 (GS. S.
233); aus einem Thaler oder einem Preußischen Reichsthaler
wurden 3 (Reichs-)Mark, endgültig ab 1.1.1876.
Gesetz, betreffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das
Verwaltungsstreitverfahren vom 3. Juli 1875 (GS S. 375)
Gesetz, betreffend die Einführung der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 in den
Grafschaften Wernigerode und Stolberg vom 18. Juni 1876 (GS. S. 245)
Gesetz, betreffend die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der
Verwaltungsgerichtsbehörden im Geltungsbereiche der Provinzialordnung vom 29.
Juni 1875 vom 26. Juli 1876 (GS. S. 297)
Gesetz über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vom
26. Juli 1880 (GS S. 291)
Gesetz, betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Kreisordnung für die
Provinzen Preußen, ... und die Ergänzung derselben vom 19. März 1881 (GS. S.
155, mit Wirkung vom 1. April 1881)
in Folge des Art. V. Abs. 2 des Gesetzes vom 19. März 1881 durch Bekanntmachung des Ministers des Innern neu bekanntgemacht (GS. S. 179)
Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen ec.
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen, was folgt:
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II. und III.) wurde
in der Einleitung
- die Worte "Provinzen Preußen" ersetzt durch: "Provinzen Ost- und Westpreußen",
- das Wort "Posen, " wurde gestrichen.
Erster Abschnitt.
Von dem Umfange und der Begrenzung der Kreise.
§ 1. Die Kreise bleiben in ihrer gegenwärtigen Begrenzung als Verwaltungsbezirke erhalten.
§ 2. Jeder Kreis bildet nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes einen Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten mit den Rechten einer Korporation.
§ 3. Veränderung der Kreisgrenzen und Bildung neuer Kreise. Die Veränderung bestehender Kreisgrenzen und die Bildung neuer, sowie die Zusammenlegung mehrerer Kreise erfolgt durch Gesetz.
Die in Folge einer derartigen Veränderung erforderliche Auseinandersetzung zwischen den betheiligten Kreisen ist im Verwaltungswege zu bewirken.
Streitigkeiten, welche hierbei entstehen, unterliegen, vorbehaltlich der Bestimmung im § 5, der endgültigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§§ 187ff.).
Veränderungen solcher Gemeinde- oder Gutsbezirksgrenzen, welche zugleich Kreisgrenzen sind, ziehen die Veränderung dieser Kreisgrenzen und, wo die Kreis- und Wahlbezirksgrenzen zusammenfallen, auch die Verändern der letzteren ohne Weiteres nach sich.
Eine jede Veränderung der Kreisgrenzen ist durch das Amtsblatt bekannt zu machen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 3 folgende
Fassung:
"§ 3. Die Veränderungen bestehender Kreisgrenzen und die Bildung neuer,
sowie die Zusammenlegung mehrerer Kreise erfolgt durch Gesetz.
Der Bezirksrath beschließt über die in Folge einer solchen Veränderung
nothwendig werdende Auseinandersetzung zwischen den betheiligten Kreisen,
vorbehaltlich der den letzteren gegeneinander zustehenden Klage bei dem
Bezirksverwaltungsgerichte.
Veränderungen solcher Gemeinde- oder Gutsbezirksgrenzen, welche zugleich
Kreisgrenzen sind, sowie die Vereinigung eines Grundstücks, welches bisher einem
Gemeinde- oder Gutsbezirke nicht angehörte, mit einem in einem anderen Kreise
belegenen Gemeinde- oder Gutsbezirke, ziehen die Veränderung der betreffenden
Kreisgrenzen und, wo die Kreis- und Wahlbezirksgrenzen zusammenfallen, auch die
Veränderung der letzteren ohne Weiteres nach sich.
Eine jede Veränderung der Kreisgrenzen ist durch das Amtsblatt bekannt zu
machen."
§ 4. Ausscheiden der großen Städte aus den Kreisverbänden. Städte, welche mit Ausschluß der aktiven Militairpersonen eine Einwohnerzahl von mindestens 25,000 Seelen haben und gegenwärtig einem Landkreise angehören, sind befugt, für sich einen Kreisverband, Stadtkreis (§ 169) zu bilden und zu diesem Behufe aus dem bisherigen Kreisverbande auszuscheiden.
Auf den Antrag der Stadt wird dieselbe durch den Minister des Innern für ausgeschieden erklärt.
Es ist jedoch zuvor in allen Fällen eine Auseinandersetzung darüber zu treffen, welchen Antheil die ausscheidende Stadt an dem gemeinsamen Aktiv- und Passivvermögen des bisherigen Kreises, sowie etwa an fortdauernden Leistungen zu gemeinsamen Zwecken der beiden neuen Kreise zu übernehmen hat.
Kommt eine Einigung der Betheiligten nicht zu Stande, so entscheidet über die Streitpunkte das Verwaltungsgericht.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 4 folgende
Fassung:
"§ 4. Städte, welche mit Ausschluß der aktiven Militärpersonen eine
Einwohnerzahl von mindestens 25 000 Seelen haben und gegenwärtige einem
Landkreise angehören, sind befugt, für sich einen Kreisverband, Stadtkreis (§
169), zu bilden und zu diesem Behufe aus dem bisherigen Kreisverbande
auszuscheiden:
Auf den Antrag der Stadt wird dieselbe durch den Minister des Innern für
ausgeschieden erklärt.
Durch Königliche Verordnung kann nach Anhörung des Provinziallandtages
auch Städten von geringerer Einwohnerzahl auf Grund besonderer Verhältnisse das
Ausscheiden aus dem bisherigen und die Bildung eines eigenen Kreisverbandes
gestattet werden.
Es ist jedoch zuvor in allen Fällen eine Auseinandersetzung darüber zu treffen,
welchen Antheil die ausscheidende Stadt an dem gemeinsamen Aktiv- und
Passivvermögen des bisherigen Kreises, sowie etwa an fortdauernden Leistungen zu
gemeinsamen Zwecken der beiden neuen Kreise zu übernehmen hat.
Über die Auseinandersetzung beschließt der Bezirksrath vorbehaltlich der den
Betheiligten gegeneinander zustehenden Klage bei dem
Bezirksverwaltungsgerichte."
§ 5. Privatrechtliche Verhältnissee werden durch Veränderungen der Kreisgrenzen (§§ 3, 4) nicht berührt.
Zweiter Abschnitt.
Von den Kreisangehörigen, ihren Rechten und Pflichten.
§ 6. Angehörige des Kreises sind, mit Ausnahme der nicht angesessenen servisberechtigten Militairpersonen des aktiven Dienststandes, alle diejenigen, welche innerhalb des Kreises einen Wohnsitz haben.
§ 7. Rechte der Kreisangehörigen.
Die Kreisangehörigen sind berechtigt:
1) zur Theilnahme an der Verwaltung und Vertretung des Kreises nach
näherer Vorschrift dieses Gesetzes,
2) zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des
Kreises.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 7 Ziffer 2
folgende Fassung:
"2) Zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des Kreises
nach Maßgabe der für dieselben bestehenden Bestimmungen."
§ 8. Pflichten der Kreisangehörigen. a) Verpflichtung zur Annahme von unbesoldeten Ämtern (Gründe der Ablehnung, Folgen, ungerechtfertige Ablehnung). Die Kreisangehörigen sind verpflichtet, unbesoldete Ämter in der Verwaltung oder Vertretung des Kreises zu übernehmen.
Zur Ablehnung oder zur früheren Niederlegung
eines solchen Amtes berechtigen folgende Entschuldigungsgründe:
1) anhaltende Krankheit,
2) Geschäfte, die eine häufige oder lange dauernde Abwesenheit vom Wohnorte mit
sich bringen,
3) das Alter von 60 Jahren,
4) die Verwaltung eines unmittelbaren Staatsamtes,
5) sonstige besondere Verhältnisse, welche nach dem Ermessen des Kreistages eine gültige Entschuldigung begründen.
Beträgt die Amtsdauer mehr als drei Jahre, so kann das Amt nach Ablauf von drei Jahren niedergelegt werden.
Wer ein unbesoldetes Amt in der Verwaltung oder Vertretung des Kreises während der vorgeschriebenen regelmäßigen Amtsdauer versehen hat, kann die Übernahme desselben oder eines gleichartigen für die nächsten drei Jahre ablehnen.
Wer sich ohne einen der vorbezeichneten Entschuldigungsgründe weigert, ein unbesoldetes Amt in der Verwaltung oder Vertretung des Kreises zu übernehmen, oder das übernommene Amt während der vorgeschriebenen regelmäßigen Amtsdauer zu versehen, sowie derjenige , welcher sich der Verwaltung solcher Ämter trotz vorhergegangenen Aufforderung Seitens des Kreisausschusses thatsächlich entzieht, kann für einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren der Ausübung seines Rechtes auf Theilnahme an der Vertretung und Verwaltung des Kreises für verlustig erklärt und für denselben Zeitraum um ein Achtel bis ein Viertel stärker, als die übrigen Kreisangehörigen zu den Kreisabgaben herangezogen werden.
Die Entscheidung erfolgt, sofern der Kreistag den Ablehnenden für nicht entschuldigt erklärt, durch den Kreisausschuß mit Vorbehalt der Berufung an das Verwaltungsgericht. In dem Verfahren nimmt ein vom Kreistag gewählter Kommissarius die Obliegenheiten des Klägers wahr.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 8 Abs. 5 und
6
folgende Fassung:
"Wer sich ohne einen der vorbezeichneten Entschuldigungsgründe weigert, ein
unbesoldetes Amt in der Verwaltung oder Vertretung des Kreises zu übernehmen
oder das übernommene Amt drei Jahre hindurch zu versehen, sowie derjenige,
welcher sich der Verwaltung solcher Ämter trott vorhergegangener Aufforderung
seitens des Kreisausschusses thatsächlich entzieht, kann durch Beschluß des
Kreistages für einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren der Ausübung seines
Rechtes auf Theilnahme an der Vertretung und Verwaltung des Kreises für
verlustig erklärt und um ein Achtel bis ein Viertel stärker als die übrigen
Kreisangehörigen zu den Kreisabgaben herangezogen werden.
Gegen den Beschluß des Kreistages findet innerhalb zwei Wochen die Klage
bei dem Bezirksverwaltungsgerichte statt."
§ 9. b) Beitragspflicht zu den Amtsabgaben. Die Kreisangehörigen sind verpflichtet, zur Befriedigung der Bedürfnisse des Kreises Abgaben aufzubringen, insofern der Kreistag nicht beschließt, diese Bedürfnisse aus dem Vermögen des Kreises oder aus sonstigen Einnahmen zu bestreiten (§ 116 Nr. 3).
§ 10. Grundsätze über die Vertheilung und Aufbringung der Kreisabgaben. Die Vertheilung der Kreisabgaben darf keinen anderen Maßstabe, als nach dem Verhältnisse der von den Kreisangehörigen zu entrichtenden direkten STaatssteuern, beziehungsweise der Mahl- und Schlachtsteuer, und zwar nur durch Zueschläge zu denselben, beziehungsweise zu den nach §§ 14 und 15 zu ermittelnden fingirten Steuersätzen der Forensen, juristischen Personen ec. erfolgen-
Die Grund-, Gebäude- und die von dem Gewerbebetriebe auf dem platten Lande aufkommende Gewerbesteuer der Klasse A. I. ist hierbei mindestens mit der Hälfte und höchstens mit dem vollen Betrage desjenigen Prozentsatzes heranzuziehen, mit welchem die Klassen- und klassifizirte Einkommensteuer belastet wird. Im Übrigen kann die Gewerbesteuer von der Heranziehung ganz frei gelassen, darf aber keinenfalls dazu mit einem höheren Prozentsatze, als die Grund- und Gebäudesteuer, herangezogen werden. Ausgeschlossen von der Heranziehung bleibt die Gewerbesteuer vom Hausirgewerbe.
Die drei untersten Stufen der Klassensteuer (§ 9 zu a. des Gesetzes vom 1. Mai 1851, Gesetz-Samml. S. 193) können von der Heranziehung zu den Kreisabgaben ganz freigelassen oder dazu mit einem geringeren Prozentsatze, als die übrigen Stufen der Klassensteuer und die klassifizirte Einkommensteuer herangezogen werden. In diesem Falle ist den mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Städten ein verhältnißmäßiger Erlaß an ihrem Gesammtantheile an den Kreisabgaben zu gewähren.
Für die mahl- und schlachsteuerpflichtigen Städte ist bei Vertheilung der Kreisabgaben die Einkommensteuer nur nach Abzug der Mahl- und Schlachtsteuervergütigung von 20 Thalern (§ 2 zu b. des Gesetzes vom 1. Mai 1851), die Mahl- und Schlachtsteuer aber mit der Maßgabe in Anwendung zu bringen, daß die Mahlsteuer nur mit zwei Drittheilen ihres Rohertrages herangezogen werden darf. Haben diese Städte eine Militairbevölkerung, so ist von der nach Vorstehendem ermittelten Summe eine nach Verhältniß der Militairbevölkerung zur Civilbevölkerung zu bemessende Quote abzusetzen.
Von dem hiernach ermittelten Betrage der Mahl- und Schlachtsteuer noch einen Abzug bis höchsten zwanzig Prozent zu beschließen, bleibt der Kreisvertretung überlassen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 10
folgende Fassung:
"§ 10. Die Vertheilung der Kreisabgaben darf nach keinem anderen
Maßstabe, als nach dem Verhältnisse der von den Kreisangehörigen zu
entrichtenden direkten Staatssteuern, und zwar nur durch Zuschläge zu denselben,
beziehungsweise zu den nach §§ 15 und 15 zu ermittelnden fingirten Steuersätzen
der Forensen, juristischen Personen ec. erfolgen.
Die Grund-, Gebäude- und die von dem Gewerbebetriebe auf dem platten Lande
aufkommende Gewerbesteuer der Klasse A I. ist hierbei mindestens mit der Hälfte
und höchstens mit dem vollen Betrage desjenigen Prozentsatzes heranzuziehen, mit
welchem die Klassen- und klassifizirte Einkommensteuer belastet wird. Im Übrigen
kann die Gewerbesteuer von der Heranziehung ganz freigelassen, darf aber
keinesfalls dazu mit einem höheren Prozentsatze, als die Grund und Gebäudesteuer
herangezogen werden. Ausgeschlossen von der Heranziehung bleibt die
Gewerbesteuer vom Hausirgewerbe.
Die erste Stufe der Klassensteuer (§ 7 des Gesetzes vom 1. Mai 1851 / 25. Mai
1873, Gesetz-.Samml. 1873 S. 213 ff.) kann von der Heranziehung zu den
Kreisabgaben ganz freigelassen oder dazu mit einem geringeren Prozentsatze, als
die übrigen Stufen der Klassensteuer und die klassifizirte Einkommensteuer
herangezogen werden. Bei den Vorschriften des § 9a des oben erwähnten Gesetzes
behält es sein Bewenden."
§ 11. Unter Anwendung des nach diesen Grundsätzen (§ 10) vom Kreistage beschlossenen Vertheilungsmaßstabes wird das Kreisabgaben-Soll für die einzelnen Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke im Ganzen berechnet und denselben zur Untervertheilung auf die einzelnen Steuerpflichtigen nach demselben Maßstabe zur Einziehung, sowie zur Abführung im Ganzen an die Kreis-Kommunalkasse überwiesen.
§ 12. Feststellung des Kreisabgaben-Vertheilungsmaßstabes. Der Maßstab, nach welchem die Kreisabgaben zu vertheilen sind, ist für jeden Kreis bis zum 30. Juni 1874 ein für alle Mal festzustellen und demnächst unverändert zur Anwendung zu bringen. Der Kreistag ist jedoch befugt, hierbei zu den Kreisabgaben für Verkehrsanlagen die Grund- und Gebäudesteuer, sowie die von dem Gewerbebetriebe auf dem platten Lande aufkommende Gewerbesteuer der Klasse A. I. innerhalb der im § 10 festgesetzten Grenzen mit einem höheren Prozentsatze als zu den übrigen Kreisabgaben heranzuziehen, beziehungsweise nach Ma0gabe des § 10 Absatz 3 die drei untersten Stufen der Klassensteuer von der Heranziehung zu diesen Kreisabgaben ganz freizulassen oder dazu mit einem geringeren Prozentsatze heranzuziehen.
Kommt ein gültiger Kreistagsbeschluß über den Vertheilungsmaßstab innerhalb der festgesetzten Zeit nicht zu Stande, so werden bis zur Herbeiführung dieses Beschlusses die Kreisabgaben auf die sämmtlichen direkten Staatssteuern, mit Ausschluß der Hausiergewerbesteuer, und auf die Mahl- und Schlachtsteuer nach Maßgabe des § 10 Absatz 1 und 4 gleichmäßig vertheilt.
Der Kreistag kann den festgesetzten Maßstab von fünf zu fünf Jahren einer Revision unterziehen.
Wo gegenwärtig mit Königlicher Genehmigung zu bestimmten Zwecken Kreisabgaben nach besonderer Vertheilungsart erhoben werden, behält es dabei bis zum 31. Dezember 1875 sein Bewenden, sofern nicht der Kreistag schon in der Zwischenzeit auch hierfür den Übergang zu dem, nach dem gegenwärtigen Gesetze festgestellten Maßstabe für die Vertheilung der Kreisabgaben beschließt. Vom 1. Januar 1876 ab tritt der nach diesem Gesetze festzustellende Maßstab (Absatz 1 und 2) auch für die bezeichneten Abgaben von selbst in Kraft.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 12
folgende Fassung:
"§ 12. Der Maßstab, nach welchem die Kreisabgaben zu vertheilen sind, ist
für jeden kreis bis zum 30. Juni 1874 ein für alle Mal festzustellen und
demnächst unverändert zur Anwendung zu bringen. Der Kreistag ist jedoch befugt,
hierbei zu den Kreisabgaben für Verkehrsanlagen die Grund- und Gebäudesteuer,
sowie die von dem Gewerbebetriebe auf dem platten Lande aufkommende
Gewerbesteuer der Klasse A. I. innerhalb der im § 10 festgesetzten Grenzen mit
einem höheren Prozentsatze als zu den übrigen Kreisabgaben heranzuziehen,
beziehungsweise nach Ma0gabe des § 10 Absatz 3 die erste Stufe der Klassensteuer
von der Heranziehung zu diesen Kreisabgaben ganz freizulassen oder dazu mit
einem geringeren Prozentsatze heranzuziehen.
Kommt ein gültiger Kreistagsbeschluß über den Vertheilungsmaßstab innerhalb der
festgesetzten Zeit nicht zu Stande, so werden bis zur Herbeiführung dieses
Beschlusses die Kreisabgaben auf die sämmtlichen direkten Staatssteuern, mit
Ausschluß der Hausirergewerbesteuer nach Maßgabe des § 10 Absatz 1 gleichmäßig
vertheilt.
Der Kreistag kann den festgestellten Maßstab von fünf zu fünf Jahren einer
Revision unterziehen.
Wo gegenwärtig mit Königlicher Genehmigung zu bestimmten Zwecken Kreisabgaben
nach besonderer Vertheilungsart erhoben werden, behält es dabei bis zum 31.
Dezember 1875 sein Bewenden, sofern nicht der Kreistag schon in der Zwischenzeit
auch hierfür den Übergang zu dem, nach dem gegenwärtigen Gesetze festgestellten
Maßstabe für die Vertheilung der Kreisabgaben beschließt. Vom 1. Januar 1876 ab
tritt der nach diesem Gesetze festzustellende Maßstab (Absatz 1 und 2) auch für
die bezeichneten Abgaben von selbst in Kraft."
§ 13. Mehr- oder Minderbelastung einzelner Kreistheile. Sofern es sich um Kreiseinrichtungen handelt, welche in besonders hervorragenden oder in besonders geringem Maße einzelnen Kreistheilen zu Gute kommen, kann der Kreistag beschließen, für die Kreisangehörigen dieser Kreistheile eine nach Quoten zu bemessende Mehr- oder Minderbelastung eintreten zu lassen. Diese Mehrbelastung kann nach Maßgabe der Beschlüsse des Kreistages durch Naturalleistungen ersetzt werden.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 13 Satz 1
folgende Fassung:
"Sofern es sich um Kreiseinrichtungen handelt, welche in besonders
hervorragendem oder in besonders geringem Mae einzelnen Kreitheilen zu Gute
kommen, kann der Kreistag beschließen, für die kreisangehörigen dieser
Kreistheile eine nach Quoten der Kreisabgaben zu bemessene Mehr- oder
Minderbelastung eintreten zu lassen."
§ 14. Heranziehung der Forensen, juristischen Personen u. s. w. zu den Kreisabgaben. Diejenigen physischen Personen, welche ohne in dem Kreise einen Wohnsitz zu haben, beziehungsweise in demselben zu den persönlichen Staatssteuern veranlagt zu sein, in demselben Grundeigenthum besitzen oder ein stehendes Gewerbe oder außerhalb einer Gewerkschaft Bergbau betreiben (Forensen), mit Einschluß der nicht im Kreise wohnenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft (Artikel 85 und 150 des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs), sind verpflichtet, zu denjenigen Kreisabgaben beizutragen, welche auf den Grundbesitz, das Gewerbe oder das aus diesen Quellen fließende Einkommen gelegt werden.
Ein Gleiches gilt von den juristischen Personen, von den Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften (Artikel 173 und 207 des Handelsgesetzbuchs) sowie Berggewerkschaften, welche im Kreise Grundeigenthum besitzen oder ein stehendes Gewerbe oder Bergbau betreiben.
Der Fiskus kann zu den Kreisabgaben wegen seines aus Grundbesitz, Gewerbe- und Bergbaubetrieb fließenden Einkommens nicht herangezogen, dagegen mit der Grund- und Gebäudesteuer um die Hälfte desjenigen Prozentsatzes stärker belastet werden, mit welchem die Klassen- und klassifizirte Einkommensteuer dazu herangezogen wird. Im Falle des § 12 (Absatz 2) tritt diese Belastung auch ohne Beschluß des Kreistages ein.
Bergwerksbesitzer, welche in dem Umfange ihres Bergwerksbetriebes den in der Klasse A. I. der Gewerbesteuer veranlagten Gewerbetreibenden gleichstehen, sind zu den Steuersätzen der Klasse A. I. einzuschätzen und nach Maßgabe dieser Einschätzung zu den Kreisabgaben heranzuziehen.
§ 15. Die Einschätzung der Forensen, der Bergwerksbesitzer, der Kommanditgesellschaften auf Aktien, der Aktiengesellschaften und der juristischen Personen zu den Kreisabgaben erfolgt, soweit sie zu den der Vertheilung der letzteren zu Grunde gelegten Staatssteuern (§ 10) nicht schon unmittelbar herangezogen sind, von dem Kreisausschuß, nach den für die Veranlagung dieser Staatssteuern bestehenden gesetzlichen Vorschriften, unter Anwendung des für die Kreisabgaben bestimmten Antheilsverhältnisses.
§ 16. Unzulässigkeit einer Doppelbesteuerung desselben Einkommens. Niemand darf von demselben Einkommen in verschiedenen Kreisen zu den Kreisabgaben herangezogen werden. Es muß daher dasjenige Einkommen, welches einem Abgabenpflichtigen aus seinem außerhalb des Kreises belegenen Grundeigenthume, oder aus seinem außerhalb des Kreises stattfindenden Gewerbe- oder Bergbaubetriebe zufließt, bei Feststellung des im Kreise zu veranlagenden Einkommens desselben außer Berechnung gelassen werden. Dies geschieht durch Absetzung der bezüglichen Einkommensquote von dem zur Staatssteuer veranlagten Gesammteinkommen und durch verhältnißmäßige Herabsetzung des festgestellten Steuersatzes.
§ 17. Befreiung von den Kreisabgaben. Die dem Staate gehörigen, zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmten Liegenschaften und Gebäude, die Königlichen Schlösser, sowie die im § 4 zu c und d des Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer (Gesetz-Sammlung S. 352) und die im § 3 zu 2 und 6 des Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die Einführung einer allgemeinen Gebäudesteuer (Gesetz-Samml. S. 317), bezeichneten Grundstücke und Gebäude sind von den Kreislasten befreit.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 17
folgende Fassung:
"§ 17. Die dem Staate gehörigen, zu einem öffentlichen Dienste oder
Gebrauche bestimmten Liegenschaften und Gebäude, die Königlichen Schlösser,
sowie die im § 4 zu c und d des Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die
anderweite Regelung der Grundsteuer (Gesetz-Samml. S. 253), im Artikel I des
Gesetzes vom 12. März 1877 (Gesetz-Samml. S. 19) und im § 3 zu 2 bis 6 des
Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die Einführung einer allgemeinen
Gebäudesteuer (Gesetz-Samml. S. 317), bezeichneten Grundstücke und Gebäude sind
von den Kreislasten befreit."
§ 18. Bis zur anderweiten gesetzlichen Regelung bleiben die Dienstgrundstücke der Geistlichen, Kirchendiener und Elementarschullehrer gleichfalls von den Kreislasten befreit. Auch ist bis zu dieser Regelung die Besteuerung des Diensteinkommens der unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten nur in soweit zulässig, als die Beiträge derselben zu den Bedürfnissen der Gemeinde ihres Wohnorts nicht bereits das in Gemäßheit der §§ 2 und 3 des Gesetzes vom 11. Juli 1822 (Gesetz-Samml. S. 184) bestimmte Maximum erreichen, und auch dann nur innerhalb der Grenzen des im § 3 a. a. O. bestimmten höchsten Satzes. Ebenso findet der § 10 des Gesetzes vom 11. Juli 1822 auf die Heranziehung zu den Kreisabgaben Anwendung.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 18 Satz 1 und
2
folgende Fassung:
"Bis zur anderweiten gesetzlichen Regelung bleiben die Dienstgrundstücke der
Geistlichen, Kirchendiener und Elementarschullehrer gleichfalls von den
Kreislasten befreit. Auch ist bis zu dieser Regelung die Besteuerung des
Diensteinkommens der unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten nur nach
Maßgabe der §§ 2 und 3 des Gesetzes vom 11. Juli 1822 (Gesetz-Samml. S. 184) und
nur in soweit zulässig, als die Beiträge derselben zu den Bedürfnissen der
Gemeinden ihres Wohnorts nicht bereits das in den gedachten Gesetzesvorschriften
bestimmte Maximum erreichen, und auch dann nur innerhalb der Grenzen der
letzteren."
§ 19. Beschwerden wegen Veranlagung der Kreisabgaben. Beschwerden der Gemeinden und einzelner Kreisangehörigen wegen ihrer Heranziehung oder Veranlagung zu den Kreissabgaben unterliegen, mit Vorbehalt der Bestimmungen der §§ 78 und 79 Tit. 14 Th. I. des Allgemeinen Landrechts und des Gesetzes vom 24. Mai 1861, betreffend die Erweiterung des Rechtsweges (Gesetz-Samml. von 1861 S. 241 ff.), der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ; jedoch sind Beschwerden wegen Überbürdung zuvor bei dem Kreisausschusse (§§ 130 ff.) zur nochmaligen Prüfung und Entscheidung anzubringen.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 19 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 19
folgende Fassung:
"§ 19. Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend
1) das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des
Kreises,
2) die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Kreisabgaben,
beschließt der Kreisausschuß.
Beschwerden und Einsprüche der zu 2 gedachten Art sind innerhalb einer Frist von
zwei Monaten nach erfolgter Bekanntmachung der Abgabebeträge bei dem
Kreisausschusse anzubringen. Einsprüche gegen die Höhe von Kreiszuschlägen zu
den direkten Staatssteuern, welche sich gegen den Prinzipalsatz der letzteren
richten, sind unzulässig.
Gegen den Beschluß des Kreisausschusses findet innerhalb zwei Wochen die Klage
bei dem Bezirksverwaltungsgerichte statt. Hierbei ist die Zuständigkeit der
Verwaltungsgerichte auch insoweit begründet, als bisher durch § 79 Titel 14
Theil II Allgemeines Landrecht, beziehungsweise §§ 9, 10 des Gesetzes über die
Erweiterung des Rechtsweges vom 24. Mai 1861 (Gesetz-Samml. S. 241) oder
sonstige bestehende Vorschriften der ordentliche Rechtsweg für zulässig erklärt
war.
Die Beschwerden und die Einsprüche, sowie die Klage haben keine aufschiebende
Wirkung."
Dritter
Abschnitt.
Kreis-Statuten und Reglements.
§ 20. Jeder Kreis ist befugt:
1) zum Erlasse besonderer statutarischer Anordnungen über solche Angelegenheiten
des Kreises, hinsichtlich deren das gegenwärtige Gesetz Verschiedenheiten
gestattet (§§ 104 Absatz 2, 108 Absatz 1 und 109) oder das Gesetz auf statutarische Regelung verweist,
sowie über solche Angelegenheiten des Kreises, deren Gegenstand nicht
durch Gesetz geregelt ist;
2) zum Erlasse von Reglements über besondere Einrichtungen des Kreises.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 20 folgenden
Zusatz:
"Die Kreisstatuten und Reglements sind durch das Kreisblatt, und, wo ein solches
nicht besteht, durch das Amtsblatt auf Kosten des Kreises bekannt zu machen."
Erster Abschnitt.
Allgemeine Bestimmungen.
§ 21. Gliederung des Kreises. Die Kreise, mit Ausnahme der Stadtkreise (§§ 4 und 169), zerfallen in Amtsbezirke, beziehungsweise in Stadt- und Amtsbezirke.
Die Amtsbezirke bestehen aus einer oder mehreren Landgemeinden oder aus einem oder mehreren Gutsbezirken, beziehungsweise aus Landgemeinden und Gutsbezirken.
An der Spitze der Verwaltung des Kreises steht der Landrath, an der Spitze der Verwaltung des Amtsbezirkes der Amtsvorsteher, an der Spitze der Verwaltung der Gemeinde der Gemeindevorsteher. Für den Bereich eines selbstständigen Gutstbezirkes führt der Gutsvorsteher die dem Gemeindevorsteher obliegende Verwaltung.
§ 22. Gemeindevorsteher und Schöffen. Der Gemeindevorstand besteht aus dem Gemeindevorsteher (Schulze, Scholze, Richter, Dorfrichter) und zwei Schöffen (Schöppen, Gerichtsmänner, Gerichts- oder Dorfgeschworene), welche den Gemeindevorsteher in den ihm obliegenden Amtsgeschäften zu unterstützen und in Behinderungsfällen zu vertreten haben.
Wo die Zahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes nach den bestehenden Bestimmungen eine größere ist, verbleibt es bei derselben.
Auch kann auf Antrag der Gemeinde die Zahl der Schöffen durch den Kreisausschuß nach Anhörung des Amtsvorstehers vermehrt werden.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 22
folgende Fassung:
"§ 22. Dem Gemeindevorsteher (Schulze, Scholze, Richter, Dorfrichter)
stehen zwei Schöffen (Schöppen, Gerichtsmänner, Gerichts- oder Dorfgeschworene)
zur Seite, welche ihn in den ihm obliegenden Amtsgeschäften zu unterstützen und
in Behinderungsfällen zu vertreten haben.
Wo die Zahl der Schöffen nach den bestehenden Bestimmungen eine größere ist,
verbleibt es bei derselben.
Auch kann auf Antrag der Gemeinde die Zahl der Schöffen durch Beschluß des
Kreisausschusses nach Anhörung des Amtsvorstehers vermehrt werden."
§ 23. a) Wahl derselben. Der Gemeindevorsteher und die Schöffen werden von der Gemeindeversammlung beziehungsweise der Gemeindevertretung aus der Zahl der stimmberechtigten Gemeindemitglieder durch absolute Stimmenmehrheit gewählt.
Vater und Sohn dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder des Gemeindevorstandes sein.
Die Wahlen erfolgen nach näherer Vorschrift des diesem Gesetze beigefügten Wahlreglements.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 23 Abs. 2
folgende Fassung:
"Vater und Sohn dürfen nicht gleichzeitig Gemeindevorsteher und Schöffen sein."
§ 24. Die Wahl der Gemeindevorsteher und der Schöffen erfolgt auf sechs Jahre.
§ 25. Wegen der Verpflichtung zur Übernahme, sowie wegen der Gründe für die Ablehnung des Amtes eines Gemeindevorstehers oder Schöffen, und wegen der Folgen einer ungerechtfertigten Ablehnung finden die Vorschriften des § 8 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle des Kreistages die Gemeindeversammlung, beziehungsweise die Gemeindevertretung und an die Stelle des Kommissarius des Kreistages der Gemeindevorsteher tritt und daß statt einer Erhöhung der Kreisabgaben eine solche für die Gemeindeabgaben beschlossen werden kann.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 25
folgende Fassung:
"§ 25. Wegen der Verpflichtung zur Übernahme, sowie wegen der Gründe für
die Ablehnung des Amtes eines Gemeindevorstehers oder Schöffen finden die
Vorschriften der Absätze 1 bis 4 des § 8 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die
Stelle des Kreistages (Absatz 2 Ziffer 5 a. a. O.) die Gemeindevertretung und,
wo eine solche nicht besteht, die Gemeindeversammlung tritt.
Wer sich ohne einen der im §8 Absatz 2 bezeichneten Entschuldigungsgründe
weigert, das Amt eines Gemeindevorstehers oder Schöffen zu übernehmen, oder das
übernommene Amt drei Jahre hindurch zu versehen, sowie derjenige, welcher sich
der Verwaltung solcher Ämter thatsächlich entzieht, kann durch Beschluß der
Gemeindevertretung und, wo eine solche nicht besteht, des Gemeindevorstandes für
einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren der Ausübung eines Rechts auf
Theilnahme an der Vertretung und Verwaltung der Gemeinde für verlustig erklärt
und um ein Achtel bis ein Viertel stärker, als die übrigen Gemeindeangehörigen,
zu den Gemeindeabgaben herangezogen werden. Gegen den Beschluß der
Gemeindevertretung beziehungsweise des Gemeindevorstandes findet innerhalb zwei
Wochen die Klage bei dem Kreisausschusse statt."
§ 26. b) Bestätigung derselben. Die gewählten Gemeindevorsteher und Schöffen bedürfen der Bestätigung durch den Landrath.
Vor der Bestätigung ist der Amtsvorsteher mit seinem Gutachten zu hören.
Die Bestätigung kann unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt werden.
Wird die Bestätigung versagt, so ist eine Neuwahl anzuordnen. Erhält auch diese die Bestätigung nicht, so ernennt der Landrath auf den Vorschlag des Amtsvorstehers unter Zustimmung des Kreisausschusses einen Stellvertreter auf so lange, bis eine erneuerte Wahl die Bestätigung erlangt hat.
Dasselbe findet statt, wenn keine Wahl zu Stande kommt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 26a. Die Bestimmungen des § 26 finden auch auf andere Gemeindebeamte
Anwendung, deren Wahl nach Maßgabe des Gesetzes der Bestätigung bedarf."
§ 27. c) Vereidigung derselben. Die Gemeindevorsteher und die Schöffen werden vor ihrem Amtsantritte von dem Landrathe oder in seinem Auftrage von dem Amtsvorsteher vereidigt.
§ 28. d) Dienstunkosten-Entschädigung derselben. Die Gemeindevorsteher haben Anspruch auf Ersatz ihrer baaren Auslagen und auf die Gewährung einer mit ihren amtlichen Mühewaltungen im billigen Verhältnisse stehenden Entschädigung.
Die Aufbringung derselben liegt der Gemeinde ob.
Alle fortlaufenden Geld- und Naturalbeiträge des Gutsherrn zur Remuneration des Gemeindevorstehers fallen fort.
Landdotationen, welche für die Verwaltung des Schulzenamts ausgewiesen sind, können auf Grund des gegenwärtigen Gesetzes nicht zurückgefordert werden. Sind solche Landdotationen allein oder in Verbindung mit Geld- oder Natural-Beiträge von dem Gutsherrn gewährt, so ist derselbe berechtigt, hierfür von dem Gemeindevorsteher auch ferner die Wahrnehmung der Gutsvorstehergeschäfte beziehungsweise die Vertretung hierbei in dem bisherigen Umfange (§ 31 Absatz 3) zu fordern.
Der Gutsherr wie die Gemeinde kann die Lösung eines derartigen Verhältnisses gegen Fortfall der Geld- und Natural-Beiträge und gegen Entschädigung für die Landdotationen verlangen. Der Gemeinde steht dabei das Recht zum statt der Gewährung einer Entschädigung die Landdotation herauszugeben.
In Betreff der Auseinandersetzung kommen die Vorschriften der §§ 41 bis 45 mit der Maßgabe zur Anwendung, daß zu den im ersten Absatze des § 45 erwähnten Kosten auch die Gutsherren Nichts beizutragen haben.
Die Schöffen haben ihr Amt in der Regel unentgeltlich zu verwalten und nur auf den Ersatz baarer Auslagen Anspruch.
§ 29. Rechte und Pflichten des Gemeindevorstehers. Der Gemeindevorsteher ist die Obrigkeit des Gemeindebezirkes und, sofern er nicht zugleich selbst Amtsvorsteher ist (§ 56 Absatz 5), das Organ des Amtsvorstehers für die Polizeiverwaltung.
Der Gemeindevorsteher hat vermöge dessen das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein sofortiges polizeiliches Einschreiten nothwendig macht, das dazu Erforderliceh vorläufig anzuordnen und ausführen zu lassen (§ 79).
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde im § 29 Abs. 2 die Klammer "(§ 79)" gestrichen.
§ 30. Der Gemeindevorsteher hat das Recht und die
Pflicht:
1) der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person nach den Vorschriften
des § 2 zu 1. und § 6 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12.
Februar 1850 (Gesetz-Samml. S. 45). Er hat aber von einer solchen Festnahme
sofort und spätestens innerhalb zwölf Stunden dem Amtsvorsteher Anzeige zu
machen, welcher über die Aufrechthaltung der Gewahrsam ungesäumt zu entscheiden
und das Weitere nach den Vorschriften des angeführten Gesetzes anzuordnen hat;
2) die unter Polizeiaufsicht stehenden Personen zu beaufsichtigen;
3) die ihm vom Amtsvorsteher, der Staats- oder Polizeianwaltschaft aufgetragenen
polizeilichen Maßregeln auszuführen und Verhandlungen aufzunehmen;
4) die in den §§ 8 ff. des Gesetzes über die Aufnahme neu anziehender Personen
vom 31. Dezember 1842 (Gesetz-Samml. für 1843 S. 5) vorgeschriebene Meldung
entgegenzunehmen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 30
folgende Fassung:
"§ 30. Der Gemeindevorsteher hat insbesondere das Recht und die Pflicht:
1) der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person nach den Vorschriften
des § 127 der Strafprozeßordnung für das Deutsche Recht vom 1. Februar 1877 (Reichs-Gesetzbl.
S. 253) und des § 6 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12.
Februar 1850 (Gesetz-Samml. S. 45);
2) die unter Polizeiaufsicht stehenden Personen zu beaufsichtigen;
3) die ihm von dem Amtsvorsteher, der Staats- oder Amtsanwaltschaft
aufgetragenen polizeilichen Maßregeln auszuführen und Verhandlungen aufzunehmen;
4) die in den §§ 8 ff. des Gesetzes über die Aufnahme neu anziehender Personen
vom 31. Dezember 1842 (Gesetz-Samml. 1843 S. 5) vorgeschriebene Meldung
entgegenzunehmen."
§ 31. Gutsvorsteher. Für den Bereich eines selbstständigen Gutsbezirks ist der Besitzer der Guts zu den Pflichten und Leistungen verbunden, welche den gemeinden für den Bereich ihres Gemeindebezirkes im öffentlichen Interesse gesetzlich obliegen.
Derselbe hat insbesondere die in den §§ 29, 30 und 79 aufgeführten obrigkeitlichen Befugnisse und Pflichten entweder in Person oder durch einen von ihm zu bestellenden, zur Übernahme des Amtes befähigten Stellvertreter auszuüben. Der letztere muß einen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in dessen unmittelbarer Nähe haben.
Es können jedoch auch außer dem im § 28 Absatz 4 vorgesehenen Falle Seitens des Besitzers des Guts sämmtliche oder einzelne Gutsvorstehergeschäfte an den Vorsteher einer benachbarten Gemeinde unter Beider Zustimmung gegen eine angemessene Entschädigung übertragen werden.
Ehefrauen werden rücksichtlich der angeführten Rechte und Pflichten durch den Ehemann vertreten, Kinder unter väterlicher Gewalt durch den Vater, Pflegebefohlene durch ihren Vormund oder Kurator.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 31 Abs. 4
folgende Fassung:
"Ehefrauen, sowohl groß- wie minderjährige, werden rücksichtlich der angeführten
Rechte und Pflichten durch ihren Ehemann, Kinder unter väterlicher Gewalt durch
ihren Vater und bevormundete Personen durch ihren Vormund oder Pfleger
vertreten."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurden im § 31 Abs. 2 die Worte "und 79" gestrichen.
§ 32. Die Bestellung eines Stellvertreters muß
erfolgen, wenn
1) das Gut einer juristischen Person, einer Aktiengesellschaft oder einer
Kommanditgesellschaft auf Aktien gehört, oder wenn mehrere Mitbesitzer sich
nicht darüber einigen, wer von ihnen die Geschäfte des Gutsvorstehers wahrnehmen
soll;
2) der Gutsbesitzer kein angehöriger des Deutschen Reichs ist;
3) derselbe nicht seinen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in dessen
unmittelbarer Nähe hat,
oder
4) wegen Krankheit oder aus anderen in seiner Person liegenden Gründen außer
Stande ist, die Pflichten eines Gutsvorstehers zu erfüllen.
Für die von dem Hauptgute entfernt gelegenen Theile eines selbstständigen Gutsbezirkes kann von dem Kreisausschusse die Bestimmung besonderer Stellvertreter angeordnet werden, sofern dies für eine ordnungsmäßige örtliche Verwaltung erforderlich ist.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 32
folgende Fassung:
"§ 32. Die Bestellung eines Stellvertreters muß erfolgen, wenn
1) das Gut einer juristischen Person, einer Aktiengesellschaft oder einer
Kommanditgesellschaft auf Aktien gehört, oder wenn mehrere Mitbesitzer sich
nicht darüber einigen, wer von ihnen die Geschäfte des Gutsvorstehers wahrnehmen
soll;
2) der Gutsbesitzer kein angehöriger des Deutschen Reichs ist;
3) derselbe nicht seinen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in dessen
unmittelbarer Nähe hat,
oder
4) wegen Krankheit oder aus anderen in seiner Person liegenden Gründen außer
Stande ist, die Pflichten eines Gutsvorstehers zu erfüllen.
In den vorstehend unter 1 bis 4 bezeichneten Fällen kann auf den Antrag des
Gutsbesitzers auch ein Stellvertreter für den ernannten Gutsvorsteher bestellt
werden, welcher in Fällen der Behinderung des letzteren die
Gtusvorstehergeschäfte wahrzunehmen hat.
Für die von dem Hauptgute entfernt gelegenen Theile eines selbstständigen
Gutsbezirkes kann von dem Kreisausschusse die Bestimmung besonderer
Stellvertreter angeordnet werden, sofern dies für eine ordnungsmäßige örtliche
Verwaltung erforderlich ist."
§ 33. Der Gutsbesitzer beziehungsweise der Stellvertreter wird in seiner Eigenschaft als Gutsvorsteher von dem Landrathe bestätigt. Die Bestätigung kann unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt werden.
Der Gutsvorsteher wird vor seinem Amtsantritte von dem Landrathe oder in dessen Auftrage von dem Amtsvorsteher vereidigt.
§ 34. Unterläßt der Besitzer des Guts in den im § 32 angegebenen Fällen oder wenn ihm die Bestätigung als Gutsvorsteher versagt worden ist, die Bestellung eines Stellvertreters, oder befindet er sich im Konkurse, oder befindet er sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte, so steht dem Landrathe unter Zustimmung des Kreisausschusses die Ernennung des Stellvertreters auf Kosten des Besitzers zu.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 34a. Der Kreisausschuß beschließt auf Antrag der Betheiligten über die
Festsetzung der Dienstunkostenentschädigung der Gemeindevorsteher, der baaren
Auslagen der Schöffen, der Remuneration stellvertretender Gutsvorsteher (§§ 28
und 34), sowie über die Festsetzung der Besoldungen und Remunerationen anderer
Gemeindebeamten."
§ 35. Dienstvergehen der Gemeindevorsteher, Schöffen und Gutsvorsteher.
Hinsichtlich der Dienstvergehen der Gemeindevorsteher, Schöffen und
Gutsvorsteher finden die Vorschriften des Gesetzes vom 21. Juli 1852 (Gesetz-Samml.
S. 465) mit der Maßgabe Anwendung, daß
1) an die Stelle der Bezirksregierung der Kreisausschuß, an die Stelle des
Präsidenten der Bezirksregierung der Landrath, an die Stelle des vorgesetzten
Minister der Vorsitzende des Verwaltungsgerichts und an die Stelle des
Staatsministeriums das Verwaltungsgericht tritt;
2) das Verfahren mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung nur durch
Beschluß des Kreisausschusses eingestellt werden kann,
3) das Gutachten des Disziplinarhofes nicht einzuholen ist;
4) die Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichte in mündlichem Verfahren
stattfindet;
5) ein Vertreter der Staatsanwaltschaft für die Berufungsinstanz von dem
Vorsitzenden des Verwaltungsgerichts ernannt wird;
6) Beschwerden über Disziplinarverfügungen des Landraths der Entscheidung des
Verwaltungsgerichts unterliegen.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 35 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 35 erneut aufgehoben.
§ 36. Die mit dem Besitze gewisser Grundstücke verbundene Berechtigung und Verpflichtung zur Verwaltung des Schulzen- (Richter-) Amtes ist aufgehoben.
§ 37. In Folge der Aufhebung der im § 36 gedachten Berechtigung und Verpflichtung treten auf diejenigen Festsetzungen außer Kraft, welche in Folge der Zerstückelung von Lehn- und Erbschulzengütern nach § 16 des Gesetzes vom 3. Januar 1845 (Gesetz-Samml. S. 25) über die Verbindung der Verwaltung des Schulzenamtens mit dem Besitze eines der Theile des zerstückelten Grundstücks oder die Ausweisung eines auskömmlichen Schulzengehalts in Grundstücken oder in Geld, beziehungsweise die Vertheilung des Geldbeitrages auf die einzelnen Trennstücksbesitzer getroffen worden sind.
§ 38. Grundstücke, Gerechtigkeiten und Einkünfte, welche den Schulzengutsbesitzern erweislich von der Gemeinde selbst für die Amtsverwaltung verliehen sind, fallen an die Gemeinde zurück.
§ 39. Ebenso hören diejenigen Vorrechte und Befreiungen auf, welche dem Schulzengutsbesitzer für die Verwaltung des Schulzenamtes in Beziehung auf die aus dem Kommunalverbande oder aus anderen Verbänden, z. B. dem Kirchen- und Schulverbande, entspringenden Dienste und Abgaben, der Gemeinde oder deren Mitgliedern gegenüber bisher zustanden.
Auf weitere Vergütigungen hat die Gemeinde keinen Anspruch.
§ 40. Die Beziehungen zwischen dem Besitzer des Schulzenguts und dritten Personen werden von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht berührt.
In keinem Falle können jedoch Grundstücke, Gerechtigkeiten oder Befreiungen, welche dem Schulzengute, wenngleich mit Beziehung auf die dem Besitzer zustehenden Verwaltung des Schulzenamtes, von Dritten, insbesondere von dem Landesherrn oder von gerichts- oder Gutsherren, sei es bei der Fundation des Schulzenguts oder später, ohne ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs verliehen worden sind, sowie die etwa an Stelle der verliehenen Gerechtigkeiten und Freiheiten getretenen Landabfindungen oder sonstigen Entschädigungen von den Verleihern oder deren Rechtsnachfolgern in Anspruch genommen und zurückgefordert werden. Dieselben verbleiben vielmehr dem Schulzengutsbesitzer auch nach Aufhebung der mit dem Schulzengute verbundenen Amtsverwaltung.
§ 41. Die nach den §§ 38 und 39 etwa erforderliche Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde und dem Schulzengutsbesitzer wird durch einen von dem Kreisausschusse zu ernennenden Kommissarius bewirkt.
Der über die Auseinandersetzung aufzunehmende Rezeß unterliegt der Prüfung und Bestätigung des Kreisausschusses.
§ 42. Entstehen bei dem Auseinandersetzungsverfahren (§ 41) Streitigkeiten darüber, ob mit einem Grundstücke die Verpflichtung zur Verwaltung des Schulzenamtes verbunden ist, oder ob und welche Grundstücke, Gerechtigkeiten, Vorrechte oder Befreiungen der in den §§ 38 und 39 gedachten Art zurück zu gewähren, beziehungsweise aufzuheben sind, oder wird die Vollziehung des Rezesses von den Betheiligten verweigert, so sind die Verhandlungen zum weiteren Verfahren und zur Entscheidung an die betreffende Auseinandersetzungsbehörde abzugeben.
Auf eine Appellation von der Entscheidung der Generalkommission beziehungsweise des betreffenden Spruchkollegiums für landwirthschaftliche Angelegenheiten des Regierungsbezirks erkennt das Revisionskollegium für Landeskultursachen endgültig und findet gegen dessen Entscheidung weder ein ordentliches noch ein außerordentliches Rechtsmittel statt.
Vor der Entscheidung in erster und zweiter Instanz ist das Gutachten des Kreisausschusses einzuholen und den Betheiligten zur Erklärung mitzutheilen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 42
folgende Fassung:
"§ 42. Entstehen bei dem Auseinandersetzungsverfahren (§ 41)
Streitigkeiten darüber, ob mit einem Grundstücke die Verpflichtung zur
Verwaltung des Schulzenamtes verbunden ist, oder ob und welche Grundstücke,
Gerechtigkeiten, Vorrechte oder Befreiungen der in den §§ 38 und 39 gedachten
Art zurückzugewähren, beziehungsweise aufzuheben sind, oder wird die Vollziehung
des Rezesses von den Betheiligten verweigert, oder die Bestätigung des Rezesses
(§ 41 Absatz ) von dem Kreisausschusse versagt, so sind die Verhandlungen zum
weiteren Verfahren und zur Entscheidung an die betreffende
Auseinandersetzungsbehörde (Generalkommission) abzugeben.
Gegen die Entscheidung der Generalkommission findet die Berufung an das
Oberlandeskulturgericht statt, welches endgültig entscheidet.
Vor der Entscheidung in erster und zweiter Instanz ist das Gutachten des
Kreisausschusses einzuholen und den Betheiligten zur Erklärung mitzutheilen."
§ 43. Ist das Auseinandersetzungsverfahren zufolge § 42 auf die Auseinandersetzungsbehörde übergegangen, so steht dieser Behörde auch die Aufnahme, Prüfung und Bestätigung des Rezesses zu.
§ 44. In Betreff des Verfahrens (§§ 41 - 43), sowie der Wirkung und Ausführung der Rezesse, gelten die hinsichtlich der Ablösung der Reallasten und der Regulirung der gutsherrlichen Verhältnisse bestehenden Vorschriften.
§ 45. Zu den Kosten, welche die Ausführung der in diesem Gesetze den Kreisausschüssen und deren Kommissarien übertragenen Geschäfte verursacht, haben die Gemeinden und die Schulzengutsbesitzer nichts beizutragen.
Für das Verfahren bei den Auseinandersetzungsbehörden gelten die für dieselben bestehenden Kostenbestimmungen.
Vierter Abschnitt.
Von den Amtsbezirken und dem Amte der Amtsvorsteher.
§ 46. Aufhebung der gutsherrlichen Polizeiverwaltung. Die Polizei wird im Namen des Königs ausgeübt.
Die gutsherrliche Polizeigewalt ist aufgehoben.
§ 47. Amtsbezirke. Behufs Verwaltung der Polizei und Wahrnehmung anderer öffentlicher Angelegenheiten wird jeder Kreis, mit Ausschluß der Städte, in Amtsbezirke getheilt.
§ 48. Bildung der Amtsbezirke.
Für die Bildung der Amtsbezirke gelten folgende Grundsätze:
1) Jeder Amtsbezirk soll thunlichst ein räumlich zusammenhängendes und
abgerundetes Flächengebiet umfassen, dessen Größe und Einwohnerzahl dergestalt
zu bemessen ist, daß einerseits die Erfüllung der durch das Gesetz der
Amtsverwaltung auferlegten Aufgaben gesichert, andererseits die Unmittelbarkeit
und die ehrenamtliche Ausübung der örtlichen Verwaltung nicht erschwert wird.
2) Gemeinden, welche eine den Bestimmungen des Gesetzes entsprechende
Amtsverwaltung aus eigenen Kräften herzustellen vermögen, sind, wenn nicht die
örtliche Lage die Zuschlagung anderer Gemeinde- oder Gutsbezirke nothwendig
macht, auf ihren Antrag zu einem Amtsbezirke zu erklären.
3) Gutsbezirke von abgesonderter Lage, welche ohne wesentliche Unterbrechung ein
räumlich zusammenhängendes Gebiet von erheblichem Flächeninhalte umfassen,
können auf Antrag ohne Rücksicht auf ihre Einwohnerzahl unter den übrigen
Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 zu den Amtsbezirken erklärt werden.
4) Alle übrigen gemeinden und Gutsbezirke werden zu Amtsbezirken vereinigt.
Insbesondere sollen Gemeinden und Gutsbezirke, welche eine örtlich verbundene
Lage haben, zu einem und demselben Amtsbezirke gehören.
Bei Abgrenzung der zusammengesetzten Amtsbezirke ist
möglichst darauf zu achten, daß die innerhalb der Kreise bestehenden Verbände
(Kirchspiele, Schulverbände, Wegebaubezirke u. s. w.) nicht zerrissen werden.
§ 49. Die Bildung der Amtsbezirke, sowie die etwa erforderliche Abänderung derselben erfolgt nach Anhörung der Betheiligten, auf Vorschlag des nach diesem Gesetze gewählten Kreistages, durch den Minister des Innern.
Die Revision und endgültige Feststellung, sowie jede spätere Abänderung derselben findet nach näherer Vorschrift der zu erlassenden Provinzialordnung statt.
Veränderungen solcher Gemeinde- oder Gutsbezirksgrenzen, welche zugleich Amtsbezirksgrenzen sind, ziehen die Veränderung der letzteren ohne Weiteres nach sich.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde der § 49 Abs. 2 durch
folgende Bestimmungen ersetzt:
"Die Revision und endgültige Feststellung, sowie jede spätere Abänderung der
Amtsbezirke erfolgt durch den Provinzialrath im Einvernehmen mit dem Minister
des Innern nach vorheriger Anhörung der Betheiligten und des Kreistages.
Die endgültige Feststellung der Amtsbezirke darf erst nach Ablauf einer
öffentlich bekannt zu machenden angemessenen Frist stattfinden."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 49a. Dem Provinzialrathe steht die Befugniß zu, im Einvernehmen mit
dem Minister des Innern ländliche gemeinde- und Gutsbezirke, welche innerhalb
der Feldmark einer zu einem Landkreise gehörigen Stadt belegen sind oder
unmittelbar an dieselbe angrenzen, bezüglich der Verwaltung der Polizei nach
Anhörung der Betheiligten und des Kreistages mit dem Bezirke der Stadt zu
vereinigen, sofern dies im öffentlichen Interesse nothwendig ist.
In Ermangelung einer Einigung unter den Betheiligten wird der Beitrag der
betreffenden Landgemeinde, beziehungsweise des betreffenden Gutsbezirkes zu den
Kosten der städtischen Polizeiverwaltung von dem Bezirksrathe festgesetzt.
Der Provinzialrath kann im Einvernehmen mit dem Minister des Innern in den
Fällen des ersten Absatzes gleichzeitig die Ausscheidung der betreffenden
Landgemeinden und Gutsbezirke aus dem Amtsbezirke, welchem sie bisher
angehörten, aussprechen. Über die hierdurch nothwendig werdende
Auseinandersetzung zwischen den Betheiligten beschließt der Kreisausschuß. Gegen
den Beschluß findet innerhalb zwei Wochen der Antrag auf mündliche Verhandlung
im Verwaltungsstreitverfahren statt."
§ 50. Organe der Amtsverwaltung. Die Organe der Amtsverwaltung in den Amtsbezirken sind nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes der Amtsvorsteher und der Amtsausschuß.
§ 51. Amtsausschuß. Für die Bildung
des Amtsausschusses gelten bis zum Erlaß der Landgemeindeordnung folgende
Bestimmungen:
1) In den zusammengesetzten Amtsbezirken besteht der Amtsausschuß aus Vertretern
sämmtlicher zum Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke.
Die Vertretung der Gemeinden erfolgt zunächst durch den
Gemeindevorsteher, sodann durch die Schöffen und, wenn auch deren Zahl nicht
ausreicht, durch andere von der Gemeinde zu wählende Mitglieder.
Die Zahl der von jeder Gemeinde zu entsendenden Vertreter,
sowie der jedem Gutsbezirke einzuräumenden Stimmen wird mit Rücksicht auf die
Steuerleistungen und die Einwohnerzahl durch ein nach Anhörung der Betheiligten
auf den Vorschlag des Kreisausschusses von dem Kreistage zu erlassendes Statut
geregelt.
Jede Gemeinde und jeder Gutsbezirk ist wenigstens durch einen
Abgeordneten zu vertreten.
2) In denjenigen Amtsbezirken, welche nur aus einer Gemeinde bestehen, nimmt die
Gemeindeversammlung beziehungsweise Gemeindevertretung die Geschäfte des
Amtsausschusses wahr.
3) In denjenigen Amtsbezirken, welche nur aus einem Gutsbezirke bestehen, fällt
der Amtsausschuß weg.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 51 Nr. 1
folgende Fassung:
"1) In den zusammengesetzten Amtsbezirken besteht der Amtsausschuß aus
Vertretern sämmtlicher zum Amtsbezirke gehörigen gemeinden und selbstständigen
Gutsbezirke. Jede Gemeinde und jeder Gutsbezirk ist wenigstens durch einen
Abgeordneten zu vertreten.
Die Vertretung der Gemeinden erfolgt zunächst durch den Gemeindevorsteher,
sodann durch die Schöffen und, wenn auch deren zahl nicht ausreicht, durch
andere von der Gemeinde zu wählende Mitglieder.
Die Zahl der von jeder Gemeinde zu entsendenden Vertreter, sowie der jedem
Gutsbezirk einzuräumenden Stimmen wird mit Rücksicht auf die Steuerleistungen
und die Einwohnerzahl durch ein nach Anhörung der Betheiligten auf den Vorschlag
des Kreisausschusses von dem Kreistage zu erlassendes Statut geregelt.
Beschwerden gegen dieses Statuts unterliegen der endgültigen Beschlußfassung des
Bezirksrathes.
Vertreter einer Gemeinde oder eines Gutsbezirkes bei dem Amtsausschusse können
nur Personen sein, welche die im § 96 unter a und b bezeichneten Eigenschaften
besitzen."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 51a. Gegen das zum Zwecke der Wahl eiens Abgeordneten zum
Amtsausschusse (§ 51 Nr. 1) stattgehabte Wahlverfahren kann jedes Mitglied der
Wahlversammlung innerhalb zwei Wochen Einspruch bei dem Vorsitzenden des
Wahlvorstandes erheben. Die Beschlußfassung über den Einspruch, über welchen die
Betheiligten vorab zu hören sind, steht dem Amtsausschusse zu.
Im Übrigen prüft der Amtsausschuß die Legitimation seiner Mitglieder von
Amtswegen und beschließt darüber.
Jede Wahl verliert dauernd oder vorübergehend ihre Wirkung, wenn sich ergiebt,
daß die für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen nicht vorhanden gewesen
sind, oder wenn diese Bedingungen gänzlich oder zeitweise aufhören. Das Gleiche
gilt in Bezug auf die unmittelbar auf dem Gesetze beruhende Mitgliedschaft des
Amtsausschusses. Der Amtsausschuß hat darüber zu beschließen, ob einer der
gedachten Fälle eingetreten ist.
Gegen die nach Ma0gabe der vorstehenden Bestimmungen gefaßten Beschlüsse des
Amtsausschusses findet innerhalb zwei Wochen dei Klage bei dem Kreisausschusses
statt. Dieselbe steht auch dem Amtsvorsteher zu. Die Klage hat keine
aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen Ersatzwahlen vor rechtskräftiger
Entscheidung nicht vorgenommen werden.
Für das Streitverfahren kann der Amtsausschuß einen besonderen Vertreter
bestellen."
§ 52. Zu den Befugnissen des Amtsausschusses
gehören:
1) die Kontrole sämmtlicher und die Bewilligung derjenigen Ausgaben der
Amtsverwaltung, welche vom Amtsbezirke aufgebracht werden (§§ 69 und 70, Absatz
4);
2) die Beschlußfassung über diejenigen Polizeiverordnungen, welche der
Amtsvorsteher unter Mitwirkung des Amtsausschusses zu erlassen befugt ist (§
62);
3) die Äußerung über Abänderungen des Amtsbezirkes (§ 49);
4) die Bestellung, sowie die Wahl besonderer Kommissionen oder Kommissarien zur
Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen des Amtsauschusses;
5) die Beschlußfassung über sonstige Angelegenheiten, welche der Amtsvorsteher
aus dem Kreise seiner Amtsbefugnisse dem Amtsausschusse zu diesem Zwecke
unterbreitet.
§ 53. Die zu einem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke sind befugt, durch übereinstimmenden Beschluß einzelne Kommunalangelegenheiten dem Amtsbezirke zu überweisen.
Handelt es sich hierbei um Aufbringung von Abgaben Seitens des Amtsbezirks, deren Aufbringungsmaßstab nicht gesetzlich feststeht, so muß sich die Übereinstimmung der Betheiligten auch auf den Aufbringungsmaßstab erstrecken.
Über solche dem Amtsbezirke überwiesene Kommunalangelegenheiten steht alsdann die Beschlußfassung dem Amtsausschusse zu.
§ 54. Der Amtsvorsteher beruft den Amtsausschuß und führt den Vorsitz mit vollem Stimmrechte. Die Sitzungen des Amtsausschusses sind öffentlich. Für einzelne Gegenstände kann durch einen in geheimer Sitzung zu fassenden beschluß die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
Der Amtsausschuß kann nur beschließen, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Eine Ausnahme hiervon findet statt, wenn die Mitglieder zum zweiten Male zur Verhandlung über denselben Gegenstand berufen, dennoch nicht in beschlußfähiger Anzahl erschienen sind. Bei der zweiten Berufung muß auf diese Bestimmung ausdrücklich hingewiesen werden.
Die Beschlüsse des Amtsausschusses werden nach Mehrheit der Stimmen gefaßt. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 54a. Beschlüsse des Amtsausschusses, welche dessen befugnisse
überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Amtsvorsteher, entstehenden
Falles auf Anweisung der Aufsichtsbehörde, unter Angabe der Gründe, mit
aufschiebender Wirkung zu beanstanden.
Gegen die Verfügung des Amtsvorstehers steht dem Amtsausschusse innerhalb einer
Frist von zwei Wochen die Klage bei dem Kreisausschusse zu. Zur Wahrnehmung
seiner Rechte im Verwaltungsstreitverfahren kann der Amtsausschuß einen
besonderen Vertreter wählen."
§ 55. Für die nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes den Gemeinden und Gutsbezirken gemeinsamen Angelegenheiten stehen dem Amtsverbande die Rechte einer Korporation zu. Die Korporation wird nach Außen durch den Amtsvorsteher vertreten.
Urkunden, welche das Amt verpflichten sollen, sind von dem Amtsvorsteher und mindestens einem Mitgliede des Amtsausschusses unter Anführung des betreffenden Beschlusses des Amtsausschusses zu vollziehen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 55a. Beschlüsse der Amtsverbände, betreffend die Veräußerung von
Grundstücken oder Immobiliarrechten oder die Aufnahme von Anleihen, durch welche
der Amtsverband mit einem Schuldenbestande belastet, oder der bereits vorhandene
Schuldenbestand vergrößert werden würde, bedürfen der Bestätigung des
Kreisausschusses. Ohne diese Genehmigung sind die bezeichneten Rechtsgeschäfte
nichtig.
Bis zum Erlaß einer Landgemeindeordnung ist zur Aufnahme von Anleihen durch den
Amtsausschuß die Zustimmung sämmtlicher zu dem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden
und Gutsbezirke nothwendig."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 55b. Der Kreisausschuß beschließt an Stelle der Aufsichtsbehörde:
1) über die Art der gerichtlichen Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
gegen Amtsverbände (§ 15 zu 4 des Einführungsgesetzes zum Deutschen
Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877, Reichs-Gesetzbl. S. 244);
2) über die Feststellung und den Ersatz der bei Kassen und anderen Verwaltungen
der Amtsverbände vorkommenden Defekte nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Januar
1844 (Gesetz-Samml. S. 52);
3) über die verweigerte Abnahme oder Entlastung von Rechnungen der
rechnungsführenden Beamten.
Der Beschluß zu 2 und 3 ist, vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges,
endgültig."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 55c. Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der Angelegenheiten
der Amtsverbände wird in erster Instanz von dem Kreisausschusse, in höherer und
letzter Instanz von dem Kreisausschusse, in höherer und letzter Instanz von dem
Bezirksrathe geübt.
Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden in Angelegenheiten der Amtsverbände sind
in allen Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen."
§ 56. Amtsvorsteher. a) Berufung desselben. Der Amtsvorsteher wird vom Oberpräsidenten ernannt.
Die Ernennung erfolgt auf Grund von Vorschlägen des Kreistages, in welche aus der Zahl der Amtsangehörigen die zu Amtsvorstehern befähigten Personen aufzunehmen sind.
In welcher Art eine Vervollständigung dieser Vorschläge erfolgen kann, bestimmt die Provinzialordnung.
Die Ernennung erfolgt auf sechs Jahre. Der Amtsvorsteher wird von dem Landrathe vereidigt.
In denjenigen Amtsbezirken, welche nur aus einer Gemeinde oder einem selbstständigen Gutsbezirke bestehen, ist der Gemeinde- beziehungsweise Gutsvorsteher zugleich Amtsvorsteher.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 56 Abs. 3
folgende Fassung:
"Lehnt ein Kreistag die Aufforderung des Oberpräsidenten zur Vervollständigung
dieser Vorschläge ab, so hat der Provinzialrath auf Antrag des Oberpräsidenten
darüber zu beschließen, ob und welche Personen nachträglich in die
Vorschlagsliste aufzunehmen sind."
§ 57. b) Stellvertretung desselben. Für jeden Amtsbezirk wird nach den für die Ernennung des Amtsvorstehers geltenden Bestimmungen (§ 56) ein Stellvertreter des Letzteren ernannt.
Ist der Amtsvorsteher an der Wahrnehmung seiner Amtsgeschäfte verhindert, so hat der Stellvertreter dieselben zu übernehmen; der Landrath ist hiervon zu benachrichtigen, sobald die Verhinderung länger als drei Tage dauert.
Erledigt sich das Amt des Amtsvorstehers, so tritt bis zur Ernennung seines Nachfolgers der Stellvertreter für ihn ein.
Findet sich im Amtsbezirke keine zur Ernennung als Stellvertreter geeignete Person, so hat der Kreisausschuß die Stellvertretung einstweilen einem der benachbarten Amtsvorsteher oder, nach vorherigem Einvernehmen mit der städtischen Vertretung, dem Bürgermeister einer benachbarten Stadt zu übertragen. Eine gleiche Anordnung erfolgt für den Fall des gleichzeitigen Abganges oder gleichzeitigen Behinderung des Amtsvorstehers und seines Stellvertreters.
Ist der Amtsvorsteher bei der Erledigung eines Amtsgeschäftes persönlich betheiligt, so hat der Kreisausschuß den Stellvertreter oder einen der benachbarten Amtsvorsteher damit zu betrauen.
In den Gemeinde, welche einen eigenen Amtsbezirk bilden, vertritt nach der Bestimmung des Kreisausschusses einer der Schöffen den Gemeindevorsteher in seiner Eigenschaft als Amtsvorsteher.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde der § 57 Abs. 5 und
6 durch
folgende Bestimmungen ersetzt:
"Ist der Amtsvorsteher bei der Erledigung eines Amtsgeschäftes persönlich
betheiligt, so hat der Kreisausschuß den Stellvertreter oder einen der
benachbarten Amtsvorsteher, beziehungsweise Bürgermeister, damit zu betrauen.
In den gemeinden, welche einen eigenen Amtsbezirk bilden, vertritt nach der
Bestimmung des Kreisausschusses einer der Schöffen den Gemeindevorsteher in
seiner Eigenschaft als Amtsvorsteher.
In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist der Beschluß des Kreisausschuß endgültig."
§ 58. Bestellung kommissarischer Amtsvorsteher. Ist nach der Erklärung des Kreistages für einen Amtsbezirk weder eine zum Amtsvorsteher geeignete Person zu ermitteln, noch die zeitweilige Wahrnehmung der Amtsverwaltung durch den Vorsteher eines benachbarten Amtsbezirkes, oder durch den Bürgermeister einer benachbarten Stadt thunlich, so bestellt der Oberpräsident auf Vorschlag des Kreisausschusses einen kommissarischen Amtsvorsteher.
Für die Übernahme der Verwaltung eines benachbarten Amtsbezirkes durch einen Bürgermeister ist die Zustimmung der städtischen Vertretung erforderlich.
Sofern die Verhältnisse es gestatten, kann ein kommissarischer Amtsvorsteher mit der Verwaltung zweier oder mehrerer Amtsbezirke gleichzeitig beauftragt werden.
§ 59. Obliegenheiten des
Amtsvorstehers. Der Amtsvorsteher verwaltet:
1) die Polizei, insbesondere die Sicherheits-, Ordnungs-, Sitten, Gesundheits-,
Gesinde-, Armen-, Wege-, Wasser-, Feld-, Forst-, Fischerei-, Gewerbe-, Bau-,
Feuer-Polizei u. s. w., soweit sie nicht durch besondere Gesetze dem Landrathe
oder anderen Beamten übertragen ist;
2) die sonstigen öffentlichen Angelegenheiten des Amts nach näherer Vorschrift
dieses Gesetzes.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 59 folgenden
Zusatz:
"Unter der nach Ziffer 1 dem Amtsvorsteher übertragenen Wasserpolizei ist die
Strom-, Schifffahrts- und Hafenpolizei nicht begriffen."
§ 60. Der Amtsvorsteher hat das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit sein Einschreiten nothwendig macht, das Erforderliche anzuordnen und ausführen zu lasen (§ 79).
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde im § 60 die Klammer "(§ 79)" gestrichen.
§ 61. In Beziehung auf die öffentlichen Wege hat der Amtsvorsteher dafür zu sorgen, daß dieselben im vorschriftsmäßigen Zustande erhalten werden und daß der Verkehr auf denselben nicht behindert werde. Sind dazu Leistungen erforderlich, so hat er den Pflichtigen zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten binnen einer angemessenen Frist aufzufordern, und wenn die Verbindlichkeit nicht bestritten wird, nach fruchtlosem Ablauf der Frist das zur Erhaltung des gefährdeten oder zur Wiederherstellung des unterbrochenen Verkehrs Nothwendige für Rechnung des Verpflichteten zur Ausführung zu bringen. Eben dies liegt ihm auch ohne vorgängige Aufforderung des Verpflichteten ob, wenn dergestalt Gefahr im Verzuge ist, daß die Ausführung der vorzunehmenden Arbeit durch den Verpflichteten nicht abgewartet werden kann.
Wird die Verpflichtung zu einer Handlung oder Leistung in Beziehung auf den Wegebau, welche im Interesse des öffentlichen Verkehrs nothwendig ist, von dem dazu Aufgeforderten in Abrede gestellt, so hat der Amtsvorsteher, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Arbeit bei zur Feststellung der Verpflichtung nicht aufgeschoben werden kann, wegen Ausführung des Nothwendigen Anordnung zu treffen, zugleich aber eine Instruktion der streitigen Verhältnisse mit Zuziehung der Betheiligten vorzunehmen. Wird dabei die Nothwendigkeit einer Leistung an sich oder in dem geforderten Maße bestritten, oder ist es streitig, ob ein Weg ein öffentlicher oder ein Privatweg sei, so ist in dem kontradiktorischen Verfahren das öffentliche Interesse durch den Amtsvorsteher wahrzunehmen.
Gehören die Betheiligten verschiedenen Amtsbezirken, beziehungsweise Amts- und Stadtbezirken des Kreises an, so bestimmt der Kreisausschuß denjenigen Amtsvorsteher, beziehungsweise Bürgermeister, welcher die nothwendigen Anordnungen zu treffen, die Instruktion zu führen und im kontradiktorischen Verfahren das öffentliche Interesse wahrzunehmen hat.
Der Amtsvorsteher, beziehungsweise der Bürgermeister, hat die geschlossenen Verhandlungen, eine gütliche Regulierung nicht gelingt, mit gutachtlichem Berichte zum Kreisausschusse vorzulegen, welcher die im § 135 unter Nr. II. 1. vorgesehene resolutorische Entscheidung trifft.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 61 Abs. 3 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 61
folgende Fassung:
"§ 61. Der Kreisausschuß bestimmt endgültig denjenigen
Amtsvorsteher, beziehungsweise Bürgermeister, welcher die in Bezug auf die
öffentlichen Wege nothwendigen Anordnungen zu treffen hat, wenn die Betheiligten
verschiedenen Amtsbezirken, beziehungsweise Amts- und Stadtbezirken angehören.
Diese Bestimmung findet gleichmäßige Anwendung auf dei in Vorfluths- und anderen
polizeilichen Angelegenheiten zu treffenden Anordnungen."
§ 62. Das durch die §§ 5 ff. des Gesetzes vom 11. März 1850 (Gesetz-Samml. S. 265) der Ortspolizeibehörde für den Umfang einer Gemeinde ertheilte Recht zum Erlaß von Polizei-Strafverordnungen wird auf den Amtsvorsteher mit der Maßgabe übertragen, daß er nicht nur für den Umfang einer einzelnen Gemeinde oder eines einzelnen Gutsbezirkes, sondern auch für den Umfang mehrerer Gemeinden oder Gutsbezirke und für den Umfang des ganzen Amtsbezirkes unter Zustimmung des Amtsausschusses, auch um Falle des § 7 des Gesetzes, derartige Verordnungen zu erlassen befugt ist.
Versagt der Amtsausschuß die Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag des Amtsvorstehers durch den Kreisausschuß ergänzt werden.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 62 Abs. 2
folgende Fassung:
"Versagt der Amtsausschuß die Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag des
Amtsvorstehers durch Beschluß des Kreisausschusses ergänzt werden. Der Beschluß
ist endgültig."
§ 63. Der Amtsvorsteher hat in den seiner Verwaltung anheimfallenden Angelegenheiten das Recht der vorläufigen Straffestsetzung nach den Vorschriften des Gesetzes vom 14. Mai 1852 (Gesetz-Samml. S. 245).
§ 64. Die polizeirichterlichen Befugnisse des Amtsvorstehers, sowie das Verfahren in Polizei-Konstraventionssachen vor demselben beziehungsweise vor einem Schöffengerichte, werden durch ein besonderes Gesetz geregelt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 64 aufgehoben.
§ 65. Dienstliche Stellung der Gemeinde- und Gutsvorstände, sowie der Gendarmen zu dem Amtsvorsteher. Die Gemeinde- und Gutsvorstände sind verbunden, den Anweisungen und Aufträgen des Amtsvorstehers, welche derselbe in Gemäßheit seiner gesetzlichen Befugnisse in Dienstangelegenheiten an sie erläßt, nachkommen, und können hierzu von ihm nach Maßgabe des § 83 durch Zwangsmaßregeln, angehalten. Ein Ordnungsstrafrecht steht dem Amtsvorsteher gegen dieselben jedoch nicht zu.
Ingleichen haben die Gendarmen den Requisitionen des Amtsvorstehers in polizeilichen Angelegenheiten zu genügen. Der Dienstaufsicht des Amtsvorstehers unterliegen sie nicht.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 65
folgende Fassung:
"§ 65. Die Gemeinde- und Gutsvorsteher sind verbunden, den
Anweisungen und Aufträgen des Amtsvorstehers, welche derselbe in Gemäßheit
seiner gesetzlichen befugnisse in Dienstangelegenheiten an sie erläßt,
nachzukommen, und können hierzu von ihm unter Anwendung der den
Ortspolizeibehörden nach § 68 des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen
Landesverwaltung vom 26. Juli 1880 (Gesezt-Samml. S. 291) zustehenden
Zwangsmittel, mit Ausnahme der Haftstrafe, angehalten werden. Ein
Ordnungsstrafrecht steht dem Amtsvorsteher gegen die Gemeinde- und Gutsvorsteher
nicht zu.
Die Gendarmen haben den Requisitionen des Amtsvorstehers in polizeilichen
Angelegenheiten zu genügen. Der Dienstaufsicht des Amtsvorstehers unterliegen
sie nicht."
§ 66. Dienstliche Stellung des Amtsvorstehers zu dem Landrathe und dem Kreisausschuß. Der Landrath und der Kreisausschuß sind befugt, für die Geschäfte der allgemeinen Landes- und Kreis-Kommunalverwaltung, sowie bei Beaufsichtigung der Kommunalangelegenheiten der zu dem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke die vermittelnde und begutachtende Thätigkeit des Amtsvorstehers in Anspruch zu nehmen.
§ 67. Beschwerden über die Verfügungen des Amtsvorstehers unterliegen, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen der §§ 79-83 und 135, der Entscheidung des Kreisauschusses.
Die Aufsicht über die Geschäftsführung des Amtsvorstehers führt der Landrath als Vorsitzender des Kreisausschusses.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 67 Abs. 1 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 67
folgende Fassung:
"§ 67. Der Kreisausschuß beschließt über Beschwerden gegen
Verfügungen der Amtsvorsteher in nicht polizeilichen Angelegenheiten.
Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Amtsvorsteher führt der Landrath als
Vorsitzender des Kreisausschusses."
§ 68. Dienstvergehen des Amtsvorstehers. Hinsichtlich der Dienstvergehen des Amtsvorstehers finden die Bestimmungen des § 35 mit der Maßgabe Anwendung, daß das Recht, eine Ordnungsstrafe gegen den Amtsvorsteher festzusetzen, dem Landrathe nicht zusteht.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 68 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 68
folgende Fassung:
"§ 68. Bezüglich der Dienstvergehen der Amtsvorsteher finden die
Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen der
nicht richterlichen Beamten (Gesetz-Samml. S. 465), mit folgenden Maßgaben
Anwendung:
1) Über die Verhängung von Ordnungsstrafen gegen die Amtsvorsteher beschließt im
Umfange des den Provinzialbehörden beigelegten Ordnungsstrafrechtes der
Kreisausschuß und im Umfange des dem Minister beigelegten Ordnungsstrafrechtes
der Regierungspräsident. Dem Landrathe steht das Recht zur Verhängung von
Ordnungsstrafen gegen die Amtsvorsteher nicht zu.
Gegen den Beschluß des Kreisausschusses findet innerhalb zwei
Wochen die Beschwerde an den Bezirksrath, gegen die Strafverfügungen des
Regierungspräsidenten innerhalb gleicher Frist die Beschwerde an den
Oberpräsidenten statt.
Gegen den auf die Beschwerde ergehenden Beschluß des
Bezirksrathes, beziehungsweise des Oberpräsidenten, findet innerhalb zwei Wochen
die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt."
2) In dem auf Entfernung aus dem amte gerichteten Verfahren wird die Einleitung
des Disziplinarverfahrens von dem Landrathe oder von dem Regierungspräsidenten
verfügt und von demselben der Untersuchungskommissar, sowie der Vertreter der
Staatsanwaltschaft für die erste Instanz ernannt.
Die entscheidende Behörde erster Instanz ist der
Kreisausschuß, die entscheidende Behörde zweiter Instanz das
Oberverwaltungsgericht. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft bei dem
Oberverwaltungsgerichte wird von dem Minister des Innern ernannt."
§ 69. Kosten der Amtsverwaltung. Der Amtsvorsteher ist berechtigt, eine Amtsunkosten-Entschädigung zu beanspruchen, welche nach Anhörung der betheiligten von dem Kreiausschusse als ein Pauschquantum festgesetzt wird.
In gleicher Weise erfolgt die Festsetzung der einem kommissarischen Amtsvorsteher zu gewährenden Remuneration.
§ 70. Als Beitrag zu den Kosten der Amtsverwaltung überweist der Staat den Kreisen diejenigen Summen, welche er in Folge des gegenwärtigen Gesetzes durch das Eingehen der Königlichen Polizeiverwaltungen, durch den Wegfall der Schulzenremunerationen und andere Polizei-Verwaltungskosten an den im Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1873 für ebengenannte Zwecke veranschlagten Ausgaben fernerhin ersparen wird.
Die Vertheilung des für jede Provinz festzustellenden Betrages auf die einzelnen Kreise erfolgt nach Maßgabe des Bedürfnisses durch die Provinzialvertretung beziehungsweise durch eine von dieser zu erwählende Kommission.
Außerdem wird der Staat für die den Kreisen beziehungsweise Amtsbezirken durch die Wahrnehmung von Geschäften der Staatsverwaltung erwachsenden Ausgaben besondere Fonds überwiesen. Das hierüber zu erlassende Gesetz wird über den Betrag und die Vertheilung dieser Fonds nähere Anordnungen treffen.
Soweit die Kosten der Amtsverwaltung durch die vom Staate überwiesenen Beträge ihre Deckung nicht finden, trägt dieselben das Amt.
In den zusammengesetzten Amtsbezirken gilt für die Aufbringung der Verwaltungskosten in Ermangelung einer Vereinbarung unter den Betheiligten der nach Maßgabe dieses Gesetzes in dem Kreise für die Kreisabgaben festgestellte Maßstab.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 70a. Auf Beschwerde und Einsprüche, betreffend:
1) das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des
Amtsbezirkes,
2) die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Kosten der Amtsverwaltung oder
zu anderen Amtsabgaben,
beschließt - in zusammengesetzten Amtsbezirken - der Amtsausschuß.
Beschwerden und Einsprüche der zu 2 gedachten Art sind innerhalb einer Frist von
zwei Monaten nach Bekanntmachung der Abgabebeiträge bei dem Amtsvorsteher
anzubringen. Einsprüche gegen die Höhe von Amtszuschlägen zu den direkten
Staatssteuern, welche sich gegen den Prinzipalsatz der letzteren richten, sind
unzulässig.
Gegen den Beschluß des Amtsausschusses findet innerhalb zwei Wochen die Klage
bei dem Kreisausschusse statt. Hierbei finden die Vorschriften des § 19 Absatz 3
Satz 2 Anwendung.
Die Beschwerden und die Einsprüche, sowie die Klage, haben keine aufschiebende
Wirkung."
§ 71. In denjenigen Gemeinden und Gutsbezirken, welche einen Amtsbezirk für sich bilden, werden die Kosten der Amtsverwaltung gleich den übrigen Kommunalbedürfnissen aufgebracht. Solche Amtsbezirke haben keinen Anspruch auf die vom Staate gewährten Fonds.
§ 72. Unterläßt oder verweigert ein Amtsausschuß die Bewilligung von Ausgaben, zu deren Leistung das Amt gesetzlich verpflichtet ist, so stellt der Kreisausschuß diese Ausgaben außerordentlich fest.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 72 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 72
folgende Fassung:
"§ 72. Unterläßt oder verweigert ein Amtsausschuß die ihm gesetzlich
obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit
festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich
zu genehmigen, so verfügt der Landrath unter Anführung der Gründe die Eintragung
in den Etat, beziehungsweise die Feststellung der außerordentlichen Ausgabe.
Gegen die Verfügung des Landrathes steht dem Amtsverbande innerhalb zwei Wochen
die Klage bei dem Bezirksverwaltungsgerichte zu. Zur Ausführung der Rechte des
Amtsverbandes kann der Amtsausschuß einen besonderen Vertreter bestellen."
§ 73. Einnahmen aus Geldbußen und Konfiskaten. Die von den Amtsvorstehern in Gemäßheit des Gesetzes vom 14. Mai 1852 (Gesetz-Samml. S. 245) endgültig festgesetzten Geldbußen und Konfiskate, sowie die von denselben festgesetzten Exekutivgeldbußen werden - soweit nicht in Ansehung gewisser Übertretungen besonders bestimmt ist, wohin die durch diese verwirkten Geldbußen oder Konfiskate fließen sollen - zur Amtskasse, beziehungsweise zu den Kassen der einen eigenen Amtsbezirk bildenden Gemeinden und Gutsbezirke vereinnahmt und zur Deckung der Amtsverwaltung mitverwendet.
Fünfter Abschnitt.
Von dem Amte des Landraths.
§ 74. Landrath. a) Ernennung desselben. Der Landrath wird vom Könige ernannt. Die Kreisversammlung ist jedoch befugt, für die Besetzung eines erledigten Landrathsamtes aus der Zahl der Grundbesitzer und der Amtsvorsteher des Kreises geeignete Personen in Vorschlag zu bringen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 74
folgende Fassung:
"§ 74. Der Landrath wird vom Könige ernannt.
Der Kreistag ist befugt, für die Besetzung des erledigten Landrathsamtes
geeignete Personen, welche seit mindestens einem Jahre dem Kreise durch
Grundbesitz oder Wohnsitz angehören, in Vorschlag zu bringen.
Geeignet zur Bekleidung der Stelle eines Landrathes sind diejenigen Personen,
welche:
1) die Befähigung zum höheren Verwaltungs- oder Justizdienste erlangt haben,
oder
2) dem Kreise seit mindestens einem Jahre durch Grundbesitz oder Wohnsitz
angehören und gleichzeitig mindestens während eines vierjährigen Zeitraumes,
entweder
a) als Referendare im Vorbereitungsdienste bei den Gerichten
und Verwaltungsbehörden,
oder
b) in Selbstverwaltungsämtern des betreffenden Kreises, des
Bezirkes oder der Provinz - jedoch nicht lediglich als Stellvertreter oder als
Mitglieder von Kreiskommissionen
tätig gewesen sind.
Auf den Zeitraum von vier Jahren kann den zu 2 b bezeichneten Personen eine
Beschäftigung bei höheren Verwaltungsbehörden bis zur Dauer von zwei Jahren in
Anrechnung gebracht werden."
§ 75. b) Stellvertretung desselben. Behufs Stellvertretung des Landraths werden von dem Kreistage aus der Zahl der Kreisangehörigen zwei Kreisdeputirte auf je sechs Jahre gewählt. Dieselben bedürfen der Bestätigung des Oberpräsidenten. Sie sind von dem Landrathe zu vereidigen.
Für kürzere Verhinderungsfälle kann der Kreissekretär als Stellvertreter eintreten.
§ 76. c) Amtliche Stellung desselben. Der Landrath führt als Organ der Staatsregierung die Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung im Kreise und leitet als Vorsitzender des Kreistages und es Kreisausschusses die Kommunalverwaltung des Kreises.
§ 77. d) Rechte und Pflichten desselben. Soweit die Rechte und Pflichten des Landraths nicht durch das gegenwärtige Gesetz abgeändert sind, behält es bei den darüber bestehenden Vorschriften auch ferner sein Bewenden.
Demgemäß hat der Landrath auch ferner die gesammte Polizeiverwaltung im Kreise und in dessen einzelnen Amtsbezirken, Gemeinden und Gutsbezirken zu überwachen.
§ 78. e) Insbesondere. Befugniß desselben zum Erlasse kreispolizeilicher
Verordnungen. Der Landrath ist befugt, unter Zustimmung des
Kreisausschusses nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes über die
Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (Gesetz-Samml. S. 265) für mehrere
Amtsbezirke oder für den ganzen Umfang des Kreises gültige Polizeivorschriften
zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen bis zum Betrage
von 10 Thalern anzudrohen. Das durch die §§ 5 beziehungsweise 9 des Gesetzes vom
11. März 1850 der Bezirksregierung beziehungsweise dem Regierungspräsidenten
beigelegte Recht:
über die Art der Verkündigung der ortspolizeilichen
Vorschriften, sowie über die Formen, von deren Beobachtung die Gütligkeit
derselben abhängt, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, sowie
ortspolizeiliche Vorschriften außer Kraft zu setzen,
stehen denselben in gleichem Umfange auch fortan bezüglich der
kreispolizeilichen Vorschriften zu.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 78 aufgehoben.
Sechster Abschnitt.
Von dem Zwangsverfahren der Behörden des Kreises.
§ 79. Der Landrath, der Amtsvorsteher und der Orts- (Gemeinde-, Guts-) Vorsteher können in Ausübung ihrer Polizeigewalt die durch ihre gesetzlichen Befugnisse gerechtfertigten Anordnungen durch Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel durchsetzen.
Kann die zu erzwingende Handlung durch einen Dritten geleistet werden, so ist die Behörde befugt, dieselbe durch einen Dritten ausführen zu lassen, den Betrag der Kosten vorläufig zu bestimmen und im Wege der Exekution von dem Verpflichteten einzuziehen.
Kann die zu erzwingende Handlung nicht durch einen Dritten geleistet, oder soll eine Unterlassung erzwungen werden, so ist die Behörde berechtigt, Geldbußen, und zwar der Landrath bis zur Höhe von 50 Thalern, der Amtsvorsteher bis zur Höhe von 20 Thalern, der Ortsvorsteher bis zur Höhe von 1 Thaler anzudrohen und festzusetzen. Die Festsetzung muß immer eine schriftliche Androhung mit einer bestimmten Frist vorangehen.
Die Bestimmungen des vorhergehenden Absatzes finden auch bei Handlungen, die durch einen Dritten geleistet werden können, in den Fällen Anwendung, in welchen es feststeht, daß der Verpflichtete nicht im Stande ist, die aus der Ausführung durch einen Dritten entstehenden Kosten zu tragen.
Unmittelbarer Zwang darf, unbeschadet der Bestimmungen des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850 (Gesetz-Samml. S. 45), nur angewendet werden, wenn die getroffene Anordnung ohne einen solchen undurchführbar ist.
Gleiche Befugnisse wie den Amtsvorstehern stehen den Polizeiverwaltern in den zu Landkreisen gehörigen Städten zu.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 79 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 79 erneut aufgehoben.
§ 80. Sowohl gegen die Anordnung. als gegen die Festsetzung der Strafe kann innerhalb 120 Tagen nach Zustellung des Erlasses Berufung eingelegt werden.
Die Berufung erfolgt an den Kreisausschuß, und, wenn der Erlaß von dem Landrathe ausgegangen ist, an das Verwaltungsgericht. Gegen die Entscheidung des Kreisausschusses findet fernere Berufung an das Verwaltungsgericht statt.
Darüber, ob im Sinne des § 6 des Gesetzes über die Zulässigkeit des Rechtsweges in Beziehung auf polizeiliche Verfügungen vom 11. Mai 1842 (Gesetz-Samml. für 1842 S. 192 ff.) eine Verfügung als gesetzwidrig oder unzulässig aufzuheben ist, entscheidet in Betreff der Verfügungen des Gemeinde- oder Amtsvorstehers der Kreisausschuß beziehungsweise das Verwaltungsgericht, in Betreff der Verfügungen des Landrathes das Verwaltungsgericht.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 80 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 80 erneut aufgehoben.
§ 81. Die Verfügung kann des Widerspruchs ungeachtet zur Ausführung gebracht werden, wenn diese nach dem Ermessen der Behörde ohne Nachtheil für das Gemeinweisen nicht ausgesetzt bleiben kann.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 81 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 81 erneut aufgehoben.
§ 82. Die endgültig festgesetzten Geldbußen, welche nicht beizutreiben sind, hat der Kreisausschuß auf Antrag der Behörde und nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 28 und 29 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 in Haft umzuwandeln. Gegen den Beschluß kann innerhalb 10 Tagen Berufung an das Verwaltungsgericht eingelegt werden.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 82 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 82 erneut aufgehoben.
§ 83. Wegen der Zwangsmaßregeln, welche der Amtsvorsteher gegen die Gemeinde- und die Gutsvorstände (§ 65) verhängen darf, gelten die Vorschriften des § 79 Absatz 2 bis 5 und die §§ 80 und 81. Eine Umwandlung der Geldbußen in Haft findet nicht statt.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 83 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 83
erneut aufgehoben.
Erster Abschnitt.
Von der Zusammensetzung des Kreistages.
§ 84. Zahl der Mitglieder des Kreistages. Die Kreisversammlung (der Kreistag) besteht in Kreisen, welche unter Ausschluß der im aktiven Militairdienste stehenden Personen 25,000 oder weniger Einwohner haben, aus 25 Mitgliedern. In Kreisen mit mehr als 25,000 Einwohnern bis zu 100,000 Einwohnern tritt für jede Vollzahl von 5000 und in Kreisen mit mehr als 100,000 Einwohnern für jede über die letztere Zahl überschießende Vollzahl von 10,000 Einwohnern je ein Vertreter hinzu.
§ 85. Bildung von Wahlverbänden für die Wahl der Kreistags-Abgeordneten.
Zum Zwecke der Wahl der Kreistags-Abgeordneten werden drei Wahlverbände
gebildet, und zwar:
a) der Wahlverband der größeren ländlichen Grundbesitzer,
b) der Wahlverband der Landgemeinden und
c) der Wahlverband der Städte.
In Kreisen, in welchen keine Stadtgemeinde vorhanden ist, scheidet der Wahlverband der Städte aus.
Für Kreise, welche nur aus einer oder mehreren Städten bestehen, gelten die Vorschriften der §§ 169 und 171 bis 175 dieses Gesetzes.
§ 86. Bildung des Wahlverbandes der größeren ländlichen Grundbesitzer. Der Wahlverband der größeren ländlichen Grundbesitzer besteht aus allen denjenigen zur Zahlung von Kreisabgaben verpflichteten Grundbesitzern, mit Einschluß der juristischen Personen, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, welche von ihrem gesammten, auf dem platten Lande innerhalb des Kreises belegenen Grundeigenthume den Betrag von mindestens 75 Thalern an Grund- und Gebäudesteuer entrichten, beziehungsweise zu entrichten haben würden, wenn sie nach Maßgabe der Gesetze vom 21. Mai 1861 (Gesetz-Samml. S. 253 und 317) zur Grund- beziehungsweise Gebäudesteuer veranlagt wären.
Nach Erlaß der Provinzialordnung bleibt den Provinzialvertretungen überlassen, für ihre Provinz oder auch für einzelne Kreise derselben den Betrag von 75 Thalern auf den Betrag von 100 Thalern zu erhöhen oder bis auf den Betrag von 50 Thalern zu ermäßigen.
Für einzelne Kreise der Provinz Sachsen darf diese Erhöhung bis zu dem Betrage von 150 Thalern erfolgen.
Dem Wahlverbande der größeren ländlichen Grundbesitzer treten diejenigen Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer hinzu, welche wegen ihrer auf dem platten Lande innerhalb des Kreises betriebenen gewerblichen Unternehmungen in der Klasse A. I. der Gewerbesteuer mit dem Mittelsatze veranlagt sind (§ 14 Absatz 4).
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Artikel II) wurde an Stelle der Thalerwährung der entsprechende Betrag in Reichswährung eingesetzt (im § 86 Abs. 1 bis 3 an Stelle von 75 bzw. 100 bzw. 50 bzw. 150 Thalern also 225 bzw. 300 bzw. 150 bzw. 450 Mark).
§ 87. Bildung
des Wahlverbandes der Landgemeinden. Der Wahlverband der Landgemeinden
umfaßt:
1) sämmtliche Landgemeinden des Kreises;
2) sämmtliche Besitzer selbstständiger Güter mit Einschluß der juristischen
Personen, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaft auf Aktien, welche
nicht zu dem Verbande der größeren Grundbesitzer (§ 86) gehören;
3) diejenigen Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer, welche wegen ihrer auf dem
platten Lande innerhalb des Kreises betriebenen gewerblichen Unternehmungen in
der Klasse A. I. unter dem Mittelsatze veranlagt sind.
§ 88. Bildung des Wahlverbandes der Städte. Der Wahlverband der Städte umfaßt die Stadtgemeinden des Kreises.
§ 89. Vertheilung der Kreistags-Abgeordneten auf die einzelnen Wahlverbände.
Die nach § 84 dieses Gesetzes jedem Kreise nach Maßgabe siner
Bevölkerungsziffer zustehende Zahl von Kreistags-Abgeordneten wird auf die drei
Wahlverbände der größeren Grundbesitzer, der Landgemeinden und der Städte nach
folgenden Grundsätzen vertheilt:
1) Die Zahl der städtischen Abgeordneten wird nach dem Verhältnisse der
städtischen und ländlichen Bevölkerung, wie dasselbe durch die letzte allgemeine
Volkszählung festgestellt worden ist, bestimmt. Die Zahl der städtischen
Abgeordneten darf die Hälfte, und in denjenigen Kreisen, in welchen nur eine
Stadt vorhanden ist, ein drittel der Gesammtzahl aller Abgeordneten nicht
übersteigen.
2) Von der nach Abzug der städtischen Abgeordneten übrig bleibenden Zahl der
Kreistags-Abgeordneten erhalten die Verbände der größeren Grundbesitzer und der
Landgemeinden ein jeder die Hälfte.
§ 90. Bleibt die vorhandene Zahl der in dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer Wahlberechtigten (§ 86) in einem Kreise unter der ihrem Verbande nach § 89 zukommenden Abgeordnetenzahl, so wählt dieser Verband nur so viele Abgeordnete, als Wähler vorhanden sind, und fällt die demselben hiernach abgehende Zahl von Abgeordneten dem Wahlverbande der Landgemeinden zu.
§ 91. Vertheilung der vom Wahlverbande der Landgemeinden zu wählenden Abgeordneten auf die einzelnen Wahlbezirke. Zum Zwecke der Wahl der von dem Verbande der Landgemeinden zu wählenden Abgeordneten werden, unter möglichster Anlehnung an die Amtsbezirke, in räumlicher Abrundung und nach Maßgabe der Bevölkerung Wahlbezirke gebildet, deren jeder die Wahl von Einem bis zwei Abgeordneten zu vollziehen hat.
§ 92. Vertheilung der vom Wahlverbande der Städte zu wählenden Abgeordneten auf die einzelnen Stadtgemeinden, beziehungsweise Bildung von Städte-Wahlbezirken. Die Zahl der vom Wahlverbande der Städte überhaupt zu wählenden Kreistags-Abgeordneten wird auf die einzelnen Städte des Kreises nach Ma0gabe der Seelenzahl vertheilt.
Sind in einem Kreise mehrere Städte vorhanden, auf welche hiernach nicht je ein Abgeordneter fällt, so werden diese Städte Behufs der Wahl mindestens eines gemeinschaftlichen Abgeordneten zu einem Wahlbezirke vereinigt.
Ist in einem Kreise neben anderen großen Städten nur eine Stadt vorhanden, welche nach ihrer Seelenzahl nicht einen Abgeordneten zu wählen haben würde, so ist derselbe gleichwohl ein Abgeordneter zu überweisen.
§ 93. Ausgleichung der sich bei der Vertheilung der Kreistags-Abgeordneten ergebenden Bruchtheile. Ergeben sich bei den nach Maßgabe der §§ 89 - 92 des Gesetzes vorzunehmenden Berechnugnen Bruchtheile, so werden dieselben nur insoweit berücksichtigt, als sie 1/2 erreichen oder übersteigen.
Übersteigen sie 1/2, so werden sie für voll gerechnet; können sie 1/2 gleich, so bestimmt das Loos, welchem der bei der Vertheilung betheiligten Wahlverbände und Wahlbezirke, beziehungsweise welcher Stadtgemeinde der Bruchtheil für voll gerechnet werden soll.
§ 94. Vollziehung der Wahlen in den Wahlverbänden der größeren Grundbesitzer. Zur Wahl der von dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer zu wählenden Kreistags-Abgeordneten treten die zu diesem Verbande gehörigen Grundbesitzer, Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer in der Kreisstadt unter dem Vorsitze des Landraths zusammen.
§ 95. Bei dem Wahlakte hat jeder Berechtigte nur Eine Stimme.
Auch als Stellvertreter können Personen, welche bereits eine Stimme führen, ein ferneres Stimmrecht nicht ausüben. Ausgenommen sind die im § 97 Br. 7 bezeichneten Vertreter.
§ 96. Das Recht zur persönlichen Theilnahme an den
Wahlen (§ 94) steht vorbehaltlich der nachfolgenden besonderen Bestimmungen (§
97) denjenigen Grundbesitzern, Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer zu, welche
a) Angehörige des Deutschen Reichs und selbstständig sind. Als selbstständig
wird derjenige angesehen, welcher das 21ste Lebensjahr vollendet hat, sofern ihm
das Recht, übers ein Vermögen zu verfügen und dasselbe zu verwalten, nicht durch
gerichtliche Anordnung entzogen ist;
b) sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden.
Das Wahlrecht geht verloren, sobald eines der vorstehenden Erfordernisse bei dem bis dahin Wahlberechtigten nicht mehr zutrifft. Es ruht während der Dauer eines Konkurses, ferner während der Dauer einer gerichtlichen Untersuchung, wenn dieselbe wegen Verbrechen oder wegen solcher Vergehen, welche den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen müssen oder können, eingeleitet oder wenn die gerichtliche Haft verfügt ist.
§ 97. Durch Stellvertretung können sich an den
Wahlen betheiligen:
1) der Staat durch einen Vertreter aus der Zahl seiner Beamten, seiner
Domainenpächter oder der ländlichen Grundbesitzer des Kreises;
2) juristische Personen, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf
Aktien durch einen Pächter oder mit Generalvollmacht versehenen Administrator
eines im Kreise belegenen größeren Guts, oder durch einen Vertreter aus der Zahl
der ländlichen Grundbesitzer des Kreises; Korporationen sind befugt, sich nach
Maßgabe ihrer Statuten oder Verfassungen vertreten zu lassen;
3) Eltern durch ihre Söhne, welchen sie die Verwaltung selbstständiger Güter
dauernd übertragen haben;
4) unverheirathete Besitzerinnen durch Vertreter aus der Zahl der ländlichen
Grundbesitzer des Kreises;
5) die Mitglieder regierender Häuser durch ein Mitglied ihrer Familie oder einen
Vertreter aus der Zahl ihrer Beamten, ihrer Gutspächter oder der ländlichen
Grundbesitzer des Kreises;
6) die gemeinschaftlichen Besitzer eines größeren Grundeigenthums (§ 86) durch
einen Mitbesitzer, beziehungsweise die Theilnehmer eines gewerblichen
Unternehmens durch einen derselben;
7) Ehefrauen, sowohl groß- wie minderjährige, können durch ihre Ehemänner,
minderjährige oder unter Kuratel stehende Personen durch ihren Vater, Vormund
oder Kurator vertreten werden;
insofern die unter Nr. 2 genannten Berechtigten im Deutschen Reiche ihren Sitz
haben und die unter Nr. 3 bis 7 genannten Berechtigten Angehörige des Deutschen
Reichs sind, und sich im Genusse der bürgerlichen Ehrenrechte befinden.
Die Vertreter, mit Ausnahme der unter Nr. 7 bezeichneten, müssen in dem Kreise entweder einen Wohnsitz haben oder in demselben Grundeigenthum besitzen. Außerdem gelten für die Vertreter die Grundsätze, welche der § 96 für die Wahlberechtigung vorschreibt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 97 Abs. 1
Ziffer 7
folgende Fassung:
"7. Ehefrauen, sowohl groß- wie minderjährige, können durch ihren Ehemann,
Kinder unter väterlicher Gewalt durch ihren Vater, bevormundete Personen durch
ihren Vormund oder Pfleger vertreten werden. Wird die Vormundschaft oder
Pflegschaft von weiblichen Personen geführt, so kann deren Vertretung nach
Maßgabe der Bestimmung unter 4 erfolgen."
§ 98. Vollziehung der Wahlen in den Wahlbezirken des Verbandes der
Landgemeinden. In jedem Wahlbezirke des Wahlverbandes der Landgemeinden
wird die Wahlversammlung gebildet:
1) durch Vertreter der einzelnen Landgemeinden;
2) durch die Besitzer der in dem Bezirke liegenden selbstständigen Güter, welche
nicht zu den größeren Grundbesitzern (§ 86) gehören;
3) durch diejenigen Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer, welche wegen ihrer
auf dem platten Landes innerhalb des Kreises betriebenen gewerblichen
Unternehmungen in der Klasse A. I. der Gewerbesteuer unter dem Mittelsatz
veranlagt sind.
Auf die in den Nummern 2 und 3 erwähnten Wahlberechtigten finden die Bestimmungen der § 95 - 97 Anwendung.
§ 99. Befinden sich in einem Wahlbezirke zwei oder mehrere Güter (§ 98 Nr. 2), deren jedes zu weniger als 20 Thaler Grund- und Gebäudesteuer veranlagt ist, so werden die Besitzer derselben nach Anordnung des Kreisausschusses dergestalt zu Gesammt- (Kollektiv-) Stimmen vereinigt, daß auf jede Stimme, so weit möglich, ein grund- und Gebäudesteuerbetrag von 20 Thalern entfällt.
Der Kreisausschuß regelt die Art, in welcher das Kollektivstimmrecht ausgeübt wird.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Artikel II) wurde an Stelle der Thalerwährung der entsprechende Betrag in Reichswährung eingesetzt (im § 99 Abs. 1 an Stelle von 20 Thalern also 60 Mark).
§ 100. Die Vertretung der Landgemeinden erfolgt bei
den Gemeinden:
1) von weniger als 400 Einwohnern durch Einen Wahlmann,
2) von 400 bis weniger als 800 Einwohnern durch zwei,
3) von 800 und weniger als 1200 Einwohnern durch drei,
4) von 1200 und weniger als 2000 Einwohnern durch vier,
5) von 2000 und weniger als 3000 Einwohnern durch fünf Wahlmänner,
und für jede fernere Vollzahl von 1000 Seelen durch einen ferneren Wahlmann.
Die Wahlmänner der Landgemeinden werden von der Gemeindeversammlung, in denjenigen Landgemeinden aber, in welchen eine gewählte Gemeindevertretung ebsteht oder eingeführt wird, von der letzteren und dem Gemeindevorstande aus der Zahl der stimmberechtigten Gemeindemitglieder durch absolute Stimmenmehrheit gewählt.
Die Wahlen erfolgen nach näherer Vorschrift des diesem Gesetze beigefügten Wahlreglemente.
Ausgeschlossen von der Theilnahme an der Wahl in der Gemeindeversammlung sind diejenigen, welche zum Wahlverbande der größeren Grundbesitzer gehören.
§ 101. Befinden sich in einem Wahlbezirke zwei oder mehrere Gemeinden, welche jede weniger als 20 Thaler Grund- und Gebäudesteuer entrichtet und weniger als 100 Einwohner zählt, so werden dieselben nach Anordnung des Kreisausschusses in gleicher Weise, wie die Besitzer der im § 99 gedachten Güter, zu Gesammt- (Kollektiv-) Stimmen vereinigt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Artikel II) wurde an Stelle der Thalerwährung der entsprechende Betrag in Reichswährung eingesetzt (im § 99 Abs. 1 an Stelle von 20 Thalern also 60 Mark).
§ 102. Wer als Besitzer eines selbstständigen Guts, als Gewerbetreibender oder Bergwerksbesitzer zur Theilnahme an den Wahlen im Verbande der Landgemeinden persönlich berechtigt ist (§ 98 Nr. 2 und 3), darf die auf ihn gefallene Wahl als Wahlmann einer Landgemeinde ablehnen. Nimmt er die Wahl an, so ist er zur Ausübung seines persönlichen Wahlrechts nicht befugt.
Dagegen wird durch die Ausübung eines Wahlrechts als Wahlmann einer Landgemeinde die Ausübung des persönlichen Wahlrechts im Verbande der größeren Grundbesitzer nicht ausgeschlossen.
§ 103. Die Vertreter der Gemeinden des Wahlbezirks, die Besitzer der zu dem letzteren gehörigen selbstständigen Güter und die wahlberechtigten Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer treten unter der Leitung des Landraths oder in dessen Auftrage eines Amtsvorstehers an dem von dem Kreisausschusse zu bestimmenden Wahlorte Behufs der Wahl der Kreistags-Abgeordneten zusammen.
§ 104. Vollziehung der Wahlen in den Städten, beziehungsweise Städte-Wahlbezirken. Die Wahl der städtischen Kreistags-Abgeordneten erfolgt in denjenigen Städten, welche für sich einen oder mehrere Abgeordnete zu wählen haben, durch den Magistrat und die Stadtverordneten-Versammlung beziehungsweise das bürgerschaftliche Repräsentanten-Kollegium, welche zu diesem Behufe unter dem Vorsitze des Bürgermeisters zu einer Wahlversammlung vereinigt werden.
In denjenigen Städten, welche mit anderen Städten des Kreises zu einem Wahlbezirke vereinigt sind, haben der Magistrat und die Stadtverordneten beziehungsweise die bürgerschaftlichen Repräsentanten in vereinigter Sitzung auf je 250 Einwohner einen Wahlmann zu wählen. Durch statutarische Anordnung des Kreistages kann jede Zahl erhöht werden.
Die Wahlmänner des Wahlbezirks treten unter Leitung des Landraths an dem von dem Kreisausschusse zu bestimmenden Wahlorte zur Wahl der Abgeordneten zusammen.
§ 105. Die nach den vorstehenden Bestimmungen vorzunehmenden Wahlen erfolgen nach näherer Vorschrift des diesem Gesetze beigefügten Wahlreglements.
§ 106. Wählbarkeit zum
Wahlmann und zum Kreistags-Abgeordneten. Wählbar zum Mitgliede des
Kreistages und beziehungsweise zum Wahlmann ist:
1) im Wahlverbande der Städte jeder Einwohner der im Kreise belegenen Städte,
welcher sich im Besitze des Bürgerrechts befindet;
2) in den Wahlverbänden der größeren Grundbesitzer, sowie der Landgemeinden ein
Jeder, welcher in einer Versammlung dieser Verbände ein Wahlrecht ausübt, und
seit einem Jahre in dem Kreise seinen Wohnsitz hat.
Für die Wählbarkeit zum Wahlmanne und zum Abgeordneten gelten die in § 96 für die Wahlberechtigung gegebenen Bestimmungen.
§ 107. Dauer der Wahlperiode der Kreistags-Abgeordneten. Die Kreistags-Abgeordneten werden auf sechs Jahre gewählt.
Jede Wahl verliert ihre Wirkung mit dem gänzlichen oder zeitweisen Aufhören der Bedingung der Wählbarkeit.
Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der Abgeordneten eines jeden Wahlverbandes aus, und wird durch neue ersetzt. Ist diese Zahl nicht durch zwei theilbar, so scheidet das erste Mal die nächstgrößere Zahl aus. Die das erste Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt, welches der Landrath auf dem Kreistage zu ziehen hat.
Die Ausscheidenden können wieder gewählt werden.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 107 Abs. 2 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 107 Abs. 2 erneut aufgehoben.
§ 108. Ergänzungs- und Ersatzwahlen der Kreistags-Abgeordneten. Die Wahlen zur regelmäßigen Ergänzung des Kreistages finden alle drei Jahre im Monat November statt, sofern nicht durch statutarische Anordnung Seitens des Kreistages ein anderer Termin bestimmt wird. Die Wahlen in dem Verbande der Landgemeinden erfolgen vor den Wahlen in dem Verbande der größeren Grundbesitzer.
Ergänzungs- und Ersatzwahlen werden von denselben Wahlverbänden, Stadtgemeinden und Wahlbezirken vorgenommen, von denen der Ausscheidende gewählt war.
Wo in städtischen oder ländlichen Wahlbezirken die Wahl von Wahlmännern durch dieses Gesetz vorgeschrieben ist (§§ 100und 104), erfolgt dieselbe aufs Neue vor jeder Wahl mit Ausnahme der Ersatzwahlen, bei welchen die früheren Wahlmänner fungiren.
Der Ersatzmann bleibt nur bis zum Ende derjenigen sechs Jahre in Thätigkeit, für welche der Ausgeschiedene gewählt war.
§ 109. Einführung der Kreistags-Abgeordneten. Die bei der regelmäßigen Ergänzung neugewählter Kreistags-Abgeordneten treten, sofern nicht durch statutarische Anordnung ein anderer Termin bestimmt wird, ihr Amt mit dem Anfange des nächstfolgenden Jahres an; die Ausschiedenden bleiben bis zur Einführung der neugewählten Mitglieder in Thätigkeit. Die Einführung der Gewählten erfolgt durch den Vorsitzenden des Kreistages.
§ 110.
Aufstellung con Verzeichnissen der Wahlberechtigten. Für jeden Kreis
werden alle drei Jahre vor jeder neuen Wahl der Kreistags-Abgeordneten
1) ein Verzeichniß der zum Wahlverbande der größeren Grundbesitzer gehörigen
Grundbesitzer, Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer unter Angabe der in dem §
86 enthaltenen Merkmale,
2) ein Verzeichniß der zum Wahlverbande der Landgemeinden gehörigen Besitzer
selbstständiger Gutsbezirke und wahlberechtigten Gewerbtreibenden und
Bergwerksbesitzer unter Angabe der in den §§ 87, 98 und 99 enthaltenen Merkmale.
3) ein Verzeichniß der Landgemeinden unter Angabe der Zahl der von jeder
einzelnen Gemeinde oder von den zu einer Kollektivstimme vereinigten Gemeinden
zu wählenden Wahlmänner (§§ 100 und 101)
durch den Kreisausschuß aufgestellt, udn durch das Kreisblatt oder, wo ein
solches nicht besteht, durch das Amtsblatt zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Anträge auf Berichtigung dieses Verzeichnisses sind binnen einer Frist von vier Wochen nach Ausgabe des Blattes, durch welches das Verzeichniß veröffentlicht worden ist, bei dem Kreisausschusse anzubringen, gegen dessen Entscheidung die Berufung an das Verwaltungsgericht innerhalb zehn Tagen stattfindet.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde im § 110 die "Berufung an das Verwaltungsgericht" ersetzt durch die "Berufung an das Bezirksverwaltungsgericht".
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 10 Abs. 2
folgende Fassung:
"Anträge auf Berichtigung dieses Verzeichnisses sind binnen einer Frist von
vier Wochen nach Ausgabe des Blattes, durch welches das Verzeichniß
veröffentlich worden ist, bei dem Kreisausschusse anzubringen, welcher darüber
beschließt. Gegen den Beschluß findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem
Bezirksverwaltungsgerichte statt."
§ 111. Aufstellung des Vertheilungsplanes. Die Vertheilung der Kreistags-Abgeordneten auf die einzelnen Wahlverbände (§§ 89 und 90), die Bildung von Wahlbezirken für die Landgemeinden und die zum Verbande derselben gehörigen selbstständigen Gutsbezirke, Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer, sowie die Vertheilung der Abgeordneten der Landgemeinden auf dieselben (§ 91), ingleichen die Vertheilung der städtischen Abgeordneten auf die einzelnen Städte beziehungsweise die Bildung von Städtewahlbezirken (§ 92), erfolgt auf den Vorschlag des Kreisausschusses durch den Kreistag, und ist durch das Kreis- beziehungsweise Amtsblatt zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.
Binnen einer Frist von vier Wochen nach Ausgabe des betreffenden Blattes ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 111 Abs. 2 aufgehoben.
§ 112. Die nach den
Vorschriften des § 111 festgestellte Vertheilung der Abgeordneten bleibt das
erste Mal für drei Jahre, sodann für einen Zeitraum von je zwölf Jahren
maßgebend. Nach dessen Ablauf wird sie durch den Kreisausschuß einer Revision
unterworfen und der Beschluß des Kreistages über die etwa nach Maßgabe der
Vorschriften der §§ 84, 89 bis 93 nothwendigen Abänderungen eingeholt. In der
Zwischenzeit erfolgt eine Revision nur:
1) wenn die Zahl der Städte des Kreises sich vermehrt oder vermindert, oder wenn
eine Stadt in Gemäßheit des § 4 aus dem Kreisverbande ausscheidet. In diesen
Fällen ist alsbald eine anderweite Vertheilung der Abgeordneten auf die
einzelnen Wahlverbände und eine Neuwahl sämmtlicher Kreistags-Abgeordneten
vorzunehmen;
2) wenn die Zahl der Berechtigten in dem Verbande der größeren Grundbesitzer
sich dergestalt vermehrt oder vermindert, daß nach § 90 die Zahl der diesem
Verbande zukommenden Abgeordneten eine größere oder geringere wird, als bei der
letzten Vertheilung. In diesem Falle ist vor der nächsten regelmäßigen
Ergänzungswahlen (§ 108) von dem Kreistage eine Berichtigung des
Vertheilungsplanes vorzunehmen und sind sodann nach diesem berichtigten
Vertheilungsplan die erforderlichen Ergänzungs- beziehungsweise Neuwahlen
vorzunehmen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 112a. Gegen die von dem Kreistage gemäß §§ 111 und 112 wegen
Vertheilung der Kreistagsabgeordneten gefaßten Beschlüsse steht den Betheiligten
innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Ausgabe des Blattes, durch welches
die Vertheilung bekannt gemacht worden ist, die Klage bei dem
Bezirksverwaltungsgerichte zu.
Gegen die Endurtheile des Verwaltungsgerichtes findet sowohl in diesen, wie in
den Fällen des § 110 Absatz 2 nur das Rechtsmittel der Revision statt."
§ 113. Entscheidung über die Gültigkeit der Wahlen der Kreistags-Abgeordneten. Die Wahlprotokolle sind von dem Kreisausschusses zu prüfen und dem Kreistage vorzulegen. Der Kreistag kann in der ersten Versammlung, nachdem die Wahlprotokolle eingegangen sind, die Wahl beanstanden. Die Entscheidung über eine beanstandete Wahl erfolgt durch das Verwaltungsgericht.
Die Namen der Gewählten sind durch das Kreis- beziehungsweise Amtsblatt bekannt zu machen.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 113 Abs. 1 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 113
folgende Fassung:
"§ 113. Gegen das zum Zwecke der Wahl der Kreistagsabgeordneten
stattgehabte Wahlverfahren kann jedes Mitglied einer Wahlversammlung innerhalb
zwei Wochen Einspruch bei dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes erheben. Die
Beschlußfassung über den Einspruch, über welchen die Betheiligten vorab zu hören
sind, steht dem Kreistage zu.
Im Übrigen prüft der Kreistag die Legitimation seiner Mitglieder von Amtswegen
und beschließt darüber.
Jede Wahl verliert dauernd oder vorübergehend ihre Wirkung, wenn sich ergiebt,
daß die für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen nicht vorhanden gewesen
sind, oder wenn diese Bedingungen gänzlich oder zeitweise aufhören. Der Kreistag
hat darüber zu beschließen, ob einer dieser Fälle eingetreten ist.
Gegen die nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen gefaßten Beschlusse findet
innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Bezirksverwaltungsgerichte statt. Die
Klage hat keine aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen bis zur rechtskräftigen
Entscheidung Ersatzwahlen nicht stattfinden.
Für das Streitverfahren kann der Kreistag einen besonderen Vertreter bestellen.
Die Namen der Gewählten sind durch das Kreis-, beziehungsweise Amtsblatt bekannt
zu machen."
§ 114. Die Kreistags-Abgeordneten erhalten weder Diäten noch Reisekosten.
Zweiter
Abschnitt.
Von den Versammlungen und Geschäften des Kreistages.
§ 115. Geschäfte des Kreistages. a) Im Allgemeinen. Der Kreistag ist berufen, den Kreis-Kommunalverband zu vertreten, über die Kreisangelegenheiten nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes, sowie über diejenigen Gegenstände zu berathen und zu beschließen, welche ihm zu diesem Behufe durch Gesetze oder Königliche Verordnungen überwiesen sind, oder in Zukunft durch Gesetz überwiesen werden.
§ 116. b) Im Besonderen. Insbesondere ist der
Kreistag befugt:
1) nach Maßgabe des § 20 statutarische und reglementarische Anordnungen zu
treffen;
2) zu bestimmen, in welcher Weise Staatsprästatation, welche kreisweise aufzubringen sind, und deren Aufbringungsweise nicht schon durch
das Gesetz vorgeschrieben ist, repartirt werden sollen.
Bei der Bestimmung im § 5 Nr. 3 des Gesetzes wegen der
Kriegsleistungen vom 11. Mai 1851 (Gesetz-Samml. S. 362) behält es sein
Bewenden.
3) Ausgaben zur Erfüllung einer Verpflichtung oder im Interesse des
Kreises zu beschließen und zu diesem Behufe
über das dem Kreise gehörige Grund-, beziehungsweise
Kapitalvermögen zu verfügen, Anleihen aufzunehmen und die Kreisangehörigen mit
Kreisabgaben zu belasten;
4) innerhalb der Vorschriften der §§ 10 - 18 den Vertheilungs- und
Aufbringungsmaßstab der Kreisabgaben zu beschließen;
5) den Kreishaushalts-Etat festzustellen und hinsichtlich der Jahresrechnung Decharge zu ertheilen (§§
127 und 129);
6) die Grundsätze festzustellen, nach welchen die Verwaltung des dem
Kreise gehörigen Grund- und Kapitalvermögens, sowie der Kreis-Einrichtungen
und Anstalten zu erfolgen hat;
7) die Einrichtung von Kreisämtern zu beschließen, die Zahl und
Besoldung der Kreisbeamten zu bestimmen;
8) die Wahlen zum Kreisausschusse (§ 130) und zu den durch das Gesetz für Zwecke
der allgemeinen Landesverwaltung angeordneten Kommissionen zu vollziehen, sowie
besondere Kommissionen und Kommissare für Kreiszwecke zu
bestellen (§ 167).
Für die Vollziehung dieser Wahlen gelten die Bestimmungen des
diesem Gesetze beigefügten Wahlreglements;
9) Gutachten über alle Angelegenheiten abzugeben, die ihr zu diesem Behufe von
den Staatsbehörden überwiesen werden;
10) die durch Gesetz oder Königliche Verordnung (§ 115) ihr übertragenen sonstigen Geschäfte wahrzunehmen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 116 Ziffer 8
Abs. 2
folgende Fassung:
"Für die Vollziehung dieser Wahlen gelten die Vorschriften des diesem
Gesetze beigefügten Reglements. Gegen das stattgehabte Wahlverfahren kann jedes
Mitglied des Kreistages bis zum Schlusse des Kreistages Einspruch bei dem
Vorsitzenden erheben. Die endgültige Beschlußfassung über den Einspruch steht
dem Kreistage zu."
§ 117. Verfügung über Fonds einzelner Kreistheile. Über Fonds, welche der Gesammtheit des platten Landes oder der Städte gehören, steht den Kreistags-Abgeordneten des platten Landes beziehungsweise der Städte die Verfügung allein zu.
Insbesondere haben diejenigen Fonds, welche in der Kur- und Neumark Brandenburg aus den Kontributions-Überschüssen angesammelt sind, die Kreistags-Abgeordneten des platten Landes allein zu verfügen.
§ 118. Berufung des Kreistages und Leitung der Verhandlungen auf demselben. Der Landrath beruft die Kreistags-Abgeordneten zum Kreistage durch besondere Einladungsschreiben, unter Angabe der zu verhandelnden Gegenstände, führt auf demselben den Vorsitz, leitet die Verhandlungen und handhabt die Ordnung der Versammlung. In Behinderungsfällen übernimmt der dem Dienst- beziehungsweise Lebensalter nach älteste anwesende Kreisdeputirte den Vorsitz.
Mit Ausnahme dringender Fälle, in welchen die Frist bis zu drei Tagen abgekürzt werden darf, muß die Einladung sämmtlichen Kreistags-Abgeordneten mindestens 14 Tage vorher zugestellt werden. Gegenstände, die nicht in die Einladung zum Kreistage aufgenommen sind, können zwar zur Berathung gelangen, die Fassung eines bindenden Beschlusses über dieselben darf jedoch erst auf dem nächsten Kreistage erfolgen.
Anträge von Kreistags-Abgeordneten auf Berathung einzelner Gegenstände sind bei dem Landrathe anzubringen und in die Einladung zur nächsten Kreistage aufzunehmen, insofern sie vor Erlaß der Einladungsschreiben eingehen. Der Landrath ist verpflichtet, jährlich wenigstens zwei Kreistage anzuberaumen, außerdem aber ist er hierzu berechtigt, so ist es die Geschäfte erfordern. Die Zusammenberufung des Kreistages muß erfolgen, sobald dieselbe von einem Viertel der Kreistags-Abgeordneten oder von dem Kreisausschusse verlangt wird.
Von einem jeden anzusetzenden Kreistage hat der Landrath der Bezirksregierung unter Einsendung einer Abschrift des Einladungsschreibens Anzeige zu machen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) wurden im § 118 Abs. 4 die Worte "der Bezirksregierung" ersetzt durch: "dem Regierungspräsidenten"
§
119. Abfassung besonderer Propositionen für den Kreistag und
Zustellung derselben an die Kreistagsmitglieder. Soll von dem Kreistage
Beschluß gefaßt werden:
1) über die Festsetzung des Abgaben-Vertheilungsmaßstabes in Gemäßheit des § 12,
2) über Mehr- oder Minderbelastungen einzelner Kreistheile in Gemäßheit
des § 13,
3) über solche Gegenstände, welche Kreisausgaben nothwendig machen, die nicht
auf einer gesetzlichen Verpflichtung des
Kreises beruhen,
so ist ein ausführlicher Vorschlag zu dem Beschlusse,
welcher über
a) den Zweck desselben,
b) die Art der Ausführung,
c) die Summe der zu verwendenden Kosten,
d) die Aufbringungsweise
das Nöthige enthält, von dem Kreisausschusse auszuarbeiten und jedem
Abgeordneten mindestens 14 Tage vor Abhaltung des Kreistages schriftlich zuzustellen.
Die Frist darf bis zu drei Tagen abgekürzt werden, wenn einem Nothstande
vorgebeugt oder abgeholfen werden soll.
§ 120. Öffentlichkeit der Sitzungen der Kreistagssitzungen. Die Sitzungen des Kreistags sind öffentlich. Für einzelne Gegenstände kann durch einen in geheimer Sitzung zu fassenden Beschluß der Versammlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
§ 121. Beschlußfähigkeit des Kreistages. Der Kreistag kann nur beschließen, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Eine Ausnahme hiervon findet statt, wenn die Mitglieder des Kreistages, zum zweiten Male zur Verhandlung über denselben Gegenstand berufen, dennoch nicht in beschlußfähiger Anzahl erschienen sind. Bei der zweiten Zusammenberufung muß auf diese Bestimmung ausdrücklich hingewiesen werden.
§ 122. Ausschluß von den Verhandlungen des Kreistages wegen persönlichen Interesses. An Verhandlungen über Rechte und Verpflichtungen des Kreises darf derjenige nicht Theil nehmen, dessen Interesse mit dem des Kreises im Widerspruch steht.
§ 123. Theilnahme der Mitglieder des Kreisausschusses an den Kreistagsversammlungen. Die Mitglieder des Kreisausschusses, welche nicht Mitglieder des Kreistages sind, werden zu den Versammlungen eingeladen und haben in denselben berathende Stimme.
§ 124. Fassung der Kreistagsbeschlüsse nach einfacher und Zweidrittel-Stimmenmehrheit. Die Beschlüsse des Kreistages werden nach Mehrheit der Stimmen gefaßt. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.
Zu einem Beschlusse, durch welchen eine neue Belastung der Kreisangehörigen oder eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Veräußerung vom Grund- oder Kapitalienvermögen des Kreises bewirkt oder eine Veränderung des festgestellten Vertheilungsmaßstabes für die Kreisabgaben (§ 12) eingeführt werden soll, ist jedoch eine Stimmenmehrheit von mindestens zwei Dritteln der Abstimmenden erforderlich.
§ 125. Abfassung und Veröffentlichung der Kreistagsprotokolle. Über die Beschlüsse des Kreistages ist eine besondere Verhandlung aufzunehmen, in welcher die Namen der dabei anwesend gewesenen Mitglieder aufgeführt werden müssen. Diese Verhandlung wird von dem Vorsitzenden und von wenigstens drei Mitgliedern des Kreistages vollzogen, welche zu diesem Behufe von der Versammlung vor dem Beginne der Verhandlung zu bestimmen und in letzterer aufzuführen sind.
Über die Wahl eines Protokollführers und die Formen der Verhandlung bestimmt im Übrigen die von dem Kreistage zu beschließende Geschäftsordnung.
Der Inhalt der Kreistagsbeschlüsse ist, sofern der Kreistag nicht in einem einzelnen Falle etwas Anderes beschließt, in einer von dem Kreistage zu bestimmenden Weise zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.
Der Bezirksregierung ist eine Abschrift des Protokolls einzureichen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) wurden im § 125 Abs. 4 die Worte "Der Bezirksregierung" ersetzt durch: "Dem Regierungspräsidenten"
§ 126. Abfassung von Petitionen und Eingaben des Kreistages. Petitionen und Eingaben, welche Namen des Kreistages in Bezug auf die seiner Beschlußnahme unterliegenden Angelegenheiten (§§ 115 und 116) überreicht werden sollen, müssen auf dem Kreistage selbst berathen und vollzogen werden. Daß dies geschehen, ist in dergleichen Eingaben ausdrücklich zu bemerken.
Dritter Abschnitt.
Von dem Kreishaushalte.
§ 127. Aufstellung und Feststellung des Kreishaushalts-Etats. Über alle Einnahmen und Ausgaben, welche sich im Voraus bestimmen lassen, entwirft der Kreissausschuß jährlich einen Haushalts-Etat, welcher von dem Kreistage festgestellt und demnächst in derselben Weise, wie die Kreistagsbeschlüsse, veröffentlich wird.
Bei Vorlage des Haushalts-Etats hat der Kreisausschuß dem Kreistage über die Verwaltung und den Stand der Kreis-Kommunalangelegenheiten Bericht zu erstatten.
Eine Abschrift des Etats und des Verwaltungsberichts wird nach erfolgter Feststellung des ersteren sofort der Bezirksregierung überreicht.
Ausgaben, welche außer dem Etat geleistet werden sollen, bedürfen der Genehmigung des Kreistages.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) wurden im § 127 Abs. 3 die Worte "der Bezirksregierung" ersetzt durch: "dem Regierungspräsidenten"
§ 128. Revision der Kreis-Kommunalkasse. Die Kreis-Kommunalkasse muß an einem bestimmten Tage in jedem Monate regelmäßig und mindestens einmal im Jahre außerordentlich revidirt werden. Die Revisionen werden von dem Vorsitzenden des Kreisausschusses vorgenommen. Bei den außerordentlichen Revisionen ist ein von dem Kreisausschusse zu bestimmendes Mitglied desselben zuzuziehen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 128a. Der Bezirksrath beschließt, an Stelle der Aufsichtsbehörde, über
die Feststellung und den Ersatz von Defekten der Kreisbeamten nach Maßgabe der
Verordnung vom 23. Januar 1844.
Der Beschluß ist, vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges, endgültig."
§ 129. Legung, Prüfung, Feststellung und Entlastung der Jahresrechnung. Die Jahresrechnung ist von dem Rendanten der Kreis-Kommunalkasse vor dem 1. Mai des folgenden Jahres zu legen und dem Kreisausschusse einzureichen. Dieser hat die Rechnung zu revidiren, solche mit seinen Erinnerungen und Bemerkungen dem Kreistage zur Prüfung, Feststellung und Entlastung einzureichen und demnächst einen Rechnungsauszug zu veröffentlichen. Der Kreistag ist befugt, diese Prüfung durch eine hiermit zu beauftragende Kommission bewirken zu lassen. Eine Abschrift des Feststellungsbeschlusses ist sofort der Bezirksregierung einzureichen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 129
folgende Fassung:
"§ 129. Die Jahresrechnung ist von dem Rendanten der
Kreiskommunalkasse innerhalb der ersten vier Monate nach Schluß des
Rechnungsjahres zu legen und dem Kreisausschusse einzureichen. Dieser hat die
Rechnung zu revidiren, solche mit seinen Erinnerungen und Bemerkungen dem
Kreistage zur Prüfung, Feststellung und Entlastung einzureichen und demnächst
einen Rechnungsauszug zu veröffentlichen. Der Kreistag ist befugt, diese Prüfung
durch eine hiermit zu beauftragende Kommission bewirken zu lassen. Eine
Abschrift des Feststellungbeschlusses ist sofort dem Regierungspräsidenten
vorzulegen."
§ 130. Die Stellung des Kreisausschusses im Allgemeinen. Zum Zweck der Verwaltung der Angelegenheiten des Kreises und der Wahrnehmung von Geschäften der allgemeinen Landesverwaltung wird ein Kreisausschuß bestellt.
§ 131. Die Zusammensetzung desselben. Der Kreisausschuß besteht aus dem Landrath und sechs Mitgliedern, welche von der Kreisversammlung aus der Zahl der Kreisangehörigen nach absoluter Stimmenmehrheit gewählt werden. Für die Wählbarkeit gelten die im § 96 für die Wahlberechtigung gegebenen Bestimmungen.
Geistliche, Kirchendiener und Elementarlehrer können nicht Mitglieder des Kreisausschusses sein; richterliche Beamte, zu denen jedoch die technischen Mitglieder der Handels-, gewerbe- und ähnlicher Gerichte nicht zu zählen sind, nur mit Genehmigung des vorgesetzten Ministers.
§ 132. Bestellung eines Syndikus. Der Kreistag kann nach Bedürfniß einen Syndikus bestellen, welcher die Befähigung zum höheren Richteramte besitzt. Derselbe nimmt an den Sitzungen mit berathender Stimme Theil.
§ 133. Amtsdauer, Vereidigung und Dienstvergehen der Ausschlußmitglieder. Die Wahl der Ausschußmitglieder erfolgt auf sechs Jahre mit der Maßgabe, daß bei Ablauf der Wahlperiode die Mitgliedschaft im Ausschusse bis zur Wahl des Nachfolgers fortdauert. Alle zwei Jahre scheidet ein Drittel der Mitglieder aus. Die das erste Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt.
Die Ausgeschiedenen können wiedergewählt werden.
Die Ausschußmitglieder werden durch dem Vorsitzenden vereidigt. Sie können durch Beschluß des Verwaltungsgerichts ihrer Stellung enthoben werden.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 133 Abs. 3 letzter Satz aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt
der § 133
folgende Fassung:
"§ 133. Die Wahl der Ausschußmitglieder erfolgt auf sechs Jahre mit
der Maßgabe, daß bei Ablauf der Wahlperiode die Mitgliedschaft im Ausschusse bis
zur Wahl des Nachfolgers fortdauert. Alle zwei Jahre scheidet ein Drittel der
Mitglieder aus. Die das erste Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt.
Die Ausgeschiedenen können wiedergewählt werden. Jede Wahl verliert ihre Wirkung
mit dem Aufhören einer der für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen. Der
Kreisausschuß hat darüber zu beschließen, ob dieser Fall eingetreten ist. Gegen
den Beschluß des Kreisausschusses findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem
Bezirksverwaltungsgerichte statt. Die Klage steht auch dem Vorsitzenden des
Kreisausschusses zu. Dieselbe hat keine aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen bis
zur rechtskräftigen Entscheidung Ersatzwahlen nicht stattfinden. Für das
Streitverfahren kann der Kreisausschuß einen besonderen Vertreter bestellen.
Die Ausschußmitglieder werden vom Vorsitzenden vereidigt. Sie können nach
Maßgabe der Bestimmungen des § 32 des Gesetzes über die Organisation der
allgemeinen Landesverwaltung im Wege des Disziplinarverfahrens ihrer Stellen
enthoben werden."
§
134. Die Geschäfte des
Kreisausschusses in der Kreiskommunal- und in der allgemeinen Landesverwaltung.
Der Kreisausschuß hat:
1) die Beschlüsse des Kreistages vorzubereiten und auszuführen, soweit
damit nicht besondere Kommissionen, Kommissarien oder Beamte durch Gesetz oder
Kreistagsbeschluß beauftragt werden;
2) die Kreisangelegenheiten nach Maßgabe der Gesetze und der
Beschlüsse des Kreistages, sowie in Gemäßheit des von dieser
festzustellenden Kreishaushalts-Etats zu verwalten;
3) die Beamten des Kreises zu ernennen und deren Geschäftsführung zu
leiten und zu beaufsichtigen.
Hinsichtlich der Besetzung der Kreisbeamtenstellen mit Militair-Invaliden gelten die
in Ansehung der Städte erlassenen Vorschriften; hinsichtlich der Dienstvergehen
der Kreisbeamten kommen die Bestimmungen des § 35 zur Anwendung;
4) sein Gutachten über alle Angelegenheiten abzugeben, welche ihm von den
Staatsbehörden überwiesen werden;
5) die ihm durch dieses Gesetz übertragenen, beziehungsweise noch weiterhin
gesetzlich zu übertragenden Geschäfte der allgemeinen
Landesverwaltung zu führen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 134 Nr. 3 und
4
folgende Fassung:
"3) die Beamten des Kreises zu ernennen und deren Geschäftsführung zu
leiten und zu beaufsichtigen.
Hinsichtlich der Besetzung der Kreisbeamtenstellen mit
Militärinvaliden gelten die in Ansehung der Städte erlassenen Vorschriften;
hinsichtlich der Dienstvergehen der Kreisbeamten finden die Bestimmungen des §
68 mit der Maßgabe Anwendung, daß das Recht zur Verhängung von Ordnungsstrafen
auch dem Landrathe zusteht.
4) diejenigen Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung zu führen, welche ihm
durch Gesetz übertragen werden."
§ 135. Besondere Geschäfte des Kreisausschusses in der allgemeinen Landesverwaltung. In dem Gebiete der allgemeinen Landesverwaltung gehören fortan folgende Angelegenheiten mit den dabei bezeichneten Befugnissen zum Wirkungskreise des Kreisausschusses:
I. In armenpolizeilichen Angelegenheiten:
1) die nach §§ 60-62 des Gesetzes vom 8. März 1871, betreffend die Ausführung
des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz (Gesetz-Samml. S. 130 ff.),
den Kreiskommissionen zustehende schiedsrichterliche Entscheidung und
sühneamtliche Vermittlung von Streitigkeiten zwischen Armenverbänden;
2) die nach § 65 desselben Gesetzes den Landräthen beziehungsweise den
Gemeindevorständen übertragene resolutorische Entscheidung von Streitigkeiten
zwischen Armenverbänden und den zur Unterstützung eines Hülfsbedürftigen
verpflichteten Verwandten und Angehörigen.
II. In wegepolizeilichen Angelegenheiten:
1) die resolutorische beziehungsweise interimistische Entscheidung in streitigen
Wegebausachen in Gemäßheit der Bestimmungen im § 61.
Der Kreisausschuß entscheidet:
a) was im Interesse des öffentlichen Verkehrs geschehen muß.
Gegen diese Entscheidung ist mit
Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges innerhalb zehn Tagen die Berufung an das
Verwaltungsgericht zulässig;
b) von wem und auf wessen Kosten das Erforderliche geschehen
muß, und in Verbindung hiermit, ob und in welcher Höhe Entschädigung zu leisten
ist.
Diese Entscheidung gilt als
Interimistikum, welches im Wege der administrativen Exekution sofort
vollstreckbar ist. Dem Betheiligten bleibt der ordentliche Rechtsweg offen gegen
Denjenigen, welchen er zu der ihm angesonnenen Leistung oder Entscheidung für
verpflichtet erachtet;
c) ob ein Weg, von dem es streitig ist, ob er ein
öffentlicher oder Privatweg sei, für den öffentlichen Verkehr in Anspruch zu
nehmen ist.
Gegen diese Entscheidung ist
innerhalb zehn Tagen die Berufung an das Verwaltungsgericht zulässig.
Zur Entscheidung darüber, ob der Weg
die Eigenschaft eines Privatweges hat, steht dem betheiligten der ordentliche
Rechtsweg zu.
Wird in dem gerichtlichen Verfahren der Weg für einen
Privatweg erklärt, so kann derselbe die Eigenschaft eines öffentlichen Weges nur
in Folge des Expropriationsverfahrens erhalten. Bis zur Erledigung des
gerichtlichen beziehungsweise des Expropriationsverfahrens bleibt das
Interimistikum aufrecht erhalten.
Sind in den Fällen zu a, b und c mehrere Kreise betheiligt, so bezeichnet das
Verwaltungsgericht denjenigen Kreisausschuß, welcher die Sache zu erledigen hat;
2) die Befugniß, die Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Dezember
1846 (Gesetz-Samml. für 1847 S. 21), betreffend die bei dem Bau von Eisenbahnen
beschäftigten Arbeiter, nach Maßgabe des § 26 a. a. O. auch auf andere
öffentliche Bauten (Kanal-, Chaussee- ec. Bauten) auszudehnen, insoweit es sich
hierbei um Bauten des Kreises oder von Gemeinden handelt.
III. In Vorfluths-, Ent- und Bewässerungssachen:
1) die resolutorische bezeihungsweise interimistische Entscheidung in
Angelegenheiten, betreffend
a) die Festsetzung der Höhe des Wasserstandes bei Stauwerken
auf Grund der §§ 1-7 des Vorfluthsgesetzes vom 15. November 1811 (Gesetz-Samml.
S. 352) und der §§ 4-11 des Vorfluthsgesetzes für Neuvorpommern und Rügen vom 9.
Februar 1867 (Gesetz-Samml. S. 220);
b) die Beschaffung von Vorfluth auf Grund der §§ 11 ff. des
Gesetzes vom 15. November 1811, und
c) die Räumung und Unterhaltung von Gräben, Wasserabzügen und
Privatflüssen auf Grund des § 10 des Gesetzes vom 15. November 1811, des § 7 des
Gesetzes über die Benutzung der Privatflüsse vom 28. Februar 1843 (Gesetz-Samml.
S. 41) und der §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 9. Februar 1867,
mit der Maßgabe, daß die in Bezug auf diese Angelegenheiten
der Provinzial-Polizeibehörde beziehungsweise Bezirksregierung beigelegten
Befugnisse auf den Kreisausschuß, die der Ressortministerien auf das
Verwaltungsgericht übergehen.
Soweit gegen diese Entscheidung als interimistische der
Rechtsweg offen steht, findet Berufung an das Verwaltungsgericht nicht statt;
2) die Entscheidung über Beschwerden gegen die von den Polizeibehörden
(Amtsvorstehern und städtischen Polizeiverwaltungen) in Vorfluths- und andern
waserpolizeilichen Angelegenheiten erlassenen Verfügungen (§ 9 des Gesetzes vom
15. November 1811, §§ 3-6 des Gesetzes vom 28. Februar 1843, § 13 des Gesetzes
vom 9. Februar 1867, u. s. w.);
3) die Abfassung des Präklusionsbescheides bei Bewässerungs- und
Entwässerungsanlagen in Gemäßheit der §§ 19-22 des Gesetzes vom 28. Februar
1843, des Gesetzes vom 23. Januar 1846 (Gesetz-Samml. S. 26) und des Artikels 3
des Gesetzes vom 11. Mai 1853 (Gesetz-Samml. S. 182);
4) der Erlaß von Reglements über die Räumung von Gräben und Wasserläufen auf
Grund des § 3 des Gesetzes für Neuvorpommern vom 9. Februar 1867.
Sind in den Fällen zu 1., 3. und 4. mehrere Kreise betheiligt,
so bezeichnet das Verwaltungsgericht denjenigen Kreisausschuß, welcher die Sache
zu erledigen hat;
5) die in den §§ 30 bis 32 des Gesetzes vom 28. Februar 1843 vorgesehenen
Funktionen der Kreis-Vermittlungskommission bei Bewässerungsanlagen.
IV. In feldpolizeilichen Angelegenheiten:
1) die resolutorische Entscheidung in Pfandgeld-Streitsachen in Gemäßheit des §
67 der Feldpolizei-Ordnung vom 1. November 1847 (Gesetz-Samml. S. 376) in
letzter Instanz auf Berufung gegen Entscheidungen des Amtsvorstehers,
beziehungsweise der städtischen Polizeibehörde;
2) die Entscheidung über Beschwerden gegen die Verfügungen der Amtsvorsteher und
der städtischen Polizeiverwaltungen;
3) die Bestätigung von Gemeindebeschlüssen über die Freigebung des Thierfanges
während der Staat- und Erndtezeit auf Grund des § 40 ebendaselbst;
4) die Festsetzung von allgemeinen Werthsätzen für Wartung und Fütterung
gepfändeter Viehstücke nach § 55 und von allgemeinen Gebührensätzen für
Taxatoren nach § 66 ebendaselbst.
V. In gewerbepolizeilichen Angelegenheiten.
1) die resolutorische Entscheidung in Angelegenheiten, betreffend die Errichtung
oder Veränderung gewerblicher Anlagen, beziehungsweise die Ertheilung der
Genehmigung zu denselben auf Grund der §§ 16-25 der Gewerbeordnung für den
Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 245), soweit Anlagen
der nachbezeichneten Art in Frage stehen:
Gasbereitungs- und Gasbewahrungsanstalten, Anstalten zur
Destillation von Erdöl, Anlagen zur Bereitung von Braunkohlentheer,
Steinkohlentheer und Koaks, soweit sie überhaupt einer Genehmigung bedürfen;
Glas- und Rußhütten, Kalk-, Ziegel- und Gypsöfen, Anlagen zur Gewinnung roher
Metalle, Metallgießereien, soweit sie überhaupt einer Genehmigung bedürfen;
Hammerwerke, Schnellbleichen, Firnißsiedereien, Stärkefabriken, soweit sie
überhaupt einer Genehmigung bedürfen; Stärkesyrupsfabriken, Wachstuch-,.
Darmsaiten, Dachpappen- und Dachfilzfabriken, Leim, Thran- und Seifendiedereien,
Knochenbrennereien, Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen,
Zubereitungsanstalten für Thierhaare, Talgschmelzen, Schlächtereien, gerbereien,
Abdeckereien, Poudretten- und Düngpulverfabriken, Stauanlagen für
Wassertriebwerke und Dampfkessel.
Rücksichtlich aller übrigen nach den oben bezeichneten Paragraphen der
Gewerbeordnung einer Genehmigung bedürfenden Anlagen bleibt die bisherige
Zuständigkeit der Bezirksregierungen bestehen.
2) die Entscheidung über Anträge auf Ertheilung von Konzessionen zum Betriebe
der Gast- und Schankwirthschaft, wie zum Kleinhandel mit Getränken in Gemäßheit
des § 33 der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl.
S. 245) nach Anhörung der Ortspolizei- und Gemeindebehörde, sowie über die
Zurücknahme solcher Konzessionen in Gemäßheit des § 54 desselben Gesetzes.
In dem kontradiktorischen Verfahren wird das öffentliche
Interesse durch den Amtsvorsteher beziehungsweise die städtische Polizeibehörde
wahrgenommen.
VI. In bau- und feuerpolizeilichen Angelegenheiten.
die Entscheidung über Beschwerden gegen Anordnungen oder Verfügungen der Amtsvorsteher und städtischen Polizeiverwaltungen.
VII. In Ansiedelungssachen.
die Entscheidung über Anträge auf Gestattung neuer Ansiedelungen in Gemäßheit der §§ 27 ff. des Gesetzes vom 3. Januar 1845 (Gesetz-Samml. S. 25), des § 11 des Gesetzes vom 24. Mai 1853 (Gesetz-Samml. S. 241) und des Gesetzes vom 26. Mai 1856 (Gesetz-Samml. S. 613).
VIII. In Dismembrations-Angelegenheiten:
die Bestätigung der Abgabenvertheilungspläne und die Regulirung sofort vollstreckbarer Interimistika, mit Ausschuluß der Festsetzungen über die Vertheilung der Grundsteuern und Renten, auf Grund der §§ 19-23 des Gesetzes vom 3. Januar 1845 (Gesetz-Samml. S. 25 ff.), des § 6 des Gesetzes vom 24. Mai 1853 (Gesetz-Samml. S. 241) und des Gesetzes vom 26. Mai 1856 (Gesetz-Samml. S. 613).
Als Berufungsinstanz tritt an die Stelle des Ministeriums für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten die Bezirksregierung.
Eine Ministerial-Instruktion regelt das formelle Geschäftsverfahren.
IX. In Kommunalsachen der Amtsbezirke, Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirke:
die Aufsicht über die Kommunalangelegenheiten der Amtsbezirke, der ländlichen
Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke, insbesondere:
1) die Genehmigung von Kommunalbezirks-Veränderungen durch Zulegung oder
Abzweigung einzelner Grundstücke nach den Vorschriften im § 1 des Gesetzes vom
14. April 1856, betreffend die Landgemeindeverfassungen in den sechs östlichen
Provinzen der Monarchie (Gesetz-Samml. S. 359), soweit diese Genehmigung bisher
dem Oberpräsidenten zustand;
2) die Genehmigung von Auseinandersetzungen zwischen den Betheiligten in Folge
von Bezirksveränderungen an Stelle der Bezirksregierung auf Grund des § 1 Alinea
6 a. a. O. Entstehen hierbei Streitigkeiten, so entscheidet solche fortan das
Verwaltungsgericht an Stelle des Oberpräsidenten;
3) die Genehmigung des Statuts über die Vereinigung eines ländlichen
Gemeindebezirks und eines selbstständigen Gutsbezirks nach § 2 a. a. O.;
4) die Bestätigung von Gemeindebeschlüssen über anderweite Regelung des
Stimmrechts in der Gemeindeversammlung, sowie die Anordnung einer Ergänzung oder
Abänderung der in Ansehung des Stimmrechts bestehenden Ortsverfassung nach
Maßgabe der §§ 3-7 a. a. O. an Stelle der Regierung beziehungsweise des
Ministers des Innern;
5) die Bestätigung des Statuts über die Buldung eienr gewählten
Gemeindevertretung nach § 8 a. a. O.;
6) die Genehmigung zur Erwerbung und Veräußerung von Grundstücken, zu Pachtungen
außerhalb der Feldflur und zur Aufnahme von Schulden nach §§ 33-35 Tit. 7. Th.
II des Allgemeinen Landrechts, an Stelle der Gerichtsobrigkeit.
Die Kabinetsorder vom 25. Januar 1841, betreffend die
Erwerbung von Rittergütern durch Dorfgemeinden oder deren Mitglieder (Gesetz-Samml.
S. 5) und der § 4 des Anhangs zur Allgemeinen Gerichtsordnung werden aufgehoben;
7) die Regulirung von Zahlungsmodalitäten bei Exekutionsvollstreckungen gegen
Landgemeinden in Gemäßheit des Anhangs § 153 zur Allgemeinen Gerichtsordnung an
Stelle der Regierung;
8) die Ertheilung der im § 10 zu Nr. 4 des Gesetzes vom 14. April 1856
vorgeschriebenen Bescheinigung zu dem Nachweise, daß von einer Gemeinde bei der
Erwerbung oder Veräußerung von Grundstücken oder denselben gleichstehenden
Gerechtsamen die den Gemeinden gesetzlich vorgeschriebenen besonderen Formen
beobachtet sind, an Stelle der Regierung;
9) die Bestätigung von Gemeindebeschlüssen über anderweite Aufbringung der
Gemeindeabgaben und Dienste, sowie die Anordnung einer Ergänzung oder Abänderung
der in Ansehung der Gemeindelasten bestehenden Ortsverfassung in Gemäßheit der
§§ 11-13 a. a. O. an Stelle der Regierung, beziehungsweise des Ministers des
Innern;
10) die Entscheidung über Beschwerden wegen der Theilnahme am Stimmrechte und an
den Gemeindenutzungen, sowie wegen Heranziehung zu den Gemeindelasten, die
Beschwerde mag auf gänzliche Befreiung oder Ermäßigung gerichtet sein;
11) die Festsetzung der Dienstunkosten-Entschädigungen der Gemeindevorsteher (§
28 dieses Gesetzes) und die Besoldungen anderer Gemeindebeamten im Falle von
Streitigkeiten zwischen den Betheiligten;
12) die Entscheidung über Beschwerden wegen Abnahme von Gemeinderechnungen mit
der Befugniß, in Fällen der Verweigerung Seitens der Gemeinde die Decharge
seinerseits endgültig zu ertheilen;
13) die resolutorische Feststellung von Defekten in Gemeinde- und Amtskassen
nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Januar 1844 (Gesetz-Samml. S. 52). Einer
Prüfung des Defektenbeschlusses durch die vorgesetzte Provinzialbehörde (§ 6 a.
a. O.) bedarf es nicht.
An die Stelle der in dem Gesetze vom 14. April 1856 vorgeschriebenen Anhörung des Kreistages tritt die Anhörung des Kreisausschusses, insofern nicht diesem nach den vorstehenden Bestimmungen die Entscheidung zusteht.
Bei der Vorschrift des § 17 jenes Gesetzes behält es jedoch sein Bewenden.
X. In Schulsachen der Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirke:
1) die Entscheidung von Beschwerden über die Heranziehung zu Schulbeiträgen, die
Beschwerde mag auf gänzliche Befreiung oder Ermäßigung gerichtet sein, mit
Vorbehalt des ordentlichen Rechtsweges in Gemäßheit des § 15 des Gesetzes vom
24. Mai 1861 (Gesetz-Samml. S. 241);
2) die Feststellung des Geldwerths der Naturalien und des Ertrages der
Ländereien bei Regulirung des Einkommens der Elementarlehrer im Falle eines
Streites unter den Betheiligten;
3) die resolutorische beziehungsweise interimistische Entscheidung in solchen
streitigen Schulbausachen, welche nicht gleichzeitig die Küsterei betreffen.
Der Kreisausschuß entscheidet:
a) über die Nothwendigkeit und die Art der Ausführung von
Schul- Neu- und Reparaturbauten.
Gegen die Entscheidung ist mit
Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges nur die Berufung an das
Verwaltungsgericht zulässig;
b) über die Verpflichtung, zu den Baukosten beizutragen und
über die Vertheilung dieser Kosten unter den hierzu Verpflichteten.
Die Entscheidung gilt als
Interimistikum, welches im Wege der administrativen Exekution sofort
vollstreckbar ist. Es bleibt dem Betheiligten dabei der ordentliche Rechtsweg
gegen Denjenigen, welchen er zu der ihm angesonnenen Leistung oder zur
Entschädigung für verpflichtet erachtet, vorbehalten.
XI. In Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheitspflege der Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirke:
1) die Entscheidung über die zwangsweise Einführung von sanitätspolizeilichen
Einrichtungen, soweit nicht der Gegenstand durch Gesetz geregelt ist;
2) die Entscheidung über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten und über deren
Vertheilung unter die Verpflichteten. Letzteren bleibt in den gesetzlich
zulässigen Fällen der ordentlichen Rechtsweg vorbehalten.
XII. In Justiz-Verwaltungs-Angelegenheiten.
die Aufstellung der Geschworenen-Urlisten und die Entscheidung über die dagegen erhobenen Einwendungen nach den Vorschriften in den §§ 64-66 der Verordnung vom 3. Januar 1849 (Gesetz-Samml. S. 14) und im Artikel 57 des Gesetzes vom 3. Mai 1852 (Gesetz-Samml. S. 209) mit der Maßgabe, daß die Entscheidung über die nachträgliche Eintragung oder Löschung in den Geschworenenlisten innerhalb acht Tagen nach Ablauf der dreitägigen Einwendungsfrist erfolgen muß.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 135 mit Ausnahme der Nr. II. 1. (streitige Wegebausachen), Nr. VII. (Ansiedelungssachen) und Nr. VIII. (Dismembrationsangelegenheiten) aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 135 vollständig aufgehoben und die Nr. II. 1. durch den Artikel IV desselben Gesetzes ersetzt.
§ 136. Der Landrath als Vorsitzender des Kreisausschusses. Der Landrath leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang des Ausschusses und sorgt für die prompte Erledigung der Geschäfte.
Der Landrath beruft den Kreissausschuß und führt in demselben den Vorsitz mit vollem Stimmrechte. Ist der Landrath verhindert, so geht der Vorsitz auf seinen Stellvertreter über. Ist dieses der Kreissekretair, so führt nicht dieser, sondern der hierzu vom Ausschusse gewählte Mitglied den Vorsitz.
§ 137. Der Landrath führt die laufenden Geschäfte der dem Ausschusse übertragenen Verwaltung. Er bereitet die Beschlüsse des Ausschusses vor und trägt für die Ausführung derselben Sorge. Er kann die selbstständige Bearbeitung einzelner Angelegenheiten einem Mitgliede des Kreisausschusses übertragen.
Er vertritt den Kreisausschuß nach Außen, verhandelt Namens desselben mit Behörden und Privatpersonen, führt den Schriftwechsel und zeichnet alle Schriftstücke Namens des Ausschusses.
In allen Angelegenheiten, welche nicht dem in den §§ 140 ff. bezeichneten Verfahren unterliegen, kann der Landrath, wenn der vorliegende Fall keinen Aufschub zuläßt, Namens des Ausschusses Verfügungen erlassen. Vorstellungen gegen diese Verfügungen unterliegen der kollegialischen Entscheidung des Kreisausschusses.
Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche den Kreis gegen Dritte verbinden sollen, ingleichen Vollmachten müssen unter Anführung des betreffenden Beschlusses des Kreistages beziehungsweise des Kreisausschusses, von dem Landrathe und zwei Mitgliedern des Kreisausschusses, beziehungsweise der mit der Angelegenheit betrauten Kommission, unterschrieben und mit dem Siegel des Landraths versehen sein.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 137 Abs. 3 aufgehoben.
§ 138. Das Verfahren vor dem Kreisausschusse. Die Anwesenheit dreier Mitglieder, mit Einschluß des Vorsitzenden, genügt für die Beschlußfähigkeit des Kreisausschusses.
Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Ist eine gerade Zahl von Mitgliedern anwesend, so nimmt das dem Lebensalter nach jüngste gewählte Mitglied an der Abstimmung keinen Antheil.
§ 139. Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mitglieder des Kreisausschusses oder deren Verwandte und Verschwägerte in auf- oder absteigender Linie oder bis zu dem dritten Grade der Seitenlinie, so dürfen dieselben an der Berathung und Entscheidung nicht theilnehmen.
Ebensowenig dürfen die Mitglieder des Kreisausschusses bei der Berathung und Entscheidung solcher Angelegenheiten mitwirken, in welchen sie in anderer Eigenschaft ein Gutachten abgegeben haben oder als Geschäftsführer, Beauftragte oder in anderer Weise thätig gewesen sind.
Wird dadurch ein Kreisausschuß beschlußunfähig, so tritt nach Bestimmung des Verwaltungsgerichts der Kreisausschuß eines benachbarten Kreises an seine Stelle.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 139 Abs. 3 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 139
folgende Fassung:
"§ 139. Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mitglieder
des Kreisausschusses oder deren Verwandte und Verschwägerte in auf- oder
absteigender Linie oder bis zu dem dritten Grade der Seitenlinie, so dürfen
dieselben an der Berathung und Entscheidung nicht Theil nehmen.
Ebensowenig dürfen die Mitglieder des Kreisausschusses bei der Berathung und
Entscheidung solcher Angelegenheiten mitwirken, in welchen sie in anderer als
öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben haben oder in anderer als
öffentlicher Eigenschaft thätig gewesen sind.
Wird dadurch ein Kreisausschuß beschlußunfähig, so erfolgt, soweit es sich um
Kreiskommunalangelegenheiten handelt, die Beschlußfassung durch den Kreistag, im
Übrigen nach Maßgabe des § 54 des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen
Landesverwaltung."
§ 140. Für das Verfahren in streitigen Verwaltungssachen (§ 8, § 19, § 25, § 35, § 67, § 68, § 80, § 82, § 83, § 135, I., II. 1, III. 1, 2 und 3, IV. !. und 2., V., VI., VII., IX., 9., 10., 11. und 12., X., XI. und XII) gelten, soweit nicht dasselbe für einzelne dieser Angelegenheiten besonders gesetzlich geregelt ist, folgende Vorschriften:
Nach dem Gesetz, betreffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren vom 26. Juli 1880 war das Verfahren in Verwaltungssachen gesondert geregelt.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 140 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 140 erneut aufgehoben.
§ 141. In der dem Kreisausschusse einzureichenden Klageschrift (Beschwerde, Antrag) ist der Gegenstand des Anspruchs, sowie die Person, Korporation oder öffentliche Behörde, gegen welche derselbe gerichtet wird, genau zu bezeichnen.
Zur Entscheidung über dieselbe ist der Ausschuß desjenigen Kreises berufen, in welchem diese zu vollziehen oder das in Anspruch genommene Recht auszuüben ist.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 141 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 141 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 141 erneut aufgehoben.
§ 142. Ergiebt sich aus dem Inhalte der Klageschrift oder aus früheren amtlichen Amten oder Urkunden, daß der erhobene Anspruch unzweifelhaft rechtlich unbegründet ist, so kann derselbe ohne weiteres Verfahren durch einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückgewiesen werden.
Gegen einen solchen Bescheid ist binnen zehn Tagen nach dessen Zustellung der Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Kreisausschusse gestattet. Wird der Antrag nicht gestellt, so gilt auch in Ansehung der Zulässigkeit der Berufung der Bescheid als Entscheidung (§ 155).
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 142 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 142 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 142 erneut aufgehoben.
§ 143. Ist der Klageantrag gegen eine öffentliche behörde gerichtet, so kann derselbe nach dem Ermessen des Kreisausschusses zunächst der letzteren zur schriftlichen gegenerklärung innen einer bestimmten, von acht Tagen bis zu vier Wochen zu bemessenden Frist mitgetheilt werden.
In dieser Gegenschrift hat die öffentliche Behörde zu erklären, ob sie die mündliche Verhandlung fordert, oder ob sie ihrerseits auf diese verzichtet und die Entscheidung anheimgiebt.
Verzichtet die öffentliche Behörde auf die mündliche Verhandlung und hält der Kreisausschuß durch die Klageschrift und die Gegenerklärung der öffentlichen Behörde, beziehungsweise durch die von der letzteren eingereichten amtlichen Akten und Urkunden den Sachverhalt für genügend erörtert, so ist derselbe befugt, auch ohne vorgängige mündliche Verhandlung in der Sache die Entscheidung zu treffen. Gegen diese mit Gründen zu versehende Entscheidung ist dem Kläger binnen zehn Tagen nach deren Zustellung der Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Kreisausschusse gestattet, unbeschadet des Rechts der Berufung, wenn der Antrag nicht gestellt wird.
Verlangt dagegen die öffentliche Behörde eine mündliche Verhandlung oder behält der Kreisausschuß dieselbe für erforderlich, so ist das mündliche Verfahren einzuleiten.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 143 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 143 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 143 erneut aufgehoben.
§ 144. Erfolgt die Einleitung der Verhandlung, so werden beide Theile, die Gegenpartei unter abschriftlicher Mittheilung der Klageschrift, beziehungsweise der Gegenerklärung und deren Anlagen, zu mündlichen verhandlung vor dem Kreisausschusse vorgeladen.
Die Ladung erfolgt mit der Aufforderung, die erforderlichen beweismittel zur Stelle zu bringen, und unter der Verwarnung, daß beim Ausbleiben der Parteien nach Lage der Akten werde entschieden werden.
Der Gegenpartei steht es frei, ihre Erklärung vor dem Termine schriftlich einzureichen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 144 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 144 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 144 erneut aufgehoben.
§ 145. Der Klageschrift und den im 3 144 gedachten weiteren Erklärungen der Parteien sind die als Beweismittel in Bezug genommenen Urkunden im Original oder in Abschrift beizufügen. Von allen Schriftstücken und deren Anlagen sind Duplikate einzureichen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 145 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 145 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 145 erneut aufgehoben.
§ 146. Der Kreisausschuß hat die Thatsachen, welche für die von ihm zu treffende Entscheidung erheblich sind, von Amtswegen zu erforschen und festzustellen, sowie den beweis in vollem Umfange zu erheben. Insbesondere ist er befugt, zu diesem Behufe Untersuchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachverständige zu laden und eidlich zu vernehmen.
Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger vernehmen zu lassen, können die entsprechenden bestimmungen der bürgerlichen Prozeßgesetze mit der Maßgabe zur Anwendung, daß im Falle des Ungehorsams der Kreisausschuß auf eine Geldbuße bis zu 50 Thalern erkennen kann. Gegen diesen Strafbescheid ist innerhalb 14 Tagen Berufung an das Verwaltungsgericht zulässig.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 146 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 146 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 146 erneut aufgehoben.
§ 147. Der Kreisausschuß kann die Beweiserhebung durch den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied, durch einen Amtsvorsteher oder durch eine zu dem Ende zu ersuchende sonstige Behörde bewirken lassen. - Er kann anordnen, daß die Beweiserhebung in seiner öffentlichen Sitzung stattfinden soll.
Die Parteien sind zu den Beweisverhandlungen vorzuladen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 147 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 147 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 147 erneut aufgehoben.
§ 148. Die Beweisverhandlungen sind unter Zuziehung eines vereideten Protokollführers aufzunehmen.
Die Vereidigung des Protokollführers erfolgt durch den Landrath oder in dessen Auftrage durch den Amtsvorsteher im Namen des Kreisausschusses.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 148 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 148 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 148 erneut aufgehoben.
§ 149. Der Kreisausschuß hat nach seiner freien, aus dem ganzen Inbegriffe der Verhandlung und Beweise geschöpften Überzeugung zu beschließen.
Er darf bei seiner Entscheidung nicht über den vor ihn gebrachten Gegenstand und nicht über den Kreis der in der Verhandlung betreffenden Parteien hinausgehen.
Die Beiladung solcher Betheiligter, deren Interesse durch die zu erlassende Entscheidung berührt wird, findet von Amtswegen statt. In diesem Falle gilt die Entscheidung auch gegenüber den Beigeladenen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 149 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 149 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 149 erneut aufgehoben.
§ 150. Die mündliche Verhandlung, bei welcher die Parteien beziehungsweise ihre mit Vollmacht versehenen Vertreter zu hören sind, sowie die Verkündigung der Entscheidung erfolgen in öffentlicher Sitzung des Kreisausschusses.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 150 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 150 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 150 erneut aufgehoben.
§ 151. Die Öffentlichkeit der Verhandlung kann von dem Kreisausschusse durch einen öffentlich zu verkündenden Beschluß ausgeschlossen werden, wenn er dies aus Gründen des öffentlichen Wohls oder der Sittlichkeit für angemessen erachtet.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 151 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 151 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 151 erneut aufgehoben.
§ 152. Die Entscheidung ist mit Gründen zu versehen und den Parteien zuzustellen.
Diese Zustellung allein genügt, wenn die Verkündigung der Entscheidung nicht sofort hat erfolgen können.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 152 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 152 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 152 erneut aufgehoben.
§ 153. Die Betheiligten sind bei Eröffnung der Entscheidungen des Kreisausschusses über das Berufungsrecht, die Berufungsfristen und die Folgen der Versäumniß ausdrücklich zu belehren; die Unterlassung der Belehrung hält den Lauf der Berufungsfristen nicht auf.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 153 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 153 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 153 erneut aufgehoben.
§ 154. Über die öffentliche Sitzung wird durch einen vereideten Protokollführer eine Verhandlung aufgenommen, welche die wesentlichen Hergänge enthalten muß und von den Mitgliedern des Ausschusses sowie von dem Protokollführer zu unterzeichnen ist.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 154 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 154 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 154 erneut aufgehoben.
§ 155. Berufung gegen die Entscheidungen des Kreisausschusses. Gegen die Entscheidungen des Kreisausschusses steht, soweit dieselben nicht endgültige sind, den Betheiligten, und aus Gründen des öffentlichen Interesses dem Vorsitzenden des Kreisausschusses (§ 136) das Recht der Berufung zu.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 155 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 155 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 155 erneut aufgehoben.
§ 156. Über die Berufung entscheidet das Verwaltungsgericht (§§ 187 ff.) mit Ausnahme der in dem § 135 unter Nr. V., 1. und VIII. aufgeführten Angelegenheiten, welche der Entscheidung der Bezirksregierung in dem bisherigen Verfahren unterliegen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 156 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 156 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 156 erneut aufgehoben.
§ 157. Will der Vorsitzende des Kreisausschusses gegen einen von dem letzteren gefaßten Beschluß von dem Rechte der Berufung aus Gründen des öffentlichen Interesses Gebrauch machen (§ 155), so hat er dies sofort dem Kreisausschusse anzuzeigen.
Dei Verkündigung des Beschlusses an die Parteien bleibt in diesem Falle einstweilen ausgesetzt. Dieselbe muß jedoch binnen längstens drei Tagen nach Erlaß der Entscheidung erfolgen, mit der Eröffnung, daß gegen die Entscheidung im öffentlichen Interesse Berufung eingelegt sei. Die Gründe der Berufung müssen in der Eröffnung bezeichnet werden.
Ist der Beschluß ohne diese Eröffnung den Parteien mitgetheilt worden, so gilt die angemeldete Berufung für zurückgenommen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 157 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 157 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 157 erneut aufgehoben.
§ 158. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt für die Parteien 21 Tage, sofern nicht für einzelne Fälle eine andere Frist gesetzlich bestimmt ist.
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 158 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 158 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 158 erneut aufgehoben.
§ 159. Die Berufung muß bei Verlust des Rechtsmittels binnen der Berufungsfrist bei dem Kreisausschusse, gegen dessen Entscheidung sie gerichtet ist, angemeldet und gerechtfertigt werden.
Zur Rechtfertigung der Berufung kann in nicht schleunigen Sachen dem Berufenden auf seinen Antrag eine angemessene Nachfrist gewährt werden, welche der Regel nach die Dauer von vierzehn Tagen nicht überschreiten soll.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 159 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 159 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 159 erneut aufgehoben.
§ 160. Die Berufungsschrift und deren Anlagen werden der Gegenpartei zur schriftlichen Gegenerklärung binnen einer bestimmten von acht Tagen bis zu vier Wochen zu bemessenden Frist zugefertigt.
Hinsichtlich der Einreichung von Duplikaten der Berufungsschrift und der Gegenerklärung, sowie deren Anlagen findet der § 145 gleichmäßige Anwendung.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 160 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 160 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 160 erneut aufgehoben.
§ 161. Nach Ablauf der Frist (§ 160) legt der Kreisausschuß die sämmtlichen Verhandlungen nebst seinen Akten dem Verwaltungsgerichte vor.
Den Parteien wird, unter Mittheilung einer Abschrift der Gegenerklärung an den berufenden, die Absendung der Akten bekannt gemacht.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 161 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 161 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 161 erneut aufgehoben.
§ 162. Das Verfahren ist stempelfrei.
Dem unterliegenden Theile sind die baaren Auslagen des Verfahrens, die gebühren für Zeugen und Sachverständige, sowie die baaren Auslagen des obsiegenden Theils ur Last zu legen, jedoch mit Ausschuß der Gebühren, welche dieser seinem Bevollmächtigten für Wahrnehmung der öffentlichen Sitzungen des Kreisausschusses zu entrichten hat.
Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, so wird außerdem von dem unterliegenden Theile ein zur Kreis-Kommunalkasse zu vereinnahmendes Pauschquantum erhoben, welches im Höchstbetrage 20 Thlr. nicht übersteigen darf. Die Erhebung dieses Pauschquantums findet bei der schiedsrichterlichen Entscheidung und sühneamtlichen Vermittlung von Streitigkeiten zwischen Armenverbänden (§ 135 I. 1.) nicht statt.
Für die berechnung des Pauschquantums, sowie der Gebühren für Zeugen und Sachverständige kann von dem Minister des Innern ein Tarif aufgestellt werden.
Das Pauschquantum und sämmtliche zu erstattende Auslagen werden von dem Kreisausschusse durch besondere Verfügung festgesetzt, gegen welche die Berufung an das Verwaltungsgericht binnen einer zehntägigen Frist offen steht.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 162 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 162 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 162 erneut aufgehoben.
§ 163. Ist der unterliegende Theil eine öffentliche Behörde, so bleiben die Kosten außer Ansatz; für die baaren Auslagen des Verfahrens und des obsiegenden Theiles muß derjenige Kommunalverband aufkommen, als dessen Organ die öffentliche Behörde gehandelt hat.
Auch ist der unterliegenden Partei völlige oder theilweise Kostenfreiheit zu bewilligen, wenn sie durch ein obrigkeitliches Attest den Nachweis führt, daß sie unvermögend ist, Kosten zu bezahlen, oder wenn nach dem Ermessen des Kreisausschusses aus sachlichen Gründen ein besonderer Anlaß hierzu vorliegt.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 163 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 163 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 163 erneut aufgehoben.
§ 164. Soweit die eigenen Einnahmen des Kreisausschusses (§ 162) und die vom Staate hierzu nach § 70 zu überweisenden Beiträge nicht ausreichen, werden die Kosten, welche die Geschäftsverwaltung desselben verursacht, von dem Kreise getragen.
Die Mitglieder des Kreisausschusses erhalten eine ihren baaren Auslagen entsprechende Entschädigung. Über die Höhe derselben beschließt der Kreistag.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde im § 164 Abs. 1 die Klammer "(§ 162)" gestrichen.
§ 165. Die Vollstreckung der von dem Kreisausschusse getroffenen Entscheidungen liegt dem Vorsitzenden desselben ob.
Über Beschwerden, welche darauf gerichtet sind, daß die Art der Vollstreckung mit dem Inhalte der ergangenen Entscheidung nicht übereinstimme, entscheidet der Kreisausschuß. Solche Beschwerden müssen binnen längstens zehn Tagen nach Behändigung der anzugreifenden Verfügung angebracht werden.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 165 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 165 erneut aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 165 erneut aufgehoben.
§ 166. Im Übrigen wird der Geschäftsgang bei den Kreisausschüssen durch ein von dem Minister des Innern zu erlassendes Regulativ geordnet.
Fünfter Abschnitt.
Von den Kreiskommissionen.
§ 167. Für die unmittelbare Verwaltung und Beaufsichtigung einzelner Kreisinstitute, sowie für die Besorgung einzelner Kreisangelegenheiten kann der Kreistag nach Bedürfniß besondere Kommissionen oder Kommissare aus der Zahl der Kreisangehörigen bestellen, welche ebenso, wie die durch das Gesetz für Zwecke der allgemeinen Landesverwaltung angeordneten Kommissionen, ihre Geschäfte unter der Leitung des Landraths besorgen.
Der Landrath ist befugt, jederzeit den Berathungen der Kreiskommissionen beizuwohnen und dabei den Vorsitz mit vollem Stimmrechte zu übernehmen, soweit nicht hierüber hinsichtlich der für Zwecke der allgemeinen Landesverwaltung angeordneten Kommissionen etwas Anderes gesetzlich bestimmt ist.
§ 168. Über die Gewährung von Diäten und Reisekosten an die Mitglieder der Kreiskommissionen zu bestimmen, bleibt dem Kreistage überlassen.
§ 169. In denjenigen Kreisen, welche nur aus einer Stadt bestehen (Stadtkreise), werden die Geschäfte des Kreistages und des Kreisausschusses, die des letzteren, soweit sich dieselben auf die Verwaltung der Kreis-Kommunalangelegenheiten beziehen, von den städtischen Behörden nach den Vorschriften der Städteordnung wahrgenommen.
Die Bestimmungen des zweiten Abschnitts des ersten Titels finden auf Stadtkreise keine Anwendung.
§ 170. Die Wahrnehmung der im § 135 I-VIII und XII aufgeführten Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung verbleiben in den Stadtkreisen bis zum Erlasse des Gesetzes über die Reorganisation der inneren Verwaltung den bisher zuständigen Behörden.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 170 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der §
170
folgende Fassung:
"§ 170. In den Stadtkreisen, mit Ausnahme des Stadtkreises
Magdeburg, tritt an die Stelle des Kreisausschusses zur Wahrnehmung von
Geschäften der allgemeinen Landesverwaltung in den durch die Gesetze
bezeichneten Fällen der nach den Vorschriften der §§ 30 ff. des Gesetzes über
die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung gebildete Stadtausschuß."
§ 171.
Besondere Bestimmungen für den Stadtkreis Magdeburg. Der Kreistag des
Stadtkreises Magdeburg besteht außer dem Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg,
welcher die Kreis-Kommunalverwaltung leitet und den Vorsitz im Kreistage mit
vollem Stimmrechte führt, aus 11 Mitgliedern, von denen
1) die Altstadt Magdeburg mit Sudenburg 6,
2) die Neustadt Magdeburg 3,
3) die Stadt Buckau 2
Abgeordnete entsendet.
§ 172. Die Wahl der Kreistags-Abgeordneten erfolgt nach den Vorschriften des § 104 Absatz 1.
§ 173. Der Kreisausschuß des Stadtkreises Magdeburg besteht aus dem Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg als Vorsitzenden und zwei Mitgliedern, welche von dem Kreistage aus der Zahl der Kreisangehörigen gewählt werden.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 173 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 173
folgende Fassung:
"§ 173. Der Kreisausschuß des Stadtkreises Magdeburg besteht aus dem
Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, in Behinderungsfällen dessen gesetzlichem
Stellvertreter, als Vorsitzendem und sechs Mitgliedern, welche von dem Kreistage
aus der Zahl der Mitglieder der Magistrate der drei zum Stadtkreis Magdeburg
gehörigen Städte gewählt werden."
§ 174. Für den Kreistag und den Kreisausschuß des Stadtkreises Magdeburg gelten die Vorschriften der §§ 115 und 116, 118-131, 133 und 134, 136-139 Absatz 1 und 2 dieses Gesetzes, soweit sich dieselben auf die Verwaltung der Kreis-Kommunalangelegenheiten beziehen.
§ 175. Die Bestimmungen des zweiten Abschnittes des ersten Titels, sowie die Bestimmung des § 170 finden auf den Stadtkreis Magdeburg gleichmäßige Anwendung.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 175
folgende Fassung:
"§ 175. Die Bestimmungen des zweiten Abschnitts des ersten Titels
finden auf den Stadtkreis Magdeburg gleichmäßige Anwendung."
Fünfter Titel.
Von der Oberaufsicht über die Kreisverwaltung.
§ 176. Genehmigung von
Kreistagsbeschlüssen. Beschlüsse des Kreistages, welche folgende
Angelegenheiten betreffen:
1) statutarische Anordnungen nach Maßgabe des § 20 Nr. 1;
2) Mehr- oder Minderbelastungen einzelner Kreistheile (§ 13);
3) Veräußerungen von Grundvermögen des Kreises;
4) Aufnahme von Anleihen, durch welche der Kreis mit einem neuen Schuldenstande
belastet wird, sowie Übernahme von Bürgschaften auf den Kreis;
5) eine Belastung der Kreisangehörigen durch Kreisabgaben
über 50 Prozent des Gesammtaufkommens der direkten Staatssteuern,
beziehungsweise der Mahl- und Schlachtsteuer;
6) eine neue Belastung der Kreisangehörigen ohne
gesetzliche Verpflichtung, insofern die aufzulegenden Leistungen über die
nächsten fünf Jahre hinaus fortdauern sollen,
bedürfen in den Fällen zu 1. der landesherrlichen Genehmigung, in den Fällen zu
2 bis 4 der Bestätigung des Ministers des Innern, in den Fällen zu 5 und 6
der Bestätigung der Minister des Innern und der Finanzen.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 176 Nr. 3, 4 und 6 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 176
folgende Fassung:
"§ 176. Beschlüsse des Kreistages, welche folgende Angelegenheiten
betreffen:
1) statutarische Anordnungen nach Maßgabe des § 20 Nr. 1;
2) Mehr- oder Minderbelastungen einzelner Kreistheile (§ 13);
3) eine Belastung der Kreisangehörigen durch Kreisabgaben über 50 Prozent des
Gesammtaufkommens der direkten Staatssteuern;
4) Veräußerungen von Grundvermögen und Immobiliarrechten des Kreises;
5) Anleihen, durch welche der Kreis mit einem Schuldenbestande belastet oder der
bereits vorhandene Schuldenbestand vergößert werden würde, sowie die Übernahme
von Bürgschaften auf den Kreis,
6) eine neue Belastung der Kreisangehörigen ohne gesetzliche Verpflichtung,
insofern die aufzulegenden Leistungen über die nächsten fünf Jahre hinaus
fortdauern sollen,
bedürfen in den Fällen zu 1 der landesherrlichen Genehmigung, in den Fällen zu 2
der Bestätigung des Ministers des Innern, in den Fällen zu 3 der Bestätigung der
Minister des Innern und der Finanzen, in den übrigen Fällen der Bestätigung des
Bezirksrathes.
Ohne die vorgeschriebene Bestätigung sind die betreffenden Beschlüsse des
Kreistages nichtig."
§ 177. Aufsichtsbehörden. Die Aufsicht des Staates über die Kreis-Kommunalangelegenheiten wird, soweit nicht durch die Vorschriften dieses Gesetzes ein Anderes ausdrücklich bestimmt ist, von der Bezirksregierung, in der höheren Instanz von dem Oberpräsidenten und dem Minister des Innern ausgeübt.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 177 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 177
folgende Fassung:
"§ 177. Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der
Angelegenheiten der Landkreise und des Stadtkreises Magdeburg wird von dem
Regierungspräsidenten, in höherer und letzter Instanz von dem Oberpräsidenten
geübt, unbeschadet der in den Gesetzen geordneten Mitwirkung des Bezirksrathes
und des Provinzialrathes.
Beschwerden an die Aufsichtsbehörde in Kreisangelegenheiten sind in allen
Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 wurde an dieser Stelle
folgender Paragraf eingefügt:
"§ 177a. Die Aufsichtsbehörden haben mit den ihnen in den Gesetzen
zugewiesenen Mitteln darüber zu wachen, daß die Verwaltung den Vorschriften der
Gesetze gemäß geführt und in geordnetem Gange erhalten werde.
Die Aufsichtsbehörden sind zu dem Ende befugt, über alle Gegenstände der
Verwaltung Auskunft zu erfordern, die Einsendung der Akten, insbesondere auch
der Haushaltsetats und der Jahresrechnungen zu verlangen, sowie Geschäfts- und
Kassenrevisionen an Ort und Stelle zu veranlassen."
§ 178. Beschlüsse, welche die Befugnisse des Kreistages überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Landrath zu beanstanden und Behufs der Entscheidung über deren Ausführung der Aufsichtsbehörde einzureichen.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 178 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 178
folgende Fassung:
"§ 178. Beschlüsse des Kreistages, der Kreiskommissionen, sowie in
Kommunalangelegenheiten des Kreises gefaßte Beschlüsse des Kreisausschusses,
welche deren Befugnisse überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der
Landrath, entstehenden Falles auf Anweisung der Aufsichtsbehörde, unter Angabe
der Gründe, mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden.
Gegen die Verfügung des Landrathes steht dem Kreistage, der Kreiskommission,
beziehungsweise dem Kreisausschusse innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem
Bezirksverwaltungsgerichte zu. Dieselben können zur Wahrnehmung ihrer Rechte im
Verwaltungsstreitverfahren einen besonderen Vertreter bestellen."
§ 179. Auflösung des Kreistages durch Königliche Verordnung. Auf den Antrag des Staatsministeriums kann ein Kreistag durch Königliche Verordnung aufgelöst werden. Es sind sodann Neuwahlen anzuordnen, welche binnen sechs Monaten, vom Tage der Auflösung an, erfolgen müssen.
Im Falle der Auflösung eines Kreistages blieben die von denselben gewählten Mitglieder des Kreisausschusses und der Kreiskommissionen so lange in Wirksamkeit, bis der neugebildete Kreistag die erforderlichen Neuwahlen vollzogen hat.
§ 180. Zwangsweise Etatisirung gesetzlicher Leistungen durch die Regierung. Wenn der Kreistag es unterläßt oder verweigert, die dem Kreise gesetzlich obliegenden Leistungen auf den Haushalts-Etat zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, so läßt die Bezirksregierung, unter Anführung der Gründe, die Eintragung in den Etat von Amtswegen bewirken, oder stellt diese Ausgaben außerordentlich fest.
Durch Gesetz vom 26. Juli 1876 wurde der § 180 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 180
folgende Fassung:
"§ 180. Unterläßt oder verweigert ein Kreis die ihm gesetzlich
obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit
festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich
zu genehmigen, so verfügt der Regierungspräsident, unter Angabe der Gründe, die
Eintragung in den Etat, beziehungsweise die Feststellung der außerordentlichen
Ausgaben.
Gegen die Verfügung des Regierungspräsidenten steht dem Kreise innerhalb zwei
Wochen die Klage bei dem Bezirksverwaltungsgerichte zu. Zur Ausführung der
Rechte des Kreises kann der Kreistag einen besonderen Vertreter bestellen."
Sechster Titel.
Übergangs-Bestimmungen für die Provinzen Sachsen und Posen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt das Gesetz folgende Überschrift:
"Sechster Titel.
Besondere Bestimmungen für die Provinz Sachsen.
"
§ 181. Für die in der Provinz Sachsen belegenen, im standesherrlichen Besitze der Grafen zu Stolberg-Wernigerode, Stolberg-Stolberg und Stolberg-Rosla befindlichen Grafschaften Wernigerode und Stolberg, nebst den Städten Kelbra und Heringen, wird die Behufs Anschlusses an die Grundsätze des gegenwärtigen Gesetzes erforderliche Regelung der die Gemeinde- und Polizeiverwaltung betreffenden Verhältnisse einem besonderen Gesetze vorbehaltenen und bleiben bis dahin für diese Landestheile die hierauf bezüglichen Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes außer Anwendung.
Durch Gesetz vom 18. Juni 1876 wurde unter Aufhebung des §
181 zur Einführung der Kreisordnung in den genannten Grafschaften folgendes
bestimmt:
"§ 1. Mit dem 1. Oktober 1876 tritt in den Grafschaften Wernigerode,
Stolberg-Stolberg mit dem vormaligen Amte Heringen und Stolberg-Roßla mit dem
vormaligen Amte Kelbra die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 in allen ihren
Theilen, jedoch unter Ausschluß des § 181 mit nachstehenden Maßnahmen in Kraft:
1) Die Ernennung der Amtsvorsteher und deren Stellvertreter (§§ 56, 57), sowie
die Bestellung kommissarischer Amtsvorsteher (§ 58) erfolgt in den genannten
Grafschaften nach Anhörung der Besitzer derselben, des Grafen zu
Stolberg-Wernigerode, beziehungsweise des Grafen zu Stolberg-Stolberg und des
Grafen zu Stolberg-Roßla, unbeschadet des dem Kreistage nach §§ 56, 57
zustehenden Vorschlagsrechtes.
2) Der Landrath des Kreises Wernigerode wird nach Anhörung des Grafen zu
Stolberg-Wernigerode vom Könige ernannt. Das der Kreisversammlung gemäß § 74
zustehende Vorschlagsrecht wird hierdurch nicht berührt.
3) Die Grafen zu Stolberg-Wernigerode, Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla sind
befugt, das in dem Kreise Wernigerode, beziehungsweise Sangershausen ihnen
zustehende Rechte der Theilnahme an den von den Wahlverbänden der größeren
Grundbesitzer zu vollziehenden Wahlen von Kreistagsabgeordneten durch
Stellvertreter in gleicher Weise, wie die Mitglieder der regierenden Häuser (§
97, 5.) auszuüben.
§ 2. In den Grafschaften Wernigerode und Stolberg ist noch vor dem im § 1
gedachten Zeitpunkte zur Wahl der Gemeindevorsteher und Schöffen zur Bildung der
Amtsbezirke und zur Ernennung oder Bestellung der Amtsvorsteher in Gemäßheit der
Vorschriften der Kreisordnung zu schreiten.
§ 3. Von dem im § 1 angegebenen Zeitpunkte ab treten die von den Grafen
zu Stolberg in den § 1 bezeichneten Gebieten bestellten Polizeioberbeamten,
Medizinal- und Lokalbeamten, sowie die gräfliche Regierung und das mit ihr
verbundene Medizinalkollegium in Wernigerode außer Wirksamkeit.
Die Befugnisse und Obliegenheiten dieser Behörden gehen, mit allen Nutzungen und
Lasten, auf die nach der Kreisordnung oder den sonst bestehenden allgemeinen
Vorschriften zuständigen staatlichen oder kommunalen Behörden über.
§ 4. Die durch Aufhebung der gräflichen Behörden (§ 3) disponibel
werdenden öffentlichen Beamten der Grafen zu Stolberg sind mit ihrem derzeitigen
Gehalte, Dienstalter und Range in den unmittelbaren Staatsdienst zu übernehmen,
oder geeigneten Falls für Rechnung der Staatskasse mit Wartegeld oder Pension in
den Ruhestand zu versetzen. Lehnt einer dieser Beamten die anderweite Anstellung
ab, so ist er mit Pension in Ruhestand zu setzen."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 erhielt der § 181
folgende Fassung:
"§ 181. Für den Umfang der in der Provinz Sachsen belegenen
Grafschaften Wernigerode, Stolberg-Stolberg mit dem vormaligen Amte Heringen,
und Stolberg-Roßla mit dem vormaligen Amte Kelbra kommt dieses Gesetz mit den
Maßgaben des Gesetzes vom 18. Juni 1876 (Gesetz-Samml. S. 245) zur Anwendung."
§ 182. Auf die Provinz Posen findet die gegenwärtige Kreisordnung bis auf Weiteres keine Anwendung; sie kann jedoch in ihrer Gesammtheit oder in einzelnen Theilen für die ganze Provinz oder für einzelne Kreise derselben durch Königliche Verordnung in Kraft gesetzt werden. Bis dahin bewendet es bei den bestehenden Vorschriften.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 182 aufgehoben.
Siebenter Titel.
Allgemeine, Übergangs- und Ausführungs-Bestimmungen.
§ 183. Bis zu einer anderweiten Beschlußfassung der Provinzialvertretungen tritt an die Stelle des im § 86 festgestellten Betrages von 75 Thalern Grund- und Gebäudesteuer für die Kreise der Provinz Sachen er Betrag von 100 Thalern und für die Kreise des Regierungsbezirks Stralsund der Betrag von 250 Thalern.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Artikel II) wurde an Stelle der Thalerwährung der entsprechende Betrag in Reichswährung eingesetzt (im § 183 an Stelle von 75 bzw. 100 bzw. 250 Thalern also 225 bzw. 300 bzw. 750 Mark).
§ 184. Für die erste nach Maßgabe dieses Gesetzes vorzunehmende Vertheilungen und Wahlen der Kreistags-Abgeordneten sind die dem Kreisausschusse, beziehungsweise dem Kreistage übertragenen Befugnisse von dem Landrathe wahrzunehmen. Ingleichen liegt für diese ersten Wahlen dem Landrathe die Prüfung der Wahlprotokolle an Stelle des Kreisausschusses ob.
§ 185. Für jeden Kreis wird die erfolgte Bildung der Amtsbezirke und die Ernennung der Amtsvorsteher durch eine von dem Oberpräsidenten durch das Amtsblatt zu erlassende Bekanntmachung zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Bis zu diesem Zeitpunkte bleiben die rücksichtlich der örtlichen Polizeiverwaltung bestehenden Vorschriften in Kraft.
§ 186. Die Amtsthätigkeit der jetzigen Gemeindevorsteher und Schöffen erlischt am 30, Juni 1874. Die schon jetzt gewählten Gemeindevorsteher und Schöffen bleiben jedoch in Funktion bis zum Ablauf der in dem gegenwärtigen Gesetze vorgeschriebenen sechsjährigen Amtsdauer, vom Tage ihrer Bestätigung gerechnet, sofern nicht eine Gemeinde eine frühere Wahl ausdrücklich beantragt.
§ 187. Die Verwaltungsgerichte und das Verfahren vor denselben. Für jeden Regierungsbezirk wird ein Verwaltungsgericht gebildet, welchem gleichzeitig die von den Deputationen für das Heimathswesen (§§ 40, 41 u. s. w. des Gesetzes, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 8. März 1871 (Gesetz-Samml. S. 130) auszuübenden Befugnisse übertragen werden.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 187 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 187 erneut aufgehoben.
§ 188. Für die Zusammensetzung und die
Beschlußfassung des Verwaltungsgerichts, sowie für die Eigenschaften seiner
Mitglieder gelten die Bestimmungen in den §§ 41, 42, 43 Abs. 1 des Gesetzes vom
8. März 1871. Dieselben werden jedoch in folgenden Punkten abgeändert
beziehungsweise ergänzt:
1) der Präsident der Regierung, in dessen Behinderung der Dirigent der
Abtheilung des Innern, kann jederzeit den Vorsitz übernehmen. In diesem Falle
ist der Vorsitzende stimmberechtigt, und steht alsdann dem Mitgliede des
Verwaltungsgerichts, welches aus der Zahl der Verwaltungsbeamten ernannt ist,
nur eine berathende Stimme zu;
2) in allen Fällen, in welchen ein gewähltes Mitglied des Gerichtshofes und der
für dasselbe bestimmte Stellvertreter gleichzeitig verhindert sind, kann einer
der beiden anderen gewählten Stellvertreter an den Verhandlungen mit
beschließender Stimme Theil nehmen;
3) der Vorsitzende des Verwaltungsgerichts nimmt immer an der Abstimmung Theil,
auch wenn nur vier Mitglieder anwesend sind;
4) die gewählten Mitglieder des Verwaltungsgerichts werden durch den
Vorsitzenden vereidigt und unterliegen in dieser ihrer Eigenschaft den für
richterliche Beamte geltenden Disziplinarvorschriften.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 188 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 188 erneut aufgehoben.
§ 189. Die Vorschrift des § 43 Absatz 1 des Gesetzes vom 8. März 1871 findet auf den Regierungspräsidenten und den Dirigenten der Abtheilung des Innern in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Verwaltungsgerichts gleichmäßige Anwendung.
Hinsichtlich der Ausschließung des Vorsitzenden und der Mitglieder des Verwaltungsgerichts von der Theilnahme an den Berathungen und Beschlußfassungen des letzteren gelten die Vorschriften des § 139.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 189 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 189 erneut aufgehoben.
§ 190. Die mündliche Verhandlung, bei welcher die Parteien oder ihre mit Vollmacht versehenen Vertreter zu hören sind, sowie die Verkündigung der Entscheidung erfolgen in öffentlicher Sitzung des Verwaltungsgerichts. Die Vorschriften der §§ 151 und 152 finden gleichmäßige Anwendung.
Die Ladung der Parteien zu den Verhandlungen geschieht unter der im § 144 vorgeschriebenen Verwarnung.
Haben jedoch beide Parteien darauf angetragen, daß die Sache ohne mündliche Verhandlung entschieden werde, so kann die Entscheidung auf schriftlichen Vortrag gefällt werden.
Die Zufertigung der mit Gründen zu versehenden Entscheidung an die Parteien erfolgt durch die Vermittelung des Kreisausschusses, gegen dessen Beschluß dieselbe ergangen ist.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 190 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 190 erneut aufgehoben.
§ 191. Erachtet das Verwaltungsgericht vor der Endentscheidung noch eine Aufklärung über das Sachverhältniß für nöthig, so ist dieselbe durch eines seiner Mitglieder oder durch den Kreisausschuß vorzunehmen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 191 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 191 erneut aufgehoben.
§ 192. Ist die Berufung von dem Vorsitzenden des Kreisausschusses eingelegt (§ 155), so entscheidet das Verwaltungsgericht zunächst über die Vorfrage, ob das öffentliche Interesse für betheiligt zu erachten sei.
Nur insoweit dies angenommen wird, erfolgt eine Scheidung in er Sache.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 192 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 192 erneut aufgehoben.
§ 193. Die Bestimmung des § 192 findet entsprechende Anwendung, wenn über die Berufung von der Bezirksregierung zu entscheiden ist.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 193 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 193 erneut aufgehoben.
§ 194. Auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichte finden die Vorschriften der §§ 146-149 und 154, sowie in denjenigen streitigen Verwaltungssachen, in welchen das Verwaltungsgericht in erster Instanz zu entscheiden hat, auch die Vorschriften des § 144 gleichmäßige Anwendung.
Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig. Hinsichtlich des Verfahrens in Armen-Streitsachen verbleibt es bei den Vorschriften der §§ 47 ff. des Gesetzes vom 8. März 1871.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 194 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 194 erneut aufgehoben.
§ 195. Die Erhebung der Kosten und die Erstattung
der baaren Auslagen für das Verfahren in der Berufungsinstanz erfolgt nach den
Vorschriften der §§ 162 und 163 mit der Maßgabe, daß
1) die aufkommenden Kosten vorläufig zur Staatskasse vereinnahmt werden;
2) das im § 162 bezeichnete Pauschquantum auch beim Ausfalle der mündlichen
Verhandlung zu erheben ist.
3) der unterliegenden Partei auch die von dem Verwaltungsgerichte
festzusetzenden Gebühren, welche die obsiegende Partei ihrem Bevollmächtigten
für Wahrnehmung der öffentlichen Sitzungen des Verwaltungsgerichts zu entrichten
hat, zur Last zu legen sind;
4) die Aufstellung des Tarifs den Ministern des Innern und der Justiz zusteht;
5) ein weiteres Rechtsmittel gegen die wegen Festsetzung der Kosten ergangene
Verfügung des Verwaltungsgerichts nicht stattfindet.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 195 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 195 erneut aufgehoben.
§ 196. Die Kosten des Verwaltungsgerichts fallen, mit Ausnahme der den gewählten Mitgliedern nach Maßgabe des § 44 des Gesetzes vom 8. März 1871 (Gesetz-Samml. S. 130) zu gewährenden Entschädigungen, welche der Provinzialverband aufzubringen hat, der Staatskasse zur Last. Die Kreise Dramburg und Schievelbein werden in dieser Beziehung als zum Provinzialverbande von Pommern und die Altmark als zum Provinzialverbande von Sachsen gehörig angesehen.
Die Einnahmen des Verwaltungsgerichts werden nach dem Verhältnisse der Kosten zwischen dem Provinzialverbande und dem Staate vertheilt.
Ergeben sich Überschüsse, so werden dieselben dem Provinzialverbande zugewiesen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 196 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 196 erneut aufgehoben.
§ 197. Die Vollstreckung der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts erfolgt durch den Vorsitzenden des Kreisausschusses nach den Vorschriften des § 165.
Über Beschwerden ist von dem Verwaltungsgerichte Entscheidung zu treffen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 197 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 197 erneut aufgehoben.
§ 198. Im Übrigen wird der Geschäftsgang bei dem Verwaltungsgerichten durch ein Regulativ geordnet, welches die Minister des Innern und der Justiz gemeinsam erlassen.
Durch Gesetz vom 3. Juli 1875 wurde der § 198 aufgehoben.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. III.) wurde der § 198 erneut aufgehoben.
§ 199. Alle dem gegenwärtigen Gesetze zuwiderlaufenden Bestimmungen werden aufgehoben und treten, mit Vorbehalt der Vorschriften der §§ 12, 185 und 186, mit dem 1. Januar 1874 außer Kraft. Die bisherigen kreisständischen Kommissionen bleiben bis zur anderweitigen Beschlußnahme des Kreistages über ihren Fortbestand und ihre Zusammensetzung in Wirksamkeit.
§ 200. Der Minister des Innern ist mit der Ausführung des gegenwärtigen Gesetzes beauftragt und erläßt die hierzu erforderlichen Anordnungen und Instruktionen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 13. Dezember 1872
Wilhelm
Gr. v. Itzenplitz.
v. Selchow. Gr. zu Eulenburg.
Leonhardt.
Camphausen. Falk.
vom 13. Dezember 1872
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) wurde das Wahl-Reglement vollständig neu gefaßt:
"Wahl-Reglement.
vom 19. März 1881"
§ 1. Acht Tage vor der Wahl werden die Wähler zu den Wahlen mittelst schriftlicher Einladung oder durch ortsübliche Bekanntmachung berufen. Die Einladung und Bekanntmachung muß das Lokal, den Tag und die Stunde der Wahl genau bestimmen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 1
folgende Fassung:
"§ 1. Acht Tage vor der Wahl werden die Wähler zu den Wahlen mittels
schriftlicher Einladung oder durch ortsübliche Bekanntmachung berufen. Die
Einladung und Bekanntmachung muß das Lokal, den Tag und die Stunde der Wahl
genau bezeichnen. Hinsichtlich der von dem Kreistage vorzunehmenden Wahlen
bewendet es bei den für die Berufung des Kreistages vorgeschriebenen Fristen."
§ 2. Der Wahlvorstand besteht aus dem Landrathe, beziehungsweise Bürgermeister, Gemeindevorsteher oder einem von ihnen ernannten Wahlvorsteher und aus zwei von der Wählerversammlung zu wählenden Beisitzern. Der Wahlvorstand bestimmt den Protokollführer und die Stimmzähler.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 2
folgende Fassung:
"§ 2. Der Wahlvorstand besteht aus dem nach den bestehenden Vorschriften
zur Leitung des Wahlaktes berufenen Beamten als Vorsitzenden und aus zwei oder
vier von der Wahlversammlung aus der Zahl der Wähler zu wählenden Beisitzern.
Der Vorsitzende ernennt einen der Beisitzer zum Protokollführer. In den Fällen
der §§ 23, 51 Nr. 1 und 100 der Kreisordnung kann auch eine nicht zur
Wählerversammlung gehörige Person zum Protokollführer ernannt werden."
§ 3. Die Wahlen erfolgen durch abgestempelte, bei der Verhandlung zu vertheilende Stimmzettel.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 3
folgende Fassung:
"§ 3. Während der Wahlhandlung dürfen im Wahllokale weder Diskussionen
stattfinden, noch Ansprachen gehalten, noch Beschlüsse gefaßt werden.
Ausgenommen hiervon sind Diskussionen und Beschlüsse des Wahlvorstandes, welche
durch die Leitung des Wahlgeschäftes bedingt sind."
§ 4. Jede Wahl erfolgt in einer besonderen Wahlhandlung.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 4
folgende Fassung:
"§ 4. Jede Wahl erfolgt in einer besonderen Wahlhandlung durch
Stimmzettel."
§ 5. In der Wahlversammlung dürfen weder Diskussionen stattfinden, noch Beschlüsse gefaßt werden.
Der Protokollführer ruft die Wähler, wie sie in der Wählerliste verzeichnet sind, auf; jeder Aufgerufene wirft seinen Stimmzettel in die Wahlurne.
Die während des Wahlaktes erscheinenden Wähler können an der nicht geschlossenen Wahl theilnehmen.
Sind keine Stimmen mehr abzugeben, so erklärt der Wahlvorstand die Wahl für geschlossen; der Wahlvorsteher nimmt die Stimmzettel einzeln aus der Wahlurne, verliest die darauf verzeichneten Namen und ein Stimmzähler zählt dieselben laut.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 5
folgende Fassung:
"§ 5. Die Wähler werden in der Reihenfolge, in welcher sie in der
Wählerliste verzeichnet sind, aufgerufen. Jeder Aufgerufene legt seinen
Stimmzettel uneröffnet in die Wahlurne.
Die während der Wahlhandlung erscheinenden Wähler können an der nicht
geschlossenen Wahl theilnehmen.
Sind keine Stimmen mehr abzugeben, so erklärt der Wahlvorstand die Wahl für
geschlossen; der Vorsitzende nimmt die Stimmzettel einzeln aus der Wahlurne und
verliest die darauf verzeichneten, von einem Beisitzer, welchen der Vorsitzende
ernennt, laut zu zählenden Namen."
§ 6. Ungestempelte, unbeschriebene, sowie solche Stimmzettel, auf welchen der Name eines nicht Wahlfähigen oder mehrere Namen sich geschrieben findet, sind ungültig.
Alle ungültigen Stimmzettel werden als nicht abgegeben betrachtet. Über die Gültigkeit entscheidet vorläufig der Wahlvorstand. Die Stimmzettel sind aufzubewahren und die ungültigen mit dem Protokolle dem Landrathe, beziehungsweise dem Kreisausschusse einzusenden.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 6
folgende Fassung:
"§ 6. Ungültig sind:
1) Stimmzettel, welche nicht von weißem Papier, oder welche mit einem äußeren
Kennzeichen versehen sind,
2) Stimmzettel, welche keinen oder keinen lesbaren Namen enthalten,
3) Stimmzettel, aus welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft zu
erkennen ist,
4) Stimmzettel, auf welchen mehr als Ein Name, oder der Name einer nicht
wählbaren Person verzeichnet ist,
5) Stimmzettel, welche einen Protest oder Vorbehalt enthalten."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) wurde folgender
Paragraf eingefügt::
"§ 7. Alle ungültigen Stimmzettel werden als nicht abgegeben betrachtet.
Über die Gültigkeit der Stimmzettel entscheidet vorläufig der Wahlvorstand. Die
Stimmzettel sind dem Wahlprotokolle beizufügen und so lange aufzubewahren, bis
über die gegen das Wahlverfahren erhobenen Einsprüche rechtskräftig entschieden
ist."
§ 7. Als gewählt ist Derjenige zu betrachten, welcher die absolute Stimmenmehrheit (mehr als die Hälfte der Stimmen) für sich hat.
Ergiebt sich keine absolute Stimmenmehrheit, so kommen diejenigen zwei Personen, welche die meisten Stimmen für sich haben, auf die engere Wahl. Haben mehr als zwei Personen die meisten und gleich viel Stimmen erhalten, so entscheidet das durch die Hand des Wahlvorstehers zu ziehende Loos darüber, wer auf die engere Wahl zu bringen ist; in gleicher Weise erfolgt die Entscheidung, wenn auch die engere Wahl keine Stimmenmehrheit ergiebt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 7
folgende Fassung:
"§ 8. Als gewählt ist derjenige zu betrachten, welcher die absolute
Stimmenmehrheit (mehr als die Hälfte der Stimmen) erhalten hat.
Ergiebt sich keine absolute Stimmenmehrheit, so kommen diejenigen zwei Personen,
welche die meisten Stimmen erhalten haben, auf die engere Wahl. Haben mehr als
zwei Personen die meisten und gleich viel Stimmen erhalten, so entscheidet das
durch die Hand des Vorsitzenden zu ziehende Loos darüber, wer auf engere Wahl zu
bringen ist; in gleicher Weise erfolgt die Entscheidung, wenn auch die engere
Wahl keine Stimmenmehrheit ergiebt."
§ 8. Die Wahlprotokolle sind vom Wahlvorstande, dem Protokollführer und den Stimmzählern zu unterzeichnen.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 8
folgende Fassung:
"§ 9. Die Wahlprotokolle sind von dem Wahlvorstande zu unterzeichnen."
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) wurde folgender
Paragraf eingefügt::
"§ 10. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes hat die Gewählten von der auf
sie gefallenen Wahl mit der Aufforderung in Kenntniß zu setzen, sich über die
Annahme oder Ablehnung innerhalb längstens fünf Tagen zu erklären. Wer diese
Erklärung nicht abgiebt, wird als ablehnend betrachtet."
§ 9. Auf dem Kreistage selbst vorzunehmende Wahlen können auch durch Akklamation stattfinden, sofern Niemand Widerspruch erhebt.
Durch Gesetz vom 19. März 1881 (Art. II.) erhielt der § 9
folgende Fassung:
"§ 11. Wahlen, welche auf dem Kreistage vorzunehmen sind, können auch
durch Akklamation stattfinden, sofern Niemand Widerspruch erhebt."
Die Kreisordnung der östlichen sechs Provinzen (deshalb auch
östliche Kreisordnung genannt) gilt als erste der modernen Kreisverfassungen und ist mit
dem Innenminister von Eulenburg stark verbunden. Nur durch die Aufnahme
eigentlich fremder Rechtsgebiete (z. B. Reform der Landgemeindeordnung in den
östlichen Provinzen, Zweiter Titel Zweiter Abschnitt) und einem "Peerschub" in
der Herrenkammer, konnte die starke konservative Gegnerschaft gegen diese
Kreisordnung überwunden werden.
Die Art der Selbstverwaltung der Kreisordnung der östlichen Provinzen, die den Kreis sowohl als Kommunalverband (was er bisher mit den Kreisständen schon war) wie auch als unterer Verwaltungsbezirk (mit dem Landrat, dem Kreisausschuss und dem Kreistag) ist die noch heute in ganz Deutschland übliche, war aber bis dahin nur in Württemberg (Oberamt und Amts-Körperschaft) bekannt. Dadurch wurde der Landrat, der bisher nur Teil der staatlichen Verwaltung war, mit Aufgaben des Kommunalverbandes verbunden, dagegen der eigentlich zum Kommunalverband zu zählende Kreisausschuß (als ständiges Organ des Kreistages) auch mit Aufgaben der staatlichen Verwaltung wie auch als erste Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit (erst nach 1875) eingesetzt.