vom 14. Mai 1860
geändert durch
Gesetz, betreffend die Aufhebung der Einzugsgelder und gleichartigen
Kommunal-Abgaben vom 2. März 1867 (GS. S. 361)
aufgehoben durch
Verordnung vom 24. Januar 1919 (GS. S. 13)
Im Namen Sr. Majestät des Königs.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Prinz von Preußen, Regent,
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:
§ 1. Die Vorschriften in dem § 52 der Städte-Ordnung für die sechs östlichen Provinzen der Monarchie vom 30. Mai 1853, in dem § 51 der Städte-Ordnung für die Provinz Westphalen vom 19. März 1856 und im § 48 der Städte-Ordnung für die Rheinprovinz vom 15. Mai 1856 wegen Erhebung eines Einzugsgeldes, eines Hausstands- oder Eintrittsgeldes und eines Einkaufsgeldes, werden hierdurch aufgehoben. An Stelle derselben treten nachstehende Bestimmungen (§§ 2 bis 10).
§ 2.
Die Stadtgemeinden sind befugt, auf Grund von Gemeindebeschlüssen, welche
die Genehmigung der Regierung erhalten haben, die Entrichtung von
1) Einzugsgeld bei Erwerb der Gemeindeangehörigkeit (§ 3 der Städte-Ordnungen),
2) Bürgerrechtsgeld bei Erwerb des Bürgerrechts (§ 5, a. a. O.),
3) Einkaufsgeld anstatt oder neben einer jährlichen Abgabe für die Theilnahme an
den Gemeindenutzungen (§ 50 Nr. 4, § 49 Nr. 4 und § 46 Nr. 4 der betreffenden
Städte-Ordnungen),
anzuordnen.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurde der § 2 Nr. 1 und 2
durch folgende Bestimmung aufgehoben :
"§ 1. Vom 1. Juli 1867 ab darf in den Provinzen Preußen, Brandenburg,
Pommern, Schlesien, Posen, Sachsen, Westphalen und in der Rheinprovinz von
Neuanziehenden ein Einzugs- oder Eintrittsgeld oder eine sonstige besondere
Kommunalabgabe wegen des Erwerbs der Gemeindeangehörigkeit (der Niederlassung am
Orte) nicht mehr erhoben, auch kein Rückstand einer solchen Abgaben mehr
eingefordert werden.
§ 2. Mit dem im § 1 festgesetzten Zeitpunkte treten die auf die Erhebung von
Einzugsgeld bezüglichen Bestimmungen der Gesetze vom 14. Mai 1860 (Gesetz-Samml.
S. 237) und vom 24. Juni 1861 (Gesetz-Samml. für 1861 S. 446), ebenso der § 14
der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz vom 23. Juli 1845 (Gesetz-Samml. für
1845 S. 523) und der Artikel 6 des Gesetzes vom 15. Mai 1´856, betreffend die
Gemeindeverfassung in der Rheinprovinz (Gesetz-Samml. für 1856 S. 435), sowie
alle in bestehenden Statuten, Regulativen, Rezessen der einzelnen Gemeinden
getroffenen Anordnungen über die Entrichtung von Kommunalabgaben der im § 1
bezeichneten Art außer Kraft."
§ 3. Einzugsgeld. Das Einzugsgeld
darf in Stadtgemeinden
von weniger als 2,500 Einwohnern den Betrag von 3 Rthlrn.,
von 2,500 bis 10,000 Einwohnern den Betrag von 6 Rthlrn.,
von 10,000 bis 50,000 Einwohnern den Betrag von 10 Rthlrn.,
von mehr als 50,000 Einwohnern den Betrag von 15 Rthlrn.,
in der Stadt Berlin den Betrag von 20 Rthlrn.
nicht übersteigen.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurde der § 3 durch den § 2 des genannten Gesetzes aufgehoben.
§ 4. Von der Zahlung des
Einzugsgeldes kann die Gestattung der Niederlassung und des ferneren Aufenthalts
abhängig gemacht werden, mit Ausnahme derjenigen Fälle, wo
1) der Zahlungspflichtige zur Zeit der ersten Zahlungsaufforderung bereits den
Unterstützungswohnsitz (§ 1 des Gesetzes über die Armenpflege vom 31. Dezember
1842 und Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Mai 1855) erworben hat, oder
2) bei eingetretener Hülfsbedürftigkeit keine andere zur Aufnahme des Armen
verpflichtete Gemeinde (Gutsbezirk) vorhanden ist.
An der Verpflichtung der Landarmenverbänden wird nichts geändert.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurde der § 4 durch den § 2 des genannten Gesetzes aufgehoben.
§ 5.
Befreit vom Einzugsgelde sind:
1) Personen, welche durch Ehe, Blutsverwandtschaft, Stiefverbindung oder
Schwägerschaft zur Familie und zugleich auch zum Hausstande eines Hausherrn oder
einer selbstständig einen Hausstand führenden Hausfrau gehören, oder solchem
Hausstande dauernd sich anschließen;
2) Personen, welche einen von ihnen aufgegebenen Wohnsitz in derselben Stadt
innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach ihrem Wegzuge aus derselben
wiederergreifen;
3) die unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten, die Lehrer und die
Geistlichen, welche gemäß dienstlicher Verpflichtung ihren Wohnsitz in der Stadt
nehmen;
4) Militairpersonen, die zwölf Jahre im aktiven Dienststande sich befunden
haben, bei der ersten Niederlassung, sowie die unter Nr. 3 genannten Personen
bei der ersten Verlegung des Wohnsitzes nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven
Dienste.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurde der § 5 durch den § 2 des genannten Gesetzes aufgehoben.
§ 6. Bürgerrechtsgeld. In denjenigen Städten, in welchen ein Bürgerrechtsgeld eingeführt ist, darf vor dessen Berichtigung das Bürgerrecht nicht ausgeübt werden. Abstufungen in dem Betrage der Abgabe sind statthaft.
Wo zur Zeit ein Hausstandsgeld erhoben wird, tritt bis zu anderweitiger Feststellung das Bürgerrechtsgeld mit gleichem Betrage an dessen Stelle. Die Verpflichtung zur Entrichtung desselben tritt aber erst mit dem Zeitpunkte des Erwerbes des Bürgerrechts ein.
§ 7. Das Bürgerrechtsgeld darf innerhalb derselben Gemeinde von Niemanden zweimal erhoben werden. Es gilt in dieser Beziehung das bisherige Hausstandsgeld dem Bürgerrechtsgelde gleich.
Die im § 5 Nr. 3 und 4 genannten Personen sind in den dort erwähnten Fällen auch von der Entrichtung des Bürgerrechtsgeldes befreit.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurde der § 6 durch den § 2 des genannten Gesetzes nur insoweit aufgehoben, als das Bürgerrechtsgeld als Voraussetzung für das Bürgerrecht erhoben wurde; jährliche Bürgerrechtsgelder von allen Stadtbürgern blieben bestehen.
§ 8. Einkaufsgeld. Die Verpflichtung zur Zahlung des Einkaufsgeldes, sowie der demselben entsprechenden jährlichen Abgabe ruht, so lange auf die Theilnahme an den Gemeindenutzungen verzichtet wird.
§ 9. Allgemeine Bestimmungen. Hinsichtlich der Verjährung und der Reklamationen findet das Gesetz vom 18. Juni 1840, jedoch nur mit der Maaßgabe Anwendung, daß die nicht zur Hebung gestellten Einzugs-, Bürgerrechts- oder Einkaufsgelder erst in zwei Jahren nach Ablauf desjenigen Jahres, in welchem die Zahlungsverbindlichkeit entstanden ist, verjähren.
Das Gesetz vom 11. Juli 1822, sowie die Kabinetsorder vom 14. Mai 1832 sind auf die genannten Abgaben nicht anwendbar.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurde der § 9 durch den § 2 des genannten Gesetzes insoweit aufgehoben, als ab dem 1. Juli 1867 rückständige Einzugs- oder Eintrittsgelder (als Voraussetzung für das Stadtbürgerrecht) nicht mehr erhoben werden dürfen und auch Rückstände nicht mehr eingezogen werden durften.
§ 10. Die auf Grund der aufgehobenen Paragraphen der Städte-Ordnungen erlassenen oder älteren noch geltenden Regulative bleiben in Kraft, soweit sie den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht widersprechen.
§ 11. Diese Bestimmungen sind auch in denjenigen Ortschaften (Flecken) zur Anwendung zu bringen, welche auf Grund des § 1 Absatz 2 der Städte-Ordnung vom 30. Mai 1853 eine der letzteren nachgebildete Ortsverfassung besitzen, welche ihnen die Erhebung eines Einzugsgeldes, oder Hausstandsgeldes oder Einkaufsgeldes gestattet.
Durch Gesetz vom 2. März 1867 wurden im § 3 durch den § 2 des genannten Gesetzes faktisch die Worte "Einzugsgeldes, oder" gestrichen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 14. Mai 1860
Wilhelm, Prinz von Preußen, Regent
Fürst zu Hohenzollern-Sigmaringen. v.
Auerswald. v. d. Heydt.
Simons. v. Schleinitz.
v. Patow. Gr. v. Pückler.
v. Bethmann-Hollweg. Gr. v. Schwerin.
v. Roon.