Verfassung für den Freistaat Oldenburg

vom 17. Juni 1919

geändert durch
Berichtigte Ergänzung vom 27. Juni 1919 (GBl. S.432)
Gesetz vom 27. April 1933 (GBl. S. 171, 190)

 

Die folgende Verfassung wird auf Beschluß der verfassunggebenden Landesversammlung für den Freistaat Oldenburg verkündet:

Erster Abschnitt. Von der Staatsform und der Staatsgewalt.

§ 1. Der Freistaat Oldenburg besteht aus den Landesteilen Oldenburg, Lübeck und Birkenfeld. Er bildet einen selbständigen Bestandteil des Deutschen Reiches.

Die Landeshoheit unterliegt nur den aus der Reichsverfassung und den Reichsgesetzen sich ergebenden Beschränkungen.

§ 2. Veränderungen im Bestande des Staatsgebiets unterliegen dem Beschlusse des Landtags. Grenzberichtigungen, bei denen weder bewohntes Gebiet noch nutzbares Staatsgut abgetreten wird, können vom Staatsministerium ohne Zustimmung des Landtags vorgenommen werden, wenn die Eigentümer der abzutretenden Grundstücke einverstanden sind.

§ 3. Die Staatsgewalt liegt beim Volke. Sie wird dieser Verfassung gemäß durch die Gesamtheit der stimmberechtigten Einwohner ausgeübt.

Zweiter Abschnitt. Von den Grundrechten und anderen Grundlagen des Staatslebens.

§ 4. Vor dem Gesetz sind alle gleich.

Öffentlichrechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt, des Standes oder des Religionsbekenntnisses finden nicht statt. Titel dürfen nur im Zusammenhange mit einem Staats- oder Gemeindeamte verliehen werden. Orden und Ehrenzeichen dürfen, soweit über letztere nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist, nicht mehr vergeben werden.

§ 5. Die öffentlichen Lasten sind ohne Unterschied der Person nach den gesetzen zu verteilen.

§ 6. Die öffentlichen Ämter sind für alle Befähigten, die die gesetzlichen Bedingungen erfüllen, gleich zugänglich.

§ 7. Die persönliche Freiheit ist unverletzlich.

Niemand darf anders als auf Grund eines Gesetzes festgenommen werden.

Haben die Polizeibehörden jemanden aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Sittlichkeit in Verwahrung genommen, so haben sie ihn entweder binnen 48 Stunden freizulassen oder, wenn er nicht zu Protokoll darauf verzichtet, innerhalb derselben Frist von der oberen Polizeibehörde die Ermächtigung zur längeren Verwahrung einzuholen.

§ 8. Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in die Wohnung sowie Haussuchungen sind nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen und Formen zulässig.

Die Beschlagnahme und Durchsuchung von Papieren und Briefen ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen gestattet.

§ 9. Alle Landeseinwohner haben das Recht, sich ohne besondere Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln oder Vereine zu bilden.

Die Koalitionsfreiheit darf in keiner Weise beschränkt werden.

§ 10. Jeder hat für sich und im Verein mit anderen das Recht zu Anträgen, Vorstellungen und Beschwerden bei Behörden und beim Landtage.

Abschlägigen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sollen die Entscheidungsgründe hinzugefügt werden.

Die auf Grund einer Beschwerde von den Unterbehörden erstatteten Berichte sollen den Beschwerdeführern auf Verlangen mitgeteilt werden.

§ 11. Die Militärgewalt darf nur auf ausdrücklichen Antrag der zuständigen bürgerlichen Behörde, die dafür die Verantwortung trägt, gegen die Bevölkerung einschreiten und nur soweit, als die Behörde es verlangt. Sie darf den Antrag nur stellen, wenn die vorhandenen Machtmittel nicht ausreichen, um die innere Ruhe und Sicherheit aufrecht zu erhalten oder die von den bürgerlichen Behörden erlassenen Verfügungen auszuführen.

Vor dem Gebrauch der Waffen muß, solange kein Fall gerechter Notwehr eingetreten ist, der versammelten Menge die bevorstehende Anwendung der Waffengewalt bestimmt und deutlich und so zeitig bekannt gegeben werden, daß jeder sich entfernen kann.

§ 12. Im Falle eines Aufstandes kann das Staatsministerium, wenn die übrigen Mittel nicht ausreichen, ihn zu unterdrücken, durch außerordentliche Mittel die gesetzliche Ordnung herstellen und die Freiheit der Person und das Eigentum schützen. Es darf zu diesem Zwecke in den bedrohten Orten oder Bezirken die Ausübung der in den §§ 7, 8, 9 und 11 gesicherten Rechte einstweilen hemmen und selbst das Standrecht anordnen, muß aber zuvor daselbst verkünden, da und in welchem Umfange es geschehen soll. Diese Maßregeln bedürfen indessen, wenn der Landtag versammelt ist, seiner Zustimmung, andernfalls sind sie in der nächsten Versammlung des Landtags zu rechtfertigen.

Wenn in Fällen äußerster Not und dringendster Eile die Verfügung des Staatsministeriums nicht abgewartet werden kann, so darf die oberste Behörde des Landesteils unter eigener Verantwortlichkeit die im Absatz 1 genannten Maßregeln, mit Ausnahme der Verkündung des Standrechts, treffen. Die Bestimmung im Absatz 1 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 13. Das Eigentum ist unverletzlich. Es darf nur zum gemeinen Besten auf Grund eines Gesetzes gegen gerechte Entschädigung entzogen oder beschränkt werden.

§ 14. Jedem steht das Jagdrecht auf seinem Grund und Boden und das Fischereirecht in seinen Gewässern zu. Das Gesetz kann die Ausübung des Jagdrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls ordnen, doch darf es das im Satz 1 ausgesprochene Jagdrecht nicht beschränken.

Eine Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden und eine Fischereigerechtigkeit in fremden Gewässern können nicht als Grunddienstbarkeit bestellt werden.

§ 15. Alle Landeseinwohner haben volle Glaubens- und Gewissensfreiheit und sind innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung nicht behindert, ihre Religion und deren Gebräuche im Hause und öffentlich zu üben.

Die Wahl des Glaubensbekenntnisses ist nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres der eigenen freien Überzeugung eines jeden überlassen.

Über die religiöse Erziehung der Kinder haben lediglich diejenigen zu bestimmen, denen nach bürgerlichen Gesetzen die Erziehungsrechte zustehen.

§ 16. Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen werden.

Sonntage und staatlich angeordnete Feiertage werden nach gesetzlicher Bestimmung vor Störungen geschützt.

§ 17. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig, unbeschadet der Rechte des Staates.

§ 18. Die einzelnen Religionsgesellschaften können sich mit anderen zu größeren Gemeinschaften vereinigen. Ihr Verkehr mit ihren Oberen darf vom Staate nicht beschränkt werden.

§ 19. Die Kirchen und einzelne Kirchengemeinden, die Religionsgesellschaften, die Anstalten der Liebestätigkeit und die milden Stiftungen werden im Besitz ihres Vermögens geschützt.

Die dem Gottesdienste gewidmeten Gebäude und die Begräbnisstätten dürfen vom Staat und von den politischen Gemeinden nicht mit Steuern belegt werden.

§ 20. Jede Religionsgesellschaft bestimmt selbständig, welche Abgaben und sonstigen Leistungen von ihren Mitgliedern aufzubringen sind.

Wer drei Monate vor dem Schlusse des Rechnungsjahres seinen Austritt aus einer Religionsgesellschaft angemeldet hat, kann vom Beginn des nächsten Rechnungsjahres an nicht mehr zu Beiträgen herangezogen werden.

§ 21. Den Religionsgesellschaften stehen die Rechte einer öffentlichen Körperschaft zu, soweit sie solche bisher besessen haben.

Für diese Religionsgesellschaften gilt folgendes:
1. Abgaben und Leistungen werden mit Hilfe des Staates eingezogen, wenn dieser die Grundsätze genehmigt hat, nach denen sie aufgebracht und verteilt werden sollen.
2. Die Seelsorge an staatlichen Anstalten bleibt bestehen; es ist jedoch jeder Zwang dabei zu vermeiden.

§ 22. Das Unterrichts- und Erziehungswesen unterliegt der Gesetzgebung und Aufsicht des Staates.

§ 23. Das Unterrichts- und Erziehungswesen ist so zu regeln, daß die Jugend eine allgemein-menschliche, bürgerliche und religiös-sittliche Bildung erhält, doch können Kinder nicht gegen den Willen der Eltern zur Teilnahme am Religionsunterricht angehalten werden.

Die Einteilung der Volksschulen in evangelische und katholische bleibt bestehen, jedoch können auch für Kinder anderer Religionsgesellschaften oder für Kinder von Erziehungsberechtigten, die keiner Religionsgesellschaft angehören, nach Maßgabe der Gesetze öffentliche Schulen eingerichtet werden.

Die Lehrerbildung wird durch Gesetz nach Konfessionen getrennt geregelt, soweit nicht die Ausbildung der Lehrer auf Universitäten erfolgt.

§ 24. Der Religionsunterricht in den katholischen Schulen wird von der katholischen Kirche überwacht. Für den evangelischen Religionsunterricht ist ein Zusammenwirken von Kirche und Schule durch einen Ausschuß sicherzustellen, an dem evangelische Geistliche beteiligt sind.

Durch Berichtigung am 27. Juni 1919 wurde im § 24 Satz 2 nach den Worten "evangelische Geistliche" eingefügt: "und Lehrer".

§ 25. Kein Lehrer kann gezwungen werden, Religionsunterricht zu erteilen, wenn er erklärt, daß er aus Gewissensbedenken nicht dazu imstande sei.

§ 26. Das Schul- und Unterrichtswesen ist so einzurichten, daß sich auf die Volksschulbildung der Unterricht in mittleren und höheren Bildungsanstalten aufbaut und jedem nach seiner Begabung alle Bildungswege offenstehen.

Über die Unentgeltlichkeit der Lehr- und Lernmittel der Kinder wird durch Gesetz Näheres bestimmt.

§ 27. Der häusliche Unterricht unterliegt nur insoweit einer Beschränkung, als er wenigstens dem für Volksschulen vorgeschriebenen Unterricht entsprechen muß.

§ 28. Die Gemeinden bilden Unterabteilungen des Staates und dienen als solche seinen Zwecken. Ihre Verfassung soll nach den Grundsätzen der §§ 29 und 30 neu geordnet werden.

§ 29. Die Gemeinden sollen von Körperschaften vertreten werden, deren Mitglieder von den gemeindeangehörigen Männern und Frauen auf Grund des allgemeinen, unmittelbaren, gleichen und geheimen Wahlrechts, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. Das Nähere bestimmt das Gesetz.

§ 30. Den Gemeinden steht die freie Wahl ihrer Beamten zu, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist.

§ 31. Die Gemeinden und Gemeindeverbände verwalten ihre Angelegenheiten selbst; sie dürfen darin nur durch Gesetz und auch nicht weiter beschränkt werden, als der Staatszweck es notwendig erfordert.

Die Gemeinden und Gemeindeverbände können Ausschüsse zur Untersuchung des Sachverhalts einsetzen, wenn die Gesetzlichkeit oder Lauterkeit amtlicher Handlungen ihres Vorstandes angezweifelt wird. Auf Verlangen von einem Drittel der Mitglieder des Vertretungskörpers muß diese Untersuchung durch einen Ausschuß stattfinden.

§ 32. Die örtliche Polizei ist unbeschadet der Rechte des Staates Sache der Gemeinden oder Gemeindeverbände.

§ 33. Gemeinden und Gemeindeverbände können ohne ihre Zustimmung nur auf Grund eines Gesetzes zu Leistungen oder Ausgaben verpflichtet werden.

Dritter Abschnitt. Von der Gesetzgebung.

§ 34. Die gesetzgebende Gewalt wird vom Volke entweder unmittelbar im Wege der Volksabstimmung oder mittelbar durch den Landtag und das Staatsministerium ausgeübt.

Sowohl dem Landtag wie dem Staatsministerium steht das Vorschlagsrecht zu.

Gesetze können nur in Übereinstimmung von Landtag und Staatsministerium erlassen, aufgehoben, geändert oder entscheidend ausgelegt werden. Sie bedürfen im Landtage einer zweimaligen Lesung.

Die Gesetze sind vom Staatsministerium zu verkünden.

§ 35. Wenn sich das Staatsministerium mit dem Landtag nicht einigt, so kann es diesen um eine wiederholte Beratung ersuchen. Wird auch dann keine Einigung erzielt,  so kann der Landtag oder das Staatsministerium innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Volksabstimmung verlangen. Diese ist vom Staatsministerium sofort anzuordnen und innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Volksabstimmung verlangen. Diese ist vom Staatsministerium sofort anzuordnen und innerhalb weiterer zwei Monate vorzunehmen.

Das in der Volksabstimmung angenommene Gesetz ist zu verkünden.

§ 36. Die Gesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch Verkündung in dem für jeden Landesteil bestehenden Gesetzblatt.

Sie treten, wenn nichts anderes bestimmt ist, mit dem vierzehnten Tage nach dem Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Gesetzblatt in der Hauptstadt des betreffenden Landesteils ausgegeben worden ist.

Die Prüfung der Rechtsbeständigkeit gehörig verkündeter Gesetze steht nur dem Landtage zu, vorbehältlich der Bestimmung des § 75.

§ 37. Anordnungen, die der Gesetzesform bedürfen, können solange der Landtag nicht versammelt ist, durch eine Verordnung des Staatsministeriums getroffen werden, wenn außergewöhnliche Umstände ein sofortiges Eingreifen erfordern. Die Verordnung darf keine Änderung der Verfassung enthalten und muß von allen verfügbaren Mitgliedern des Staatsministeriums unterzeichnet sein; sie ist der nächsten Versammlung des Landtags sofort zur Bestätigung vorzulegen und, wenn die Bestätigung versagt wird, unverzüglich wieder aufzuheben.

Vierter Abschnitt. Von der Landesregierung.

§ 38. Die Landesregierung wird vom Staatsministerium geführt.

§ 39. Das Staatsministerium besteht aus dem Ministerpräsidenten und einer durch Gesetz zu bestimmenden Zahl von Staatsministern.

§ 40. Der Landtag wählt den Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag die übrigen Staatsminister.

Der Ministerpräsident und die Staatsminister haben sich bei der Übernahme ihres Amtes durch Handschlag und Ablegung folgenden Gelöbnisses zu verpflichten:

"Ich gelobe die Pflichten des mir übertragenen Amtes gewissenhaft zu erfüllen und bei seiner
Ausübung die Staatsverfassung und die Gesetze genau zu beobachten."

Die Verpflichtung des Ministerpräsidenten geschieht durch den Präsidenten des Landtags, die Verpflichtung der übrigen Staatsminister durch den Ministerpräsidenten.

Die Mitglieder des Staatsministeriums können nicht zugleich Abgeordnete sein.

Wird ein Abgeordneter Staatsminister, so scheidet er während seiner Amtszeit aus dem Landtag aus, und der nach dem Wahlvorschlage zunächst berufene Bewerber tritt als Abgeordneter ein. Tritt der Staatsminister von seinem Amte zurück, so tritt er als Abgeordneter wieder in den Landtag ein, und es scheidet der nach dem betreffenden Wahlvorschlage zuletzt eingetretene Abgeordnete aus. In derselben Weise wird verfahren, wenn ein in den Landtag gewählter Staatsminister, der wegen seines Amtes nicht als Abgeordneter hat eintreten können, später von dem Ministeramte zurücktritt.

Die Mitglieder des Staatsministeriums bedürfen des Vertrauens des Landtages. Versagt der Landtag dem gesamten Staatsministerium das Vertrauen, so tritt es zurück oder es löst den Landtag auf. Im Falle der Auflösung des Landtags hat es unverzüglich eine Neuwahl zu veranlassen und den neuen Landtag so rechtzeitig einzuberufen, daß er spätestens vier Monate nach der Auflösung des früheren Landtags versammelt ist. Versagt auch der neue Landtag dem Staatsministerium das Vertrauen in der gleichen Angelegenheit, so hat es zurückzutreten, ohne daß ihm das Recht zur Auflösung des Landtags zusteht.

Der Antrag, dem Staatsministerium das Vertrauen zu versagen, muß von mindestens einem Drittel der Abgeordneten gestellt und wenigstens drei Tage vor der Beratung auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Die ausscheidenden Mitglieder des Staatsministeriums haben ihr Amt bis zum Amtsantritt ihres Nachfolgers weiterzuführen. Dies gilt auch, wenn ein Staatsminister selbst seine Entlassung nimmt.

Die Erklärung der Mitglieder des Staatsministeriums, daß sie ihre Entlassung nehmen, ist dem Staatsministerium gegenüber abzugeben und von diesem dem Landtage mitzuteilen.

gemäß § 40 Absatz 6 wurde der Landtag aufgelöst im März 1925.

§ 41. Der Anspruch der Mitglieder des Staatsministeriums auf Gehalt, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung ist durch Gesetz oder durch Vertrag zwischen dem Landtag und dem betreffenden Staatsminister zu regeln.

§ 42. Die einzelnen Mitglieder des Staatsministeriums sind innerhalb ihres Geschäftskreises selbständig. Das Staatsministerium ist aber berechtigt, auch Angelegenheiten, die zum Geschäftsbereich eines Staatsministers gehören, seiner Beratung und Beschlußfassung zu unterziehen. Durch Gesetz wird geregelt, welche Angelegenheiten zur Zuständigkeit des Staatsministeriums gehören. Ein Beschwerderecht gegen Verfügungen eines Staatsministers an das Staatsministerium besteht nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen.

Den Vorsitz im Staatsministerium führt der Ministerpräsident oder dessen von den Mitgliedern des Staatsministeriums gewählter Stellvertreter. Die Beschlüsse des Staatsministeriums werden mit absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Staatsverträge, Gesetze, Verordnungen und Landtagsvorlagen bedürfen der Unterschrift des Ministerpräsidenten oder seines Stellvertreters und wenigstens eines Staatsministers. In allen übrigen Fällen ist jeder Staatsminister für sich allein zur Vertretung des Staates berechtigt.  Jeder Staatsminister ist für seine Stellungsnahme dem Landtage verantwortlich und kann sie ihm gegenüber vertreten. Versagt der Landtag einem einzelnen Staatsminister das Vertrauen, so hat dieser zurückzutreten, falls nicht das Gesamtministerium für ihn eintritt. Im letzteren Falle kommen die Bestimmungen im § 40 Abs. 6 zur Anwendung. Im übrigen regelt das Staatsministerium seine Geschäftsordnung selbst.

§ 43. Das Staatsministerium hat das Recht, zu begnadigen und Straf- und Disziplinarverfahren niederzuschlagen. Eine allgemeine Begnadigung oder Niederschlagung kann nur durch Gesetz angeordnet werden.

Fünfter Abschnitt. Von den Gerichten.

§ 44. Die Gerichtsgewalt wird durch die nach den Reichs- und Landesgesetzen bestellten Gerichte ausgeübt, die unabhängig sind.

Sechster Abschnitt. Vom Landtage.

§ 45. Der Landtag ist die berufene Vertretung des Volkes.

§ 46. Der Landtag hat die Ausführung der Gesetze zu überwachen. Er hat das Recht, über alle Staatsangelegenheiten vom Staatsministerium Auskunft zu begehren.

Wenn die Gesetzlichkeit und Lauterkeit amtlicher Handlungen des Staatsministeriums angezweifelt wird, so kann der Landtag Ausschüsse zur Untersuchung des Sachverhalts einsetzen. Auf Verlangen von einem Drittel der Landtagsmitglieder muß diese Untersuchung durch einen Ausschuß stattfinden. Die Ausschüsse erheben in öffentlicher Verhandlung die Beweise, die sie oder die Antragsteller für erforderlich erachten, jedoch kann aus Gründen des allgemeinen Wohls die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

Alle Behörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse um Beweiserhebungen Folge zu leisten. Die erforderlichen Akten der Behörden sind den Ausschüssen auf Verlangen vorzulegen.

§ 47. Der Landtag beschließt über die ihm vorgelegten Eingaben, insbesondere über Beschwerden einzelner Personen, wenn vorher der gesetzliche Beschwerdeweg eingehalten ist.

Vorstellungen in einer Versammlung des Landtages persönlich anzubringen, ist unstatthaft.

§ 48. Die Abgeordneten werden auf Grund des allgemeinen, unmittelbaren, gleichen und geheimen Wahlrechts von Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.

Das Nähere bestimmt ein Landtagswahlgesetz.

§ 49. Beamte und Soldaten bedürfen zur Teilnahme an den Landtagsverhandlungen keines Urlaubs.

§ 50. Die Abgeordneten erhalten eine Aufwandsentschädigung nach gesetzlicher Bestimmung.

1927 betrug diese Entschädigung zwischen 245 und 555 RM

§ 51. Die Wahlperiode dauert drei Jahre.

gewählt wurde am 6. Juni 1920 (gleichzeitig mit der Reichstagswahl), am 10. Juni 1923, am 24. Mai 1925, am 20. Mai 1928 (gleichzeitig mit der Reichstagswahl), am 17. Mai 1931 und am 29. Mai 1932.

§ 52. Die Landtagsmitgliedschaft erlischt:
1. durch Verzicht,
2. durch Verlust der Reichsangehörigkeit,
3. durch Aufgabe des Wohnsitzes im Freistaat Oldenburg,
4. durch Entmündigung,
5. durch Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte infolge rechtskräftigen Urteils.

Der Verzicht ist, wenn der Landtag versammelt ist, dessen Präsidenten, sonst dem Staatsministerium anzuzeigen, er kann nicht widerrufen werden.

§ 53. Die Abgeordneten sind Vertreter des gesamten Volkes und an Aufträge nicht gebunden.

§ 54. Der Landtag versammelt sich in jedem Jahre mindestens einmal.

Er ist zum ersten Male innerhalb sechs Wochen nach der Neuwahl vom Staatsministerium zu berufen. Später beruft ihn der Präsident oder das Staatsministerium, und zwar muß dies innerhalb von zwei Wochen geschehen, wenn ein Drittel der Abgeordneten es verlangt.

Die Vertagung und ihre Dauer sowie Schließung des Landtags werden von ihm selbst bestimmt.

§ 55. Der Landtag ist, abgesehen von dem Falle des § 40, vom Staatsministerium aufzulösen, wenn er es mit der für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Stimmenmehrheit selbst beschließt oder wenn eine Volksabstimmung es verlangt.

Im Falle der Auflösung ist der neugewählte Landtag binnen vier Monaten wieder zu versammeln.

gemäß § 55 wurde der Landtag durch Volksabstimmung im Febr./März 1932 aufgelöst.

§ 56. Der Landtag hat die Wahlen zu prüfen und über ihre Gültigkeit sowie darüber zu entscheiden, ob die Mitgliedschaft eines Abgeordneten erloschen ist.

§ 57. Der Landtag gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten, einen oder mehrere Vizepräsidenten und die Schriftführer.

§ 58. Die Sitzungen des Landtags sind öffentlich, soweit nicht in einzelnen Fällen, insbesondere wenn über Beziehungen zu anderen Staaten verhandelt werden soll, Beratung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen wird.

§ 59. Der Präsident des Landtags verwaltet das Landtagsgebäude. Er verfügt über die Einnahmen und Ausgaben des Hauses nach dem Voranschlag und vertritt den Staat in allen Rechtsgeschäften, die sich auf diese Verwaltung beziehen.

Zwischen den Sitzungsperioden werden die Verwaltungsgeschäfte vom letzten Präsidenten, zwischen zwei Wahlperioden vom Ministerium des Innern weitergeführt.

§ 60. Der Landtag beschließt mit absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht Ausnahmen bestimmt sind. Die Abstimmung bei Wahlen wird durch Geschäftsordnung geregelt.

Wenn bei der ersten Abstimmung sich Stimmengleichheit ergeben hat, so ist von neuem abzustimmen, und zwar, wenn der Präsident es für angemessen hält, erst in der folgenden Sitzung. Führt auch die zweite Abstimmung nicht zu einer Mehrheit, so gilt der zur Abstimmung gebrachte Antrag als abgelehnt.

Für einen gültigen Beschluß ist die Anwesenheit der Mehrheit der Abgeordneten erforderlich, jedoch sind alle Beschlüsse gültig, die gefaßt sind, ohne daß die Beschlußfähigkeit vor der Abstimmung angezweifelt ist.

Ein gültiger Beschluß über Gesetze, durch welche die Verfassung ergänzt, erläutert oder geändert werden soll, erfordert, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, daß:
1. wenigstens zwei Drittel sämtlicher Abgeordneten des Landtags zustimmen;
2. der Tag der Abstimmung jedesmal spätestens am fünften Tage vorher angekündigt wird.

§ 61. Kein Abgeordneter darf wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Abgeordnetenberufes gemachten Äußerungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.

§ 62. Wegen wahrheitsgetreuer Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Landtags kann niemand zur Verantwortung gezogen werden.

§ 63. Kein Abgeordneter kann ohne Genehmigung des Landtags während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, daß er bei Ausübung der Tat oder im Laufe des nachfolgenden Tages ergriffen wird.

Die gleiche Genehmigung ist bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit erforderlich, die die Ausübung des Abgeordnetenberufes beeinträchtigt.

Jedes Strafverfahren gegen einen Abgeordneten und jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit wird auf Verlangen des Landtags für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben.

§ 64. Die Regierungsvertreter haben jederzeit zu den öffentlichen und geheimen Sitzungen des Landtags Zutritt und müssen auf ihr Verlangen gehört werden.

Wenn eine Vorberatung über eine Vorlage in einem Ausschuß des Landtages stattfindet, so treten die Regierungsvertreter mit dem Landtagsausschuß zusammen, so ost es von der einen oder anderen Seite für notwendig erachtet wird.

Auf Verlangen des Landtags und der Ausschüsse müssen die Regierungsvertreter zu den Sitzungen erscheinen, um Auskunft zu erteilen.

Die Regierungsvertreter unterstehen der Geschäftsordnung des Landtags in derselben Weise wie die Abgeordneten.

Siebenter Abschnitt. Volksvorschlagsrecht und Volksabstimmung.

§ 65. Von 20000 stimmberechtigten Landeseinwohnern kann das Vorschlagsrecht ausgeübt und die Volksabstimmung verlangt werden.

Auf Steuergesetze, Gehaltsgesetze und das Staatshaushaltsgesetz finden die Bestimmungen der §§ 65 bis 68 keine Anwendung.

§ 66. Das Volksvorschlagsrecht umfaßt das Verlangen nach Erlaß, Abänderung oder Aufhebung eines Gesetzes.

Das Verlangen kann nur unter Vorlegung eines ausgearbeiteten Entwurfs gestellt werden und ist zu begründen.

Es ist während der Tagung des Landtags bei diesem, sonst bei dem Staatsministerium einzureichen, welches den Entwurf dem Landtage vorzulegen hat.

Wird dem Verlangen vom Landtage nicht entsprochen, so ist es zur Volksabstimmung zu bringen. Diese ist entscheidend.

§ 67. Der Volksabstimmung unterliegen alle Gesetze, wenn sie von 20000 stimmberechtigten Landeseinwohnern binnen drei Monaten nach der Annahme oder Ablehnung des Gesetzes vom Landtage verlangt wird.

§ 68. Die Abstimmung ist unmittelbar und geheim, sie kann nur bejahend oder verneinend lauten. Stimmberechtigt sind alle, die das Wahlrecht zum Landtage besitzen.

Bei Gesetzen, durch welche die Verfassung ergänzt, erläutert oder abgeändert werden soll, finden die Vorschriften des § 60 Abs. 4 entsprechende Anwendung, sonst entscheidet die einfache Mehrheit.

Die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu den §§ 65 bis 68 werden durch Gesetz erlassen.

Achter Abschnitt. Vom Staatsgerichtshof.

§ 69. Die Mitglieder des Staatsministeriums können wegen einer vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit begangenen Verletzung der Verfassung auf Beschluß des Landtags beim Staatsgerichtshof angeklagt werden.

Der Antrag auf Erhebung der Anklage muß von mindestens 16 Abgeordneten gestellt und mindestens drei Tage vor der Beratung auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Die Anklage kann nur von einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten beschlossen werden.

§ 70. Der Staatsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten des höchsten oldenburgischen ordentlichen Gerichts als Vorsitzendem und sechs Beisitzern. Bei Behinderung des Präsidenten tritt der dienstälteste Richter des betreffenden Gerichts an seine Stelle. Die Beisitzer werden vom Landtage für die Dauer der Wahlperiode gewählt. Von ihnen müssen mindestens drei den ordentlichen Richtern des Landes angehören. Die Beisitzer bleiben im Amt, bis eine Neuwahl erfolgt ist. Für jeden Beisitzer ist nach denselben Vorschriften ein Stellvertreter zu wählen.

§ 71. Für das Verfahren gelten bis zur Regelung durch besonderes Gesetz die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung entsprechend. Das Amt des Staatsanwalts übt ein Beauftragter des Landtags aus.

§ 73. Der Staatsgerichtshof kann nur auf Freisprechung, auf Mißbilligung oder auf Amtsentlassung erkennen. In leichteren Fällen kann statt auf Amtsentlassung auf Enthebung vom Dienst mit Verlust eines Teils der Besoldung, des Wartegeldes oder des Ruhegehaltes erkannt werden.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Wird der Angeklagte freigesprochen, so hat sie ihm auch seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

§ 74. Das Staatsministerium kann die erkannte Strafe nur auf Antrag des Landtags durch Begnadigung erlassen oder mildern.

§ 75. Der Staatsgerichtshof entscheidet auf Antrag des Staatsministeriums oder des Landtags über Verfassungsstreitigkeiten. An Stelle des Staatsgerichtshofs kann ein Schiedsgericht vereinbart werden.

Der Staatsgerichtshof und das Schiedsgericht haben über das Verfahren selbst zu bestimmen.

Die Entscheidung ist im Gesetzblatt bekanntzumachen.

Neunter Abschnitt. Vom Staatsgut.

§ 76. Das gesamte vorhandene Staatsgut bildet eine im Eigentum des ungeteilten Freistaats stehende Gesamtmasse, zerfällt aber in Beziehung auf die damit verbundenen Lasten und Beschwerden und in Beziehung auf den Genuß seiner Auskünfte in drei nach den Landesteilen gesonderte Massen.

§ 77. Der Genuß, die Lasten und Beschwerden des Staatsguts verbleiben dem Landesteil, zu dem es gehört.

§ 78. Das Staatsgut ist bei Festsetzung des von jedem Landesteil zu den Gesamtausgaben des Freistaats (§ 91) zu leistenden Beitrags zu berücksichtigen.

§ 79. Das Staatsgut ist in seinen wesentlichen Bestandteilen zu erhalten und auf eine den dauernden Ertrag sichernde Weise zu benutzen. Abweichungen von diesem Grundsatz, Veräußerungen oder Beschwerungen mit Schulden und anderen Lasten sind zulässig, wenn der Landtag damit einverstanden ist.

Dieser Zustimmung bedarf es nicht, wenn nach gesetzlicher Vorschrift Grundlasten abgelöst oder Ödländereien zur Kultur eingewiesen werden, und wenn einzelne Landstücke zur Förderung der Landeskultur oder der Industrie, zum Hausbau, zur Beseitigung von Unzuträglichkeiten oder zur Erledigung von Grenzstreitigkeiten veräußert werden.

§ 80. Der Erlös aus der Ablösung und Veräußerung ist vorläufig zinsbar zu belegen, wenn nicht der Landtag einer anderen Verwendung zugestimmt hat.

§ 81. Das Staatsgut wird von den Staatsfinanzbehörden verwaltet.

§ 82. Die Aufkünfte des Staatsguts fließen in die Staatskasse und werden lediglich zu Staatsausgaben verwendet.

§ 83. Jedem Landtage sind die inzwischen erfolgten Veränderungen im Bestande des Staatsguts darzulegen.

Zehnter Abschnitt. Vom Staatshaushalte.

§ 84. Ohne Beschluß des Landtags können keine staatlichen Steuern und Abgaben erhoben werden.

Der Landtag darf aber seine Zustimmung zur Forterhebung der bestehenden Steuern und Abgaben nicht verweigern, soweit dieselben zur Deckung von Ausgaben erforderlich sind, die auf reichs- oder landesgesetzlichen oder auf privatrechtlichen Verpflichtungen beruhen.

§ 85. Die im Finanzgesetze für ein Rechnungsjahr festgelegten direkten Steuern und Abgaben können nach dessen Ablauf noch sechs Monate erhoben werden, wenn as neue Finanzgesetz nicht rechtzeitig zustande kommt. Die Forterhebung indirekter Steuern und Abgaben ist durch eine Frist nicht beschränkt.

§ 86. Ohne Beschluß des Landtags können für den Staat keine Anleihen gemacht und keine Gewährleistungen zu Lasten des Staates übernommen werden.

Zur Aufnahme von Vorschüssen, mit denen im Voranschlag festgestellte Ausgaben bis zur Verwirklichung der vorgesehenen Einnahmen gedeckt werden, bedarf es keines besonderen Beschlusses des Landtags.

§ 87. Ein Voranschlag über sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Staates ist für jedes Kalenderjahr im voraus aufzustellen und dem Landtage mit den erforderlichen Erläuterungen rechtzeitig vorzulegen.

Der vom Landtage festgestellte Voranschlag wird als Gesetz verkündet.

§ 88. Für Bedürfnisse, die nach Feststellung des Voranschlags hervortreten, ist die Beschlußfassung des Landtags herbeizuführen. In dringenden und unvorhergesehenen Fällen kann das Staatsministerium indessen die zur Deckung des Bedürfnisses erforderlichen Ausgaben vorläufig verfügen.

§ 89. Zugleich mit dem Voranschlag ist dem Landtage der Rechnungsabschluß für das letztvergangene Jahr mit den erforderlichen Belegen zur Prüfung vorzulegen. Überschreitungen des Voranschlags und nach § 88 von dem Staatsministerium vorläufig verfügte Ausgaben bedürfen der nachträglichen Genehmigung des Landtags.

§ 90. Die Einkünfte jedes Landesteils werden getrennt verwaltet und nur zu seinen Ausgaben verwendet.

§ 91. Die Gesamtausgaben des Freistaats werden von den Landesteilen Oldenburg, Lübeck und Birkenfeld getragen. Das Verhältnis, in dem die Beiträge zu leisten sind, wird durch Gesetz festgestellt.

§ 92. Zu den Gesamtausgaben des Freistaats gehören die Kosten
1. des Staatsministeriums,
2. die Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche,
3. des Landtags,
4. des Staatsgerichtshofs,
5. des Oberversicherungsamtes,
6. des Landesarchivs,
8. des statistischen Landesamts,
9. der Behörden zur Prüfung für den Staatsdienst,
10. der Witwen-, Waisen- und Leibrentenkasse,
11. der Verwaltung der Gesamtschulden des Freistaats,
12. derjenigen ferneren Gegenstände, die durch die Gesetzgebung für gemeinsam erklärt werden.

Elfter Abschnitt. Schlußbestimmungen.

§ 93. Die öffentlichen Behörden dürfen sich nur innerhalb der ihnen rechtlich zugewiesenen Zuständigkeit betätigen. Ohne rechtliche Grundlage darf keine obrigkeitliche Tätigkeit ausgeübt werden.

§ 94. Den Beamten und ihren Hinterbliebenen werden ihre Rechte gewährleistet.

§ 95. Das Staatsgrundgesetz vom 22. November 1852 nebst Anlagen wird aufgehoben. Die übrigen Landesgesetze bleiben in Kraft, soweit sie nicht im Widerspruch zu dieser Verfassung stehen.

Die bisher vom Direktorium erlassenen Gesetze und Verordnungen mit Gesetzeskraft werden bestätigt. Die übrigen Verordnungen und Erlasse des Direktoriums werden als von der zuständigen höchsten Regierungsbehörde erlassen anerkannt.

§ 96. Die Befugnisse, die bisher dem Großherzoge und der Staatsregierung zustanden, gehen auf das Staatsministerium über, soweit nicht in dieser Verfassung etwas anderes bestimmt ist.

§ 97. Die bisherigen Einrichtungen der evangelischen Kirche im Landesteil Lübeck bleiben solange bestehen, bis dort eine Neuordnung stattgefunden hat.

§ 98. Die verfassunggebende Landesversammlung ist befugt, für die Dauer der Wahlperiode (§ 51) oder einen Teil derselben sich als ordentlicher Landtag einzusetzen.

§ 99. Diese Verfassung tritt mit ihrer Verkündung  durch den Präsidenten der Landesversammlung in Kraft. Vor der Verkündung sind die Paragraphen neu zu nummerieren.

    Oldenburg, den 17. Juni 1919.

Der Präsident der verfassunggebenden Landesversammlung
Tantzen
(Stollhamm)

Die Verfassung ist infolge der Gleichschaltungsgesetze des Reichs (vom 31. März 1933 und vom 7. April 1933) sowie dem Reichsgesetz über den Neubau des Reiches vom 30. Januar 1934 faktisch nicht mehr anwendbar. Das Land Oldenburg  wurde 1945 mit einem eigenständigen Ministerpräsidenten wieder eigenständiges Land der britischen Besatzungszone, doch durch deren Verordnung Nr. 55 mit Wirkung vom 1. November 1946 mit den Ländern Hannover, Braunschweig und Schaumburg-Lippe zum neuen Land Niedersachsen verschmolzen.
 


Quelle: Gesetzblatt für den Freistaat Oldenburg 1919 Nr. 46 S. 391ff.
Otto Ruthenberg, Verfassungsgesetze des Deutschen Reiches und der deutschen Länder

nach dem Stande vom 1. Februar 1926
E.R.Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band 6 S. 821ff.
Weitere Infos: http://www.gonschior.de/weimar/Deutschland/index.htm
© 23. Januar 2002 - 15- April 2004
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