Verfassung des Landes Mecklenburg

vom 16. Januar 1947

geändert durch
Beschluß vom 30. März 1950 (RegBl. S. 50)

faktisch aufgehoben durch
Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR vom 23. Juli 1952
und durch
Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande Mecklenburg vom 25. Juli 1952

 

I.  Demokratischer Aufbau des Landes

Art. 1. Das Land Mecklenburg ist ein Glied der Deutschen Demokratischen Republik.

Alle öffentlichen Angelegenheiten des Landes werden im Rahmen der Verfassung und der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik geregelt.

Die Landesfarben sind blau-gelb-rot.

Art. 2. Träger der Staatsgewalt ist das Volk.

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird durch das Volk ausgeübt und hat seinem Wohle zu dienen.

Die Grenzen der Staatsgewalt liegen in der Anerkennung der demokratisch-republikanischen Staatsform und in den Grundrechten der Bürger.

Das Volk verwirklicht seinen Willen durch die Wahl der Volksvertretungen, durch Volksbegehren und Volksentscheid, durch die Mitwirkung an Verwaltung und Rechtsprechung und durch die umfassende Kontrolle der öffentlichen Verwaltungsorgane.

Art. 3. Die Volksvertretungen, die das demokratische Bestimmungsrecht des Volkes ausüben, sind
der Landtag
die Kreistage in den Landkreisen,
die Stadtverordnetenversammlungen in den Stadtkreisen,
die Gemeindevertretungen in den Gemeinden.

Art. 4. Bürger des Landes sind alle Einwohner deutscher Staatsangehörigkeit.

Art. 5. Alle Bürger, ohne Unterschied, werden entsprechend ihrer Befähigung zum öffentlichen Dienst nach Maßgabe des Art. 7 zugelassen.

Ein Arbeitsverhältnis darf die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder öffentlicher Obliegenheiten nicht hindern.

Art. 6. Die im öffentlichen Dienst Tätigen sind Diener des Volkes. Sie müssen sich des Vertrauens des Volkes jederzeit würdig erweisen.

II. Grundrechte und Grundpflichten der Bürger

Art. 7. Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Alle Bürger haben die gleichen staatsbürgerlichen Pflichten. Sie haben die gleichen staatsbürgerlichen Rechte, es sei denn, daß sie ihnen wegen eines Verbrechens oder wegen ihrer nationalsozialistischen oder militaristischen Betätigung aberkannt worden sind.

Jede Bekundung nationalen Hasses, jede religiöse Verfolgung und jede Rassenhetze ist verboten und wird bestraft. Personen, die militaristische oder nationalsozialistische Auffassungen verbreiten oder unterstützen, sind aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Sie dürfen leitende Stellungen in der Wirtschaft und im kulturellen Leben nicht bekleiden. Auch kann ihnen das Wahlrecht entzogen werden. Volksvertretern kann wegen einer solchen Betätigung durch Beschluß der Volksvertretung mit einer Zweidrittelmehrheit das Mandat aberkannt werden.

Art. 8. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Eine Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt ist nur auf Grund von Gesetzen zulässig. Personen, denen die Freiheit entzogen wird, sind spätestens am darauffolgenden Tage in Kenntnis zu setzen, von welcher Behörde und aus welchen Gründen die Entziehung der Freiheit angeordnet worden ist; unverzüglich ist ihnen Gelegenheit zu geben, Einwendungen gegen ihre Freiheitsentziehung vorzubringen.

Art. 9.  Jeder Bürger hat das Recht, sich an einem beliebigen Ort im Lande niederzulassen. Er ist berechtigt auszuwandern.

Art. 10. Alle Bürger des Landes genießen volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Jeder Bürger hat das Recht, innerhalb der Schranken der Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern und sich an Versammlungen und Demonstrationen zu beteiligen. An der Ausübung dieses Rechts darf ihn kein Arbeitsverhältnis hindern, und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht. Jeder Bürger hat das Recht, Eingaben an die Volksvertretungen zu richten.

Art. 11. Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Das Land gewährt ihnen Pflege und Schutz.

Art. 12. Die Wohnung jedes Bürgers ist für ihn eine Freistätte und unverletzlich. Ausnahmen sind nur auf Grund von Gesetzen zulässig.

Art. 13. Das Briefgeheimnis, das Post-, Telegrafen- und Fernsprechgeheimnis sind unverletzlich.

Ausnahmen sind nur auf Grund von Gesetzen zulässig.

Art. 14. Alle Bürger haben das Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen und nicht der Verbreitung nationalsozialistischer oder militaristischer Auffassungen dienen, Vereine oder Gesellschaften zu bilden. Dieses Recht kann auch durch Vorbeugungsmaßnahmen nicht beschränkt werden.

Das Recht, Vereinigungen zur Förderung der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu bilden, ist für jedermann gewährleistet. Das Streikrecht wird anerkannt. Alle Abreden und Maßnahmen, welche diese Freiheiten einzuschränken oder zu behindern suchen, sind rechtswidrig und verboten. Die anerkannten Gewerkschaften stehen unter dem Schutz des Landtags.

Art. 15. Jeder Bürger hat ein Recht auf Arbeit. Er kann sich seinen Beruf frei wählen. Es ist Aufgabe des Landes, durch Wirtschaftslenkung jedem Bürger Arbeit und Lebensunterhalt zu sichern. Soweit ihm angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann, wird für seinen notwendigen Lebensunterhalt gesorgt.

Art. 16. Jeder Arbeitende hat ein Recht auf Urlaub und Erholung, auf Versorgung bei Krankheit und im Alter nach Maßgabe der Gesetze.

Zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der arbeitenden Bevölkerung, zum Schutz der Mutterschaft und zur Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität, Arbeitslosigkeit und sonstigen Wechselfällen des Lebens schafft das Land ein einheitliches umfassendes Versicherungswesen auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Versicherten.

Die Sonntage, der 1. Mai und die übrigen gesetzlichen Feiertage sind Tage der Arbeitsruhe und stehen unter dem Schutz der Gesetze.

Art. 17. Die Arbeiter und Angestellten sind an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen und an der wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte gleichberechtigt mit den Unternehmern beteiligt.

Die Arbeiter und Angestellten nehmen diese Rechte durch Gewerkschaften und Betriebsräte wahr.

Art. 18. Alle Bürger haben das gleiche Recht auf Bildung. Es wird durch öffentliche Einrichtungen gewährleistet

Art 19. Die Familie steht unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Die Ehe beruht auf der Gleichberechtigung der Geschlechter.

Die Ehe steht als Grundlage der Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Erziehung des Nachwuchses zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit ist oberste Pflicht und natürliches Recht der Eltern. Die Rechte und Pflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern sowie der Ehegatten untereinander sind von der Staatsgewalt zu achten.

Art. 20. Die Frau ist auf allen Gebieten des staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens dem Manne gleichgestellt. Gesetzliche Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufzuheben.

Für gleiche Arbeit hat die Frau das Recht auf gleiche Entlohnung wie der Mann. Die Frau genießt besonderen Schutz im Arbeitsverhältnis.

Die Mutterschaft hat Anspruch auf Schutz und Fürsorge des Landes. Die außereheliche Mutter steht der ehelichen Mutter gleich.

Die Tatsache der außerehelichen Geburt darf dem Kind nicht zum Nachteil gereichen. Ihm sind die gleichen Bedingungen für die leibliche, geistige und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen wie dem ehelichen Kind.

Art. 21. Die Jugend hat das Recht auf Arbeit und Erholung, das durch Gesetze und Maßnahmen des Landes zu sichern ist.

Für gleiche Arbeit hat der Jugendliche das Recht auf gleiche Entlohnung wie der Erwachsene.

Die Jugend hat das Recht auf Freude und Frohsinn. Ihr werden die Kulturstätten und Kulturgüter zugänglich gemacht.

Die Jugend wird gegen Ausbeutung sowie gegen sittliche, geistige und körperliche Verwahrlosung geschützt.

Zwangserziehung kann nur auf Grund von Gesetzen angeordnet werden.

III. Landtag

Art. 22. Der Landtag ist das höchste demokratische Organ des Landes.

Die Gesetzgebung obliegt ausschließlich dem Landtag. Er kann die Befugnis, Ausführungsbestimmungen zu erlassen, der Regierung übertragen. In seiner Hand liegt die oberste Kontrolle über alle Regierungsmaßnahmen und über die gesamte Verwaltung und Rechtspflege.

Der Landtag bestellt die Regierung. Die Regierung in ihrer Gesamtheit und jeder einzelne Minister bedürfen zu ihrer Tätigkeit des Vertrauens des Landtages.

Art. 23. Der Landtag besteht aus 90 vom Volke gewählten Abgeordneten.

Die Abgeordneten werden durch allgemeine, gleiche, geheime und unmittelbare Wahl nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts auf die Dauer von drei Jahren gewählt. Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden.

Art. 24. Wahlberechtigt sind alle Bürger, die das 20. Lebensjahr vollendet haben.

Wählbar sind alle wahlberechtigten Bürger, die das 23. Lebensjahr vollendet haben.

Das Nähere bestimmt das Wahlgesetz.

Durch Beschluß vom 30. März 1950 wurde der Artikel 24 insoweit aufgehoben, als dieser den Bestimmungen des Artikels 52 der Verfassung der DDR widersprachen.
Damit wurden im Abs. 1 die Zahl "20." faktisch ersetzt durch: "18." und im Abs. 2 die Zahl "23." ersetzt durch: "21."
.

Art. 25. Wahlvorschläge können nur von demokratischen Parteien und Organisationen eingereicht werden, die durch das Wahlgesetz zugelassen sind. Wahlfreiheit und Wahlgeheimnis sind gewährleistet.

Art. 26. Die Wahl findet an einem Sonntag oder an einem gesetzlichen Feiertag statt. Der Landtag versammelt sich in der Landeshauptstadt Schwerin, sofern er nichts anderes bestimmt.

Nach jeder Neuwahl tritt der Landtag spätestens am 30. Tage nach der Wahl zusammen, falls er nicht vom Präsidium des vorherigen Landtags früher einberufen wird.

Art. 27. Der Landtag prüft das Recht der Mitgliedschaft und entscheidet über die Gültigkeit der Wahlen.

Der Landtag beschließt über seine Vertagung und den Tag des Wiederzusammentritts.

Das Landtagspräsidium kann den Landtag früher berufen. Es muß ihn berufen, wenn die Regierung oder mindestens ein Fünftel der Mitglieder des Landtags dies verlangen.

Art. 28. Die Verhandlungen des Landtags sind öffentlich. Die Öffentlichkeit wird auf Verlangen von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten ausgeschlossen.

In den Ausschüssen kann auf Verlangen der Mehrheit der Mitglieder die Öffentlichkeit zugelassen werden.

Art. 29. Der Landtag wählt bei seinem Zusammentritt ein Präsidium. Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten, drei Vizepräsidenten und drei Schriftführern. Eine Neuwahl ist jederzeit zulässig.

Jede Partei hat Anspruch darauf, in dem Präsidium entsprechend der Zahl ihrer Abgeordneten vertreten zu sein.

Das Präsidium ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Die Beschlüsse des Präsidiums werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten.

Der Präsident führt die Geschäfte des Präsidiums. Er vertritt das Land in allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten der Verwaltung des Landtags.

Bis zum Zusammentritt des neugewählten Landtags führt das Landtagspräsidium seine Geschäfte fort.

Art. 30. Der Präsident des Landtags leitet die Verhandlungen nach der vom Landtag beschlossenen Geschäftsordnung.

Er verpflichtet den vom Landtag gewählten Ministerpräsidenten und die vom Landtag bestätigten Minister durch Eidesabnahme.

Art. 31. Der Landtag faßt seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit, soweit in dieser Verfassung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Geschäftsordnung regelt seine Beschlußfähigkeit.

Art. 32. Der Landtag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit jedes Regierungsmitgliedes und jedes Leiters einer zentralen Verwaltungsstelle zum Zweck der Erteilung von Auskünften verlangen.

Die Regierungsmitglieder und die von ihnen bestellten Beauftragten haben zu den Sitzungen des Landtags und seiner Ausschüsse jederzeit Zutritt.

Art. 33. Die Rechte des Landtags werden während der Zeit, in der er nicht versammelt ist, durch den Hauptausschuß wahrgenommen.

Ist die Wahlperiode des Landtags beendet oder der Landtag vorzeitig aufgelöst, so übt der Hauptausschuß die Rechte des Landtags bis zum Zusammentritt des neuen Landtags aus.

Art. 34. Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Diese Ausschüsse erheben die Beweise, die sie oder die Antragsteller für erforderlich halten.

Die Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, auf Ersuchen dieser Ausschüsse Beweise zu erheben und Akten vorzulegen.

Für die Beweiserhebungen der Ausschüsse gelten die Vorschriften der deutschen Strafprozeßordnung sinngemäß.

Art. 35. Der Landtag stellt die Grundsätze für die Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten auf und überwacht ihre Ausführung. Er genehmigt den Haushalt in Einnahme und Ausgabe.

Art. 36. Wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Sitzungen des Landtags oder seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.

Art. 37. Abgeordnete des Landtags bedürfen zur Ausübung ihrer Tätigkeit keines Urlaubs.

Gehalt oder Lohn sind weiterzuzahlen. Ausnahmen werden durch Gesetz geregelt.

Art. 38. Die Abgeordneten des Landtags erhalten eine steuerfreie Aufwandsentschädigung. Ein Verzicht auf die Aufwandsentschädigung ist unzulässig. Der Anspruch auf sie ist nicht übertragbar und nicht pfändbar.

Art. 39. Die Abgeordneten des Landtags erhalten das Recht zur freien Fahrt auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln im Lande.

Art. 40. Kein Mitglied des Landtags darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seiner Tätigkeit als Abgeordneter gemachten Äußerungen gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.

Art. 41. Kein Mitglied des Landtags darf während der Wahlperiode wegen einer strafbaren Handlung in Untersuchung gezogen oder verhaftet oder anderweitig in seiner persönlichen Freiheit beeinträchtigt werden, es sei denn, daß er bei Ausübung der Tat festgenommen wird oder der Landtag mit zwei Drittel Mehrheit seine Zustimmung erteilt. Jedes Strafverfahren gegen einen Abgeordneten des Landtags und jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit wird auf Verlangen des Landtags für die Dauer der Wahlperiode aufgehoben.

Art. 42. Die Mitglieder des Landtags sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete Tatsachen anvertraut haben, und über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Auch wegen der Beschlagnahme von Schriftstücken stehen sie den Personen gleich, die ein gesetzliches Recht der Zeugnisverweigerung haben. Eine Durchsuchung oder Beschlagnahme in den Räumen des Landtags darf nur mit Zustimmung des Präsidiums vorgenommen werden.

Art. 43. Der Landtag kann vor Ablauf der Wahlperiode durch eigenen Beschluß oder durch Volksentscheid aufgelöst werden.

Die Auflösung des Landtags durch eigenen Beschluß bedarf der Zustimmung von mehr als zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl. Zur Auflösung des Landtags durch Volksentscheid ist die Zustimmung der Mehrheit der Abstimmungsberechtigten erforderlich.

Art. 44. Spätestens am 60. Tage nach dem Ablauf der Wahlperiode oder am 45. Tag nach der Auflösung des Landtags haben Neuwahlen stattzufinden.

Das Landtagspräsidium beraumt den Termin für Neuwahlen an.

IV. Regierung des Landes

Art. 45. Die Regierung besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern.

Art. 46. Der Landtag wählt den Ministerpräsidenten und bestätigt die von diesem vorgeschlagenen Minister.

Art. 47. Die Mitglieder der Regierung leisten bei Übernahme ihrer Tätigkeit vor dem Landtag den Eid, daß sie ihre Tätigkeit unparteiisch zum Wohle des deutschen Volkes getreu der Verfassung und den Gesetzen ausüben werden.

Art. 48. Die Minister haben Anspruch auf Besoldung nach Maßgabe eines besonderen Gesetzes.

Art. 49. Der Ministerpräsident führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte. Er ernennt die im Dienste des Landes tätigen Angestellten.

Art. 50. Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik nach den vom Landtag aufgestellten Grundsätzen. Er ist dafür dem Landtag verantwortlich. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Minister den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag.

Art. 51. Der Ministerpräsident und die Minister vertreten das Land für ihren Geschäftsbereich im Rechtsverkehr.

Art. 52. Die Minister haben der Regierung alle Gesetzentwürfe, ferner die durch Verfassung oder Gesetz bestimmten Angelegenheiten sowie Meinungsverschiedenheiten über Fragen, die den Geschäftsbereich mehrerer Minister berühren, zur Beratung und Beschlußfassung zu unterbreiten.

Art. 53. Die Regierung faßt ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Ministerpräsidenten.

Art. 54. Ein Mitglied der Regierung, dem das Vertrauen entzogen wird, muß zurücktreten. Der Beschluß auf Entziehung des Vertrauens ist nur wirksam, wenn ihm in namentlicher Abstimmung mehr als die Hälfte der Abgeordneten zustimmt, aus denen zur Zeit der Abstimmung die VoIksvertretung besteht.

Der Antrag auf Herbeiführung des Beschlusses auf Entziehung des Vertrauens muß von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl unterzeichnet sein. Über den Antrag darf frühestens am zweiten Tage nach seiner Besprechung abgestimmt werden. Er muß binnen einer Woche nach seiner Einbringung zur Erledigung kommen.

V. Gesetzgebung

Art. 55. Gesetze werden vom Landtag oder unmittelbar vom Volke durch Volksentscheid beschlossen.

Art. 56. Die Gesetzentwürfe werden von der Regierung oder aus der Mitte des Landtags eingebracht.

Die Entwürfe der Gesetze und des Haushaltsplanes sind vor der ersten Lesung den Abgeordneten zugänglich zu machen.

Über Gesetzentwürfe finden mindestens zwei Lesungen statt.

Art. 57. Der Präsident des Landtags hat die verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetze auszufertigen und unverzüglich im Verordnungsblatt des Landes zu verkünden. Die Gesetze treten, soweit nichts anderes bestimmt wird, am 14. Tage nach der Verkündung in Kraft.

Art. 58. Die Verkündung eines Gesetzes ist um einen Monat auszusetzen, wenn ein Drittel der Mitglieder des Landtags es verlangt. Das Gesetz ist nach Ablauf dieser Frist zu verkünden, falls nicht ein Volksbegehren auf Volksentscheid gegen den Erlaß des Gesetzes eingeleitet ist.

Art. 59. Ein Volksentscheid ist herbeizuführen, wenn ein Fünftel der Stimmberechtigten oder wenn Parteien und Organisationen, die glaubhaft machen, daß sie ein Fünftel der Stimmberechtigten vertreten, dies beantragen (Volksbegehren).

Dem Volksbegehren ist ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf zugrunde zu legen. Er ist von der Regierung unter Darlegung ihrer Stellungnahme binnen zwei Wochen dem Landtag zu unterbreiten.

Der Volksentscheid findet nicht statt, wenn das begehrte Gesetz im Landtag in einer Fassung angenommen wird, mit der die Antragsteller oder ihre Vertretungen einverstanden sind.

Über den Haushaltsplan, über die Abgabengesetze und die Besoldungsordnungen ist kein Volksentscheid zulässig.

Das dem Volksentscheid unterbreitete Gesetz ist angenommen, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten zugestimmt hat.

Das Verfahren beim Volksbegehren und beim Volksentscheid regelt ein besonderes Gesetz.

Art. 60. Die Verfassung kann im Wege der Gesetzgebung und durch Volksentscheid geändert werden.

Beschlüsse des Landtags auf Änderung der Verfassung kommen nur zustande, wenn zwei Drittel der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten des Landtags zustimmen. Soll durch Volksentscheid eine Verfassungsänderung beschlossen werden, so ist die Zustimmung von zwei Dritteln der Stimmberechtigten erforderlich.

VI. Rechtspflege

Art. 61. Die Rechtsprechung wird nach Maßgabe der Gesetze durch Berufsrichter und Laienrichter im Sinne sozialer Gerechtigkeit ausgeübt.

Art. 62. Das Land trägt durch den Ausbau juristischer Bildungsstätten dafür Sorge, daß Angehörigen aller Schichten des Volkes die Möglichkeit gegeben wird, die Fähigkeit zum Richteramt zu erlangen.

Art. 63. Laienrichter sind auf allen Gebieten und in allen Instanzen der Gerichte nach Maßgabe der Gesetze hinzuzuziehen.

Die Laienrichter werden von den demokratischen Parteien und Organisationen vorgeschlagen und von den zuständigen Volksvertretungen bestellt.

Art. 64. Die Richter sind in ihrer Rechtsprechung unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Ordnungsgemäß verkündete Gesetze sind für alle Richter bindend.

Die Staatsanwälte sind an die Weisungen ihrer vorgesetzten Stellen gebunden.

Der Generalstaatsanwalt und die Präsidenten des Oberlandesgerichts und des Oberverwaltungsgerichts werden vom Landtag gewählt.

Die Anstellung und Entlassung der Richter wird durch Gesetz geregelt.

Art. 65. Die Gerichte verhandeln öffentlich. Bei Gefährdung der Staatssicherheit oder der Sittlichkeit kann die Öffentlichkeit durch Gerichtsbeschluß ausgeschlossen werden.

Art. 66. Ausnahmegerichte sind unstatthaft; niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Vor dem Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte kann sich eines Verteidigers bedienen.

Strafgesetze mit rückwirkender Kraft sind unzulässig, soweit es sich nicht um Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, die bis zum Tage der Kapitulation (8. 5. 1945) begangen wurden.

Art. 67. Amnestien werden durch Gesetz beschlossen.

Das Gnadenrecht wird bei allen Entscheidungen von Gerichten und Behörden nach einem zu erlassenden Gesetz ausgeübt.

Die Niederschlagung anhängiger Strafsachen ist Sache des Landtags.

Art. 68. Dem Schutze der Bürger gegen widerrechtliche Anordnungen und Verfügungen der Verwaltungen dient die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

VII. Verwaltung

Art. 69. Das Land ist in Kreise gegliedert. Durch Gesetz bestimmte größere Städte bilden jeweils einen Stadtkreis. Alle übrigen Gemeinden und Städte sind zu Landkreisen zusammengefaßt.

Die Kreise und Gemeinden sind Selbstverwaltungskörper. Ihre besondere Aufgabe ist es, gesellschaftliche Einrichtungen zur Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse und zur Hebung der Lebenshaltung, insbesondere der werktätigen Bevölkerung, zu unterhalten. Sie haben alle Schichten des Volkes an den öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen.

Die Kreise und Gemeinden sind ferner verpflichtet, die ihnen von den übergeordneten Organen übertragenen Angelegenheiten auszuführen.

Art. 70. Die höchsten Organe der Kreise und Gemeinden sind im Landkreis der Kreistag, im Stadtkreis die Stadtverordnetenversammlung, in der Gemeinde die Gemeindevertretung.

Art. 71. Die Verwaltungsgeschäfte der Kreise und Gemeinden führen im Landkreis der Kreisrat, dem der Landrat vorsteht, im Stadtkreis der Stadtrat, dem der Oberbürgermeister vorsteht, in der Gemeinde der Gemeinderat, dem der Bürgermeister vorsteht.

Alle Mitglieder des Kreisrates, des Stadtrates und des Gemeinderates bedürfen des Vertrauens der Körperschaft, die sie gewählt hat.

Wird ihnen von der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl dieser Körperschaft das Vertrauen entzogen, so sind sie verpflichtet, zurückzutreten.

Näheres bestimmen die Kreisordnung und die Gemeindeordnung.

Art. 72. Grundbesitz und Produktionsstätten, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, dürfen nur mit Zustimmung der zuständigen Volksvertretung (Landtag, Kreistag, Stadtverordnetenversammlung, Gemeindevertretung) veräußert werden. Diese Zustimmung kann nur mit zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl erteilt werden.

VIII. Wirtschaft

Art. 73. Die Ordnung des Wirtschaftslebens muß den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit mit dem Ziele der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle entsprechen.

In diesen Grenzen ist die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen gewährleistet. Die selbständigen Gewerbetreibenden und Bauern sind in ihrer privaten Initiative zu unterstützen. Die Freiheit des Handels und des Gewerbes ist nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet.

Die Wirtschaft ist unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Wirtschaftseinheit Deutschlands planvoll zu lenken. Sie hat den Bedürfnissen des Volkes zu dienen.

Art. 74. Alle privaten Monopolorganisationen wie Kartelle, Syndikate, Konzerne, Truste und ähnliche private monopolistische Gebilde sind verboten.

Art. 75. Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Inhalt und Schranken des Eigentums ergeben sich aus den Gesetzen.

Das Erbrecht wird nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts gewährleistet. Der Anteil des Staates am Erbe bestimmt sich nach den Gesetzen.

Die geistige Arbeit, das Recht der Urheber, der Erfinder und der Künstler genießen den Schutz und die Fürsorge des Landes.

Art. 76. Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird überwacht, jeder Mißbrauch verhütet. Die Neubildung privaten Großgrundbesitzes mit einer Fläche von mehr als 100 ha ist verboten.

Im übrigen wird das Eigentum der Bauern an Grund und Boden gewährleistet. Das gilt auch für das Eigentum, das die Bauern auf Grund der Verordnung über die Bodenreform vom 5. September 1945 erhalten haben.

Art. 77. Jedem Bürger und jeder Familie ist eine gesunde, ihren Bedürfnissen entsprechende Heimstätte zu sichern. Opfer des Faschismus, Schwerbeschädigte und Umsiedler sind dabei besonders zu berücksichtigen.

Art. 78. Das Land und die Selbstverwaltungskörper sollen im Interesse der Befriedigung des Güterbedarfs an der Verwaltung wirtschaftlicher Unternehmungen beteiligt werden oder ihren Einfluß auf andere Weise sicherstellen.

Art. 79. Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und nur auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgt gegen angemessene Entschädigung, soweit ein Gesetz nichts anderes bestimmt.

Art. 80. Die enteigneten Betriebe der aktiven Nationalsozialisten und Kriegsverbrecher sind von der öffentlichen Hand zu übernehmen. Dafür geeignete Betriebe sind als landeseigene Betriebe zu führen. Das Nähere regelt ein Gesetz.

IX. Finanzwesen

Art. 81. Steuern, Abgaben und Gebühren dürfen nur auf Grund gesetzlicher Anordnungen erhoben werden.

Art. 82. Vermögens-, Einkommen- und Verbrauchssteuern sind in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu halten und nach sozialen Gesichtspunkten zu staffeln. Hierbei sind die Leistungsfähigkeit und die Aufrechterhaltung einer mittleren Lebenshaltung zu berücksichtigen.

Durch eine starke Staffelung der Erbschaftssteuer soll die Bildung volksschädlicher Riesenvermögen verhindert werden.

Art. 83. Der Landtag sorgt durch Bewilligung der erforderlichen laufenden Mittel für die Deckung des Staatsbedarfs.

Alle Einnahmen und Ausgaben des Landes müssen für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingestellt werden.

Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Rechnungsjahres durch ein Gesetz festgestellt.

Art. 84. Im Wege des Kredits dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken und nur auf Grund eines Gesetzes beschafft werden.

Art. 85. Über die Verwendung aller Einnahmen des Landes legt der Finanzminister in dem folgenden Rechnungsjahr zur Entlastung der Regierung Rechnung ab.

Die Rechnungen über den Haushaltsplan sind vorher von dem Landesrechnungshof zu prüfen, der nur dem Landtag verantwortlich ist.

X. Religionsgesellschaften

Art. 86. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet und steht unter dem Schutz des Landes.

Der Mißbrauch der Kirche und der Religionsausübung zu parteipolitischen Zwecken ist verboten.

Art. 87. Staatsbürgerliche oder bürgerliche Rechte und Pflichten werden durch die Religionsausübung weder bedingt noch beschränkt.

Die Ausübung dieser Rechte und die Zulassung zum öffentlichen Dienst sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.

Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Verwaltungsorgane haben nur insoweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.

Niemand darf zu einer kirchlichen oder weltanschaulichen Unterweisung, Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen oder weltanschaulichen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesformel gezwungen oder ohne rechtlichen Grund daran gehindert werden.

Alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten bedürfen zur Erteilung von Religionsunterricht außerhalb ihrer Dienstzeit keiner Genehmigung ihrer vorgesetzten Behörde.

Art. 88. Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften wird gewährleistet.

Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Landes oder der politischen Gemeinden.

Die Religionsgesellschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

Die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften sind berechtigt, von ihren Mitgliedern auf Grund der staatlichen Steuerlisten nach allgemeinen Bestimmungen Steuern zu erheben. Alle anderen steuerähnlichen Leistungen an die Kirche, wie insbesondere die Observanzen, sind damit abgeschafft.

Art. 89. Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden öffentlichen Leistungen an die Religionsgesellschaften werden durch Gesetz abgelöst.

Art. 90. Soweit Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge in Krankenhäusern, Strafanstalten oder anderen öffentlichen Anstalten besteht, sind die Religionsgemeinschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zugelassen. Niemand darf zur Teilnahme an solchen Handlungen gezwungen werden.

Art. 91. Wer aus einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft austreten will, hat den Austritt beim Standesamt mündlich oder in öffentlich beglaubigter Form zu erklären.

Art. 92. Die Entscheidung über die Zugehörigkeit der Kinder zu einer Religionsgesellschaft steht bis zu ihrem vollendeten 15. Lebensjahr dem Erziehungsberechtigten zu.

Von diesem Alter an hat das Kind selbst die Freiheit der Entscheidung.

Art. 93. Das Recht der Religionsgemeinschaften auf Erteilung des Religionsunterrichts und seine Durchführung, auch in bezug auf die Raumfrage, werden gewährleistet.

Art. 94. Den Religionsgesellschaften werden Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

XI. Volksbildung

Art 95. Für die Bildung der Jugend und ihre Schulerziehung sorgen öffentliche Anstalten. Bei der Einrichtung wirken das Land und die Gemeinden zusammen.

Die öffentliche Erziehung erfolgt durch eine für Knaben und Mädchen gleich gegliederte Einheitsschule mit demokratischem Schulsystem auf der Grundlage der allgemeinen Schulpflicht.

Art. 96. Die allgemeine Schulpflicht wird durch den Besuch der Grundschule erfüllt. Nach Beendigung der Grundschule erfolgt die systematische Weiterbildung in der Berufs- oder Fachschule, in der Oberschule oder in anderen Bildungseinrichtungen.

Der Besuch der Berufsschule ist Pflicht aller Jugendlichen, mindestens bis zum vollendeten 18. Lebensjahre, wenn sie keine andere öffentliche Schule besuchen. Die Berufsschule dient der fachlichen Weiterbildung der Schüler. Die Oberschule vermittelt Wissen und entwickelt Fähigkeiten, die den Besuch der Hochschule ermöglichen.

Den Angehörigen aller Schichten des Volkes ist die Möglichkeit zu geben, auch ohne Unterbrechung der Berufstätigkeit die zum Studium an einer Hochschule erforderlichen Kenntnisse an Abend- und Volkshochschulen zu erwerben.

Art. 97. Die Schule soll jedem, unabhängig von der sozialen Lage der Eltern und vom Religionsbekenntnis, die seinen Fähigkeiten und Anlagen entsprechende vollwertige Ausbildung geben.

Der Unterricht und die Lernmittel der Grundschulen und Berufsschulen sind unentgeltlich. Die weitere Bildung in der Oberschule und Hochschule ist den Begabten aus allen Schichten des Volkes zu ermöglichen.

Art. 98. Die Schule soll die Jugend zu selbständig denkenden und verantwortungsbewußt handelnden Menschen erziehen, die fähig und bereit sind, sich in das Leben der Gemeinschaft einzuordnen.

Als Mittlerin der Kultur hat die Schule die Aufgabe, die Jugend im Geiste des friedlichen und freundschaftlichen Zusammenlebens der Völker und einer echten Demokratie zu wahrer Menschlichkeit zu erziehen.

XII. Schlußbestimmungen

Art. 99. Alle Bestrebungen, die demokratische Staatsform und die Grundrechte der Staatsbürger zu beseitigen oder einzuschränken, sind verfassungswidrig und als ein Verbrechen gegen die Verfassung zu bestrafen; auch der Versuch ist strafbar. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

Verfassungswidrige Bestrebungen werden auch nicht durch Anwendung von Formen, die diese Verfassung vorsieht, rechtmäßig.

Art. 100. Die Bestimmungen dieser Verfassung sind unmittelbar geltendes Recht.

Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts gelten als bindende Bestandteile des Rechts des Landes.

Art. 101. Die künftige Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik wird für das Land Mecklenburg bindende Rechtsnorm sein und alle ihr entgegenstehenden Bestimmungen dieser Verfassung und andere Gesetze außer Kraft setzen.

Art. 102. Diese Verfassung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.

    Schwerin, den 16. Januar 1947.

Der Präsident des Landtages für Mecklenburg
Moltmann


Quellen: Regierungsblatt für Mecklenburg 1947 S. 1ff. vom 12. März 1947
Gerhard Braas, Die Entstehung der Länderverfassungen in der SBZ Deutschlands 1946/47
Wilhelm Wegener, Die neuen deutschen Verfassungen, West-Verlag 1947
Verfassungen in Mecklenburg zwischen Utopie und Wirklichkeit, Friedrich Ebert Stiftung, Schwerin 1996
© 7. Oktober  2001 - 16. Januar 2005
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