vom 13. März 1937
Auf Grund des § 10, 12 und 14 des Gesetzes über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen vom 16. Januar 1937 (RGBl. I. S. 91) wird folgendes verordnet:
Artikel I.
Allgemeine Bestimmungen.
§ 1. (1) Landesbehörden, die ihren Sitz in einem auf ein anderes Land übergehenden Gebietsteil haben, werden, soweit der Reichsminister des Innern nichts anderes bestimmt, Behörden des aufnehmenden Landes. Die zuständigen obersten Landesbehörden des aufnehmenden Landes können bestimmen, daß übernommene Behörden auf eine gemeinde oder einen Gemeindeverband übergehen oder daß Amts- oder Dienststellen von gemeinden oder Gemeindeverbänden solche des Landes werden.
(2) Die Beamten, angestellten und Arbeiter der auf ein anderes Land übergehenden Behörden gehen mit Wirkung vom 1. April 1937 in den Dienst des aufnehmenden Landes über, soweit nicht die obersten Landesbehörden etwas anderes vereinbaren oder der zuständige Reichsminister etwas anderes bestimmt. Entsprechendes gilt, wenn Behörden auf eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband übergehen. Die aufnehmende Gebietskörperschaft übernimmt die Zahlung der vom 1. April 1937 an fälligen Bezüge. Entscheidet der Reichsminister des Innern erst nach dem 1. April 1937, daß eine Behörde nicht übergeht, so werden der Gebietskörperschaft die von ihr verauslagten Bezüge erstattet.
(3) Die oberste Landesbehörde kann schon vor dem 1. April Anordnungen gemäß Abs. 1 und Abs. 2 treffen.
(4) Die übernehmende Gebietskörperschaft hat bis zum 1. April 1937 diejenigen Kassen zu bestimmen und öffentlich bekanntzugeben, denen nach den Bestimmungen des Absatzes 2 die Auszahlung der vom 1. April 1937 an fällig werdenden Besoldungsbezüge obliegt. Kann die Bestimmung einer für die Auszahlung zuständigen Kasse seitens der aufnehmenden Gebietskörperschaft nicht rechtzeitig erfolgen, so zahlen die bisher zuständigen Kassen der abgebenden Gebietskörperschaft die Bezüge weiter. Die auf diese Weise verauslagten Beträge werden vom Reich von den Reichssteuerüberweisungen des Landes einbehalten und der Gebietskörperschaft ersetzt, die diese Bezüge vorschußweise verausgabt hat.
(5) Die Zahlung von Wartegeld, Ruhegehalt und sonstigen Versorgungsbezügen erfolgt, insoweit der Versorgungsfall vor dem 1. April 1937 eingetreten ist, durch den bisherigen Träger.
(6) Für das Besoldungs- und Versorgungsrecht bleiben die Vorschriften der abgebenden Gebietskörperschaft und des bisherigen Trägers vorläufig maßgebend. Das gleiche gilt für die Angestellten- und Arbeitertarife.
(7) Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden entsprechende Anwendung auf die öffentlichen Schulen und die an ihnen beschäftigten Leiter und Lehrer. Für die Altersgrenze gelten die Vorschriften des aufnehmenden Landes; jedoch bleiben für die Leiter und Lehrer, die am 1. April 1937 das 60. Lebensjahr vollendet haben, die Vorschriften des abgebenden Landes in Kraft, wenn sie eine höhere Altersgrenze vorsehen.
§ 2. Soweit Behörden, die ihren Sitz in einem auf ein anderes Land übergehenden gebietsteil haben, nicht auf das aufnehmende Land übergehen, sondern unter Belassung ihres bisherigen Amtssitzes im abgebenden Gebietsteil Behörden des abgebenden Landes bleiben, verbleiben die von ihnen genutzten Dienstgrundstücke nebst Zubehör dem bisherigen Eigentümer.
§ 3. (1) Die staatlichen Einnahmen und Ausgaben in denjenigen Gebietsteilen, die die Landeszugehörigkeit wechseln, gehen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit bis zum 31. März 1937 zu Gunsten und Lasten des aufnehmenden Landes. Dies gilt auch, wenn die Zahlungen für Rechnung des Landes durch nichtstaatliche öffentliche Kassen geleistet oder empfangen werden. Diese Rechnung greift der finanziellen Auseinandersetzung nicht vor; § 14 Abs. 3 des Gesetzes bleibt unberührt.
(2) Soweit Gebietsteile ihre Zugehörigkeit zu einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband wechseln, gilt Abs. 1 entsprechend.
(3) Soweit den Ländern noch Anteile an den bis zum 31. März 1937 aufgekommenen Reichssteuern für die Gebietsteile zustehen, die ihre Landeszugehörigkeit am 1. April 1937 wechseln, werden diese Überweisungen auch nach dem 1. April 1937 noch an die Länder ausgeschüttet, denen die betreffenden Gebietsteile bis zum 1. April 1937 zugehört haben. Entsprechendes gilt für die dem Land Lübeck zustehenden Anteile an den Reichssteuern und für die nach bisherigem Landesrecht den Gemeinden und Gemeindeverbänden zustehenden Anteile an den Reichs- und Landessteuern. Die Verteilung der auf das Land Oldenburg entfallenden Ergänzungsanteile (§ 35 des Finanzausgleichsgesetzes) für das Rechnungsjahr 1936 regelt der Reichsminister der Finanzen.
(4) Rückständige Umlagen des Rechnungsjahres 1936 und früherer Rechnungsjahre, die den Gemeindeverbänden für solche Gebietsteile zustehen, die am 1. April 1937 ausscheiden, sind auch nach dem 1. April 1937 noch an den bisherigen Gemeindeverband zu entrichten.
Artikel II.
Rechtseinführung
§ 4. In den auf Preußen übergehenden Gebietsteilen treten mit Wirkung vom 1. April 1937 die preußischen Bestimmungen über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung sowie über das Verfahren und die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt tritt das preußische Polizeiverwaltungsgesetz vom 1. Juni 1931 (Preuß. Gesetzsamml. S. 77) in der jetzt geltenden Fassung und das für die Schulen in Preußen geltende Recht mit Ausnahme des Schulgeldgesetzes vom 18. Juli 1930 (Preuß. Gesetzsamml. S. 202) in Kraft.
§ 5. (1) Formgebundene Verfahren, die am 1. April 1937 anhängig sind, werden für alle durch das Gesetz berührten Länder von den bisher zuständigen Verwaltungs- oder Verwaltungsgerichtsbehörden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt. Die Behörden der übernehmenden Gebietskörperschaft sind an dei ergehenden Entscheidungen gebunden. Als formgebunden gilt nicht das auf Einspruch oder Beschwerde eingeleitete Verwaltungsverfahren.
(2) Am 1. April 1937 anhängige Dienststrafverfahren werden in Abweichung von den Bestimmungen des Absatzes 1 von den Dienststrafgerichten und Verwaltungsbehörden des aufnehmenden Landes und unter Anpassung an die im aufnehmenden Lande geltenden Verwaltungsvorschriften fortgeführt. Die Strafbarkeit bestimmt sich hingegen nach dem Recht des abgebenden Landes.
§ 6. (1) Die obersten Landesbehörden werden ermächtigt, landesrechtliche Vorschriften mit Wirkung vom 1. April 1937 ab in den neu zugeteilten Gebietsteilen einzuführen und den Finanzausgleich ihres Landes insoweit neu zu regeln, als sich durch die Gebietsänderungen Verschiebungen in der finanziellen Leistungsfähigkeit zwischen den Gebietskörperschaften ergeben. Sie können schon vor dem 1. April 1937 die erforderlichen Anordnungen insbesondere auch über die Aufstellung der Haushaltspläne und über die Haushaltsführung treffen.
(2) Verordnungen der obersten Landesbehörden nach Abs. 1 bedürfen der Zustimmung des nach § 14 des Gesetzes zuständigen Ministers, der die Zustimmung auch allgemein oder für bestimmte Rechtsgebiete erteilen kann.
§ 7. Für den Vollzug des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes vom 3. Juni 1900 (RGBl. S. 547) in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I. S. 1447) gelten in den die Landeszugehörigkeit wechselnden Gesetzen die Vorschriften des aufnehmenden Landes.
Artikel III.
Groß-Hamburg
§ 8. Der Reichsstatthalter in Hamburg - Senat - übernimmt für das auf Hamburg übergehende Gebiet die Aufgaben der preußischen Ministerialinstanz, des Oberpräsidenten und des regierungspräsidenten, soweit nicht der zuständige Reichsminister etwas anderes bestimmt. Der Reichsstatthalter kann einzelne Zuständigkeiten auf hamburgische Ämter oder Behörden übertragen. Die Aufgaben der übrigen bisher preußischen Behörden gehen auf die vom Reichsstatthalter in Hamburg - Senat - zu bestimmenden hamburgischen Ämter oder Behörden über.
§ 9. Der Landherr in Hamburg übernimmt für die bisher zu preußischen Landkreisen gehörenden Gebietsteilen die Aufgaben des Landrats als Staatsverwaltungsbehörde, soweit nicht der Reichsstatthalter in Hamburg - Senat - die Aufgaben anderen hamburgischen Ämtern oder Behörden zuweist.
Artikel IV.
Mecklenburg
§ 10. Der bisher zum preußischen Landkreis Ostprignitz gehörende Vils-See geht mit Wirkung vom 1. April 1937 auf Mecklenburg über; er wird in den Landkreis Waren eingegliedert.
Berlin, den 13. März 1937
Der Reichminister des Innern
Frick
Der Reichsminister der Finanzen
Graf Schwerin von Krosigk