wie gemäß Protokoll
vom 15. November 1870 zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen
vereinbart
mit den Änderungen durch die Verträge
vom 23. und 25. November 1870 mit Bayern und Württemberg
in Kraft getreten am 1. Januar 1871
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde zum Inkrafttreten
bestimmt:
"Sie sind ferner darüber einverstanden,
daß diese Verfassung vorbehaltlich der weiter unter erwähnten
Maßgaben, mit dem 1. Januar 1871 in Wirksamkeit treten soll, und
ertheilen sich deshalb gegenseitig die Zusage, daß sie unverzüglich
den gesetzgebenden Faktoren des Norddeutschen Bundes, beziehungsweise Badens
und Hessens zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorgelegt und,
nach Ertheilung dieser Zustimmung, im Laufe des Monats Dezember ratifiziert
werden soll. Der Austausch der Ratifikations-Erklärungen soll in Berlin
erfolgen.
In Betracht der großen Schwierigkeiten,
welche theils die vorgerückte Zeit, theils die Fortdauer des Krieges,
theils endlich die in einigen betheiligten Staaten bereits erfolgte Regulirung
des Landesbudgets der Aufstellung eines Etats für die Militair-Verwaltung
des Deutschen Bundes für das Jahr 1871 entgegenstehen, ist man übereingekommen,
daß die Gemeinschaft der Ausgaben für das Landheer erst mit dem
1. Januar 1872 beginnen soll. Bis zu diesem Tage wird daher der Ertrag
der, im Artikel 35 bezeichneten gemeinschaftlichen Abgaben nicht zur Bundeskasse
fließen, sondern den Staatskassen Badens und Hessens, letzterer rücksichtlich
des auf Südhessen fallenden Antheils, verbleiben und es wird der Beitrag
dieser Staaten zu den Bundes-Ausgaben durch Matrikular-Beiträge aufgebracht
werden, wegen deren Feststellung dem im nächsten Jahre zu berufenden
Reichstage eine Vorlage gemacht werden wird.
Auch die Bestimmungen in den Artikeln 49 - 52
der Bundesverfassung sollen für Baden erst mit dem 1. Januar 1872
in Wirksamkeit treten, damit die, für die Überleitung der Landesverwaltung
der Posten und Telegraphen in die Bundesverwaltung erforderliche Zeit gewonnen
werde."
Gemäß Artikel IV. des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Da in Anbetracht der großen Schwierigkeiten,
welche theils die vorgerückte Zeit, theils die Fortdauer des Krieges
der Aufstellung des Etats für die Militairverwaltung des Deutschen
Bundes für das Jahr 1871 und beziehungsweise der Feststellung der
von Bayern auf sein Heer zu verwendenden Gesammtsumme für dieses Jahr
entgegenstellen, die Bestimmungen unter Artikel III. § 5 diesese
Vertrags erst mit dem 1. Januar 1872 in Wirksamkeit treten, wird der Ertrag
der im Artikel 35 bezeichneten gemeinschaftlichen Ausgaben für das
Jahr 1871 nicht zur Bundeskasse fließen, sondern der Staatskasse
Bayerns verbleiben, dagegen aber der Beitrag Bayerns zu den Bundesausgaben
durch Matrikularbeiträge aufgebracht werden."
Gemäß Ziffer 1a) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärung über den Beginn
der Wirksamkeit der Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Seine Majestät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen und bei Rhein für die südlich vom Main belegenen Theile des Großherzogthums Hessen, schließen einen ewigen Bund zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des Deutschen Volkes. Dieser Bund wird den Namen des Deutscher Bund führen und wird nachstehende Verfassung haben.
Durch Artikel I. des Vertrags vom 23. November 1870 mit Bayern bildete das Königreich Bayern gemeinsam mit den Staaten des Norddeutschen Bundes, Baden und Hessen, sowie Württemberg (deren Beitritt zum Vertragsabschluß erst in Aussicht stand) einen "ewigen Bund", der Deutscher Bund heißen sollte.
Gemäß Artikel 1 des Vertrags vom 25. November 1870 mit Württemberg trat das Königreich Württemberg der Verfassung des Deutschen Bundes (wie sie zwischen dem Norddeutschen Bund, Baden und Hessen durch Vertrag vom 15. November 1870 festgestellt wurde) bei. Die genannte Verfassung trat mit den in Artikel 2 des Vertrags vom 25. November 1870 in vollem Umfang in Kraft.
Durch Vereinbarung des Norddeutschen Bundes mit Bayern, Württemberg, Baden und Hessen vom 8. Dezember 1870 und Beschluß des Bundesrates und des Reichstags vom 9. und 10. Dezember 1870 wurden die Worte "Dieser Bund wird den Namen Deutscher Bund führen" ersetzt durch: "Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen.".
Art. 1. Das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preußen mit Lauenburg, Sachsen, Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck,Reuß älterer Linie, Reuß jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg.
Gemäß Artikel I. § 1 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 1 folgende Fassung:
"Art. 1. Das Bundesgebiet besteht aus
den Staaten Preußen mit Lauenburg, Bayern, Sachsen, Württemberg,
Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz,
Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha,
Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck,Reuß
älterer Linie, Reuß jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe,
Lübeck,Bremen und Hamburg."
Gemäß Artikel 1 des Vertrags vom 25. November 1870 mit Württemberg trat das Königreich Württemberg der Verfassung des Deutschen Bundes (wie sie zwischen dem Norddeutschen Bund, Baden und Hessen durch Vertrag vom 15. November 1870 festgestellt wurde) bei. Die genannte Verfassung trat mit den in Artikel 2 des Vertrags vom 25. November 1870 genannten Einschränkungen in vollem Umfang in Kraft.
Art. 2. Innerhalb dieses Bundesgebietes übt der Bund das Recht der Gesetzgebung nach Maaßgabe des Inhalts dieser Verfassung und mit der Wirkung aus, daß die Bundesgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Die Bundesgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Bundes wegen, welche vermittelst eines Bundesgesetzblattes geschieht. Sofern nicht in dem publizirten Gesetze ein anderer Anfangstermin seiner verbindlichen Kraft bestimmt ist, beginnt die letztere mit dem vierzehnten Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das betreffende Stück des Bundesgesetzblattes in Berlin ausgegeben worden ist.
Gemäß Ziffer VI. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Als unbestritten wurde von dem Königlich
Preußischen Bevollmächtigten zugegeben, daß selbst bezüglich
der der Bundeslegislative zugewiesenen Gegenstände die in den einzelnen
Staaten geltenden Gesetze und Verordnungen in so lange in Kraft bleiben
und auf dem bisherigen Wege der Einzelgesetzgebung abgeändert werden
können, bis eine bindende Norm vom Bunde ausgegegangen ist."
Art. 3. Für den ganzen Umfang des Bundesgebietes besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem andern Bundesstaate als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Ämtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist.
In der Ausübung dieser Befugniß darf der Bundesangehörige weder durch die Obrigkeit seiner Heimath, noch durch die Obrigkeit eines anderen Bundesstaates beschränkt werden.
Diejenigen Bestimmungen, welche die Armenversorgung und die Aufnahme in den lokalen Gemeindeverband betreffen, werden durch den im ersten Absatz ausgesprochenen Grundsatz nicht berührt.
Ebenso bleiben bis auf Weiteres die Verträge in Kraft, welche zwischen den einzelnen Bundesstaaten in Beziehung auf die Übernahme von Auszuweisenden, die Verpflegung erkrankter und die Beerdigung verstorbener Staatsangehöriger bestehen.
Hinsichtlich der Erfüllung der Militairpflicht im Verhältniß zu dem Heimathslande wird im Wege der Bundesgesetzgebung das Nöthige geordnet werden.
Dem Auslande gegenüber haben alle Bundesangehörigen gleichmäßig Anspruch auf den Bundesschutz.
Art. 4. Der Beaufsichtigung Seitens des Bundes und der Gesetzgebung
desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten:
1) die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse,
Staatsbürgerrecht, Paßwesen und Fremdenpolizei und über
den Gewerbebetrieb, einschließlich des Versicherungswesens, soweit
diese Gegenstände nicht schon durch den Artikel 3 dieser Verfassung
erledigt sind, desgleichen über die Kolonisation und die Auswanderung
nach außerdeutschen Ländern;
2) die Zoll- und Handelsgesetzgebung und die für Bundeszwecke
zu verwendenden Steuern;
3) die Ordnung des Maaß-, Münz- und Gewichtssystems, nebst
Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundirtem und
unfundirtem Papiergelde;
4) die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen;
5) die Erfindungspatente;
6) der Schutz des geistigen Eigenthums;
7) Organisation eines gemeinsamen Schutzes des Deutschen Handels im
Auslande,
der Deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer
konsularischer Vertretung, welche vom Bunde ausgestattet wird;
8) das Eisenbahnwesen und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen
im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs;
9) der Flößerei- und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren
Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letzteren,
sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle;
10) das Post- und Telegraphenwesen;
11) Bestimmungen über die wechselseitige Vollstreckung von Erkenntnissen
in Civilsachen und Erledigung von Requisitionen überhaupt,
12) sowie über die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden;
13) die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht,
Handels-und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren;
14) das Militairwesen des Bundes und die Kriegsmarine;
15) Maaßregeln der Medizinal- und Veterinairpolizei.
16) die Bestimmungen über die Presse und das Vereinswesen.
Gemäß dem Vertrag
vom 23. November 1870 mit Bayern
- wurde in Artikel III. § 1 Absatz 1 bestimmt:
"Das Recht der Handhabung der Aufsicht Seitens
des Bundes über die Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse
und dessen Recht der Gesetzgebung über diesen Gegenstand erstreckt
sich nicht auf das Königreich Bayern."
- wurde in Artikel II. § 2 die Hinzufügung
der Ziffer 16 zum Artikel 4 bestätigt.
Gemäß Ziffer I. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Es wurde auf Anregung der Königlich Bayerischen
Bevollmächtigten von Seite des Königlich Preußischen Bevollmächtigten
anerkannt, daß, nachdem sich das Gesetzgebungsrecht des Bundes bezüglich
der Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich
Bayern nicht erstreckt, die Bundeslegislative auch nicht zuständig
sei, das Verehelichungswesen mit verbindlicher Kraft für Bayern zu
regeln, und daß also das für den Norddeutschen Bund erlassene
Gesetz vom 4. Mai 1868, die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen
der Eheschließungen betreffend, jedenfalls nicht zu denjenigen Gesetzen
gehört, deren Wirksamkeit auf Bayern ausgedehnt werden könnte."
Gemäß Ziffer II. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Von Seiten des Königlich Preußischen
Bevollmächtigten wurde anerkannt, daß unter der Gesetzgebungsbefugniß
des Bundes über Staatsbürgerrecht nur das Recht zu verstehen
sei, die Bundes- und Staatsangehörigkeit zu regeln und den Grundsatz
der politischen Gleichberechtigung aller Confessionen durchzuführen,
daß sich im Übrigen diese Legislative nicht auf die Frage erstrecke,
unter welchen Vorasussetzungen Jemand zur Ausübung politische rRechte
in einem einzelnen Staate befugt sei."
Gemäß Ziffer III. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Die unterzeichneten Bevollmächtigten kamer
dahin überein, daß in Anbetracht der unter Ziffer I. (des Protokolls)
statuirten Ausnahme von der Bundes-Legislative der Gothaer Vertrag vom
15. Juli 1851 wegen gegenseitiger Übernahme der Ausgewiesenen und
Heimathlosen, dann, die sogenannte Eisenacher Convention vom 11. Juli 1853
wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener Unterthanen für
ds Verhältnis Bayerns zu dem übrigen Bundesgebiete fortdauernde
Geltung haben sollten."
Gemäß Ziffer IV. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Als vertragsmäßige Bestimmung wurde
in Anbetracht der in Bayern bestehenden besonderen Verhältnisse bezüglich
des Immobiliar-Versicherungswesens und des engen Zusammenhanges derselben
mit dem Hypothekar-Kreditwesen festgestellt, daß, wenn sich die Gesetzgebung
des Bundes mit dem Immobiliar-Versicherungswesen befassen sollte, die vom
Bunde zu erlassenden gesetzlichen Bestimmungen in Bayern nur mit Zustimmung
der Bayerischen Regierung Geltung erlangen können."
Gemäß Ziffer V. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Der Königlich Preußische Bevollmächtigte
gab die Zusicherung, daß Bayern bei der ferneren Ausarbeitung des
Entwurfs einees allgemeinen Deutschen Civilprozeß-Gesetzbuchs entsprechend
betheiligt werde."
Art. 5. Die Bundesgesetzgebung wird ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Übereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Bundesgesetze erforderlich und ausreichend.
Bei Gesetzesvorschlägen über das Militairwesen und die Kriegsmarine und die im Artikel 35 bezeichneten Abgaben giebt, wenn im Bundesrathe eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 3 die Fassung des Artikels 5 Absatz 2 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 6. Der Bundesrath besteht aus den Vertretern der Mitglieder
des Bundes, unter welchen die Stimmführung sich nach Maaßgabe
der Vorschriften für das Plenum des ehemaligen Deutschen Bundes vertheilt,
so daß Preußen mit den ehemaligen Stimmen von Hannover, Kurhessen,
Holstein, Nassau und Frankfurt 17 Stimmen führt,
Sachsen 4
Baden 3
Hessen 3
Mecklenburg-Schwerin 2
Sachsen-Weimar 1
Mecklenburg-Strelitz 1
Oldenburg 1
Braunschweig 2
Sachsen-Meiningen 1
Sachsen-Altenburg 1
Sachsen-Coburg-Gotha 1
Anhalt 1
Schwarzburg-Rudolstadt 1
Schwarzburg-Sondershausen 1
Waldeck 1
Reuß älterer Linie 1
Reuß jüngerer Linie 1
Schaumburg-Lippe 1
Lippe 1
Lübeck 1
Bremen 1
Hamburg 1
zusammen 48 Stimmen
Jedes Mitglied des Bundes kann soviel Bevollmächtigte zum Bundesrathe ernennen, wie es Stimmen hat; doch kann die Gesammtheit der zuständigen Stimmen nur einheitlich abgegeben werden.
Gemäß Artikel II. § 4 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 6 folgende Fassung:
"Art. 6. Der Bundesrath besteht aus den
Vertretern der Mitglieder des Bundes, unter welchen die Stimmführung
sich nach Maaßgabe der Vorschriften für das Plenum des ehemaligen
Deutschen Bundes vertheilt, so daß Preußen mit den ehemaligen
Stimmen von Hannover, Kurhessen, Holstein, Nassau und Frankfurt 17 Stimmen
führt, Bayern 6, Sachsen 4, Württemberg 4, Baden 3, Hessen 3,
Mecklenburg-Schwerin 2, Sachsen-Weimar 1, Mecklenburg-Strelitz 1, Oldenburg
1, Braunschweig 2, Sachsen-Meiningen 1, Sachsen-Altenburg 1, Sachsen-Coburg-Gotha
1, Anhalt 1, Schwarzburg-Rudolstadt 1, Schwarzburg-Sondershausen 1, Waldeck
1, Reuß älterer Linie 1, Reuß jüngerer Linie 1, Schaumburg-Lippe
1, Lippe 1, Lübeck 1, Bremen 1, Hamburg 1, in Summa 58 Stimmen
Jedes Mitglied des Bundes kann soviel Bevollmächtigte
zum Bundesrathe ernennen, wie es Stimmen hat; doch kann die Gesammtheit
der zuständigen Stimmen nur einheitlich abgegeben werden."
Gemäß Artikel 2 Ziffer 1 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Im Bundesrathe führt Württemberg vier
Stimmen, und es beträgt daher die Gesammtzahl der Stimmen im Bundesrathe
52."
Art. 7. Der Bundesrath beschließt:
1. über die dem Reichstage zu machenden Vorlagen und die von demselben
gefaßten Beschlüsse;
2. über die zur Ausführung der Bundesgesetze erforderlichen
allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern nicht durch
Bundesgesetz etwas Anderes bestimmt ist;
3. über Mängel, welche bei der Ausführung der Reichsgesetze
oder der vorstehend erwähnten Vorschriften oder Einrichtungen hervortreten.
Jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge zu machen und in Vortrag zu bringen, und das Präsidium ist verpflichtet, dieselben der Berathung zu übergeben.
Die Beschlußfassung erfolgt, vorbehaltlich der Bestimmungen in den Artikeln 5, 37, und 78, mit einfacher Mehrheit. Nicht vertretene oder nicht instruirte Stimmen werden nicht gezählt. Bei Stimmengleichheit giebt die Präsidialstimme den Ausschlag.
Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen dieser Verfassung nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten gezählt, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist.
Gemäß Artikel II. § 5 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern mit Bayern erhielt der Artikel 7 folgende
Fassung:
"Art. 7. Der Bundesrath beschließt:
1. über die dem Reichstage zu machenden
Vorlagen und die von demselben gefaßten Beschlüsse;
2. über die zur Ausführung der Bundesgesetze
erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern
nicht in dem Gesetze etwas Anderes bestimmt ist;
3. über Mängel, welche bei der Ausführung
der Reichsgesetze oder der vorstehend erwähnten Vorschriften oder
Einrichtungen hervortreten.
Jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge
zu machen und in Vortrag zu bringen, und das Präsidium ist verpflichtet,
dieselben der Berathung zu übergeben.
Die Beschlußfassung erfolgt, vorbehaltlich
der Bestimmungen in den Artikeln 5, 37, und 78, mit einfacher Mehrheit.
Nicht vertretene oder nicht instruirte Stimmen werden nicht gezählt.
Bei Stimmengleichheit giebt die Präsidialstimme den Ausschlag.
Bei der Beschlußfassung über eine
Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen dieser Verfassung nicht dem
ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten
gezählt, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist."
Art. 8. Der Bundesrath bildet aus seiner Mitte dauernde Ausschüsse
1) für das Landheer und die Festungen;
2) für das Seewesen;
3) für Zoll- und Steuerwesen;
4) für Handel und Verkehr;
5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphen;
6) für Justizwesen;
7) für Rechnungswesen.
In jedem dieser Ausschüsse werden außer dem Präsidium mindestens vier Bundesstaaten vertreten sein, und führt innerhalb derselben jeder Staat nur Eine Stimme. Die Mitglieder der Ausschüsse zu 1. und 2. werden von dem Bundesfeldherrn ernannt, die der übrigen von dem Bundesrathe gewählt. Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse ist für jede Session des Bundesrathes resp. mit jedem Jahre zu erneuern, wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wählbar sind. Den Ausschüssen werden die zu ihren Arbeiten nöthigen Beamten zur Verfügung gestellt.
Gemäß Artikel II. § 6 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 7 folgende Fassung:
"Art. 8. Der Bundesrath bildet aus seiner
Mitte dauernde Ausschüsse
1) für das Landheer und die Festungen;
2) für das Seewesen;
3) für Zoll- und Steuerwesen;
4) für Handel und Verkehr;
5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphen;
6) für Justizwesen;
7) für Rechnungswesen.
In jedem dieser Ausschüsse werden außer
dem Präsidium mindestens vier Bundesstaaten vertreten sein, und führt
innerhalb derselben jeder Staat nur eine Stimme.
In dem Ausschusse für das Landheer und die
Festungen hat Bayern einen ständigen Sitz, die übrigen Mitglieder
desselben, sowie die Mitglieder des Ausschusses für das Seewesen werden
von dem Bundesfeldherrn ernannt; die Mitglieder der anderen Ausschüsse
werden vom Bundesrathe gewählt. Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse
ist für jede Session des Bundesrathes resp. mit jedem Jahre zu erneuern,
wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wählbar sind.
Außerdem wird im Bundesrathe aus den Bevollmächtigten
der Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg unter dem Vorsitze
Bayerns ein Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten
gebildet.
Den Ausschüssen werden die zu ihren Arbeiten
nöthigen Beamten zur Verfügung gestellt."
Gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Militärkonvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Württemberg vom 25. November 1870 muß das Königreich Württemberg stets im Ausschuß für das Landheer und die Festungen vertreten sein.
Art. 9. Jedes Mitglied des Bundesrathes hat das Recht, im Reichstage zu erscheinen und muß daselbst auf Verlangen jederzeit gehört werden, um die Ansichten seiner Regierung zu vertreten, auch dann, wenn dieselben von der Majorität des Bundesrathes nicht adoptirt worden sind. Niemand kann gleichzeitig Mitglied des Bundesrathes und des Reichstages sein.
Art. 10. Dem Bundespräsidium liegt es ob, den Mitgliedern des Bundesrathes den üblichen diplomatischen Schutz zu gewähren.
Art. 11. Das Präsidium des Bundes steht der Krone Preußen zu, welche in Ausübung desselben den Bund völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Bundes Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen berechtigt ist.
Zur Erklärung des Krieges im Namen des Bundes ist die Zustimmung des Bundesrathes erforderlich, es sei denn, daß ein Angriff auf das Bundesgebiet oder dessen Küsten erfolgt.
Insoweit die Verträge mit fremden Staaten sich auf solche Gegenstände beziehen, welche nach Artikel 4 in den Bereich der Bundesgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschluß die Zustimmung des Bundesrathes und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichstages erforderlich.
Gemäß dem Vertrags vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 7 die Einfügung eines Absatzes 2 in den Artikel 11 durch die Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Durch Vereinbarung des Norddeutschen Bundes mit
Bayern, Württemberg, Baden und Hessen vom 8. Dezember 1870 und Beschluß
des Bundesrates und des Reichstags vom 9. und 10. Dezember 1870 erhielt
der Artikel 11 Absatz 1 folgende Fassung:
"Das Präsidium des Bundes steht dem Könige
von Preußen zu, welche den Namen Deutscher Kaiser führt. Der
Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reichs
Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und
andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen
und zu empfangen."
Art. 12. Dem Präsidium steht es zu, den Bundesrath und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen.
Art. 13. Die Berufung des Bundesrathes und des Reichstages findet alljährlich statt, und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bundesrath berufen werden.
Art. 14. Die Berufung des Bundesrathes muß erfolgen, sobald sie von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird.
Art. 15. Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung der Geschäfte steht dem Bundeskanzler zu, welcher vom Präsidium zu ernennen ist.
Derselbe kann sich durch jedes andere Mitglied des Bundesrathes vermöge schriftlicher Substitution vertreten lassen.
Gemäß Ziffer IX. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Der Königlich Preußische Bevollmächtigte
erkannte es als ein Recht der Bayerischen Regierung an, daß ihr Vertreter
im Falle der Verhinderung Preußens den Vorsitz im Bundesrathe führe."
Art. 16. Das Präsidium hat die erforderlichen Vorlagen nach Maaßgabe der Beschlüsse des Bundesrathes an den Reichstag zu bringen, wo sie durch Mitglieder des Bundesrathes oder durch besondere von letzterem zu ernennende Kommissarien vertreten werden.
Art. 17. Dem Präsidium steht die Ausfertigung und Verkündigung der Bundesgesetze und die Überwachung der Ausführung derselben zu. Die Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidiums werden im Namen des Bundes erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.
Art. 18. Das Präsidium ernennt die Bundesbeamten, hat dieselben für den Bund zu vereidigen und erforderlichen Falles ihres Entlassung zu verfügen.
Den zu einem Bundesamte berufenen Beamten eines Bundesstaates stehen, sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Bundesdienst im Wege der Bundesgesetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Bunde gegenüber diejenigen Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heinathlande aus ihrer dienstlichen Stellung zugestanden hatten.
Gemäß dem Protokoll vom 15. November
1870 wurde bestimmt:
"zu Artikel 18 der Vefassung, daß zu den,
einem Beamten zustehenden Rechten im Sinne des zweiten Absatzes dieses
Artikels diejenigen Rechte nicht gehören, welche seinen Angehörigen
in Beziehung auf Pensionen oder Unterstützungen etwa zustehen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 8 die Hinzufügung eines Absatzes 2 an den Artikel 18 durch die Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Gemäß Ziffer 1c) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu Artikel 18 der
Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Art. 19. Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht erfüllen, so können sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden. Diese Exekution ist vom Bundesrathe zu beschließen und vom Bundespräsidium zu vollstrecken.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 9 die Fassung des Artikels 19 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 20. Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor
Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im § 5 des Gesetzes vom 31. Mai 1869 (Artikel 80 Nr. 13) vorbehalten ist, werden in Baden 14, in Hessen südlich des Mains 6 Abgeordnete gewählt und beträgt demnach die Gesammtzahl der Abgeordneten 317.
Gemäß Artikel II. § 10 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 20 folgende Fassung:
"Art. 20. Der Reichstag geht aus allgemeinen
und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor, welche nach Maßgabe
des Wahlgesetzes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31.
Mai 1869 zu erfolgen hat.
Bis zu der, im § 5 dieses Gesetzes vorbehaltenen
gesetzlichen Regelung werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden
14, in Hessen südlich des Mains 6 Abgeordnete gewählt und beträgt
demnach die Gesammtzahl der Abgeordneten 382."
Gemäß Artikel III. § 2 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde zum Artikel 20 bestimmt:
"Für die erste Wahl zum Reichstage wird
die Abgrenzung der Wahlbezirke in Bayern in Ermangelung der bundesgesetzlichen
Feststellung von der Königlich Bayerischen Regierung bestimmt werden."
Gemäß Artikel 2 Ziffer 2 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"In Württemberg werden, bis zu der im §
5 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 vorbehaltenen gesetzlichen Regelung,
17 Abgeordnete gewählt, und es beträgt daher die Gesammtzahl
der Abgeordneten 334."
Art. 21. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Reichstag.
Wenn ein Mitglied des Reichstages in dem Bunde oder einem Bundesstaat ein besoldetes Staatsamt annimmt oder im Bundes- oder Staatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und Stimme in dem Reichstag und kann seine Stelle in demselben nur durch neue Wahl wieder erlangen.
Art. 22. Die Verhandlungen des Reichstages sind öffentlich.
Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstages bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.
Art. 23. Der Reichstag hat das Recht, innerhalb der Kompetenz des Bundes Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Bundesrathe resp. Bundeskanzler zu überweisen.
Art. 24. Die Legislaturperiode des Reichstages dauert drei Jahre. Zur Auflösung des Reichstages während derselben ist ein Beschluß des Bundesrathes unter Zustimmung des Präsidiums erforderlich.
Art. 25. Im Falle der Auflösung des Reichstages müssen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler und innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt werden.
Art. 26. Ohne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung desselben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden.
Art. 27. Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung und erwählt seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer.
Art. 28. Der Reichstag beschließt nach absoluter Stimmenmehrheit.
Zur Gültigkeit der Beschlußfassung ist die Anwesenheit der Mehrheit
der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich.
Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche
nach den Bestimmungen dieser Verfassung nicht dem ganzen Bunde gemeinschaftlich
ist, werden die Stimmen nur derjenigen Mitglieder gezählt, die in
Bundesstaaten gewählt sind, welchen die Angelegenheit gemeinsam ist.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 11 die Hinzufügung eines Absatzes 2 an den Artikel 28 durch die Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 29. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des gesammten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden.
Art. 30. Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Äußerungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.
Art. 31. Ohne Genehmigung des Reichstages kann kein Mitglied desselben während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen wird.
Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden erforderlich.
Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied desselben und jede Untersuchungs- oder Civilhaft für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben.
Art. 32. Die Mitglieder des Reichstages dürfen als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen.
Art. 33. Der Bund bildet ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Ausgeschlossen bleiben die wegen ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgrenze nicht geeigneten einzelnen Gebietstheile.
Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Bundesstaates befindlich sind, können in jeden anderen Bundesstaat eingeführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige inländische Erzeugnisse einer inneren Steuer unterliegen.
Art. 34. Die Hansestädte Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe beantragen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 12 die Streichung des Wortes "Lübeck, " im Artikel 34 durch die Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 35. Der Bund ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Biers und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinschaftlichen Zollgrenze erforderlich sind.
In Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Biers der Landesgesetzgebung vorbehalten. Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Übereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zu den Artikeln 35 und 38 der Vefassung, daß
die nach Maßgabe der Zollvereins-Verträge auch ferner zu erhebenden
Übergangs-Abgaben von Branntwein und Bier ebenso anzusehen sind, wie
die auf dei Bereitung dieser Getränke gelegten Abgaben.
Gemäß Artikel II. § 13 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 35 folgende Fassung:
"Art. 35. Der Bund ausschließlich
hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung
des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins
und Biers und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen
dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der
in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen,
sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen
zur Sicherung der gemeinschaftlichen Zollgrenze erforderlich sind.
In Bayern, Württemberg und Baden bleibt
die Besteuerung des inländischen Branntweins und Biers der Landesgesetzgebung
vorbehalten. Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten,
eine Übereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch
dieser Gegenstände herbeizuführen."
Gemäß Ziffer X. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Zu den Artikeln 35 und 38 der Bundesverfassung
war man darüber einverstanden, daß die nach Maßgabe der
Zollvereins-Verträge auch ferner zu erhebenden Übergangsabgaben
von Branntwein und Bier ebenso anzusehen sind, wie die auf die Bereitung
dieser Getränke gelegten Abgaben."
Gemäß Artikel 2 Ziffer 3 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde zum Artikel 35 bestimmt:
"Die im letztgenannten Absatze der vorgenannten
Artikel in Beziehung auf Baden getroffene Bestimmung findet auch auf Württemberg
Anwendung."
Gemäß Ziffer 1d) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu den Artikeln 35
und 38 der Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Art. 36. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern (Art. 35) bleibt jedem Bundesstaate, soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen.
Das Bundespräsidium überwacht die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens durch Bundesbeamte, welche es den Zoll- oder Steuerämtern und den Direktivbehörden der einzelnen Staaten, nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrathes für Zoll- und Steuerwesen, beiordnet.
Die von diesen Beamten über Mängel bei der Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35) gemachten Anzeigen werden dem Bundesrathe zur Beschlußnahme vorgelegt.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 14 die Hinzufügung eines Absatzes an den Artikel 36 durch die Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 37. Bei der Beschlußnahme über die zur Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35) dienenen Verwaltungs-Vorschriften und Einrichtungen giebt die Stimme des Präsidiums alsdann den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung der bestehenden Vorschrift oder Einrichtung ausspricht.
Gemäß dem Vertrags vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 15 die Fassung des Artikels 37 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 38. Der Ertrag der Zölle und der anderen, in Art. 35 bezeichneten Abgaben, letzterer soweit sie der Bundesgesetzgebung unterliegen, fließt in die Bundeskasse.
Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und den
übrigen Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug:
1) der auf Gesetzen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhenden
Steuer-Vergütungen und Ermäßigungen;
2) der Rückerstattungen für unrichtige Erhebungen;
3) der Erhebungs- und Verwaltungskosten, und zwar:
a) bei den Zöllen der Kosten, welche an den
gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirke für den
Schutz und die Erhebung der Zölle erforderlich sind
b) bei der Salzsteuer der Kosten, welche zur Besoldung
der mit Erhbung und Kontrolierung dieser Steuer auf den Salzwerken beauftragten
Beamten aufgewendet werden,
c) bei der Rübenzuckersteuer und Tabacksteuer
der Vergütung, welche nach den jeweiligen Beschlüssen des Bundesrathes
den einzelnen Bundesregierungen für die Kosten der Verwaltung dieser
Steuern zu gewähren ist;
c) bei den übrigen Steuern mit fünfzehn
Prozent der Gesamniteinnahme.
Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Bundesausgaben durch Zahlung eines Aversums (ein nach Ermessen bestimmter Pauschbetrag) bei.
Baden hat an dem in die Bundeskasse fließenden Ertrage der Steuern von Branntwein und Bier und an dem, diesem Ertrage entsprechenden Theile des vorstehend erwähnten Aversums keinen Anteil.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zu den Artikeln 35 und 38 der Vefassung, daß
die nach Maßgabe der Zollvereins-Verträge auch ferner zu erhebenden
Übergangs-Abgaben von Branntwein und Bier ebenso anzusehen sind, wie
die auf dei Bereitung dieser Getränke gelegten Abgaben."; außerdem:
"zu Artikel 38 der Verfassung, daß, solange
die jetzige Besteuerung des Bieres in Hessen fortbesteht, nur der dem Betrage
der norddeutschen Braumalzsteuer entsprechende Theil der hessischen Biersteuer
in die Bundeskasse fließen wird."
Gemäß Artikel II. § 16 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 38 folgende Fassung:
"Art. 38. Der Ertrag der Zölle und
der anderen, in Art. 35 bezeichneten Abgaben, letzterer soweit sie der
Bundesgesetzgebung unterliegen, fließt in die Bundeskasse.
Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den
Zöllen und den übrigen Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug:
1) der auf Gesetzen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften
beruhenden Steuer-Vergütungen und Ermäßigungen;
2) der Rückerstattungen für unrichtige
Erhebungen;
3) der Erhebungs- und Verwaltungskosten, und
zwar:
a) bei den Zöllen der
Kosten, welche an den gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirke
für den Schutz und die Erhebung der Zölle erforderlich sind
b) bei der Salzsteuer der
Kosten, welche zur Besoldung der mit Erhbung und Kontrolierung dieser Steuer
auf den Salzwerken beauftragten Beamten aufgewendet werden,
c) bei der Rübenzuckersteuer
und Tabacksteuer der Vergütung, welche nach den jeweiligen Beschlüssen
des Bundesrathes den einzelnen Bundesregierungen für die Kosten der
Verwaltung dieser Steuern zu gewähren ist;
c) bei den übrigen Steuern
mit fünfzehn Prozent der Gesamniteinnahme.
Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze
liegenden Gebiete tragen zu den Bundesausgaben durch Zahlung eines Aversums
bei.
Bayern, Württember und Baden haben an dem
in die Bundeskasse fließenden Ertrage der Steuern von Branntwein
und Bier und an dem, diesem Ertrage entsprechenden Theile des vorstehend
erwähnten Aversums keinen Anteil."
Gemäß Ziffer X. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Zu den Artikeln 35 und 38 der Bundesverfassung
war man darüber einverstanden, daß die nach Maßgabe der
Zollvereins-Verträge auch ferner zu erhebenden Übergangsabgaben
von Branntwein und Bier ebenso anzusehen sind, wie die auf die Bereitung
dieser Getränke gelegten Abgaben."
Gemäß Artikel 2 Ziffer 3 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde zum Artikel 38 bestimmt:
"Die im letztgenannten Absatze der vorgenannten
Artikel in Beziehung auf Baden getroffene Bestimmung findet auch auf Württemberg
Anwendung."
Gemäß Ziffer 1d) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu den Artikeln 35
und 38 der Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Art. 39. Die von den Erhebungsbehörden der Bundesstaaten nach Ablauf eines jeden Vierteljahres aufzustellenden Quartalextrakte und die nach dem Jahres- und Bücherschlusse aufzustellenden Finalabschlüsse über die im Laufe des Vierteljahres beziehungsweise während des Rechnungsjahres fällig gewordenen Einnahmen an Zöllen und nach Artikel 38 zur Bundeskasse fließenden Vertrauchsabgaben werden von den Direktivbehörden der Bundesstaaten, nach vorangegangener Prüfung, in Hauptübersichten zusammengestellt, in welchen jede Abgabe gesondert nachzuweisen ist, und es werden diese Übersichten an den Ausschuß des Bundesrathes für das Rechnungswesen eingesandt.
Der Letztere stellt auf Grund dieser Übersichten von drei zu drei Monaten den von der Kasse jedes Bundesstaates der Bundeskasse schuldigen Betrag vorläufig fest und setzt von dieser Feststellung den Bundesrath und die Bundesstaaten in Kenntniß, legt auch alljährlich die schließliche Feststellung jener Beträge mit seinen Bemerkungen dem Bundesrathe zur Beschlußnahme vor. Der Bundesrath beschlueßt über diese Feststellung.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 17 die Fassung des Artikels 39 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 40. Die Bestimmungen in dem Zollvereinigungsvertrage vom 8. Juli 1867 bleiben in Kraft, soweit sie nicht durch die Vorschriften dieser Verfassung abgeändert sind und solange sie nicht auf dem im Artikel 7, beziehungsweise 78 bezeichneten Wege abgeändert werden.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 18 die Fassung des Artikels 40 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 41. Eisenbahnen, welche im Interesse der Vertheidigung des Bundesgebietes oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für nothwendig erachtet werden, können kraft eines Bundesgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen durchschneiden, unbeschadet der Landeshoheitsrechte, für Rechnung des Bundes angelegt oder an Privatunternehmer zur Ausführung konzessionirt und mit dem Expropriationsrechte ausgestattet werden.
Jede bestehende Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, sich den Anschluß neuangelegter Eisenbahnen auf Kosten der letzteren gefallen zu lassen.
Die gesetzlichen Bestimmungen, welche bestehenden Eisenbahn-Unternehmungen ein Widerspruchsrecht gegen die Anlegung von Parallel- oder Konkurrenzbahnen einräumen, werden, unbeschadet bereits erworbener Rechte, für das ganze Bundesgebiet hierdurch aufgehoben. Ein solches Widerspruchsrecht kann auch in den künftig zu ertheilenden Konzessionen nicht weiter verliehen werden.
Art. 42. Die Bundesregierungen verpflichten sich, die im Bundesgebiete gelegenen Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen Verkehrs wie ein einheitliches Netz verwalten und zu diesem Behuf auch die neue herzustellenden Bahnen nach einheitlichen Normen anlegen und ausrüsten zu lassen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 46.
Art. 43. Es sollen demgemäß in thunlichster Beschleunigung übereinstimmende Betriebseinrichtungen getroffen, insbesondere gleiche Bahnpolizei-Reglements eingeführt werden. Der Bund hat dafür Sorge zu tragen, daß die Eisenbahnverwaltungen die Bahnen jederzeit in einem, die nöthige Sicherheit gewährenden baulichen Zustande erhalten und dieselben mit Betriebsmaterial so ausrüsten, wie das Verkehrsbedürfniß es erheischt.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 46.
Art. 44. Die Eisenbahnverwaltungen sind verpflichtet, die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinander greifender Fahrpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit, desgleichen die zur Bewältigung des Güterverkehrs nöthigen Güterzüge einzuführen, auch direkte Expeditionen im Personen- und Güterverkehr, unter Gestattung des Überganges der Transportmittel von einer Bahn auf die andere, gegen die übliche Vergütung einzurichten.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 46.
Art. 45. Dem Bunde steht die Kontrole über das Tarifwesen
zu. Derselbe wird namentlich dahin wirken:
1) daß baldigst auf den Eisenbahnen im Gebiete des Bundes übereinstimmende
Betriebsreglements eingeführt werden;
2) daß die möglichste Gleichmäßigkeit und Herabsetzung
der Tarife erzielt, insbesondere daß bei größeren Entfernungen
für den Transport von Kohlen, Koks, Holz, Erzen, Steinen, Salz, Roheisen,
Düngungsmitteln und ähnlichen Gegenständen ein dem Bedürfniß
der Landwirthschaft und Industrie entsprechender ermäßigter
Tarif, und zwar zunächst thunlichst der Ein-Pfennig-Tarif eingeführt
werde.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 46.
Gemäß dem Schlußprotokoll zum
Vertrag vom 25. November 1870 wurde bestimmt:
"Zu Artikel 45 der Verfassung wurde anerkannt,
daß auf den Württembergischen Eisenbahnen bei ihrer Bau-, Betriebs-
und Verkehrsverhältnissen nicht alle in diesem Artikel aufgeführten
Transportgegenstände in allen Gattungen von Verkehren zum Ein-Pfennig-Satz
befördert werden können."
Art. 46. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, sind die Eisenbahnverwaltungen verpflichtet, für den Transport namentlich von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten und Kartoffeln, zeitweise einen dem Bedürfniß entsprechenden, von dem Bundespräsidium auf Vorschlag des betreffenden Bundesraths-Ausschusses festzustellenden, niedrigen Spezialtarif einzuführen, welcher jedoch nicht unter den niedrigsten auf der betreffenden Bahn für Rohprodukte geltenden Satz herabgehen darf.
Gemäß Artikel III. § 3 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Die Artikel 42 bis einschließlich 46 der
Bundesverfassung sind auf das Königreich Bayern nicht anwendbar.
Dem Bunde steht jedoch auch dem Königreiche
Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche
Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesvertheidigung
wichtigen Eisenbahnen aufzustellen."
Art. 47. Den Anforderungen der Bundesbehörden in Betreff der Benutzung der Eisenbahnen zum Zweck der Vertheidigung des Bundesgebietes haben sämmtliche Eisenbahnverwaltungen unweigerlich Folge zu leisten. Insbesondere ist das Militär und alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zum VIII. Abschnitt der Verfassung, daß
die Verträge, durch welche das Verhältnis des Post- und Telegraphenwesens
in Hessen zum Norddeutschen Bunde jetzt geregelt ist, durch die Bundes-Verfassung
nicht aufgehoben sind. Insbesondere behält es hinsichtlich der Zahlung
des Kanons und er Chausseegeld-Entschädigung, sowie der Entschädigung
für Wege und Brückengelder und sonstige Kommunikations-Abgaben,
ferner hinsichtlich der Vergütung für Benutzung der Staats- und
Privatbahnen, und hinsichtlich der Behandlung des Portofreiheitswesens
in Südhessen, bis zum Ende des Jahres 1875 sein Bewenden bei dem jetzt
bestehenden Zustande. Für die Zeit vom 1. Januar 1876 ab fällt
die Zahlung des Kanons und der Chausseegeld-Entschädigung weg. Wie
es in Bezug auf die Vergütung für die postalisch Benutzung der
Eisenbahnen, sowie in Bezug auf die südhessischen Portofreiheiten
für die Zeit nach dem 1. Januar 1876 zu halten sei, bleibt späterer
Verständigung vorbehalten. Die Entschädigung für Wege- und
Brückengelder und sonstige Kommunikations-Abgaben wird auch nach dem
1. Januar 1876 an die Großherzoglich Hessische Regierung gezahlt,
wogegen diese die Entschädigung der Berechtigten auch für die
Zukunft wie bisher übernimmt."
Ferner wurde in dem Protokoll bestimmt:
"Auch die Bestimmungen in den Artikeln 49 - 52
der Bundesverfassung sollen für Baden erst mit dem 1. Januar 1872
in Wirksamkeit treten, damit die, für die Überleitung der Landesverwaltung
der Posten und Telegraphen in die Bundesverwaltung die erforderliche Zeit
gewonnen werde."
Gemäß Artikel III. § 3 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt, wurde bestimmt:
"Die Artikel 48 bis einschließlich 52 der
Bundesverfassung finden auf das Königreich Bayern keine Anwendung.
Das Königreich Bayern behält die freie und selbständige
Verwaltung seines Post- und Telegraphenwesens.
Dem Bunde steht jedoch auch für das Königreich
Bayern die Gesetzgebung über die Vorrechte der Post und Telegraphie,
über die rechtlichen Verhältnisse beider Anstalten zum Publikum,
über die Portofreiheiten und das Post-Taxwesen, soweit beide letzteren
nicht lediglich den inneren Verkehr in Bayern betreffen, sowie unter gleicher
Beschränkung die Feststellung der Gebühren für die telegraphische
Korrespondenz, endlich die Regelung des Post- und Telegraphen-Verkehrs
mit dem Auslande zu.
An den zur Bundeskasse fließenden Einnahmen
des Post- und Telegraphenwesens hat Bayern keinen Antheil."
Gemäß Ziffer XI. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Es wurde allseitig anerkannt, daß bei
dem Abschlußsse von Post- und Telegraphen-Verträgen mit außerdeutschen
Staaten zur Wahrung der besonderen Landesinteressen Vertreter der an die
betreffenden außerdeutschen Staaten angrenzenden Bundesstaate zugezogen
werden sollen, und daß den einzelnen Bundesstaaten unbenommen ist,
mit anderen Staaten Verträge über das Post- und Telegraphenwesen
abzuschließen, sofern sie lediglich den Grenzverkehr betreffen.."
Gemäß Artikel 2 Ziffer 4 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde zum VIII. Abschnitt
bestimmt:
"An Stelle der im VIII. Abschnitt der Verfassung
enthaltenen gelten für Württemberg folgende Bestimmungen:
Dem Bunde ausschließlich steht die Gesetzgebung
über die Vorrechte der Post und Telegraphie, über die rechtlichen
Verhältnisse beider Anstalten zum Publikum, über die Portofreiheiten
und das Post-Taxwesen, jedoch ausschließlich der reglementarischen
und Tarif-Bestimmungen für den internen Verkehr innerhalb Württembergs,
sowie unter gleicher Beschränkung, die Feststellung der Gebühren
für die telegraphische Korrespondenz zu.
Ebenso steht dem Bunde die Regelung des Post-
und Telegraphen-Verkehrs mit dem Auslande zu, ausgenommen den eigenen unmittelbaren
Verkehr Württembergs mit seinen dem Deutschen Bunde nicht angehörenden
Nachbarstaaten, wegen dessen Regelung es bei der Bestimmung im Artikel
49 des Postvertrages vom 23. November 1867 bewendet.
An den zur Bundeskasse fließenden Einnahmen
des Post- und Telegraphenwesens hat Württemberg keinen Theil."
Gemäß dem Schlußprotokoll zum
Vertrag vom 25. November 1870 wurde bestimmt:
"Zum Artikel 2 Ziffer 4 des Vertrages vom heutigen
Tage war man darüber einverstanden, daß die Ausdehnung der,
im Norddeutschen Bunde über die Vorrechte der Post geltenden Bestimmungen
auf den internen Verkehr Württembergs insoweit von der Zustimmung
Württembergs abhängen soll, als diese Bestimmungen der Post Vorrechte
beilegen, welche derselben nach der gegenwärtigen Gesetzgebung in
Württemberg nicht zustehen."
Art. 48. Das Postwesen und das Telegraphenwesen werden für das gesammte Gebiet des Norddeutschen Bundes als einheitliche Staatsverkehrs-Anstalten eingerichtet und verwaltet.
Die im Artikel 4 vorgesehene Gesetzgebung des Bundes in Post- und Telegraphen-Angelegenheiten erstreckt sich nicht auf diejenigen Gegenstände, deren Regelung nach den gegenwärtig in der Norddeutschen Post- und Telegraphenverwaltung maßgebenden Grundsätzen der reglementarischen Festsetzung oder administrativen Anordnung überlassen ist.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern und dem Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg findet dieser Artikel auf die Königreiche Bayern und Württemberg keine Anwendung; siehe die Bestimmungen vor dem Artikel 48.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 19 die Fassung des Artikels 48 Absatz 2 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 49. Die Einnahmen des Post- und Telegraphenwesens sind für den ganzen Bund gemeinschaftlich. Die Ausgaben werden aus den gemeinschaftlichen Einnahmen bestritten. Die Überschüsse fließen in die Bundeskasse (Abschnitt XII).
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern und dem Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg findet dieser Artikel auf die Königreiche Bayern und Württemberg keine Anwendung; siehe die Bestimmungen vor dem Artikel 48.
Art. 50. Dem Bundespräsidium gehört die obere Leitung der Post- und Telegraphenverwaltung an. Dasselbe hat die Pflicht und das Recht, dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organisation der Verwaltung und im Betriebe des Dienstes, sowie in der Qualifikation der Beamten hergestellt und erhalten wird.
Das Präsidium hat für den Erlaß der reglementarischen Festsetzungen und allgemeinen administrativen Anordnungen, sowie für die ausschließliche Wahrnehmung der Beziehungen zu anderen Post- und Telegraphenverwaltungen Sorge zu tragen.
Sämmtliche Beamte der Post- und Telegraphenverwaltung sind verpflichtet, den Anordnungen des Bundespräsidiums Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Diensteid aufzunehmen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern und dem Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg findet dieser Artikel auf die Königreiche Bayern und Württemberg keine Anwendung; siehe die Bestimmungen vor dem Artikel 48.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 20 die Fassung des Artikels 50 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 51. Die Anstellung der bei den Verwaltungsbehörden der Post und Telegraphie in den verschiedenen Bezirken erforderlichen oberen Beamten (z. B. der Direktoren, Räthe, Ober-Inspektoren), ferner die Anstellung der zur Wahrnehmung des Aufsichts- u.s.w. Dienstes in den einzelnen Bezirken als Organe der erwähnten Behörden fungirenden Post- und Telegraphenbeamten (z. B. Inspektoren, Kontroleure) geht für das ganze Gebiet des Deutschen Bundes von dem Präsidium aus, welchem diese Beamten den Diensteid leisten. Den einzelnen Landesregierungen wird von den in Rede stehenden Ernennungen, soweit dieselben ihre Gebiete betreffen, Behufs der landesherrlichen Bestätigung und Publikation rechtzeitig Mittheilung gemacht werden.
Die anderen bei den Verwaltungsbehörden der Post und Telegraphie erforderlichen Beamten, sowie alle für den lokalen und technischen Betrieb bestimmten, mithin bei den eigentlichen Betriebsstellen fungirenden Beamten u.s.w. werden von den betreffenden Landesregierungen angestellt.
Wo eine selbstständige Landes-Post- respektive Telegraphen-Verwaltung nicht besteht, entscheiden die Bestimmungen der besonderen Verträge.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern und dem Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg findet dieser Artikel auf die Königreiche Bayern und Württemberg keine Anwendung; siehe die Bestimmungen vor dem Artikel 48.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 20 die Fassung des Artikels 51 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 52. Bei Überweisung des Überschusses der Postverwaltung für allgemeine Bundeszwecke (Artikel 49) soll, in Betracht der bisherigen Verschiedenheit der von den Landes-Postverwaltungen der einzelnen Gebiete erzielten Rein-Einnahmen, zum Zwecke einer entsprechenden Ausgleichung während der unten festgesetzten Übergangszeit folgendes Verfahren beobachtet werden.
Aus den Postüberschüssen, welche in den einzelnen Postbezirken während der fünf Jahre 1861 bis 1865 aufgekommen sind, wird ein durchschnittlicher Jahresüberschuß berechnet, und der Antheil, welchen jeder einzelne Postbezirk an dem für das gesammte Gebiet des Bundes sich darnach herausstellenden Postüberschusse gehabt hat, nach Prozenten festgestellt.
Nach Maaßgabe des auf diese Weise festgestellten Verhältnisses werden den einzelnen Staaten während der, auf ihren Eintritt in die Bundes-Postverwaltung folgenden acht Jahre, die sich aus den im Bunde aufkommenden Postüberschüssen ergebenden Quoten auf ihre sonstigen Beiträge zu Bundeszwecken zu Gute gerechnet.
Nach Ablauf der acht Jahre hört jene Unterscheidung auf, und fließen die Postüberschüsse in ungetheilter Aufrechnung nach dem in Artikel 49 enthaltenen Grundsatz der Bundeskasse zu.
Von den während der vorgedachten acht Jahre für die Hansestädte sich herausstellenden Quoten des Postüberschusses wird alljährlich vorweg die Hälfte dem Bundespräsidium zur Disposition gestellt zu dem Zwecke, daraus zunächst die Kosten für die Herstellung normaler Posteinrichtungen in den Hansestädten zu bestreiten.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zu Artikel 52 der Verfassung wurde von den Badischen
Bevollmächtigten bemerkt, daß die finanziellen Ergebnisse der
Post- und Telegraphenverwaltung des Bundes, wie sie sich bisher gestaltet
hätten und in dem Bundes-Haushalts-Etat für 1871 veranschlagt
seien, ungeachtet der in Artikel 52 getroffenen Bestimmung, keine Gewähr
dafür leisteten, daß der auf Baden fallende Anthel an den Einnahmen
dieser Verwaltungen auch nur annähernd diejenigen Einnahmen ergeben
werden, welche es gegenwärtig aus seiner eigenen Verwaltung zum Betrage
von durchschnittlich 130.000 Thaltern beziehe. Sie hielten es deshalb für
billig, daß Baden durch eine besondere Verabredung vor einem, seinen
Haushalt empflindlich berührenden Einnahme-Ausfall gesichert werde.
Wenngleich von anderen Seiten die Besorgnis der
Badischen Bevollmächtigten als begründet nicht anerkannt werden
konnte, so einigte man sich noch dahin, daß, wenn im Laufe der Übergangs-Periode
der nach dem Prozent-Verhältniß sich ergebenden Antheil Badens
an den im Bunde aufkommenden Postüberschüssen in einem Jahre
die Summe von 100.000 Thalern nicht erreichen sollte, der an dieser Summe
fehlende Betrag Baden auf seine Matrikular-Beiträge zu Gute gerechnet
werden soll. Eine solche Anrechung wird jedoch nicht stattfinden in einem
Jahre, in welches kriegerische Ereignisse fallen, an denen der Bund betheiligt
ist."
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern und dem Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg findet dieser Artikel auf die Königreiche Bayern und Württemberg keine Anwendung; siehe die Bestimmungen vor dem Artikel 48.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 21 die Fassung des Artikels 52 Absatz 3 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Art. 53. Die Bundes-Kriegsmarine ist eine einheitliche unter Preußischem Oberbefehl. Die Organisation und Zusammensetzung derselben liegt Seiner Majestät dem Könige von Preußen ob, welcher die Offiziere und Beamten der Marine ernennt, und für welchen dieselben nebst den Mannschaften eidlich in Pflicht zu nehmen sind.
Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Bundes-Kriegshäfen.
Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Bundeskasse bestritten.
Die gesammte seemännische Bevölkerung des Bundes, einschließlich des Maschinenpersonals und der Schiffshandwerker, ist vom Dienste im Landheere befreit, dagegen zum Dienste in der Bundesmarine verpflichtet.
Die Vertheilung des Ersatzbedarfes findet nach Maaßgabe der vorhandenen seemännischen Bevölkerung statt, und die hiernach von jedem Staate gestellte Quote kommt auf die Gestellung zum Landheere in Abrechnung.
Art. 54. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine einheitliche Handelsmarine.
Der Bund hat das Verfahren zur Ermittelung der Ladungsfähigkeit der Seeschiffe zu bestimmen, die Ausstellung der Meßbriefe, sowie der Schiffscertifikate zu regeln und die Bedingungen festzustellen, von welchen die Erlaubniß zur Führung eines Seeschiffes abhängig ist.
In den Seehäfen und auf allen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen der einzelnen Bundesstaaten werden die Kauffahrteischiffe sämmtlicher Bundesstaaten gleichmäßig zugelassen und behandelt. Die Abgaben, welche in den Seehäfen von den Seeschiffen oder deren Ladungen für die Benutzung der Schiffahrtsanstalten erhoben werden, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung dieser Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen.
Auf allen natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind, erhoben werden. Diese Abgaben, sowie die Abgaben für die Befahrung solcher künstlichen Wasserstraßen, welche Staatseigenthum sind, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Auf die Flößerei finden diese Bestimmungen insoweit Anwendung, als dieselbe auf schiffbaren Wasserstraßen betrieben wird.
Auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andere oder höhere Abgaben zu legen, als von den Schiffen der Bundesstaaten oder deren Ladungen zu entrichten sind, steht keinem Einzelstaate, sondern nur dem Bunde zu.
Art. 55. Die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine ist schwarz-weiß-roth.
Art. 56. Das gesammte Konsulatwesen des Deutschen Bundes steht unter der Aufsicht des Bundespräsidiums, welches die Konsuln, nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrathes für Handel und Verkehr, anstellt.
In dem Amtsbezirk der Bundeskonsuln dürfen neue Landeskonsulate nicht errichtet werden. Die Bundeskonsuln üben für die in ihrem Bezirk nicht vertretenen Bundesstaaten die Funktionen eines Landeskonsuls aus. Die sämmtlichen bestehenden Landeskonsulate werden aufgehoben, sobald die Organisation der Bundeskonsulate dergestalt vollendet ist, daß die Vertretung der Einzelinteressen aller Bundesstaaten als durch die Bundeskonsulate gesichert von dem Bundesrathe anerkannt wird.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zu Artikel 56 der Verfassung bemerken die Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes auf Anfrage der Großherzoglich Badischen
Bevollmächtigten, daß das Bundespräsidium schon bisher,
nach Vernehmung des zuständigen Ausschusses des Bundesrahtes, Bundeskonsulate
errichtet habe, wenn eine solche Einrichtung an einem bestimmten Platze
durch das Interesse auch nur eines Bundesstaates geboten worden sei. Sie
verbanden damit die Zusage, daß in diesem Sinne auch in Zukunft werden
verfahren werden."
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 22 die Fassung des Artikels 56 der Verfassung des Deutschen Bundes (nach dem Vertrag vom 15. November 1870) bestätigt.
Gemäß Ziffer VII. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Der Königlich Preußische Bevollmächtigte
gab die Erklärung ab, daß Seine Majestät der König
von Preußen kraft der Allerhöchstihnen zustehenden Präsidialrechte,
mit Zustimmung Seiner Majestät des Königs von Bayern, den Königlich
Bayerishcne Gesandten an den Höfen, an welchen solche beglaubigt sind,
Vollmacht erteilen werden, die Bundesgesandten in Verhinderungsfällen
zu vertreten.
Indem diese Erklärung von den Königlich
Bayerischen Bevollmächtigten acceptiert wurde, fügten diese bei,
daß die Bayerishcen Gesandten angewiesen sein würden, in allen
Fällen, in welchen dies zur Geltendmachung allgemein Deutscher Interessen
erforderlich oder von Nutzen sein wird, den Bundesgesandten ihre Beihülfe
zu leisten."
Gemäß Ziffer VIII. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Der Bund übernimmt in Anbetracht der Leistungen
der Bayerischen Regierung für den diplomatischen Dienst desselben
durch die unter Ziffer VII. erwähnte Bereitstellung ihrer Gesandtschaften
und in Erwägung des Umstandes, daß an denjenigen Orten, an welchen
Bayern eigene Gesandtschaften unterhalten wird, die Vertretung der Bayerischen
Angelegenheiten dem Bundesgesandten nicht obliegt, die Verpflichtung, bei
Feststellung der Ausgaben für den diplomatischen Dienst des Bundes
der Bayerischen Regierung eine angemessene Vergütung in Anrechung
zu bringen.
Über Festsetzung der Größe dieser
Vergütung bleibt weitere Vereinbarung vorbehalten."
Gemäß Ziffer XII. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Zu Artikel 56 der Bundesverfassung wurde alseitig
anerkannt, daß den einzelnen Bundesstaaten das Recht zustehe, auswärtigen
Konsuln bei sich zu empfangen und für ihr Gebiet mit der Exequatur
zu versehen.
Ferner wurde die Zusicherung gegeben, daß
Bundeskonsuln an auswärtigen Orten auch dann aufgestellt werden sollen,
wenn es nur das Interesse eines einzelnen Bundesstaates als wünschenswert
erscheinen läßt, daß dies geschehe."
Gemäß Ziffer 1e) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu Artikel 56 der
Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Gemäß Artikel 2 Ziffer 5 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde zum XI. Abschnitt
bestimmt:
"In Württemberg kommen die im XI. Abschnitt
der Verfassung enthaltenen Vorschriften nach näherer Bestimmung der
Militair-Konvention
vom 21./25. November 1870 in Anwendung.
Art. 57. Jeder Bundesangehörige ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 23 das Wort: "Bundesangehörige" ersetzt durch: "Deutsche Bundesangehörige".
Art. 58. Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des Bundes sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder Bevorzugungen, noch Prägravationen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Vertheilung der Lasten sich in natura nicht herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung festzustellen.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"In Betracht der großen Schwierigkeiten,
welche theils die vorgerückte Zeit, theils die Fortdauer des Krieges,
theils endlich die in einigen betheiligten Staaten bereits erfolgte Regulirung
des Landesbudgets der Aufstellung eines Etats für die Militair-Verwaltung
des Deutschen Bundes für das Jahr 1871 entgegenstehen, ist man übereingekommen,
daß die Gemeinschaft der Ausgaben für das Landheer est mit dem
1. Januar 1872 beginnen soll. Bis zu diesem Tage wird daher der Ertrag
der, im Artikel 35 bezeichneten gemeinschaftlichen Abgaben nicht zur Bundeskasse
fließen, sondern den Staatskassen Badens und Hessens, letzterer rücksichtlich
des auf Südhessen fallenden Antheils, verbleiben und es wird der Beitrag
dieser Staaten zu den Bundes-Ausgaben durch Matrikular-Beiträge aufgebracht
werden, wegen deren Feststellung dem im nächsten Jahre zu berufenden
Reichstage eine Vorlage gemacht werden wird."
Gemäß dem Vertrag
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel III. § 5 wurde
die Gültigkeit des Artikels 58 auch für das Königreich Bayern
festgestellt, doch sollte der Artikel nur mit folgenden Zusatz im Königreich
Bayern Anwendung finden:
" Der in diesem Artikel bezeichneten Verpflichtung
wird Bayern in der Art entsprechen, daß es die Kosten und Lasten
seines Kriegswesens, den Unterhalt der auf seinem Gebiete belegenen festen
Plätze und sonstigen Fortifikationen einberiffen, ausschließlich
allein trägt."
Gemäß Artikel IV. des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Da in Anbetracht der großen Schwierigkeiten,
welche theils die vorgerückte Zeit, theils die Fortdauer des Krieges
der Aufstellung des Etats für die Militairverwaltung des Deutschen
Bundes für das Jahr 1871 und beziehungsweise der Feststellung der
von Bayern auf sein Heer zu verwendenden Gesammtsumme für dieses Jahr
entgegenstellen, die Bestimmungen unter Artikel III. § 5 diesese
Vertrags erst mit dem 1. Januar 1872 om Wirksamkeit treten, wird der Ertrag
der im Artikel 35 bezeichneten gemeinschaftlichen Ausgaben für das
Jahr 1871 nicht zur Bundeskasse fließen, sondern der Staatskasse
Bayerns verbleiben, dagegen aber der Beitrag Bayerns zu den Bundesausgaben
durch Matrikularbeiträge aufgebracht werden."
Gemäß Ziffer 1b) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärung über den Zeitpunkt
für den Beginn der Gemeinschaft der Ausgaben für das Landheer
finden auch auf Württemberg Anwendung."
Art. 59. Jeder wehrfähige Bundesangehörige gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, dem stehenden Heere - und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die letzten vier Jahre in der Reserve - und die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr an. In denjenigen Bundesstaaten, in denen bisher eine längere als zwölfjährige Gesammtdienstzeit gesetzlich war, findet die allmälige Herabsetzung der Verpflichtung nur in dem Maaße statt, als dies die Rücksicht auf die Kriegsbereitschaft des Bundesheeres zuläßt.
In Bezug auf die Auswanderung der Reservisten sollen lediglich diejenigen Bestimmungen maaßgebend sein, welche für die Auswanderung der Landwehrmänner gelten.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 23 das Wort: "Bundesangehörige" ersetzt durch: "Deutsche Bundesangehörige".
Art. 60. Die Friedens-Präsenzstärke des Bundesheeres wird bis zum 31. Dezember 1871 auf Ein Prozent der Bevölkerung von 1867 normirt, und wird pro rata derselben von den einzelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedens-Präsenzstärke des Heeres im Wege der Bundesgesetzgebung festgestellt.
Art. 61. Nach Publikation dieser Verfassung ist in dem ganzen Bundesgebiete die gesammte Preußische Militairgesctzgebung ungesäumt einzuführen, sowohl die Gesetze selbst, als die zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instruktionen und Reskripte, namentlich also das Militair-Strafgesetzbuch vom 3. April 1845, die Militair-Strafgerichtsordnung vom 3. April 1845, die Verordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli 1843, die Bestimmungen über Aushebung, Dienstzeit, Servis- und Verpflegungswesen, Einquartierung, Ersatz von Flurbeschädigungen, Mobilmachung u.s.w. für Krieg und Frieden. Die Militair-Kirchenordnung ist jedoch ausgeschlossen.
Nach gleichmäßiger Durchführung der Bundeskriegs-Organisation wird das Bundespräsidium ein umfassendes Bundes-Militairgesetz dem Reichstage und dem Bundesrathe zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorlegen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Art. 62. Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesammte Bundesheer und die zu demselben gehörigen Einrichtungen sind bis zum 31. Dezember 1871 dem Bundesfeldherrn jährlich sovielmal 225 Thaler, in Worten zweihundert fünf und zwanzig Thaler, als die Kopfzahl der Friedensstärke des Heeres nach Artikel 60 beträgt, zur Verfügung zu stellen. Vergl. Abschnitt XII.
Nach dem 31. Dezember 1871 müssen diese Beträge von den einzelnen Staaten des Bundes zur Bundeskasse fortgezahlt werden. Zur Berechnung derselben wird die im Artikel 60 interimistisch festgestellte Friedens-Präsenzstärke so lange festgehalten, bis sie durch ein Bundesgesetz abgeändert ist.
Die Verausgabung dieser Summe für das gesammte Bundesheer und dessen Einrichtungen wird durch das Etatsgesetz festgestellt.
Bei der Feststellung des Militair-Ausgabe-Etats wird die auf Grundlage dieser Verfassung gesetzlich feststehende Organisation des Bundesheeres zu Grunde gelegt.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Gemäß dem Protokoll vom 15. November 1870, dem Artikel IV. des Vertrags vom 23. November 1870 und dem Schlußprotokoll zum Vertrag vom 25. November 1870 wurde das Inkrafttreten der Gemeinschaft der Ausgaben für das Bundesheer auf den 1. Januar 1872 festgesetzt; siehe Schlußbestimmungen nach dem Artikel 58.
Ferner wurde durch das Protokoll
vom 15. November 1870 bestimmt:
"zu Artikel 62 der Verfassung wurde verabredet,
daß die Zahlung der nach diesem Artikel von Baden aufzubringenden
Beiträge mit dem ersten Tage des Monats beginnen soll, welcher auf
die Anordnung zur Rückkehr der Badischen Truppen von dem Kriegszustande
auf den Friedensfuß folgt."
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde in Artikel II. § 24 die Streichung des Absatzes 2 des Artikels 62 der Verfassung des Norddeutschen Bundes bestätigt.
Gemäß Ziffer 1f) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu Artikel 62 der
Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Art. 63. Die gesammte Landmacht des Bundes wird ein einheitliches Heer bilden, welches in Krieg und Frieden unter dem Befehle Seiner Majestät des Königs von Preußen als Bundesfeldherrn steht.
Die Regimenter etc. führen fortlaufende Nummern durch die ganze Bundes-Armee. Für die Bekleidung sind die Grundfarben und der Schnitt der Königlich Preußischen Armee maaßgebend. Dem betreffenden Kontingentsherrn bleibt es überlassen, die äußeren Abzeichen (Kokarden etc.) zu bestimmen.
Der Bundesfeldherr hat die Pflicht und das Recht, dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb des Bundesheeres alle Truppentheile vollzählig und kriegstüchtig vorhanden sind und daß Einheit in der Organisation und Formation, in Bewaffnung und Kommando, in der Ausbildung der Mannschaften, sowie in der Qualifikation der Offiziere hergestellt und erhalten wird. Zu diesem Behufe ist der Bundesfeldherr berechtigt, sich jederzeit durch Inspektionen von der Verfassung der einzelnen Kontingente zu überzeugen und die Abstellung der dabei vorgefundenen Mängel anzuordnen.
Der Bundesfeldherr bestimmt den Präsenzstand, die Gliederung und Eintheilung der Kontingente der Bundesarmee, sowie die Organisation der Landwehr, und hat das Recht, innerhalb des Bundesgebietes die Garnisonen zu bestimmen, sowie die kriegsbereite Aufstellung eines jeden Theils der Bundesarmee anzuordnen.
Behufs Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der Administration, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung aller Truppentheile des Bundesheeres sind die bezüglichen künftig ergehenden Anordnungen für die Preußische Armee den Kommandeuren der übrigen Bundeskontingente, durch den Artikel 8 Nr. 1 bezeichneten Ausschuß für das Landheer und die Festungen, zur Nachachtung in geeigneter Weise mitzutheilen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Art. 64. Alle Bundestruppen sind verpflichtet, den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufzunehmen. Der Höchstkommandirende eines Kontingents, sowie alle Offiziere, welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungskommandanten werden von dem Bundesfeldherrn ernannt. Die von demselben ernannten Offiziere leisten ihm den Fahneneid. Bei Generalen und den Generalstellungen versehenden Offizieren innerhalb des Bundeskontingents ist die Ernennung von der jedesmaligen Zustimmung des Bundesfeldherrn abhängig zu machen.
Der Bundesfeldherr ist berechtigt, Behufs Versetzung mit oder ohne Beförderung für die von Ihm im Bundesdienste, sei es im Preußischen Heere, oder in anderen Kontingenten zu besetzenden Stellen aus den Offizieren aller Kontingente des Bundesheeres zu wählen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Art. 65. Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht dem Bundesfeldherrn zu, welcher die Bewilligung der dazu erforderlichen Mittel, soweit das Ordinarium sie nicht gewährt, nach Abschnitt XII beantragt.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Art. 66. Wo nicht besondere Konventionen ein Anderes bestimmen, ernennen die Bundesfürsten, beziehentlich die Senate die Offiziere ihrer Kontingente, mit der Einschränkung des Artikels 64. Sie sind Chefs aller ihren Gebieten angehörenden Truppentheile und genießen die damit verbundenen Ehren. Sie haben namentlich das Recht der Inspizirung zu jeder Zeit und erhalten, außer den regelmäßigen Rapporten und Meldungen über vorkommende Veränderungen, Behufs der nöthigen landesherrlichen Publikation, rechtzeitige Mittheilung von den die betreffenden Truppentheile berührenden Avancements und Ernennungen.
Auch steht ihnen das Recht zu, zu polizeilichen Zwecken nicht blos ihre eigenen Truppen zu verwenden, sondern auch alle anderen Truppentheile der Bundesarmee, welche in ihren Ländergebieten dislocirt sind, zu requiriren.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Art. 67. Ersparnisse an dem Militairetat fallen unter keinen Umständen einer einzelnen Regierung, sondern jederzeit der Bundeskasse zu.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern findet dieser Artikel auf das Königreich Bayern keine Anwendung; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 68.
Art. 68. Der Bundesfeldherr kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Bundesgesetzes gelten dafür die Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851 (GS. 451 ff.).
Gemäß Artikel III. § 5 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Die Artikel 61 bis 68 finden auf Bayern keine
Anwendung.
An deren Stelle treten folgende Bestimmungen:
I. Bayern behält zunächst seine Militair-Gesetzgebung
nebst den dazu gehörigen Vollzugs-Instruktionen, Verordnungen, Erläuterungen
ect. bis zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung über
die der Bundesgesetzgebung anheimfallenden Materien, resp. bis zur freien
Verständigung bezüglich der Einführung bereits vor dem Eintritte
Bayerns in den Bund in dieser Hinsicht erlassenen Gesetze und sonstigen
Bestimmungen.
II. Bayern verpflichtet sich für sein Kontingent
und die zu demselben gehörigen Einrichtungen einen gleichen Geldbetrag
zu verwenden, wie nach Verhältniß der Kopfstärke durch
den Militair-Etat des Deutschen Bundes für die übrigen Theile
des Bundesheeres ausgesetzt wird.
Dieser Geldbetrag wird im Bundes-Budget für
das Königlich Bayerische Kontingent in einer Summe ausgeworfen. Seine
Verausgabung wird durch Spezial-Etats geregelt, deren Aufstellung Bayern
überlassen bleibt.
Hierfür werden im Allgemeinen diejenigen
Etatsansätze nach Verhältnis zur Richtschnur dienen, welche für
das übrige Bundesheer in den einzelnen Titeln ausgeworfen sind.
III. Das Bayerische Heer bildet einen in sich
geschlossenen Bestandtheil des Deutschen Bundesheeres mit selbstständiger
Verwaltung, unter der Militair-Hoheit Seiner Majestät des Königs
von Bayern; im Kriege - und zwar mit Beginn der Mobilisierung - unter dem
Befehle des Bundesfeldherrn.
In Bezug auf die Organisationen, Formation, Ausbildung
und Gebühren, dann hinsichtlich der Mobilmachung wird Bayern volle
Übereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen
herstellen.
Bezüglich der Bewaffnung und Ausrüstung,
sowie der Gradabzeichen behält sich die Königlich Bayerische
Regierung die Herstellung der vollen Übereinstimmung mit dem Bundesheere
vor.
Der Bundesfeldherr hat die Pflicht und das Recht,
sich durch Inspektionen von der Übereinstimmung in Organisation, Formation
und Ausbildung, sowie von der Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit
des Bayerishcen Kontingents Überzeugung zu verschaffen und wird sich
über die Modalitäten der jeweiligen Vornahme und über das
Ergebnis dieser Inspektionen mit Seiner Majestät dem Könige von
Bayern ins Benehmen setzen.
Die Anordnung der Kriegsbereitschaft (Mobilisierung)
des Bayerischen Kontingents oder eine Theils desselben erfolgt auf Veranlassung
des Bundesfeldherrn durch Seine Majestät den König von Bayern.
Zur steten gegenseitigen Information in den durch
diese Vereinbarung geschaffenen militairischen Beziehungen erhalten die
Militair-Bevollmächtigten in Berlin und München über die
einschlägigen Anordnungen entsprechende Mittheilung durch die resp.
Kriegs-Ministerien.
IV. Im Kriege sind die Bayerischen Truppen verpflichtet,
den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leisten.
Diese Verpflichtung ist in den Fahneneid aufgenommen.
V. Die Anlage von neuen Befestigungen auf Bayerischem
Gebiete im Interesse der gesammtdeutschen Vertheidigung wird Bayern im
Wege jeweiliger spezieller Vereinbarungen zugestehen.
An den Kosten für den Bau und die Ausrüstung
solcher Befestigungsanlagen auf seinem Gebiete beteiligt sich Bayern in
dem seiner Bevölkerungszahl entsprechenden Verhältnisse gleichmäßig
mit den anderen Staaten des Deutschen Bundes; ebenso an den für sonstige
Festungsanlagen etwa Seitens des Bundes zu bewilligenden Extraordinarien.
VI. Die Voraussetzungen, unter welchen wegen
Bedrohung der öffentlichen Sicherheit das Bundesgebiet oder ein Theil
desselben durch den Bundesfeldherrn in Kriegszustand erklärt werden
kann, die Form der Verkündung und die Wirkungen eienr solchen Erklärung
werden durch ein Bundesgesetz geregelt.
VII. Vorstehende Bestimmungen treten mit dem
1. Januar 1872 in Wirksamkeit.
Gemäß Ziffer XIV. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"In Erwägung der in Artikel III. §
5 enthaltenen Bestimmungen über das Kriegswesen wurde - mit besonderer
Beziehung auf die Festungen - noch Nachfolgendes vereinbart:
§ 1. Bayern erhält die Festungen Ingolstadt
und Germersheim sowie die Fortifikation von Neu-Ulm und die im Bayerischen
Gebiete auf gemeinsame Kosten etwa künftig angelegt werdenden Befestigungen
in vollkommen vertheidigungsfähigem Stande.
§ 2. Solche neu angelegte Befestigungen
treten bezüglich ihres immobilen Materials in das ausschließliche
Eigenthum der Staaten des Bundes. In Betreff dieses Materials gilt bis
auf Weiteres die Übereinkunft vom 6. Juli 1869, welche auch hinsichtlich
des mobilen Festungsmaterials der vormaligen Deutschen Bundesfestungen
Mainz, Rastatt und Ulm in Kraft bleiben.
§ 3. Die Festung Landau wird unmittelbar
nach dem gegenwärtigen Kriege als solche aufgehoben.
Die Ausrüstung dieses Platzes, soweit sie
gemeinsames Eigenthum, wird nach den der Übereinkunft vom 6. Juli
1869 zu Grunde liegenden Prinzipien behandelt.
§ 4. Diejenigen Gegenstände des Bayerischen
Kriegswesens, Betreffs welcher der Bundesvertrag vom Heutigen oder das
vorliegende Protokoll nicht ausdrückliche Bestimmungen enthalten -
sohin insbesondere die Bezeichnung der Regimenter ect., die Uniformierung,
Garnisonirung, das Personal- und Militair-Bildungswesen u.s.w. - werden
durch dieselbe nicht berührt.
Die Betheiligung Bayerischer Offiziere an den
für höhere militairwissenschaftliche oder technische Ausbildung
bestehenden Anstalten des Bundes wird spezieller Vereinbarung vorbehalten."
Art. 69. Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes müssen für jedes Jahr veranschlagt und auf den Bundeshaushaltsetat gebracht werden. Letzterer wird vor Beginn des Etatsjahres nach folgenden Grundsätzen durch ein Gesetz festgestellt.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern ergeben sich für den Artikel 69 Einschränkungen; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 71.
Art. 70. Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Überschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post- und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so lange Bundessteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maaßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages durch das Präsidium ausgeschrieben werden.
Art. 71. Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt, können jedoch in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt werden.
Während der im Art. 60 normirten Übergangszeit ist der nach Titeln geordnete Etat über die Ausgaben für das Bundesheer dem Bundesrathe und dem Reichstage nur zur Kenntnißnahme und zur Erinnerung vorzulegen.
Gemäß dem Protokoll vom 15. November 1870, dem Artikel IV. des Vertrags vom 23. November 1870 und dem Schlußprotokoll zum Vertrag vom 25. November 1870 wurde das Inkrafttreten der Gemeinschaft der Ausgaben für das Bundesheer auf den 1. Januar 1872 festgesetzt; siehe Schlußbestimmungen nach dem Artikel 58.
Gemäß Artikel III. § 6 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Die Artikel 69 und 71 der Bundesverfassung finden
auf die von Bayern für sein Heer zu machenden Ausgaben nur nach Maßgabe
der Bestimmungen des vorstehenden § (siehe
Schlußbestimmung nach Artikel 61) Anwendung.
Artikel 72 aber nur insoweit, als dem Bundesrathe und dem Reichstage lediglich
die Überweisung der für das Bayerische Heer erforderliche Summe
an Bayern nachzuweisen ist."
Art. 72. Über die Verwendung aller Einnahmen des Bundes ist von dem Präsidium dem Bundesrathe und dem Reichstage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen.
Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern ergeben sich für den Artikel 72 Einschränkungen; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 71.
Art. 73. In Fällen eines außerordentlichen Bedürfnisses können im Wege der Bundesgesetzgebung die Aufnahme einer Anleihe, sowie die Übernahme einer Garantie zu Lasten des Bundes erfolgen.
Art. 74. Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit oder die Verfassung des Deutschen Bundes, endlich die Beleidigung des Bundesrathes, des Reichstages, eines Mitgliedes des Bundesrathes oder des Reichstages, einer Behörde oder eines öffentlichen Beamten des Bundes, während dieselben in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind oder in Beziehung auf ihren Beruf, durch Wort, Schrift, Druck, Zeichen, bildliche oder andere Darstellung, werden in den einzelnen Bundesstaaten beurtheilt und bestraft nach Maaßgabe der in den letzteren bestehenden oder künftig in Wirksamkeit tretenden Gesetze, nach welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundesstaat, seine Verfassung, seine Kammern oder Stände, seine Kammer- oder Ständemitglieder, seine Behörden und Beamten begangene Handlung zu richten ware.
Art. 75. Für diejenigen in Art. 74 bezeichneten Unternehmungen gegen den Deutschen Bund, welche, wenn gegen einen der einzelnen Bundesstaaten gerichtet, als Hochverrath oder Landesverrath zu qualifiziren wären, ist das gemeinschaftliche Ober-Appellationsgericht der drei freien und Hansestädte in Lübeck die zuständige Spruchbehörde in erster und letzter Instanz.
Die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren des Ober-Appellationsgerichts erfolgen im Wege der Bundesgesetzgebung. Bis zum Erlasse eines Bundesgesetzes bewendet es bei der seitherigen Zuständigkeit der Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten und den auf das Verfahren dieser Gerichte sich beziehenden Bestimmungen.
Art. 76. Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf Anrufen des einen Theils von dem Bundesrathe erledigt.
Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in deren Verfassung nicht eine Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten bestimmt ist, hat auf Anrufen eines Theiles der Bundesrath gütlich auszugleichen oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Bundesgetzgebung zur Erledigung zu bringen.
Art. 77. Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Justizverweigerung eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hülfe nicht erlangt werden kann, so liegt dem Bundesrathe ob, erwiesene, nach der Verfassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundesstaates zu beurtheilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken.
Art. 78. Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung, jedoch ist zu denselben im Bundesrathe eine Mehrheit von drei Viertheilen der vertretenen Stimmen erforderlich.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zu Artikel 78 der Verfassung wurde allseitig
als selbstverständlich angesehen, daß diejenigen Vorschriften
der Verfassung, durch welche bestimmte Rechte einzelner Bundersstaaten
in deren Verhältnis zur Gesammtheit festgestellt sind, nur mit Zustimmung
des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden können."
Gemäß Artikel II. § 25 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern erhielt der Artikel 78 folgende Fassung:
"Art. 78. Veränderungen der Verfassung
erfolgen im Wege der Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im
Bundesrathe 14 Stimmen gegen sich haben."
Gemäß Artikel V. des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Diejenigen Vorschriften der Verfassung, durch
welche bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten im Verhältnis zur
Gesammtheit festgestellt sind, insbesondere, soviel Bayern angeht, die
unter Artikel III. dieses Vertrags aufgeführten Bestimmungen können
nur mit Zustimmung des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden."
Gemäß Ziffer 1g) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu Artikel 78 der
Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Art. 79. Der Eintritt der Süddeutschen Staaten oder eines derselben in den Bund erfolgt auf den Vorschlag des Bundespräsidiums im Wege der Bundesgesetzgebung.
Gemäß Artikel II. § 79 des Vertrags vom 23. November 1870 mit Bayern fiel der Artikel 79 fort; an diese Stelle wurde der Artikel 80 der (durch den Vertrag vom 15. November 1870 vereinbarten) Verfassung des Deutschen Bundes unter dem XV. Abschnitt. Übergangs-Bestimmungen und unter gewissen Änderungen eingefügt. Dieser Artikel 79 hatte folgende Fassung:
Durch Artikel III. § 8 des Vertrags
vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Die unter Artikel II. § 26 dieses Vertrags
aufgeführten Übergangs-Bestimmungen des nunmehrigen Artikels
79 der Verfassung finden auf Bayern in Anbetracht der vorgerückten
Zeit und der Nothwendigkeit mannigfaltiger Umgestaltung anderer mit dem
Gegenstande der Bundesgesetzgebung in Zusammenhang stehender Gesetze und
Einrichtungen keine Anwendung.
Die Erklärung der im Norddeutschen Bunde
ergangenen Gesetze zu Bundesgesetzen für das Königreich Bayern
bleibt vielmehr, soweit diese Gesetze auf Angelegenheiten sich beziehen,
welche verfassungsmäßig der Gesetzgebung des Deutschen Bundes
unterliegen, der Bundesgesetzgebung vorbehalten."
Hinweis: Durch die Bestimmungen des Artikels
III. § 8 des Vertrags vom 23. November 1870 trat der Artikel 79 der
(durch den Vertrag vom 15. November 1870 vereinbarten) Verfassung des Deutschen
Bundes in der Fassung des Artikels II § 26 des Vertrags vom 23. November
1870 nicht in Kraft. Alle, vor dem 1. Januar 1871 im Norddeutschen
Bunde ergangenen Gesetze wurden in Bayern durch besondere Reichsgesetze
eingeführt, sofern diese Gesetze nicht den Reservat-Rechten des Königreichs
Bayern widersprachen.
Der Artikel 79 galt deshalb in der, am 1.
Januar 1871 in Kraft getretenen vereinbarten Verfassung des Deutschen Bundes
als aufgehoben bzw. weggefallen.
Gemäß Ziffer I. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Es wurde auf Anregung der Königlich Bayerischen
Bevollmächtigten von Seite des Königlich Preußischen Bevollmächtigten
anerkannt, daß, nachdem sich das Gesetzgebungsrecht des Bundes bezüglich
der Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich
Bayern nicht erstreckt, die Bundeslegislative auch nicht zuständig
sei, das Verehelichungswesen mit verbindlicher Kraft für Bayern zu
regeln, und daß also das für den Norddeutschen Bund erlassene
Gesetz vom 4. Mai 1868, die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen
der Eheschließungen betreffend, jedenfalls nicht zu denjenigen Gesetzen
gehört, deren Wirksamkeit auf Bayern ausgedehnt werden könnte."
Gemäß Ziffer XIII. des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurde bestimmt:
"Es wurde ferner allseitig anerkannt, daß
zu den im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetzen, deren Erklärung
zu Gesetzen des Deutschen Bundes der Bundesgesetzgebung vorbehalten bleibt,
das Gesetz vom 21. Juli d. J., betreffend den außerordentlichen Geldbedarf
der Militair- und Marine-Verwaltung, nicht gehört, und daß das
Gesetz vom 31. Mai d. J. betreffend die St. Gotthard-Eisenbahn, jedenfalls
nicht ohne Veränderung seines Inhalts zum Bundesgesetze würde
erklärt werden können.
Art. 80. Die nachstehend genannten, im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetze werden zu Gesetzen des Deutschen Bundes erklärt und als solche von den nachstehend genannten Zeitpunkten an in das gesammte Bundesgebiet mit der Wirkung eingeführt, daß, wo in diesen Gesetzen von dem Norddeutschen Bunde, desssen Verfassung, Gebiet, Mitgliedern oder Staaten, Indigenat, verfassungsmäßigen Organen, Angehörigen, Beamten, Fragge u.s.w. die Rede ist, der Deutsche Bund und dessen entsprechende Beziehungen zu verstehen sind, nämlich:
I. vom Tage der Wirksamkeit der gegenwärtigen Verfassung an:
1) dasa Gesetz über das Paßwesen, vom 12. Oktober 1867,
2) das Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe
und ihre Befugnisse zur Führung der Bundesflagge, vom 15. Oktober
1867,
3) das Gesetz über die Freizügigkeit, vom 1. November 1867,
4) das Gesetz, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie
die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867,
5) das Gesetz, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste, vom
9. November 1867,
6) das Gesetz, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen, vom
14. November 1867,
7) das Gesetz über die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen
der Eheschließung, vom 4. Mai 1868,
8) das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Schuldhaft, vom 29. Mai
1868,
9) das Gesetz, betreffend die Bewilligung von lebenslänglichen
Pensionen und Unterstützungen an Offiziere und obere Militairbeamte
der vormaligen Schleswig-Holsteinischen Armee, sowie an deren Wittwen und
Waisen, vom 14. Mai 1868,
10) das Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs-
und Wirtschafts-Genossenschaften, vom 4. Juli 1868,
11) die Maaß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen
Bund, vom 17. August 1868,
12) das Gesetz, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend, vom
7. April 1869,
13) das Wahlgesetz für den Reichstag des Norddeutschen Bundes,
vom 31. Mai 1869,
14) das Gesetz, betreffend die Kautionen der Bundesbeamten, vom 2.
Juni 1869,
15) das Gesetz, betreffend die Einführung der Allgemeinen Wechselordnung,
der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs
als Bundesgesetze, vom 5. Juni 1869,
16) das Gesetz, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen
Bunde, vom 10. Juni 1869,
17) das Gesetz, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofs
für Handelssachen, vom 12. Juni 1869,
18) das Gesetz, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes,
vom 21. Juni 1869,
19) das Gesetz, betreffend die Gewährung der Rechtshülfe,
vom 21. Juni 1869,
20) das Gesetz, betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen
in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung, vom 3. Juli
1869,
21) das Gesetz, betreffend die Bewilligung von lebenslänglichen
Pensionen und Unterstützungen an Militairpersonen der Unterklassen
der vormaligen Schleswig-Holsteinischen Armee, sowie an deren Wittwen und
Waisen, vom 3. März 1870,
22) das Gesetz wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung, vom 13. Mai
1870,
23) das Gesetz über die Abgaben von der Flöserei, vom 1.
Juni 1870,
24) das Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes-
und Staatsangehörigkeit, vom 1. Juni 1870,
25) das Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen,
musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken, vom 11. Juni 1870,
26) das Gesetz, betreffend die Kommandit-Gesellschaften auf Aktien
und die Aktien-Gesellschaften, vom 11. Juni 1870,
27) das Gesetz über die Ausgabe von Papiergeld, vom 16. Juni 1870,
28) das Gesetz über die Befugnisse der Bundeskonsuln zur Eheschließungen
u.s.w., vom 4. Mai 1870;
II. vom 1. Januar 1872 an, jedoch unbeschadet der früheren Geltung
im Gebiete des Norddeutschen Bundes:
1) das Gesetz über die Ausgabe von Banknoten, vom 27. März
1870,
2) das Einführungs-Gesetz zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen
Bund, vom 31. Mai 1870,
3) das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, vom 31. Mai
1870 und,
mut Ausschluß von Hessen, südlich des Main,
4) die Gesetze über das Postwesen des Norddeutschen Bundes, vom
2. November 1867, über das Posttaxwesen im Gebiete des Norddeutschen
Bundes vom 4. November 1867, betreffend die Einführung von Telegraphen-Freimarken,
vom 16. Mai 1869 und betreffend die Porto-Freiheiten im Gebiete des Norddeutschen
Bundes, vom 5. Juni 1869,
In Hessen südlich des Main werden als Bundesgesetze eingeführt,
und zwar:
vom Tage der Wirksamkeit dieser Verfassung an:
das Gesetz, betreffend die Schließung und Beschränkung der
öffentlichen Spielbanken, vom 1. Juli 1868,
das Gesetz, betreffend die Einführung von Telegraphen-Freimarken,
vom 16. Mai 1869;
vom 1. Juli 1871 an:
das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz, vom 6. Juni 1870.
In die Hohenzollernschen Lande wird vom Tage der Wirksamkeit dieser Verfassung an eingeführt, das Gesetz, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde, vom 10. Juni 1869.
Die Erklärung der übrigen im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetze zu Bundesgesetzen bleibt, soweit diese Gesetze sich auf Angelegenheiten beziehen, welche verfassungsmäßig der Gesetzgebung des Deutschen Bundes unterliegen, der Bundesgesetzgebung vorbehalten.
Gemäß dem Protokoll
vom 15. November 1870 wurde bestimmt:
"zu Artikel 80 der Verfassung war man in Beziehung
auf das Gesetz, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofes
für Handelssachen vom 12. Juni vor. Jahres darüber einig, daß
eine entsprechende Vermehrung der Mitglieder dieses Gerichtshoes durch
einen Nachtrag zu dessen Etat für 1871 in Vorschlag zu bringen sein
werde.
Es wurde ferner allseitig anerkannt, daß
zu den im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetzen, deren Erklärung
zu Gesetzen des Deutschen Bundes der Bundesgesetzgebung vorbehalten bleibt,
das Gesetz vom 21. Juli d. J., betreffend den außerordentlichen Geldbedarf
der Militair- und Marine-Verwaltung, nicht gehört, und daß das
Gesetz vom 31. Mai d. J., betreffend die Gotthard-Eisenbahn, jedenfalls
nicht ohne Veränderung seines Inhalts zum Bundesgesetze würde
erklärt werden können.
Hinweis: Gemäß dem Vertrag vom 23. November 1870 mit Bayern wurden die Einführung der am 31. Dezember 1870 im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetze in den beigetretenen Staaten im Artikel 79 der vereinbarten Verfassung des Deutschen Bundes geregelt; siehe Schlußbestimmungen nach Artikel 79.
Gemäß dem Artikel 2 Ziffer 6 des Vertrags
vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde zum Artikel 80 bestimmt:
"Die Einführung der nachstehend genannten
Gesetze des Norddeutschen Bundes als Bundesgesetze erfolgt für Württemberg,
statt von den im Artikel 80 festgesetzten, von den nachstehend genannten
Zeitpunkten an, nämlich:
I. vom 1. Juli 1871 an:
1) des Gesetzes, betreffend die vertragsmäßigen
Zinsen, vom 14. November 1867,
2) des Gesetzes, betreffend die Errichtung eines
obersten Gerichtshofes für Handelssachen, vom 12. Juni 1869;
II. vom 1. Januar 1872 an:
1) des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme
des Arbeits- und Dienstlohns, vom 21. Juni 1869,
2) des Gesetzes über die Ausgabe von Papiergeld,
vom 16. Juni 1870.
Die Einführung des Gesetzes, Ma0regen gegen
die Rinderpest betreffend, vom 7. April 1869 als Bundesgesetz bleibt für
Württemberg der Bundesgesetzgebung vorbehalten. Dasselbe gilt mit
der, aus der vorstehenden Bestimmung unter Nr. 4 sich ergebenden Beschränkungen
von den im Artikel 80 unter II. Nr. 4 genannte; auf das Post- und Telegraphenwesen
bezüglichen Gesetzen.
Das Gesetz, betreffend die Schließung und
Beschränkung der öffentlichen Spielbanken, vom 1. Juli 1868 wird
in Württemberg, vom Tage der Wirksamkeit der Bundesverfassung an,
als Bundesgesetz eingeführt."
Gemäß Ziffer 1h) des Schlußprotokolls
zum Vertrag vom 25. November 1870 mit Württemberg wurde bestimmt:
"Die in dem Protokoll vom 15. November d. J.
zwischen den Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Badens
und Hessens getroffenen Verabredungen beziehungsweise von den Bevollmächtigten
des Norddeutschen Bundes abgegebenen Erklärungen zu Artikel 80 der
Verfassung finden auch auf Württemberg Anwendung."
Die vorstehend genannte Verfassung
wurde vom Bundesrat dem, am 21. März 1871 zusammentretenden Reichstag
des Deutschen Reiches unter rein redaktionellen Änderungen als Reichsgesetz
betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches vorgelegt und am 16.
April 1871 von Kaiser Wilhelm I. im Reichsgesetzblatt bekanntgemacht. Das
Gesetz trat am 4. Mai 1871 in Kraft und ersetzte im Wesentlichen die vorstehend
genannte vereinbarte Verfassung.