"Chiemseer Entwurf"
Grundgesetz für einen Bund deutscher Länder

erstellt von einem Verfassungsausschuss, der von den Ministerpräsidenten der Länder der drei Westzonen eingesetzt, und zwischen dem 10. August 1948 und dem 25. August 1948 auf der Herreninsel im Chiemsee zusammengetreten war

Mehrheitsvorschlag

Minderheitsvorschlag

Das deutsche Volk in den Ländern Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern
durch seine verfassungsmäßigen und gesetzlichen Organe handelnd, erfüllt von dem Willen, alle Teile Deutschlands in einer Bundesrepublik wiederzuvereinigen und seine Freiheitsrechte zu schützen und bestrebt, vorläufig in dem Teile Deutschlands, der durch die Gebiete dieser Länder begrenzt wird, eine den Aufgaben der Übergangszeit dienende Ordnung der Hoheitsbefugnisse zu schaffen,
erläßt kraft seines unverzichtbaren Rechtes auf Gestaltung seines nationalen Lebens dieses GG für einen Bund deutscher Länder, die allen anderen Teilen Deutschlands offensteht.
Die Länder Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern bilden zur Wahrung der gemeinsamen Angelegenheiten des deutschen Volkes eine bundesstaatliche Gemeinschaft, der beizutreten allen übrigen deutschen Ländern offensteht. Diese Gemeinschaft hat die Aufgabe, bis zur Wiederherstellung der deutschen Einheit die Bundesgewalt auszuüben und die Freiheitsrechte der Bevölkerung zu schützen. Die Gemeinschaft führt den Namen "Bund deutscher Länder". Für den Bund gilt diese vorläufige Verfassung.

 

I. Grundrechte

Artikel 1. (1) Der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen.

(2) Die Würde der menschlichen Persönlichkeit ist unantastbar. Die öffentliche Gewalt ist in allen ihren Erscheinungsformen verpflichtet, die Menschenwürde zu achten und zu schützen.

Artikel 2. (1) Alle Menschen sind frei.

(2) Jedermann hat die Freiheit, innerhalb der Schranken der Rechtsordnung und der guten Sitten alles zu tun, was anderen nicht schadet.

Artikel 3. (1) Die Freiheit der Person ist unverletzlich.

(2) Niemand darf verfolgt, festgenommen oder in Haft gehalten werden außer in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, und nur in den vom Gesetz vorgeschriebenen Formen.

(3) Jeder von der öffentlichen Gewalt Festgenommene ist auf Verlangen, spätestens am Tage nach der Festnahme, dem zuständigen Richter vorzuführen. Dieser hat dem Festgenommenen mitzuteilen, von welcher Behöre und aus welchen Gründen die Festnahme verfügt worden ist, und ihm Gelegenheit zu geben, Einwendungen gegen die Festnahme zu erheben und eine Person seines Vertrauens von der Festnahme zu verständigen. Der Richter hat entweder die Festhaltung zu bestätigen oder den Festgenommenen unverzüglich in Freiheit zu setzen.

(4) Den auf Grund von gesetzlichen Vorschriften festgehaltenen Personen wird Sicherheit vor körperlicher und seelischer Mißhandlung gewährleistet.

Artikel 4. (1) Kein Deutscher darf ins Ausland ausgeliefert werden.

(2) Wer unter Nichtbeachtung der in dieser Verfassung niedergelegten Grundrechte von einer Stelle außerhalb des Bundes verfolgt wird, wird nicht ausgeliefert.

Artikel 5. (1) Die Wohnung ist für jedermann eine Freistätte und unverletzlich.

(2) Beschlagnahmen von Wohnräumen und Durchsuchungen sind nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen und Formen zulässig.

Artikel 6. (1) Glaube, Gewissen und Überzeugung sind frei.

(2) Der Staat gewährleistet die ungestörte Religionsausübung.

Artikel 7. (1) Jeder hat das Recht , seine Meinung frei und öffentlich zu äußern und sich über die Meinung anderer zu unterrichten. Beschränkungen des Rundfunkempfanges und des Bezugs von Druckerzeugnissen sind unzulässig.

(2) Die Presse hat die Aufgabe und das Recht, über Vorgänge, Zustände, Einrichtungen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wahrheitsgemäß zu berichten.

(3) Eine Zensur ist unstatthaft.

Artikel 8. Alle haben das Recht, sich ohne vorherige Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln.

Artikel 9. (1) Alle haben das Recht, Vereine oder Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, die rechts- oder sittenwidrige Zwecke verfolgen oder die Demokratie oder die Völkerverständigung gefährden, sind verboten.

Artikel 10. Jeder hat das Recht, sich schriftlich mit Anträgen oder Beschwerden an die Behörden oder an die gesetzgebenden Körperschaften zu wenden.

Artikel 11. (1) Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis ist unverletzlich.

(2) Ausnahmen sind nur in einem Gerichtsverfahren in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen zulässig.

Artikel 12. Wahl- und Stimmrecht der Staatsbürger wird gewährleistet.

Artikel 13. Die öffentlichen Ämter stehen jedem nach Maßgabe seiner Befähigung und Eignung offen.

Artikel 14. (1) Vor dem Gesetz sind alle gleich.

(2) Der Grundsatz der Gleichheit bindet auch den Gesetzgeber.

(3) Jeder hat Anspruch auf gleiche wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungsmöglichkeiten.

Artikel 15. (1) Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei.

(2) Zum Schutz des menschlichen Zusammenlebens kann durch Gesetz die Benutzung wissenschaftlicher Erfindungen und technischer Einrichtungen unter staatliche Aufsicht gestellt, beschränkt oder untersagt werden.

Artikel 16. Jeder hat die freie Wahl des Berufs und des Arbeitsplatzes. Zwangsarbeit in jeder Form ist unzulässig außer auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung.

Artikel 17. (1) Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet. Eigentum verpflichtet gegenüber der Gemeinschaft. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen.

(2) Eine Enteignung kann nur zum Wohl der Allgemeinheit auf gesetzlicher Grundlage und gegen angemessene Entschädigung vorgenommen werden.

Artikel 18. Die Überführung von Bodenschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum bedarf eines besonderen Gesetzes.

Artikel 19. Jeder hat die Pflicht der Treue gegen die Verfassung und hat Verfassung und Gesetze zu achten und zu befolgen.

Artikel 20. (1) Wer die Grundrechte der Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 7 Abs. 1), der Pressefreiheit (Art. 7 Abs. 2), der Versammlungsfreiheit (Art. 8) oder der Vereinigungsfreiheit (Art. 9) zum Kampf gegen die freiheitliche und demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt damit das Recht, sich auf diese Grundrechte zu berufen.

(2) Ob diese Voraussetzung vorliegt, entscheidet auf Beschwerde das Bundesverfassungsgericht.

Artikel 21. (1) Die Grundrechte dürfen nicht beseitigt werden. Auf ein solches Ziel gerichtete Anträge sind unzulässig.

(2) Die Grundrechte binden den Gesetzgeber, den Richter und die Verwaltung unmittelbar.

(3) Die Grundrechte sind, soweit sich aus ihrem Inhalt nichts anderes ergibt, im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung zu verstehen.

(4) Eine Einschränkung der Grundrechte ist nur durch Gesetz und unter der Voraussetzung zulässig, daß es die öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit oder Gesundheit zwingend erfordert. Die Einschränkung eines Grundrechtes oder die nähere Ausgestaltung durch Gesetz muß das Grundrecht als solches unangetastet lassen.

(5) Das Notstandsgesetz (Art. 111 Abs. 3 und 4) bleibt unberührt.

II. Völkerrechtliche Verhältnisse des Bundes

Artikel 22. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für alle Bewohner des Bundesgebietes.

Mehrheitsvorschlag

Minderheitsvorschlag

Weiterer Minderheitsvorschlag

Artikel 23. (1) Der Bund führt die schwarzrotgoldne Flagge der Deutschen Republik.

(2) Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

Artikel 23. Bis zur Regelung durch ein Gesetz führen die Bundesbehörden, Auslandsvertretungen und Seeschiffe die Farben Schwarz-Rot-Gold
 
Artikel 23. entfällt; soll allein durch ein Flaggengesetz geregelt werden.

 

Artikel 24. (1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.

(2) Insbesondere kann er im Interesse der Aufrechterhaltung des Friedens sein Gebiet in ein System kollektiver Sicherheit einordnen und hierbei, unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit, in diejenigen Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, durch die eine friedliche und dauerhafte Ordnung der europäischen Verhältnisse erreicht und sichergestellt werden kann.

(3) Ein solches Gesetz bedarf im Bundestag und Bundesrat (Senat) einer Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl.

Artikel 25. (1) Abtretung und Austausch von Teilen des Bundesgebietes sind nur wirksam, wenn die Veränderung von den betroffenen Bevölkerungen gutgeheißen ist.

(2) Ihre Vollziehung bedarf eines Gesetzes des Bundes und der betroffenen Länder.

Artikel 26. Handlungen, die mit der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Krieges vorzubereiten, werden unter Strafe gestellt.

III. Bund und Länder

Artikel 27. (1) Der Bund besteht aus den deutschen Ländern Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern.

(2) Groß-Berlin hat das Recht, Vertreter in den Bundestag und in den Bundesrat (Senat) zu entsenden.

(3) Jeder andere Teil Deutschlands kann auf seinen Wunsch durch Bundesgesetz in den Bund aufgenommen werden; wenn er sich nicht einem Bundesland anschließt, bildet er ein neues Land, dessen Verfassung dem Artikel 29 entsprechen muß.

Artikel 28. (Neugliederung der Länder) Die Artikulierung unterblieb

siehe auch das Dokument II der Frankfurter Dokumente vom 1. Juli 1948.

Artikel 29. (1) Die Verfassungen der Länder müssen auf die allgemeine rechtliche Freiheit und Gleichheit aller Bürger gegründet sein. Die Länder müssen eine Volksvertretung haben, die aus allgemeinen unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgeht; dabei muß gesichert sein, daß sich mindestens zwei voneinander unabhängige Parteien mit eigenen Programmen und Kandidaten bewerben. Die nach Artikel 47 für die Bundesgesetzgebung über das Parteiwesen geltenden Schranken sind auch von der Landesgesetzgebung einzuhalten.

(2) Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Beachtung der Grundrechte, die Unabhängigkeit der Gerichte und der gerichtliche Schutz gegen Mißbrauch der Staatsgewalt müssen gesichert sein.

(3) Gesetzgebung, ausführende Gewalt und Rechtsprechung müssen, unbeschadet einer Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Landtag, durch gleichgeordnete Organe ausgeübt werden.

(4) Die Verfassungsmäßigkeit des staatlichen Lebens in den Ländern wird vom Bund gewährleistet.

Artikel 30. Soweit nicht dieses Grundgesetz die Zuweisung an den Bund anordnet oder zuläßt, sind die staatlichen Befugnisse und Aufgaben Sache der Länder und der in ihnen bestehenden Selbstverwaltungen. Dies gilt insbesondere für die Gesetzgebung, die Verwaltung, die Rechtspflege, die Inanspruchnahme von Einnahmequellen und die Bestreitung öffentlicher Ausgaben.

Artikel 31. Bundesrecht geht vor Landesrecht.

Artikel 32. Die Zuständigkeit zur Gesetzgebung im Verhältnis zwischen Bund und Ländern wird durch die Vorschriften über die ausschließliche und über die Vorranggesetzgebung geregelt. Die Gesetzgebung steht den Ländern zu, soweit sie nicht dem Bund zugesprochen ist.

Artikel 33. Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder nur dann die Befugnis zur Gesetzgebung, wenn sie hierzu in Bundesgesetzen ausdrücklich ermächtigt werden oder wenn ihre Gesetze lediglich den Vollzug von Bundesgesetzen zum Gegenstand haben.

Artikel 34. Im Bereich der Vorranggesetzgebung behalten die Länder das Recht der Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Der Bund soll nur das regeln, was einheitlich geregelt werden muß.

Artikel 35. Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
1. Auswärtige Angelegenheiten;

Fassung a)

Fassung b)

2. Bundesangehörigkeit; 2. Staatsangehörigkeit;

3. Freizügigkeit, Auslieferung, Paßwesen und Auswanderung;
4. Währungs-, Geld- und Münzwesen;
5. Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, Zoll- und Handelsverträge und Freizügigkeit des Warenverkehrs;
6. Post- und Fernmeldewesen;
7. Bundesstatistik.

 

Artikel 36. Der Bund  hat die Vorranggesetzgebung über:
1. Bürgerliches Recht;
2. Strafrecht und Strafvollzug;
3. Gerichtsverfassung und gerichtliches Verfahren für die der Bundesgesetzgebung zustehenden Gebiete;
4. Handels-, See-, Binnenschiffahrts-, Wechsel- und Scheckrecht;
5. Urheberrecht, Verlagsrecht und gewerblichen Rechtsschutz;

Fassung a)

Fassung b)

6. Enteignungsrecht; 6. Recht der Enteignung für Bundeszwecke und Grundsätze des allgemeinen Enteignungsrechts;

7. Personenstandswesen;

Fassung a)

Fassung b)

8. Grundsätze der Landeszugehörigkeit; 8. entfällt

9. Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
10. Grundsätze für die öffentliche Fürsorge;
11. Grundsätze für das Flüchtlingswesen;
12. Versorgung von Kriegsteilnehmern und Kriegshinterbliebenen;
13. Kriegsschädenrecht und Recht der Wiedergutmachung;
14. Presserecht;
15. Vereins- und Versammlungswesen;
16. Lichtspielwesen;
17. Maßnahmen gegen gemeingefährliche Krankheiten und Tierseuchen;
18. Zulassung zu ärztlichen Berufen;
19. Verkehr mit Arznei-, Heil- und Betäubungsmitteln und mit Giften;
20. Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln, sowie mit Gegenständen des täglichen Bedarfs;
21. Maßnahmen gegen Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschädlinge;
22. Maß und Gewicht;

Fassung a)

Fassung b)

23. Erzeugung, Verteilung und Preisbildung von wirtschaftlichen Gütern und Leistungen; 23. Eingriffe in die Wirtschaft zur Sicherung der Erzeugung und zum Schutze der Verbraucher;

24. Gemeineigentum an Bodenschätzen und Produktionsmitteln sowie Gemeinwirtschaft;
25. Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
26. Grundsätze der Bodenverteilung, des Siedlungs- und Heimstättenwesens sowie des Wohnungsrechts;
27. Bergbau;
28. Gewerbe und Handel;
29. Bank- und Börsenwesen;
30. Privatversicherung;
31. Hochsee- und Küstenfischerei;
32. Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie Seezeichen;
33. Schiffahrt auf Gewässern, die das Gebiet mehrerer Länder berühren;
34. See-Wasserstraßen sowie Wasserstraßen, die das Gebiet mehrerer Länder berühren;
35. Eisenbahnen und Autobahnen des allgemeinen Verkehrs sowie Bau, Betrieb und Verkehr aller Eisenbahnen;
36. Straßenverkehr, Kraftfahrwesen und Luftfahrt;
37. Arbeitsrecht einschließlich Arbeitsschutz und Arbeitslenkung;
38. Sozialversicherung.

 

Kommentierender Teil:
Zu Art. 36.
Ziffer 5: Unter Urheberrecht ist das ganze Recht der geistigen Schöpfung verstanden, also auch das Erfinderrecht, soweit es nicht ohnehin unter den gewerblichen Rechtsschutz fällt.
Ziffer 6: Zu dieser Ziffer entspann sich eine längere Erörterung. Sie führte zur Formulierung von zwei verschiedenen Fassungen zur Auswahl.
Ziffer 7: Das Personenstandswesen ist anscheinend in der Weimarer Verfassung vergessen worden. Es ist durch das Personenstandsgesetz des Reichs bereits weitgehend geregelt. An der einheitlichen Regelung soll festgehalten werden.
Ziffer 9: Da das Paßwesen zur ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes gezogen ist und da die polizeilichen Angelegenheiten der Landesgesetzgebung überantwortet sind, ist der Rechtbestand an Zuständigkeit der aus Artikel 7 Ziffer 4 der Weimarer Verfassung noch verbleibt, hier wiedergegeben.
Ziffer 17 - 19: Das Gesundheitswesen ist zu einem erheblichen Teil Sache der Länderverwaltung. Bundeseinheitlich soll dagegen die Gesetzgebung über Maßnahmen gegen gemeingefährliche Krankheiten und Tierseuchen, die Zulassung zu ärztlichen Berufen (wozu auch der Widerruf der Zulassung gehört) sowie der Verkehr mit Arznei-, Heil- und Betäubungsmitteln und mit Giften geregelt werden. Der Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und schädlichen findet sich in Ziffer 21.
Ziffer 20: Der Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln sowie mit Gegenständen des täglichen Bedarfs soll an dieser Stelle nur insoweit geregelt werden, als es sich um den Schutz gegen Gesundheitsschäden und Übervorteilung handelt. An der schon bisher bestehenden einheitlichen Regelung soll festgehalten werden. Die darüber hinausgehende Regelung für wirtschaftliche Güter und Leistungen ist in Ziffer 23 enthalten.
Ziffer 25: Im Ausschuß bestand Einigkeit über den Inhalt des Begriffs "Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung". Dieser Begriff hat in den letzten Jahren durch die Rechtsentwicklung einen klaren Inhalt gewonnen.
Ziffer 30: Den Gegensatz zur Privatversicherung bildet einerseits die Sozialversicherung, die in Ziffer 38 geregelt ist, ferner die öffentliche Versicherung. Die Aufsicht über die Privatversicherung wird zur Privatversicherung gerechnet.

Artikel 37. Bund und Länder führen eine gesonderte Finanzwirtschaft.

Artikel 38. Der Bund hat auf dem Gebiet des Finanzwesens die
    ausschließliche Gesetzgebung über:
die Zölle,
    die Vorranggesetzgebung über:

Vorschlag a)

Vorschlag b)

1. die Verbrauchsteuern, die Steuern vom Einkommen und Vermögen und die Steuern vom Umsatz und Verkehr. Bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen ist die Bestimmung der Steuer- und Hebesätze und der Freigrenzen innerhalb eines bundesgesetzlich festzulegenden Rahmens den Ländern zu überlassen.

 

1. die Verbrauchssteuern mit Ausnahme der Biersteuer, die Steuern vom Einkommen und Vermögen, die Steuern von Umsatz und Verkehr mit Ausnahme der Erbschafts- und Schenkungssteuer, der Grunderwerbsteuer und der Wertzuwachssteuer. Bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen ist die Bestimmung der Steuer- und Hebesätze und der Freigrenzen innerhalb eines bundesgesetzlich festzulegenden Rahmens den Ländern zu überlassen.

2. den Aufbau der Steuerverwaltungsbehörden der Länder und das von ihnen anzuwendende Verfahren; 2. entfällt (wg. Art. 123 b)
 

3. die Grundsätze über die Bewertung des Vermögens bei der Erhebung von Steuern vom Grundbesitz und vom Gewerbebetrieb durch die Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände);
4. die Vermeidung oder Beseitigung von Doppelbesteuerungen;
5. den Ausgleich der Kriegs- und Nachkriegsschäden sowie die Aufbringung der erforderlichen Mittel;
6. den finanziellen Ausgleich unter den Ländern.

Artikel 39. (1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Amtshilfe und Rechtshilfe mit Einschluß der Zwangsvollstreckung.

(2) Die in einem Land nach dessen Recht ordnungsgemäß vorgenommenen öffentlichen Beurkundungen und Beglaubigungen werden im ganzen Bundesgebiet anerkannt.

Artikel 40. Die Länder können über Gegenstände, die in ihren Aufgabenbereich fallen, Vereinbarungen mit anderen deutschen Ländern treffen.

Artikel 41. (1) Die Zuständigkeit, Verträge mit auswärtigen Staaten zu schließen, richtet sich nach der Zuständigkeit der Gesetzgebung.

(2) Will ein Land in Verhandlungen mit auswärtigen Staaten eintreten, so ist dem Bund vorher Mitteilung zu machen. Erhebt der Bund Bedenken, so nimmt das Land von Verhandlungen Abstand. Will ein Land einen Vertrag über einen Gegenstand schließen, bei dem der Bund von seiner Zuständigkeit zur Vertragschließung noch nicht Gebrauch gemacht hat, so hat es vor dem Abschluß des Vertrages die Zustimmung des Bundes einzuholen. Die von den Ländern geschlossenen Verträge sind zur Kenntnis des Bundes zu bringen.

(3) Schließt der Bund Verträge über wirtschaftliche Gegenstände mit Nachbarstaaten, so sind die an diese angrenzenden Länder an den Verhandlungen, die dem Vertragsabschluß vorangehen, zu beteiligen. Entsprechendes gilt bei besonderen wirtschaftlichen Beziehungen eines Landes zu einem ausländischen Staat, der nicht Nachbarstaat ist.

Artikel 42.

Artikel 43. (1) Im Dienste des Bundes sind Beamte und sonstige Bedienstete aus allen Ländern in angemessenem Verhältnis zu verwenden. Beamte, die nicht bei den obersten Bundesbehörden beschäftigt sind, sollen in der Regel aus dem Lande genommen werden, in dem sie tätig sind.

(2) Auf ihren Wunsch sind Beamte und sonstige Bedienstete des Bundes nach Möglichkeit in ihrem Heimatgebiet zu verwenden, wenn nicht Erfordernisse der Ausbildung oder des Dienstes entgegenstehen.

Artikel 44. (1) Bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern
1. über Vereinbarkeit von Bundesrecht mit dem Grundgesetz,
2. über Vereinbarkeit von Landesrecht mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht,
3. über gegenseitige Rechte und Rechtspflichten von Bund und Ländern, insbesondere auch im Vollzug von Bundesrecht und der Bundesaufsicht,
4. über sonstige Rechtsbeziehungen des öffentlichen Rechts zwischen dem Bund und einem Land,
so entscheidet auf Antrag des Bundes oder eines Landes das Bundesverfassungsgericht.

(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet auf Antrag eines Landes auch über Streitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur zwischen verschiedenen Ländern.

IV. Der Bundestag

Artikel 45. (1) Der Bundestag besteht aus Abgeordneten, die vom Volk in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl gewählt werden. Das Nähere bestimmt das Bundeswahlgesetz. Wahlberechtigt ist, wer das 21., wählbar, wer das 25. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Die Zahl der Abgeordneten beträgt 400.

(3) Groß-Berlin hat das Recht, weitere 30 Abgeordnete nach den Bestimmungen dieses Grundgesetzes zu entsenden.

(4) Schließen sich dem Bund weitere Länder an, so ist die Zahl der Abgeordneten durch Bundesgesetz entsprechend zu erhöhen.

Artikel 46. Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie sind nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden.

Artikel 47. (1) Wahlvorschläge können nur von Wählergruppen eingereicht werden, die sich den Vorschriften über politische Parteien unterstellen.

(2) Die Bildung politischer Parteien ist frei. Abreden der Parteien, durch die die Abgeordneten in ihrer Stimmabgabe so gebunden werden, als ob in der abstimmenden Körperschaft nur eine Partei vertreten sein, sind verboten.

(3) Durch Bundesgesetz können die Rechtsverhältnisse der Parteien und ihre Mitwirkung bei der politischen Willensbildung näher geregelt werden. Das Gesetz kann insbesondere bestimmen, daß Wahlvorschläge einer Partei von den Mitgliedern im Wege der Vorwahl beschlossen sein müssen.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann Parteien, die sich nach der Art ihrer Tätigkeit die Beseitigung der freiheitlichen und demokratischen Grundordnung zum Ziel gesetzt haben, auf Antrag der Bundesregierung, welcher der Zustimmung des Bundesrats (Senats) bedarf, für verfassungswidrig erklären. Das Gericht kann einstweilige Anordnungen gegen solche Parteien treffen. Ohne verfassungsgerichtliche Entscheidung kann keine Behörde gegen eine Partei wegen verfassungswidriger Betätigung einschreiten.

(5) Das Bundeswahlgesetz kann bestimmen, daß Parteien, die nicht weniger 5 v. H. aller gültigen Stimmen auf sich vereinigen, keinen Sitz erhalten, und daß auf zusammengerechnete Reststimmen einer Partei nicht mehr Sitze entfallen, als die Partei in den Wahlkreisen unmittelbar erlangt hat.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 47.
Abs. 1 betrifft nur die Wahl zum Bundestag. Wahlvorschläge sollen nicht von Gewerkschaften, Kulturbünden und ähnlichen Gruppen eingebracht werden können, sondern nur von Gruppen, die sich dem zu schaffenden Parteiengesetz unterstellen. Der Ausdruck "Parteien" läßt sich natürlich, wenn dies nötig erscheint, vermeiden. Andererseits erscheint es auch bei Einführung der Mehrheitswahl nicht unbillig, daß sich jeder Bewerber, auch wenn er unabhängig von den bestehenden Parteien kandidiert, von wenigstens sieben Personen vorschlagen lassen muß, die dann eben im Sinne des Parteiengesetzes eine Partei darstellen und entsprechenden Kontrollen unterstehen.

Artikel 48. (1) Der Bundestag wird jeweils auf vier Jahre gewählt.

(2) Die Neuwahl erfolgt frühestens im letzten Monat des vierten Jahres seit der vorangegangenen Wahl, spätestens im folgenden Monat.

(3) Wird der Bundesrat gemäß Artikel 88 Abs. 3 aufgelöst, so findet die Neuwahl spätestens 60 Tage nach der Auflösung statt.

Artikel 49. Der Bundestag tritt zum ersten Male spätestens am 30. Tage nach der Wahl zusammen. Mit seinem Zusammentreten endet die Wahlperiode des vorherigen Bundestages.

Artikel 50. (1) Der Bundestag wählt sein Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten, dessen Stellvertretern und den Schriftführern.

(2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Bundestagsgebäude aus. Ohne die Genehmigung darf in den Räumen des Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.

(3) Dem Präsidenten untersteht die Verwaltung des Bundestages. Er verfügt über die Einnahmen und Ausgaben des Hauses und vertritt den Bund für den Geschäftskreis des Bundestages.

Artikel 51. (1) Die Wahlprüfung obliegt zunächst dem Bundestag. Bleibt die Gültigkeit einer Wahl bestritten, so entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß statt dessen ein besonderes Wahlprüfungsgericht entscheidet. Ist die Gültigkeit einer Wahl im ganzen angefochten, so bewendet es bei der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts. Das Nähere, insbesondere die Antragsbefugnis, wird durch Bundesgesetz geregelt.

(2) Abs. 1 gilt entsprechend, wenn streitig ist, ob ein Abgeordneter die Mitgliedschaft bei dem Bundestag verloren hat.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 51.
Die Wahlprüfung ist zwar in der Mehrzahl der Fälle, namentlich bei der Mehrheitswahl, eine Sache von untergeordneter Bedeutung. Daher ist zur Entlastung des Verfassungsgerichts die gesetzliche Zuweisung an ein Wahlprüfungsgericht vorgesehen. Mindestens der wichtigste Fall aber, der der Anfechtung einer Wahl im ganzen, soll dem Verfassungsgericht vorbehalten bleiben.

Artikel 52. Der Bundestag gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 53. (1) Der Bundestag verhandelt öffentlich. Auf Antrag eines Zehntels der gesetzlichen Mitgliederzahl oder der Bundesregierung kann mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Über den Antrag wird in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.

(2) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen des Bundestages oder eines seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.

Artikel 54. (1) Zu einem Beschluß des Bundestages ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, sofern das Grundgesetz nichts anderes vorschreibt. Für Wahlen kann die Geschäftsordnung Ausnahmen zulassen. Ausschüsse werden anteilig besetzt.

(2) Die Beschlußfähigkeit wird durch die Geschäftsordnung geregelt.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 54.
Abs. 1 Satz 3: Es erschien notwendig, im Grundgesetz selbst die bisherige Übung, daß Ausschüsse nicht durch Mehrheitsbeschluß, sondern anteilig besetzt werden, festzulegen. Die Verschärfung des politischen Kampfes könnte sonst dahin führen, daß die Mehrheitsparteien gewissen Minderheiten von den Ausschüssen ausschließen.

Artikel 55. (1) Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit eines Mitglieds der Bundesregierung verlangen.

(2) Die Mitglieder des Bundesrats und der Bundesregierung sowie die von ihnen bestellten Beauftragten haben zu allen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse Zutritt. Sie müssen während der Beratung jederzeit gehört werden.

Artikel 56. (1) Der Bundestag bestimmt den Schluß jeder Tagung und den Tag des Wiederzusammentretens.

(2) Der Präsident des Bundestages kann das Haus schon früher einberufen. Er ist hierzu verpflichtet, wenn der Bundespräsident, der Bundeskanzler oder ein Drittel der Mitglieder dies verlangt.

Artikel 57. (1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Fünftels der gesetzlichen Mitgliederzahl die Pflicht, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen.

(2) Der Untersuchungsausschuß und die von ihm ersuchten Behörden können in entsprechender Anwendung der Strafprozeßordnung die erforderlichen Beweise erheben, auch Zeugen und Sachverständige vorladen, vernehmen, beeidigen und das Zwangsverfahren gegen sie durchführen. Das Postgeheimnis bleibt unberührt. Die Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, einem Ersuchen des Ausschusses um Beweiserhebung, Beweissicherung, Auskunft oder Aktenvorlage Folge zu leisten.

(3) Der Untersuchungsausschuß kann die Öffentlichkeit mit Zweidrittelmehrheit ausschließen.

(4) Untersuchungsausschüsse können ihre Tätigkeit auch in der Zeit zwischen den Tagungen fortsetzen. Mit der Auflösung des Bundestages endet ihre Tätigkeit.

(5) Wer durch die Feststellungen des Ausschusses in seiner Ehre getroffen ist, kann das Bundesverfassungsgericht anrufen, wenn er die Mindestgrundsätze eines geordneten Verfahrens, namentlich sein Recht auf Gehör, verletzt glaubt. Ist die Beschwerde begründet, so erkennt das Gericht, daß die Feststellungen des Ausschusses nicht nach Vorschrift der Gesetze getroffen sind.

Artikel 58. (1) Der Bundestag bestellt zur Wahrung seiner Rechte der Volksvertretung und zur Behandlung dringender Angelegenheiten für die Zeit zwischen zwei Tagungen oder nach der Auflösung bis zum Zusammentreten des neuen Bundestages einen ständigen Ausschuß.

(2) Der ständige Ausschuß hat die Befugnisse des Bundestages, ausgenommen das Recht der Gesetzgebung, der Benennung des Bundeskanzlers und der Anklage des Bundespräsidenten. Er hat die Rechte eines Untersuchungsausschusses.

Artikel 59. Kein Abgeordneter darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestag oder einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Hauses zur Verantwortung gezogen werden.

Artikel 60. (1) Kein Abgeordneter kann ohne Genehmigung des Hauses während der Tagung wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, daß er bei der Ausübung der Tag oder spätestens im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird.

(2) Die gleiche Genehmigung ist bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit erforderlich, die seine Tätigkeit als Abgeordneter beeinträchtigt.

(§) Jedes Strafverfahren gegen einen Abgeordneten und jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit wird auf Verlangen des Hauses für die Dauer der Tagung aufgehoben. Der Bundestag kann dieses Verlangen nicht stellen, wenn der Abgeordnete eines nicht politischen Verbrechens beschuldigt ist; ob dies der Fall ist, entscheidet der Bundestag selbst.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 60.
Die Immunität ist im letzten Satz bei unpolitischen Verbrechen gegenüber bisher leicht abgeschwächt.

Artikel 61. Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Im gleichen Umfang ist auch die Beschlagnahme von Schriftstücken eines Abgeordneten unzulässig.

Artikel 62. (1) Angehörige des öffentlichen Dienstes bedürfen für die Tätigkeit als Abgeordnete keines Urlaubs.

(2) Wer sich um einen Sitz bewirbt, hat Anspruch auf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 62.
Die Unkündbarkeit der Arbeitsstelle eines Abgeordneten und die Fortzahlung der Vergütung ist durch Abs. 1 für Angehörige des öffentlichen Dienstes gesichert. Privaten Arbeitgebern kann die Freihaltung der Arbeitsstelle oder gar die Forstzahlung der Bezüge nicht zugemutet werden. Willkürlichen Kündigungen stehen die Kündigungsgesetze ohnedies entgegen. Den Anspruch auf Urlaub zur Vorbereitung der Wahl hat der Bewerber auch gegen einen privaten Arbeitgeber.

Artikel 63. Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Sie haben das Recht zur freien Fahrt mit allen staatlichen Verkehrsmitteln.

Artikel 64. Für das Präsidium des Bundestages und für die Mitglieder des ständigen Ausschusses oder eines seine Tätigkeit fortsetzenden Untersuchungsausschusses sowie für deren erste Stellvertreter gelten die Art. 59, 60, 61, 92 Abs. 1 und 63 auch für die Zeit zwischen zwei Tagungen und nach der Auflösung des Bundestages.

Vorschlag "Bundesrat"

Vorschlag "Senat"

V. Der Bundesrat

V. Der Senat


Artikel 65. Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung, der Regierung und der Verwaltung des Bundes mit.
Artikel 65. Durch den Senat wirken die Länder bei der Gesetzgebung, der Regierung und der Verwaltung mit.
 

Artikel 66. Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Landesregierungen. Die Bundesratsmitglieder werden durch Beschluß der Landesregierung bestellt und abberufen. Sie können sich durch andere Mitglieder ihrer Landesregierungen vertreten lassen.

 

 

 

 

 

 


 


Artikel 66.
(1) Auf 1 1/2 Millionen Landeseinwohner entfällt ein Senator. Ein Überschuß, der sich auf mehr als 750 000 Einwohner beläuft, wird 1 1/2 Millionen gleichgerechnet.

(2) Jedes Land entsendet mindestens einen, höchstens fünf Senatoren.

(3) Groß-Berlin hat bis zu seiner Aufnahme in den Bund das Recht, zwei Senatoren zu entsenden.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 66.
Die Gesamtzahl der Senatoren wird sich etwa wie folgt auf die einzelnen Länder verteilen:
Nordrhein-Westfalen     5
Bayern                              5
Niedersachsen                5
Württemberg-Baden
   (Gesamtstaat)              4
Hessen                              3
Rheinland-Pfalz             2
Schleswig-Holstein       2
Hamburg                         1
Bremen                             1
                                 ---------
                     insgesamt 28


Artikel 67. (1) Jedes Land entsendet mindestens ein Bundesratsmitglied. Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern entsenden zwei Mitglieder, Länder mit mehr als vier Millionen Einwohnern drei Mitglieder.

(2) Groß-Berlin hat das Recht, bis zu seiner Aufnahme in den Bund nach den Bestimmungen dieses Grundgesetzes zwei Mitglieder zu entsenden.

(3) Jedes Land hat so viel Stimmen, als es Mitglieder entsenden kann. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch ein anwesendes Bundesratsmitglied des Landes oder dessen Stellvertreter abgegeben werden.


Artikel 67. (1) Die Senatoren werden von den Landtagen nach dem Verhältnis der Mandate der in den Landtagen vertretenen Parteien auf die Dauer der Wahlperiode des Bundestages gewählt.

(2) Wählbar ist jeder zur Ausübung des Wahlrechts zum Bundestag befugte Staatsbürger, der das 40. Lebensjahr vollendet hat und die landesgesetzlich vorgeschriebenen sonstigen Voraussetzungen erfüllt.

 


 


Artikel 68. Der Bundesrat muß auf Verlangen eines Fünftes der gesetzlichen Mitgliederzahl einberufen werden.

Artikel 68.
Der Senat muß auf Verlangen eines Fünftes der gesetzlichen Mitgliederzahl einberufen werden.

Artikel 69. Der Präsident des Bundesrates wird aus dessen Mitte auf ein Jahr gewählt. Sofortige Wiederwahl ist unzulässig.

 

 

 


 

VARIANTE:
(1) Der Bundesrat wählt aus seiner Mitte oder durch Zuwahl auf die Dauer von drei Jahren seinen Präsidenten.

(2) Der Präsident des Bundesrates kann nicht gleichzeitig ein Land im Bundesrat vertreten; er kann weder der Bundes  noch einer Landesregierung angehören und darf nicht Bundesbeamter sein.

(3) Der Präsident hat kein Stimmrecht, gibt aber bei Stimmengleichheit den Ausschlag.


Artikel 69.
Der Präsident des Senats wird aus dessen Mitte auf vier Jahre gewählt.

 

 

 

 


 


Artikel 70. Der Bundesrat gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 70. Der Senat gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 71. Der Bundesrat verhandelt öffentlich. Nach Maßgabe der Geschäftsordnung kann die Öffentlichkeit für einzelne Beratungsgegenstände ausgeschlossen werden.

Artikel 71.
Der Senat verhandelt öffentlich. Nach Maßgabe der Geschäftsordnung kann die Öffentlichkeit für einzelne Beratungsgegenstände ausgeschlossen werden.

Artikel 72. Der Bundesrat bildet Ausschüsse. Ihnen können außer seinen Mitgliedern auch andere Mitglieder der Landesregierungen oder Beauftragte derselben angehören.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 72.
Über die Stärke, Zusammensetzung und evtl. Abstimmungsart in den Bundesratsausschüssen wurde nichts bestimmt. Es sollen Ausschüsse von zwei Mitgliedern an zulässig sein. Abgestimmt werden soll in den Ausschüssen regelmäßig überhaupt nicht.


Artikel 72.
Der Senat bildet Ausschüsse.

 


 


Artikel 73. Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und auf Verlangen die Pflicht, an den Verhandlungen des Bundesrates (Senats) und seiner Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen während der Beratung jederzeit gehört werden.

Artikel 74. (1) Für die Mitglieder des Bundesrats gelten die Vorschriften der Artikel 59 bis 61 entsprechend.

(2) Die Mitglieder des Bundesrats und die ständigen Mitglieder seiner Ausschüsse hab das Recht zur freien Fahrt mit allen staatlichen Verkehrsmitteln.

VARIANTE:
Artikel 74. (1) Für den Präsidenten und die Mitglieder des Bundesrats gelten die Vorschriften der Artikel 59 bis 61 entsprechend.

(2) Für den Präsidenten und die Mitglieder des Bundesrats und die ständigen Mitglieder seiner Ausschüsse hab das Recht zur freien Fahrt mit allen staatlichen Verkehrsmitteln.


Artikel 74. Auf den Senat finden die Artikel 49, 50, 53 Abs. 2, 54, 56, 59 bis 64 entsprechende Anwendung.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 74.
Die Verweisungen auf den Abschnitt "Bundestag" ergeben sich aus dem besonderen Charakter des Senats als echter Wahlkammer.
 

 

  Artikel 74a. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben halten sich die Senatoren über die von den Regierungen ihrer Länder vertretenen Gesichtspunkte auf dem laufenden. Das Nähere wird durch Landesgesetz geregelt.

 

Vorschlag "Bundespräsident"

Vorschlag "Bundespräsidium"

VI. Der Bundespräsident

VI. Das Bundespräsidium

BEI BUNDESRATSLÖSUNG
Artikel 75. (1) Der Bundespräsident wird durch übereinstimmenden Beschluß des Bundestages und des Bundesrats gewählt. Es wird zunächst im Bundesrat, sodann im Bundestag abgestimmt. Gewählt ist, wer in jedem der beiden Häuser die Mehrheit der gesetzlichen Stimmenzahl erhält.

(2) Ist eine Übereinstimmung beider Häuser auch in einem zweiten Wahlgang nicht zu erzielen, so tritt eine besondere Wahlversammlung zusammen, die aus den Mitgliedern des Bundesrats und einer gleichen Anzahl durch den Bundestag bestimmter Vertreter desselben besteht. Gewählt ist, wer die Mehrheit der gesetzlichen Stimmenzahl erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so findet ein dritter Wahlgang statt, in dem derjenige gewählt ist, der die meisten Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

(3) Wählbar ist jeder Bundesangehörige, der das 40. Lebensjahr vollendet hat und nicht vom Wahlrecht zum Bundestag ausgeschlossen ist.

BEI SENATSLÖSUNG
Artikel 75. (1) Der Bundespräsident wird von einer besonderen Versammlung gewählt, die aus den Senatoren und der auf der Mitte des Bundestages bestimmten doppelten Zahl von Abgeordneten besteht. Die Abgeordneten werden nach dem Verhältnis der Mandate der im Bundestag vertretenen Parteien bestimmt.

(2) Zum Bundespräsidenten gewählt ist, wer die Mehrheit der gesetzlichen Stimmenzahl erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so findet ein dritter Wahlgang statt, in dem derjenige gewählt ist, der die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

(3) Wählbar ist jeder Bundesangehörige, der das 40. Lebensjahr vollendet hat und nicht vom Wahlrecht zum Bundestag ausgeschlossen ist.

 

 


Artikel 75. (1) Das Bundespräsidium besteht aus dem Präsidenten des Bundestags, dem Präsidenten des Bundesrats (Senats) und dem Bundeskanzler.

(2) Der Vorsitz wechselt nach Maßgabe der Geschäftsordnung.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 75.
Die Funktionen des Bundespräsidiums sollen grundsätzlich kollegial ausgeübt werden, weil der Vorsitzende des Bundespräsidiums andernfalls im Ergebnis die Stellung eines Bundespräsidenten erhalten würde.

 

 

 

 

 

 


 

Kommentierender Teil:
Zu Art. 75.
Es erscheint zweckmäßig, den Bundespräsidenten durch einen Wahlkörper wählen zu lassen, der sowohl  Elemente der Gesamtvolksvertretung als auch des Bundesrats oder Senats als des föderalen Organs in sich vereinigt. Der Gedanke einer Nationalversammlung durch Vereinigung der beiden Kammern wurde nicht weiter verfolgt, weil das Stimmengewicht der Bundesratsmitglieder (Senatoren) eine zu große Abwertung erfahren und damit das Element "Land" eine zu geringe Berücksichtigung gefunden hätte.


Artikel 76. Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.

 

 

 


Artikel 76.
entfällt.


Artikel 77. Der Bundespräsident darf weder dem Bundestag noch dem Bundesrat (Senat) angehören.

Artikel 77. entfällt.

Artikel 78. Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor versammeltem Bundestag und Bundesrat (Senat) den Eid auf das Grundgesetz.

Artikel 78. entfällt.

Artikel 79. (1) Der Bundespräsident wird im Falle seiner Verhinderung durch den Vorsitzenden des Bundesverfassungsgerichts vertreten. Das gleiche gilt für die einstweilige Vertretung im Falle der vorzeitigen Erledigung des Amtes.

(2) Bei vorzeitiger Erledigung des Amtes findet binnen sechzig Tagen die Neuwahl statt.

(3) Hat die Verhinderung des Bundespräsidenten mehr als sechs Monate gedauert oder stellen die Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates (Senats) gemeinsam mit dem Bundeskanzler fest, daß die Verhinderung voraussichtlich länger als sechs Monate dauern wird, so gilt Abs. 2 entsprechend.


Artikel 79. Die Befugnisse der Mitglieder des Präsidiums werden im Falle ihrer Verhinderung durch ihre Stellvertreter wahrgenommen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 79.
Man hätte auch an eine gegenseitige Vertretung der Mitglieder des Kollegiums denken können. Das würde jedoch eine bedenkliche Gefährdung der Kollegialität des Präsidiums bedeuten, deren Wert vornehmlich in der Selbstkontrolle besteht.
 


 


Artikel 80. Anordnungen des Bundespräsidenten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder den zuständigen Bundesminister.

Artikel 80. entfällt.

Artikel 81. (1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich.

(2) Staatsverträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrats (Senats) gemäß den für die Bundesgesetzgebung geltenden Vorschriften. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.


Artikel 81.
(1) Das Bundespräsidium vertritt den Bund völkerrechtlich.

(2) Staatsverträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrats (Senats) gemäß den für die Bundesgesetzgebung geltenden Vorschriften. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.


Artikel 82. (1) Der Bundespräsident ernennt und entläßt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Bundesbediensteten, insbesondere die Bundesrichter.

(2) Zur Ernennung und Entlassung der leitenden Bundesbediensteten und der Bundesrichter bedarf er der Zustimmung des Bundesrats (Senats).

(3) Das Nähere, insbesondere die Übertragung der Befugnisse aus Abs. 1 regelt ein Bundesgesetz.


Artikel 82.
(1) Das Bundespräsidium ernennt und entläßt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Bundesbediensteten, insbesondere die Bundesrichter.

(2) Zur Ernennung und Entlassung der leitenden Bundesbediensteten und der Bundesrichter bedarf es der Zustimmung des Bundesrats (Senats).

(3) Das Nähere, insbesondere die Übertragung der Befugnisse aus Abs. 1 regelt ein Bundesgesetz.


Artikel 83. Der Bundespräsident übt für den Bund das Begnadigungsrecht aus. Er kann dieses Recht durch Erlaß übertragen.

Artikel 83.
Das Bundespräsidium übt für den Bund das Begnadigungsrecht aus. Es kann dieses Recht durch Erlaß übertragen.

Artikel 84. Artikel 60 findet auf den Bundespräsidenten mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Genehmigung die nach Artikel 75 Abs. 2 gebildete Versammlung zuständig ist.

Artikel 84. entfällt.
 

Artikel 85. (1) Der Bundestag oder der Bundesrat (Senat) können den Bundespräsidenten vor dem Bundesverfassungsgericht wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes anklagen. Der Antrag auf Erhebung der Anklage ist nur zulässig, wenn er von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl des Hauses gestellt ist. Der Beschluß auf Erhebung der Anklage bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl. Dei Anklage wird von einem Beauftragten des Hauses vertreten.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann durch einstweilige Anordnung aussprechen, daß der Bundespräsident infolge der Anklage an der Ausübung seines Amtes verhindert ist.


Artikel 85. (1) Der Bundestag oder der Bundesrat (Senat) können die Mitglieder des  Bundespräsidiums vor dem Bundesverfassungsgericht wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes anklagen. Der Antrag auf Erhebung der Anklage ist nur zulässig, wenn er von mindestens einem Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl des Hauses gestellt ist. Der Beschluß auf Erhebung der Anklage bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl. Dei Anklage wird von einem Beauftragten des Hauses vertreten.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann durch einstweilige Anordnung aussprechen, daß die Mitglieder des Bundespräsidiums infolge der Anklage an der Ausübung ihres Amtes verhindert sind.

 

Vorschlag "Bundespräsident"

Vorschlag "Bundespräsidium"

VII. Die Bundesregierung


Artikel 86. Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern.

Artikel 87. (1) Der Bundeskanzler wird dem Bundespräsidenten von dem Bundestag benannt. Erhebt der Bundespräsident nicht binnen drei Tagen durch Botschaft an den Bundestag Bedenken gegen den Benannte, so hat er dessen Ernennung zum Bundeskanzler zu vollziehen.

(2) Erhebt der Bundespräsident Bedenken, so hat der Bundestag binnen sieben Tagen erneut zu beschließen. Bestätigt der Bundestag seinen früheren Beschluß, so ist die Ernennung vom Bundespräsidenten zu vollziehen; benennt der Bundestag einen anderen Bundeskanzler, so wird ebenso wie nach der ersten Benennung verfahren.

 

Für die Variante "Bundespräsidium" entfällt eine Mitwirkung dieses Organs bei der Regierungsbildung. Hieraus ergeben sich Änderungen in den Art. 87, 88, 89, 90, 91 und 95 Abs. 1. Vorgeschlagen wurde eine striktere Durchführung des parlamentarischen Systems mit der Maßgabe, daß der Bundestag aufgelöst ist, wenn er nicht binnen vier Wochen den Bundeskanzler wählt.

Nach dieser Maßgabe müsste der Artikel 86 lauten:
Artikel 87. Der Bundeskanzler wird dem Bundespräsidium von dem Bundestag benannt. Das Bundespräsidium hat dessen Ernennung zum Bundeskanzler zu vollziehen."

Kommentierender Teil:
Zu Art. 87.
Eine Mitwirkung des Bundespräsidiums bei der Regierungsbildung verbietet sich wegen der Zugehörigkeit des Bundeskanzlers zum Präsidium.


Artikel 88. (1) Macht der Bundestag von dem Recht der Benennung des Bundeskanzlers nicht binnen eines Monats seit der Erledigung des Amtes Gebrauch, so kann der Bundespräsident den Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundesrats ernennen. Die Frist beginnt mit dem ersten Zusammentreten eines Bundestages, mit dem Rücktritt des Bundeskanzlers oder mit seinem Tod.

(2) Die gleiche Befugnis steht dem Bundespräsidenten zu, wenn er gegen den vom Bundestag benannten Bundeskanzler Bedenken erhoben und der Bundestag nicht innerhalb der Frist von sieben Tagen Beschluß gefaßt hat (Artikel 87 Abs. 2 Satz 1).

(3) Hat der Bundespräsident den Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundesrats ernannt, so hat er während der ganzen Wahlperiode das Recht, den Bundestag aufzulösen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 88. Abs. 3
Zu erwägen ist ein Wegfall des Auflösungsrechts, wenn der Bundestag nachträglich den nicht von ihm benannten Kanzler das Vertrauen ausspricht (vgl. Art. 89 Abs. 4) Zweifellos fällt es weg, wenn der Bundestag nach Art. 90 die Ersetzung des nicht von ihm benannten Kanzlers erwirkt hat.


Artikel 88. Macht der Bundestag von dem Recht der Benennung des Bundeskanzlers nicht binnen eines Monats seit Erledigung des Amts Gebrauch, so ist er aufgelöst. Die Frist beginnt mit dem ersten Zusammentritt des Bundestags, mit dem Rücktritt des Bundeskanzlers oder mit seinem Tod.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 88.
Eine Mitwirkung des Bundespräsidiums bei der Regierungsbildung verbietet sich wegen der Zugehörigkeit des Bundeskanzlers zum Präsidium.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 88.
Die Funktion der Regierungsbildung muß in einem demokratisch-parlamentarisch organisierten Bundesstat der vom Gesamtvolk gewählten Vertretung vorbehalten bleiben. Sie soll auch nicht aushilfsweise von der föderativen Vertretung wahrgenommen werden. Kann die Volksvertretung diese Aufgabe nicht erfüllen, so wird im Wege der Neuwahl ein Parlament mit regierungsfähiger Mehrheit zu bilden sein.
In den Übergangsbestimmungen müßten Vorschriften über die erstmalige Bildung der Bundesregierung für den Fall vorgesehen werden, daß die Wahl des Bundeskanzlers auf Schwierigkeiten stößt.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 88. Abs. 2 und 3
Der Wegfall der Absätze bei der 2. Variante ergibt sich aus der Fassung des Art. 88 Abs. 1.


Artikel 89. (1) Die Ernennung und Entlassung der Bundesminister und Staatssekretäre vollzieht der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers.

(2) Die Bundesminister bedürfen zum Antritt ihres Amtes des Vertrauens des Bundestages.

(3) Auf Ersuchen oder mit Zustimmung des Bundestags kann der Bundeskanzler dem Bundespräsidenten die Entlassung eines Bundesminister ohne dessen Antrag vorschlagen.

(4) Hat der Bundespräsident den Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundesrats ernannt, so stehen die Befugnisse nach Abs. 2 und 3 statt dem Bundestag dem Bundesrat zu. Der Bundestag erlangt sie zurück, wenn er nachträglich dem Bundeskanzler das Vertrauen ausspricht.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 89
Um die Stellung einer auf Grund eines Vorschlags des Bundesrats gebildeten Bundesregierung nach Möglichkeit der auf das Vertrauen des Bundestages sich stützenden Bundesregierung anzugleichen, sieht der Entwurf vor, daß die Bundesminister in diesem Fall zum Antritt ihres Amtes des Vertrauens des Bundesrats bedürfen. Zu dem gleichen Zweck ist vorgesehen, daß die Entlassung eines Bundesministers ohne dessen Antrag durch den Bundeskanzler in diesem Falle nur mit Zustimmung des Bundesrats möglich ist. Um jedoch den Ausnahmecharakter einer auf Vorschlag des Bundesrats gebildeten Bundesregierung besonders hervorzuheben und andererseits dem Bundestag die Möglichkeit zu geben, seine Funktion gegenüber der Bundesregierung wieder aufzunehmen, ohne daß es vorher einer neuen Regierungsbildung bedarf, sieht der Entwurf vor, daß die oben erwähnten Rechte wieder auf den Bundestag übergehen, wenn dieser dem Bundeskanzler nachträglich das Vertrauen ausspricht.


Artikel 89.
(1) Die Ernennung und Entlassung der Bundesminister und Staatssekretäre vollzieht das Bundespräsidium auf Vorschlag des Bundeskanzlers.

(2) Die Bundesminister bedürfen zum Antritt ihres Amtes des Vertrauens des Bundestages.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 89. Abs. 3
Der Wegfall des Absatzes bei der 2. Variante ergibt sich aus der Fassung des Art. 88 Abs. 1.

 

 

 

 

 


 


Artikel 90. (1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler sein Mißtrauen nur dadurch aussprechen,  daß er den Bundespräsidenten unter Benennung eines Nachfolgers ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen.

(2) Der Bundespräsident hat die Entlassung des bisherigen und die Ernennung des neuen Bundeskanzlers zu vollziehen, wenn er nicht binnen sieben Tagen durch Botschaft an den Bundestag Bedenken erhebt oder wenn der Bundestag binnen weiterer sieben Tage sein Ersuchen unter Benennung desselben Nachfolgers wiederholt. Wiederholt der Bundestag sein Ersuchen nicht, so verbleibt der bisherige Bundeskanzler im Amt.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 90
Erwogen wurde zu  Abs. 1 noch eine Überlegungsfirst, die zwischen dem Antrag auf ein Mißtrauensvortum und der Abstimmung darüber vorzusehen sei.


Artikel 90. (1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler sein Mißtrauen nur dadurch aussprechen,  daß er das Bundespräsidium unter Benennung eines Nachfolgers ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen.

(2) Das Bundespräsidium hat die Entlassung des bisherigen und die Ernennung des neuen Bundeskanzlers zu vollziehen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 90.
Eine Mitwirkung des Bundespräsidiums bei der Regierungsbildung verbietet sich wegen der Zugehörigkeit des Bundeskanzlers zum Präsidium.


 


Artikel 91. (1) Der Bundeskanzler ernennt seinen Stellvertreter aus der Zahl der Bundesminister.

(2) Im Falle des Todes des Bundeskanzlers übernimmt der Stellvertreter vorläufig die Geschäfte des Amtes. Das gleiche gilt, wenn der Bundeskanzler zurücktritt und der Bundespräsident davon absieht, ihn um die Weiterführung der Geschäfte zu ersuchen.

 


Artikel 91. (1) Der Bundeskanzler ernennt seinen Stellvertreter aus der Zahl der Bundesminister.

(2) Im Falle des Todes des Bundeskanzlers übernimmt der Stellvertreter vorläufig die Geschäfte des Amtes.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 91.
Abs. 2.: Eine Mitwirkung des Bundespräsidiums bei der Regierungsbildung verbietet sich wegen der Zugehörigkeit des Bundeskanzlers zum Präsidium.


Artikel 92. Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestag den Eid auf das Grundgesetz.

Artikel 93. Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.

Artikel 94. (1) Der Bundeskanzler führt den Vorsitz in der Bundesregierung und leitet ihre Geschäfte nach einer von ihr beschlossenen Geschäftsordnung.

(2) Über Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern der Bundesregierung sowie über Fragen, die den Geschäftsbereich mehrerer Bundesminister berühren, entscheidet die Bundesregierung durch Beschluß.


Artikel 95. (1) Der Bundeskanzler kann durch Erklärung gegenüber dem Bundespräsidenten von seinem Amt zurücktreten. Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist er verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen.

(2) Ein Bundesminister kann durch Erklärung gegenüber dem Bundeskanzler von seinem Amt zurücktreten. Auf Ersuchen des Bundeskanzlers ist er verpflichtet, die Geschäfte bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers weiterzuführen.


Artikel 95. (1) Der Bundeskanzler kann von seinem Amt zurücktreten. Er ist verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterzuführen.

(2) Ein Bundesminister kann durch Erklärung gegenüber dem Bundeskanzler von seinem Amt zurücktreten. Auf Ersuchen des Bundeskanzlers ist er verpflichtet, die Geschäfte bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers weiterzuführen.
 

Artikel 96. Die Landesregierungen können bei der Bundesregierung Vertretungen einrichten.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 96
Die Bestimmung ist notwendig, da die Senatoren anders als die Bundesratsmitglieder keine instruierten Vertreter der Landesregierungen sind.

VIII. Das Bundesverfassungsgericht

Artikel 97. Bundesverfassungsgericht ist das oberste Bundesgericht oder eines der obersten Bundesgerichte. Es ist zuständig für Fragen des Bundesstaatsrechts.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 97
Durch diese Bestimmung wird das Bundesverfassungsgericht zur obersten Instanz in Fragen des Bundesstaatsrechts erklärt. Sein Aufgabenbereich im einzelnen ergibt sich aus dem Katalog des Art. 98.
Die alternative Fassung des Satzes 1 erklärt sich dadurch, daß keine Einigung darüber herbeigeführt werden konnte, ob die Verfassungsgerichtsbarkeit als Teil der obersten Bundesgerichtsbarkeit von einem einheitlichen obersten Bundesgericht oder von einem obersten Bundesgericht für Streitigkeiten des öffentlichen Rechts ausgeübt oder ob schließlich für Verfassungsfragen ein besonderes Verfassungsgericht geschaffen werden soll. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Kapitel VIII und XII des darstellenden Teils verwiesen.

Artikel 98. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
1. über Anklagen gegen den Bundespräsidenten (Mitglieder des Bundespräsidiums) (Art. 85);
2. über Verfassungsstreitigkeiten zwischen obersten Bundesorganen oder Teilen von solchen, die in diesem Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
3. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen den Ländern (Art. 44);
4. über die Unvereinbarkeit von Bundesgesetzen oder Landesgesetzen mit diesem Grundgesetz oder die Unvereinbarkeit von Landesgesetzen mit Bundesgesetzen auf Antrag eines Gerichts (Art. 137);
5. über Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein Gesetz gemäß dem Grundgesetz zustande gekommen ist oder ob ein beantragtes Gesetz unter die Art. 105 bis 108 fällt (Art. 110);
6. über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei (Art. 47 Abs. 4);
7. über die Gültigkeit von Wahlen zum Bundestag und über den Verlust der Mitgliedschaft beim Bundestag (Art. 51);
8. über Beschwerden wegen Verletzung der durch dieses Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte (Art. ...);
9. über die Verwirkung des Rechts, sich auf Grundrechte zu berufen (Art. 57 Abs. 5);
10. über Beschwerden gegen einen Untersuchungsausschuß (Art. 57 Abs. 5);
11. in besonderen ihm durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 98.
Dieser Artikel enthält den Katalog für die Zuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts. Er schafft keine neuen Zuständigkeiten, sondern wiederholt nur aus Gründen der Übersicht die aus dem Grundgesetz sich ergebenden Möglichkeiten für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Dies gilt ebenfalls für Ziffer 2, wenn auch dort kein Artikel zitiert ist. Diese Möglichkeit ergibt sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, auf dem sich das Grundgesetz aufzubauen hat.
Zu den einzelnen Ziffer wird noch folgendes bemerkt:
Zu Ziffer 1: Der Bundespräsident ist dem Bundestag nicht verantwortlich im Gegensatz zur Bundesregierung gegen die daher eine Anklage nicht vorgesehen ist. Er kann auch nicht abberufen werden. Durch die Anklage kann er aber wegen ihm zur Last fallenden Rechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden. Diese Anklage hat nichts mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu tun und läßt das Recht zur Geltendmachung des staatlichen Straf- oder privaten Ersatzanspruchs vor den ordentlichen Straf- und Zivilgerichten unberührt. Anklageberechtigt sind der Bundestag und der Bundesrat. Für den Antrag auf Anklageerhebung und die Anklage selbst sind qualifizierte Mehrheiten vorgesehen. Über den Inhalt des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ist im Grundgesetz selbst keinen Regelung getroffen; im Ausführungsgesetz wird zu bestimmen sein, daß der für schuldig befundene Bundespräsident seines Amtes verlustig und gegebenenfalls überhaupt für amtsunfähig erklärt werden kann. Einstweilige Maßnahmen sind in Art. 85 Abs. 2 vorgesehen.
Zu Ziffer 2: Verfassungsstreitigkeiten sind Streitigkeiten über die Auslegung oder die Anwendung des Grundgesetzes. Parteifähig sind nur die obersten Bundesorgane oder Teile von solchen, die im Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet sind, z. B. Bundestagsmehrheiten oder -minderheiten. Die völlige Klärung dieses Begriffs wird der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu überlassen sein.
Zu Ziffer 3: Der Ausdruck "öffentlich-rechtliche Streitigkeiten" bedeutet das gleiche wie "Streitigkeiten nichtprivatrechtlicher Art" in Art. 19 Abs. 1 der Weimarer Verfassung. Die einzelnen Fällen sind in Art. 44 Abs. 1 (Bund und Länder) und Abs. 2 (Länder untereinander) aufgezählt.
Zu Ziffer 4: Diese Bestimmung erfaßt nur einen Sondertatbestand, nämlich die Vorlagepflicht des Richters nach Art. 137. Meinungsverschiedenheiten zwischen obersten Bundesorganen oder teilen von solchen über die Verfassungsmäßigkeit eines Bundesgesetzes fallen unter Ziff. 2, Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern über die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz oder einem Bundesgesetz unter Ziff. 3.
Zu Ziffer 5: Hier handelt es sich um einen Unterfall der Verfassungsstreitigkeiten zwischen den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Faktoren, der infolge seiner Bedeutung besonders hervorgehoben wird. Hinzu kommt, daß durch das in Art. 110 vorgesehene Bundesgesetz das Antragsrecht abweichend von der Parteifähigkeit nach Ziff. 2 geregelt werden könnte.
Zu Ziffer 6: Der dieser Ziffer zugrunde liegende Art. 47 Abs. 4 gehört zu den Vorschriften, welche die Gegner der Demokratie von den demokratischen Spielregeln ausschließen. Eine Partei, die sich die Beseitigung der freiheitlichen und demokratischen Grundordnung zum Ziel setzt, darf sich nicht auf die demokratischen Freiheiten berufen können. Sie ist für verfassungswidrig zu erklären. Die bedeutet, daß sie vom Bundesverfassungsgericht zu verbieten ist. Die endgültige Entscheidung kann daher nur auf das Verbot der Partei lauten. Einzelmaßnahmen, z. B. Beschränkung oder Verbot der Werbetätigkeit oder Ausschluß von einer Wahl können aber im Wege der einstweiligen Anordnungen (Art. 47 Abs. 4 Satz 2) getroffen werden. Antragsberechtigt ist die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (Senats).
Zu Ziffer 7. Das Parlamentsrecht unterscheidet zwei Arten der Wahlprüfung: Die Wahlprüfung als autonomes Recht des gesetzgebenden Körpers und die durch ein unabhängiges Gericht. Da die erste Form den Nachteil hat, daß bei ihr leicht politische Momente eine erhebliche Rolle spielen, hat sich der Konvent für die letztere entschieden. Die Einschaltung eines Gerichts bedarf es aber nur im Streitfall. Deswegen wird die Prüfung in erster Linie dem Bundestag zugewiesen. Nur im Falle der Bestreitung geht die Entscheidung  auf das Bundesverfassungsgericht über. Für einfachere Fälle ist vorgesehen, daß sie generell durch Bundesgesetz einem besonderen Wahlprüfungsgericht zugewiesen werden; dies gilt aber nicht bei der Anfechtung einer Wahl im ganzen. Die Antragsbefugnis soll durch Bundesgesetz geregelt werden.
    Auch die Frage, ob ein Abgeordneter die Mitgliedschaft verloren hat, kann streitig sein. In diesem Falle soll dem Bundesverfassungsgericht ebenfalls die maßgebliche Entscheidung übertragen werden.
Zu Ziffer 8: Diese Ziffer bezieht sich auf die sogenannten Verfassungsbeschwerden. Unter ihnen sind zu verstehen Rechtsbehelfe des einzelnen zum Schutz gegen Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter subjektiver Rechte der Einzelpersonen, zumal wenn sie bei einem besonderen, dafür bestimmten obersten Gerichtshof geltend gemacht werden können. Durch die Verfassungsbeschwerde erhalten die Grundrechte erst ihren vollen Charakter als subjektive Rechte.
    Im Konvent konnte nicht geklärt werden, ob und inwieweit neben der durch Art. 138 vorgeschriebenen Generalklausel die Verfassungsbeschwerde erforderlich ist und zulässig sein soll. Über einen Antrag, als Satz 2 des Absatzes 1 dieses Artikels anzufügen:
"Behauptet er, durch eine behördliche Anordnung in einem durch das Grundgesetz gewährleisteten Recht verletzt zu sein, so kann er den Schutz des Bundesverfassungsgerichts anrufen.",
wurde nicht bestimmt. In der vorhergehenden Debatte wurde jedoch hingewiesen, daß auf jeden Fall vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts der Rechtsweg (auch der Verwaltungsrechtsweg) erschöpft sein muß oder daß vorkommendenfalls bei reinen Verwaltungssachen bei der höchsten zuständigen Behörde erfolglos um Abhilfe nachgesucht sein muß. Da außerdem mittelbar durch Art. 137 (im Katalog Ziff. 4) die einem behördlichen Akt zugrundeliegende gesetzliche Bestimmung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unterstellt werden kann, war die Notwendigkeit der Zulassung der selbständigen Verfassungsbeschwerde nicht unbestritten. Es wurde die Meinung vertreten, daß die Rechtskraft der Entscheidungen anderer oberster Gerichte nicht durch die Einschaltung eines weiteren obersten Instanz entwertet werden dürfe. Deshalb wurde angeregt, in Fällen, bei denen die Verletzung von Grundrechten in Frage steht, die letztinstanzielle Entscheidung nicht dem sonst zuständigen obersten Gericht, sondern dem Bundesverfassungsgericht zu übertragen oder die Einholung einer Vorabentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorzuschreiben.
    Für den Fall der Einführung der Verfassungsbeschwerde wird für sie aber im Katalog ein Platz offen gelassen.
Zu Ziffer 9: Auch der dieser Ziffer zugrunde liegende Artikel 20 gehört zu den Vorschriften, welche die Maxime "Demokratie als Selbstmord" bekämpfen. Wer Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitliche und demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt damit das Recht, sich auf diese Rechte zu berufen. Über diesen schweren Eingriff in die Rechte des Einzelnen kann aber in einem Rechtsstaat nur ein Gericht, und zwar das höchste, entscheiden.
Zu Ziffer 10: Diese Ziffer befaßt sich mit der Rechtskontrolle über die Untersuchungsausschüsse. Hiezu wird auf die Ausführungen  in Kap. IV (am Ende) des darstellenden Teils verwiesen.
Zu Ziffer 11: Durch diese Ziffer wird die Möglichkeit eröffnet, die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts im Wege der Bundesgesetzgebung zu erweitern, um die Fortentwicklung nicht zu verbauen. Es wird aber im Einzelfall zu entscheiden sein, ob und welchen Erfordernissen der Art. 105 bis 107 das Gesetz zu entsprechen hat.

Artikel 99. (1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und seine zu ihrer Durchführung erlassenen Anordnungen sind für alle Gerichte und sonstigen Behörden bindend.

(2) Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, durch welche die Nichtigkeit eines Gesetzes oder eines Teiles eines solchen festgestellt wird, haben Gesetzeskraft. Sie werden auf Anordnung des Vorsitzenden des Bundesverfassungsgerichts im Bundesgesetzblatt verkündet.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 99.
Die Bestimmungen dieses Artikels sollen unmittelbar geltendes Recht darstellen.
Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts müssen entsprechend der überragenden Stellung dieses Gerichtshofs für alle Gerichte und sonstigen Behörden bindend sein, auch soweit diese an einem Verfahren nicht unmittelbar beteiligt sind. Dies gilt vor allem für Entscheidungen, welche die Nichtigkeit eines Gesetzes (Gesetz hier in materiellem Sinn, also auch Rechtsverordnung) oder eines Teiles eines solchen feststellen. Solche Entscheidungen haben Gesetzeskraft und sind wie Gesetze zu verkünden. An die Stelle des Bundespräsidenten tritt hier der Vorsitzendes des Bundesverfassungsgerichts.
Das Bundesverfassungsgericht kann aber kein neues Recht setzen, auch nicht auf dem Umweg über die in Abs. 1 vorgesehenen Anordnungen. Diese erscheinen nur soweit zulässig, als sie die ordnungsgemäße Durchführung eines anhängigen Verfahrens ermöglichen und die Vollstreckung einer Entscheidung regeln oder sichern.

Artikel 100. (1) Die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden gleichmäßig durch den Bundestag und den Bundesrat (Senat), der Vorsitzende vom Bundestag und Bundesrat (Senat) gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt. Auf die Wahl des Vorsitzenden findet Art. 75 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Die Senate des Bundesverfassungsgerichts sind mit den vom Bundestag und Bundesrat (Senat) gewählten Richtern gleichmäßig zu besetzen.

(3) Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts dürfen weder dem Bundestag, dem Bundesrat (Senat), der Bundesregierung noch den entsprechenden Körperschaften eines Landes angehören.

(4) Die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichts müssen Richter der obersten Bundesgerichte und höchsten Gerichtshöfe der Länder sein. Der Vorsitzende muß die Befähigung zum Richteramte haben.

(5) Die weiteren Bestimmungen werden durch Bundesgesetz getroffen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 100.
Die Bestimmungen über die Einrichtung des Bundesverfassungsgerichts und das Verfahren sind einem besonderen Bundesgesetz überwiesen. Das Grundgesetz trifft nur die wichtigsten Bestimmungen über die Richter und den Vorsitzenden.
Entsprechend der Gleichberechtigung von Bundestag und Bundesrat (Senat) wählt jedes dieser Organe die gleiche Anzahl von Richtern , die auch in etwa gebildeten Senaten in gleicher Zahl vertreten sein müssen. Der Vorsitzende wird gemeinsam vom Bundestag und Bundesrat (Senat) gewählt. Wenn eine Übereinstimmung beider Häuser nicht zu erzielen ist, soll die Wahl von der besonderen Wahlversammlung des Art. 75 Abs. 2 vorgenommen werden.
Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts werden nach ihrer Wahl vom Bundespräsidenten ernannt; auf welche Zeitdauer die Ernennung erfolgt, ist nicht festgelegt.
Denkbar sind vier Möglichkeiten:
    Ernennung auf Lebenszeit;
    Ernennung auf die Dauer des Hauptamtes (bei Berufsrichtern);
    Ernennung auf eine feste Zeit, welche die Legislaturperiode überschneidet;
    Ernennung auf die Dauer der Legislaturperiode.
Entsprechend dem Grundsatz der Gewaltenteilung bestimmt Abs. 3, daß die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts nicht gleichzeitig Mitglieder der obersten Organe des Bundes oder eines Landes sein dürfen.
Im Konvent bestand Einigkeit darüber, daß hohe Anforderungen an die Kenntnisse und Erfahrungen der Richter zu stellen sind. Da vom Bundesverfassungsgericht schwierigste Rechtsfragen entschieden werden müssen, wurde die Auffassung vertreten, daß alle Mitglieder dieses Gerichts die Befähigung  zum Richteramt haben müssen. Demgegenüber wurde geltend gemacht, daß dieses Erfordernis einerseits nicht genüge, andererseits zu weit gehe. Das Laienelement könne nicht ausgeschlossen werden. In Abwägung der beiden Gründe wurde festgelegt, daß mindestens die Hälfte der Richter, und zwar der obersten Gerichtsbarkeit im Bund und in den Ländern, sein sollen.
Hinsichtlich des Vorsitzenden lehnte eine Minderheit das Erfordernis der Berufsrichtereigenschaft oder Befähigung zum Richteramt ab. Für die repräsentative Spitze dieses höchsten Organs, die überdies im Falle der Verhinderung des Bundespräsidenten aushilfsweise dessen Funktionen zu übernehmen habe, könnten diese Erfordernisse nicht vorgeschrieben werden. Von der anderen Seite wurde jedoch darauf hingewiesen, daß der Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts nicht nur repräsentative, sondern auch richterliche Funktionen zu erfüllen habe und deshalb Erfahrungen auf dem Gebiet der Prozeßtechnik besitzen müsse. Schließlich wurde festgelegt, daß der Vorsitzende die Befähigung zum Richteramt haben muß. Damit werden Personen, die im politischen Leben stehen und diese Voraussetzung erfüllen, aber keine Berufsrichter sind, zugelassen.
Eine Entscheidung darüber, ob die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts im Hauptamt oder im Nebenamt tätig werden sollen, wurde nicht getroffen, da dies weitgehend von noch nicht übersehbaren praktischen Gesichtspunkten abhängt.

IX. Die Gesetzgebung

Artikel 101. Jeder Ausübung der Staatsgewalt bedarf der Grundlage im Gesetz. Rechte und Pflichten der Bürger können nur durch Gesetz begründet werden. Auch der Bundeshaushalt wird durch Gesetz festgestellt.

Artikel 102. (1) Die Bundesgesetzgebung wird durch Bundestag und Bundesrat (Senat) ausgeübt.

(2) Keines der beiden Häuser kann seine Befugnis zur Gesetzgebung übertragen, auch nicht auf einen von ihm gebildeten Ausschuß. Die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen können jedoch durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnung zu erlassen, sofern Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung ausreichend im Gesetz bestimmt sind. Die Weiterübertragung der Ermächtigung kann zugelassen werden, bedarf aber selbst der Form der Rechtsverordnung.

1. Variante
Echte Bundesratslösung
2. Variante
Senatslösung
3. Variante
Abgeschwächte Bundesratslösung
Artikel 103. (1) Die Gesetzesvorlagen werden vom Bundeskanzler nach Beschlußfassung in der Bundesregierung oder aus der Mitte des Bundestages oder des Bundesrats eingebracht.

(2) Die Bundesregierung bestimmt darüber, ob ihre Vorlagen zuerst im Bundestag oder im Bundesrat oder gleichzeitig in beiden Häusern beraten werden sollen.

 


 

Artikel 103. (1) Die Gesetzesvorlagen werden vom Bundeskanzler nach Beschlußfassung in der Bundesregierung oder aus der Mitte des Bundestags oder des Senats eingebracht.

(2) Die Regierungsvorlagen werden zuerst im Senat beraten. Vorlagen aus der Mitte eines Hauses werden zuerst von diesem beraten.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 103.
Es erscheint zweckmäßig, die Vorlagen der Bundesregierung erst im Senat einzubringen, um sie durch dieses kleinere sachverständige Gremium vorberaten zu lassen, bevor sie der Gesamtvolksvertretung zur Beschlußfassung überwiesen werden.

Artikel 103. (1) Die Gesetzesvorlagen werden vom Bundeskanzler nach Beschlußfassung in der Bundesregierung oder aus der Mitte des Bundestags oder vom Bundesrat eingebracht.

(2) Die Bundesregierung bestimmt darüber, ob ihre Vorlagen zuerst im Bundestag oder im Bundesrat oder gleichzeitig in beiden Häusern beraten werden sollen.

(3) Der Bundesrat beschließt seine Vorlagen mit einfacher Mehrheit, sofern nicht nach Art. 105 bis 197 eine höhere Mehrheit erforderlich ist. Die Vorlage geht zunächst an die Bundesregierung, die sie unter Darlegung ihres Standpunktes dem Bundestag weiterleitet.


Artikel 104. (1) Ein Bundesgesetz kommt durch übereinstimmenden Mehrheitsbeschluß beider Häuser zustande.

(2) Wird kein übereinstimmender Beschluß erzielt, so kann der Bundespräsident eine besondere Versammlung einberufen, deren Zusammensetzung sich nach Art. 75 Abs. 2 bestimmt. Auf Grund der Beratung in dieser Versammlung hat in beiden Häusern eine nochmalige Beschlußfassung stattzufinden.

 

 

 

 

 


Artikel 104. (1) Ein Bundesgesetz kommt durch übereinstimmenden Mehrheitsbeschluß beider Häuser zustande.

(2) Wird kein übereinstimmender Beschluß erzielt, so beschließt der Bundestag binnen vier Wochen nach dem zuletzt gefaßten Beschluß erneut über das Gesetz. Bestätigt der Bundestag seinen früheren Beschluß mit Zweidrittelmehrheit, aber mindestens mit der Mehrheit der gesetzlichen Stimmenzahl, so ist das Gesetz beschlossen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 104.
Der Grundsatz, daß für die Verabschiedung eines Bundesgesetzes ein übereinstimmender Mehrheitsbeschluß beider Häuser erforderlich ist, ergibt sich aus dem Bundestag die Möglichkeit eingeräumt werden, mit Zweidrittelmehrheit das suspensive Veto des Senats zu überwinden. Die in Variante 3 vorgesehenen präsidialen Funktionen im Zusammenhang mit der Gesetzgebung entfallen. Das Senatsprinzip beschränkt somit die staatsoberhauptlichen Funktionen auf die sog. "Majestätsrechte".

 


Artikel 104. (1) Ein Bundesgesetz kommt zustande, wenn es vom Bundestag durch Mehrheitsbeschluß angenommen ist und entweder der Bundesrat schon zugestimmt hat oder von dem Recht des Einspruchs keinen Gebrauch macht oder sein Einspruch vom Bundestag überstimmt ist.

(2) Der Bundesrat kann das Recht des Einspruchs nur binnen eines Monats seit der Schlußabstimmung im Bundestag ausüben. Der Einspruch wird unwirksam, wenn er nicht binnen eines weiteren Monats gegenüber dem Präsidenten des Bundestags begründet wird.

(3) Über den Einspruch des Bundesrats wird vom Bundestag nach Eingang der Begründung Beschluß gefaßt. Der Einspruch ist überstimmt, wenn im Bundestag die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl dem Gesetz zustimmt. Hat jedoch der Bundesrat den Einspruch mit zwei Dritteln der gesetzlichen Stimmenzahl beschlossen, so kann der Einspruch im Bundestag nur mit zwei Dritteln der gesetzlichen Stimmenzahl überstimmt werden.


Artikel 105. (1) Ein Gesetz bedarf im Bundesrat der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl, wenn dadurch
1. eine neue Bundesoberbehörde oder eine neue bundesunmittelbare Selbstverwaltung geschaffen wird oder
2. ein neues Weisungsrecht des Bundes gegenüber Landesbehörden eingeführt wird oder
3. Ausgaben für neue Zwecke auf den Bundeshaushalt übernommen werden.

(2) Ein Gesetz, durch das ein bundeseigener Behördenunterbau neu geschaffen wird, bedarf der einstimmigen Annahme im Bundesrat.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 105.
Nicht entschieden wurde die Frage, ob gesetzliche Überführungen in das Gemeineigentum des Bundes, die nach Artikel 36 Ziff. 24 möglich sind, im Sinne des Artikels 105 systemverschiebend sind. Dabei überwog die Meinung, daß man mit einer unmittelbaren Sozialisierung von Unternehmen kaum zu rechnen habe, wohl aber mit der Überführung etwa der Kohle- oder Energiewirtschaft auf Rechtsträger, die unter dem beherrschenden Einfluß des Bundes stehen und deren Erträge ihm zugute kommen. Durch solche Gesetze kann sowohl die Machtlage im allgemeinen wie auch die Finanzverfassung entscheidend zuungunsten der Länder beeinflußt werden, da der Bund über seine Erwerbseinnahmen im Rahmen des Haushalts frei verfügt. Der Fall wird daher den in Artikel 105 Abs. 1 schon geregelten gleich zu stellen sein.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 105. Abs. 1 Ziff. 3.
Neu ist jeder Zweck, der nicht durch das Grundgesetz oder durch eine frühere Zustimmungserklärung des Bundesrats der Bundeshaushaltung zugewiesen ist. Es wird sich empfehlen, zu bestimmen, daß solche Zustimmungserklärungen des Bundesrats, die die Bedeutung kleiner Verfassungsänderungen haben, im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen sind. Dadurch würde auch erreicht, daß sie sich deutlich unterscheiden von der bloßen Genehmigung eines Haushaltspostens im laufenden Haushaltsjahr, die als solche natürlich noch nicht die Bedeutung haben kann, daß von nun an eine ganze neue Gruppe von Ausgaben in die Finanzierungsbefugnis des Bundes übergegangen sein solle.
 


Artikel 105.
entfällt.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 105.
Diese Bestimmungen der 1. und 3. Variante fallen bei der 2. Variante fort, da sie nur im System des Bundesrats zu begründen sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 


Artikel 105. (1) Ein Gesetz bedarf im Bundesrat der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl, wenn dadurch
1. eine neue Bundesoberbehörde oder eine neue bundesunmittelbare Selbstverwaltung geschaffen wird oder
2. ein neues Weisungsrecht des Bundes gegenüber Landesbehörden eingeführt wird oder
3. Ausgaben für neue Zwecke auf den Bundeshaushalt übernommen werden.

(2) Ein Gesetz, durch das ein bundeseigener Behördenunterbau neu geschaffen wird, bedarf im Bundesrat der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 105.
Nicht entschieden wurde die Frage, ob gesetzliche Überführungen in das Gemeineigentum des Bundes, die nach Artikel 36 Ziff. 24 möglich sind, im Sinne des Artikels 105 systemverschiebend sind. Dabei überwog die Meinung, daß man mit einer unmittelbaren Sozialisierung von Unternehmen kaum zu rechnen habe, wohl aber mit der Überführung etwa der Kohle- oder Energiewirtschaft auf Rechtsträger, die unter dem beherrschenden Einfluß des Bundes stehen und deren Erträge ihm zugute kommen. Durch solche Gesetze kann sowohl die Machtlage im allgemeinen wie auch die Finanzverfassung entscheidend zuungunsten der Länder beeinflußt werden, da der Bund über seine Erwerbseinnahmen im Rahmen des Haushalts frei verfügt. Der Fall wird daher den in Artikel 105 Abs. 1 schon geregelten gleich zu stellen sein.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 105. Abs. 1 Ziff. 3.
Neu ist jeder Zweck, der nicht durch das Grundgesetz oder durch eine frühere Zustimmungserklärung des Bundesrats der Bundeshaushaltung zugewiesen ist. Es wird sich empfehlen, zu bestimmen, daß solche Zustimmungserklärungen des Bundesrats, die die Bedeutung kleiner Verfassungsänderungen haben, im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen sind. Dadurch würde auch erreicht, daß sie sich deutlich unterscheiden von der bloßen Genehmigung eines Haushaltspostens im laufenden Haushaltsjahr, die als solche natürlich noch nicht die Bedeutung haben kann, daß von nun an eine ganze neue Gruppe von Ausgaben in die Finanzierungsbefugnis des Bundes übergegangen sein solle.
 


Artikel 106. (1) Ein Gesetz, das das Grundgesetz ändert, bedarf im Bundestag und Bundesrat (Senat) der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Stimmenzahl und außerdem der Annahme durch Volksentscheid. Das Gesetz ist nur dann angenommen, wenn am Volksentscheid mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten teilgenommen hat und wenn die Mehrheit der Abstimmenden sowohl insgesamt wie auch in der Mehrzahl der Länder für die Annahme gestimmt hat.

(2) Anträge auf Gesetze, die mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, sind erst zulässig, wenn zuvor ein besonderes Gesetz verkündet ist, das den Text des Grundgesetzes entsprechend ändert.


Artikel 107. Ein Gesetz, durch das von der bundesstaatlichen Grundordnung abgegangen wird, bedarf außer den sonstigen Erfordernissen des Art. 106 der einstimmigen Annahme im Bundesrat.

Artikel 107. entfällt.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 107.
Diese Bestimmungen der 1. und 3. Variante fallen bei der 2. Variante fort, da sie nur im System des Bundesrats zu begründen sind.


Artikel 107. Ein Gesetz, durch das von der bundesstaatlichen Grundordnung abgegangen wird, bedarf außer den sonstigen Erfordernissen des Art. 106 der einstimmigen Annahme im Bundesrat.

Artikel 108. Anträge auf Änderungen des Grundgesetzes, durch die die freiheitliche und demokratische Grundordnung beseitigt würde, sind unzulässig.

Artikel 109. (1) Die gemäß den Grundgesetz zustande gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten ausgefertigt und auf seine Anordnung im Bundesgesetzblatt verkündet. Rechtsverordnungen (Art. 102 Abs. 2 Satz 2) werden von der erlassenen Stelle unter Anführung der gesetzlichen Grundlage der Ermächtigung ausgefertigt und auf ihre Anordnung im Gesetzblatt verkündet.

(2) In jedem Gesetz soll der Tag bestimmt sein, an dem es in Kraft tritt. Fehlt eine solche Bestimmung, so tritt es mit Beginn des vierzehnten Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben ist.

Artikel 110. Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein Gesetz gemäß diesem Grundgesetz zustande gekommen ist und ob ein Gesetzesantrag unter die Vorschriften der Art. 105 bis 108 fällt, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Das Nähere, insbesondere das Antragsrecht, wird durch Gesetz geregelt.

Artikel 111. (1) Bei drohender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Bundesgebiet kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (Senats) im Rahmen der Bundeszuständigkeit Notverordnungen mit Gesetzeskraft erlassen. Die Artikel 105 bis 108 bleiben unberührt. Die Verordnungen treten außer Kraft, wenn sie nicht binnen vier Wochen vom Bundestag oder seinem ständigen Ausschuß bestätigt werden.

(2) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 können auch die Landesverfassungen ungeachtet des Art. 29 Abs. 3 ein Notverordnungsrecht der Landesregierungen vorsehen.

(3) Ist durch die drohende Gefahr der Bestand des Bundes oder seiner freiheitlichen und demokratischen Grundordnung in Frage gestellt, so können durch Gesetz bei Verhinderung der gesetzgebenden Organe auch durch Verordnung nach Abs. 1, die Grundrechte der Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 7 Abs. 1), der Pressefreiheit (Art. 7 Abs. 2), der Versammlungsfreiheit (Art. 8), der Vereinigungsfreiheit (Art. 9) und das Grundrecht des Postgeheimnisses (Art. 11) befristet außer Kraft gesetzt werden. In dem Gesetz oder der Verordnung müssen die außer Kraft gesetzten Grundrechte sowohl namentlich wie mit ihrer Artikelzahl bezeichnet sein. Eine Verordnung tritt, auch wenn sie gemäß Abs. 1 Satz 3 bestätigt wurde, auf Beschluß des Bundestags oder seines ständigen Ausschusses außer Kraft.

(4) Verordnungen nach Abs. 3 können auch die Landesregierungen erlassen, wenn ein Bundesgesetz oder eine Verordnung der Bundesregierung nicht rechtzeitig erwirkt werden kann. Die Verordnung der Landesregierung kann jederzeit von der Bundesregierung aufgehoben werden; sie tritt spätestens nach zwei Wochen außer Kraft.

(5) Solange gemäß Abs. 3 oder 4 Grundrechte außer Kraft gesetzt sind, dürfen politische Wahlen nicht stattfinden. Die Wahlperioden werden entsprechend verlängert.

(6) Die in diesem Artikel vorgesehenen Verordnungen und Bestätigungen sowie das Außerkrafttreten solcher Verordnungen sind in den Gesetzblättern zu verkünden. Ist dies nicht möglich, so genügt jede andere Form der allgemeinen Bekanntgabe, die gewährleistet, daß der genaue Wortlaut festgehalten wird. Die Verkündung im Gesetzblatt ist unverzüglich nachzuholen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 111.
Die Zustimmung des Bundesrats bedarf gegebenenfalls der in Art. 105 vorgeschriebenen qualifizierten Stimmenmehrheit. Änderungen des Grundgesetzes durch Notverordnungen kommen nicht in Betracht.

X. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung

Artikel 112. Soweit die Ausführung der Bundesgesetze Sache einer bundeseigenen Verwaltung oder einer bundesunmittelbaren Selbstverwaltung ist, erlassen die Bundesregierung und nach Maßgabe ihrer Geschäftsordnung die einzelnen Bundesminister die notwendigen Durchführungsverordnungen und Einzelanweisungen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 112.
Soweit die Durchführungsverordnungen Rechtsverordnungen sind, ist selbstverständlich eine gesetzliche Ermächtigung nach Art. 102 Abs. 2 Satz 2 Voraussetzung.

Artikel 113. Soweit die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder nach Weisung des Bundes erfolgt, bedürfen die Durchführungsverordnungen der Bundesregierung der Zustimmung des Bundesrats (Senats). Die Organisation der Behörden bleibt im Rahmen der einschlägigen Bundesgesetze Sache der Länder. Die Landesbehörden unterstehen den Anweisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden.

Artikel 114. (1) Soweit die Ausführung der Bundesgesetze eigene Sache der Länder ist, gilt für Durchführungsordnungen Art. 113 Satz 1 entsprechend.

(2) Die Bundesregierung und nach Maßgabe ihrer Geschäftsordnung die einzelnen Bundesminister üben die Aufsicht über die Durchführung der Gesetze in den Ländern aus. Die Bundesregierung kann zu diesem Zweck Beauftragte zu den obersten Landesbehörden und mit deren Zustimmung auch zu den unteren Behörden entsenden.

(3) Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetz in den Ländern feststellt, werden von ihr erforderlichenfalls im Bundesrat zur Sprache gebracht. Die Bundesregierung kann verlangen, daß der Bundesrat darüber beschließt, ob das Land durch die Art seiner Ausführung das Gesetz verletzt hat. Das Recht beider Teile, das Bundesverfassungsgericht oder nach näherer gesetzlicher Bestimmung ein anderes oberstes Bundesgericht anzurufen, bleibt unberührt.

Artikel 115. (1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetz oder einem anderen Bundesgesetz obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (Senats) das Land im Wege des Bundeszwangs zur Erfüllung seiner Pflichten anhalten. Die Zustimmung des Bundesrats (Senats) bedarf der Mehrheit der gesetzlichen Stimmenzahl.

(2) Im Rahmen des Bundeszwangs hat die Bundesregierung oder ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber allen Ländern und ihren Behörden.

Artikel 116. (1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der auswärtige Dienst, die Bundeseisenbahnen und die Bundespost.

Fassung a Fassung b
(2) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, im Falle des Bedarfs selbständige Bundesoberbehörden errichtet werden. (2) Als Bundesbehörden ohne eigenen Verwaltungsunterbau können die in der Anlage zum Grundgesetz aufgeführten Ministerien und sonstigen Stellen eingerichtet werden.

(3) Als bundesunmittelbare Selbstverwaltungseinrichtungen werden diejenigen sozialen Versicherungsträger eingerichtet, in deren Bereich der Gefahrenausgleich nur bei einheitlicher Zusammenfassung für das ganze Bundesgebiet gewährleistet ist.

(4) Außerdem besteht eine Bundeswährungsbank.

(5) Artikel 105 bleibt unberührt.

Artikel 117. (1) Die Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs sowie das Post- und Fernmeldewesen werden als einheitliche Verkehrsanstalten des Bundesverwaltung.

(2) Die besonderen wirtschaftlichen und Verkehrsbedürfnisse der Länder sind zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck haben die Verwaltungen der Bundesbahn und der Bundespost je einen ständigen Vertreter bei den Landesregierungen zu bestellen. Gehört das Gebiet eines Landes zu mehr als einem Eisenbahndirektionsbezirk, so sind die Einrichtungen der Bundesbahn und der Bundespost in diesem Land auf Antrag unter eine gemeinsame Verwaltungsspitze zu stellen.

(3) Wird die Bundesbahn in eine andere Verwaltungsform als die der Bundesverwaltung übergeführt, so gelten diese Bestimmungen entsprechend.

Artikel 118. (1) Der Bund ist Eigentümer der dem allgemeinen Verkehr dienenden bisherigen Reichswasserstraßen.

(2) Der Bund soll auf Antrag die Verwaltung einer solchen Wasserstraße für die Strecke, in der sie lediglich das Gebiet eines einzigen Landes berührt, auf dieses Land übertragen. Wenn sich eine Wasserstraße über das Gebiet von zwei oder mehr Ländern erstreckt oder es berührt, kann der Bund nach Anhörung aller beteiligten Länder mit der verwaltung dieser Wasserstraße ein von ihm zu bestimmendes Land beauftragen, falls dieses Land bereit ist, die Verwaltung zu führen. Länder, denen die Verwaltung einer Wasserstraße übertragen ist, müssen dabei den Bedürfnissen aller an der Wasserstraße beteiligten Länder und des Bundes Rechnung tragen und die Weisungen des Bundes befolgen.

Artikel 119. Die Rechtsverhältnisse der Bundesbeamten und der sonstigen Bundesbediensteten einschließlich der Bediensteten der bundesunmittelbaren Selbstverwaltungen werden durch Bundesgesetz geregelt.

Artikel 120. (1) Verletzt ein Bediensteter des Bundes in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt seine Amtspflicht, so trifft die Schadensersatzpflicht ausschließlich den Bund. Dem Bund steht der Rückgriff gegen den Bediensteten zu, wenn diesen ein grobes Verschulden trifft. Der Schadenersatzanspruch gegen den Bund kann im ordentlichen Rechtsweg verfolgt werden.

(2) Abs. 1 gilt entsprechend für Bedienstete einer bundesunmittelbaren Selbstverwaltung.

XI. Das Finanzwesen


Artikel 121.
(1) Der Bund trägt insbesondere
1. die Kosten der Bundesverwaltung einschließlich der Kosten für eine Verwaltung, die die Länder nach den Weisungen des Bundes führen;
2. die Kosten der Besatzung und die sonstigen äußeren und inneren Kriegsfolgelasten;
3. die Lasten der  Sozialversicherung mit Einschluß der Arbeitslosenversicherung und die Lasten der Arbeitslosenfürsorge, soweit die Sozialversicherungsträger Mittel des öffentlichen Haushalts in Anspruch nehmen müssen.
 
ALTERNATIVE:
Artikel 121. (1) Der Bund trägt
1. die Kosten der Bundesverwaltung einschließlich der Kosten für eine Verwaltung, die die Länder nach den Weisungen des Bundes führen;
2. die Kosten der Besatzung und die sonstigen äußeren und inneren Kriegsfolgelasten;
3. die Lasten der  Sozialversicherung mit Einschluß der Arbeitslosenversicherung und die Lasten der Arbeitslosenfürsorge, soweit die Sozialversicherungsträger Mittel des öffentlichen Haushalts in Anspruch nehmen müssen;
...weiterer, erschöpfender Katalog.

 

Artikel 122. (1) Der Bund bestreitet seine Ausgaben aus:
1. den Ablieferungen der Bundesbahn und der Bundespost mit dem Einschluß des Fernmeldewesens;
2. seinen Verwaltungseinnahmen und Erwerbseinkünften;

Vorschlag a:

Vorschlag b:

3. dem Aufkommen der Zölle, der Verbrauchssteuern, der Einkommensteuern, der Umsatzsteuer, der Beförderungssteuer und der Versicherungssteuer.
    (2) Die Länder dürfen innerhalb der Grenzen der bundesgesetzlichen Steuergesetze Zuschläge zu den Einkommensteuern erheben.

 

 

 

3. dem Aufkommen der Zölle, der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchssteuern, der Beförderungssteuer und der Versicherungssteuer.
    (2) Soweit die Ausgaben des Bundes durch seine Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie aus dem Aufkommen der Umsatzsteuer zu decken. Der Anteil des Bundes am Aufkommen der Umsatzsteuer wird jährlich durch das Haushaltsgesetz festgestellt.
    (3) Soweit die Einnahmen des Bundes seine Ausgaben übersteigen, sind sie den Ländern je zur Hälfte nach dem Verhältnis ihrer Bevölkerungszahl und ihres Aufkommens an den Verbrauchssteuern des Bundes zu überweisen. Entsprechendes gilt für den betrag, um den sich der Aufwand für äußere Kriegsfolgelasten in einem Rechnungsjahr gegenüber dem Aufwand im vorausgegangenen Rechnungsjahr gemindert hat.

 

Vorschlag a:

Vorschlag b:

Vorschlag c:

Artikel 123. (1) Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und derjenigen Steuern, deren Aufkommen dem Bund zustehet, wird den Ländern als eigene Angelegenheit zugewiesen.

(2) Der Bund überwacht den Vollzug der Zollgesetze sowie der Steuergesetze auf den Gebieten, auf denen ihm das Recht der Gesetzgebung zusteht, deren Beauftragte bei den Zoll- und Steuerbehörden der Länder.

(3) Der Bund vergütet den Ländern einen bestimmten Hundertsatz für die Verwaltung und  Erhebung sowie einen nach der Lände der Zollgrenzen zu bemessenden Betrag.

Artikel 123. Die Zölle und diejenigen Steuern, deren Aufkommen dem Bund oder den Ländern zufließt, werden vom Bund verwaltet. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

 

 

 


 

Artikel 123. (1) Die Länder erheben und verwalten für den Bund diejenigen Zölle und Steuern, deren Aufkommen dem Bund zusteht, nach dessen Weisung.

(2) Der Bund vergütet den Ländern einen bestimmten Hundertsatz für die Verwaltung und Erhebung sowie einen nach der Länge der Zollgrenzen zu bemessenden Betrag.

 


 

Artikel 124. (1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes müssen für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingesetzt werden.

(2) Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Rechnungsjahres durch Gesetz festgestellt. Er ist in Einnahme und Ausgabe auszugleichen. Die Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt; sie können in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt werden. Im übrigen sind Vorschriften im Bundeshaushaltsgesetz unzulässig, die über das Rechnungsjahr hinausgehen oder sich nicht auf die Einnahmen und Ausgaben des Bundes oder seiner Verwaltung beziehen.

(3) Ist bis zum Schluß eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so ist bis zu einem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt, alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind,
1. um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen;
2. um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen;
3. um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits bewilligte Beiträge noch verfügbar sind.

Varianten: Senatslösung und Abgeschwächte Bundesratslösung Variante: Echte Bundesratslösung
(4) Der Bundestag kann im Entwurf des Haushaltsplanes ohne Zustimmung des Bundesrats Ausgaben nicht erhöhen oder neu einsetzen. (4) entfällt.
 

(5) Beschlüsse des Bundestages oder des Bundesrats, welche die im Entwurf des Haushaltsplanes eingesetzten Aufgaben erhöhen, sind auf Verlangen der Bundesregierung noch einmal zu beraten. Diese Beratung darf ohne Zustimmung der Bundesregierung nicht vor Ablauf von zwei Wochen stattfinden.

(6) Maßnahmen, welche Ausgaben verursachen, für die im Haushaltsplan kein entsprechender betrag bereitgestellt ist, dürfen vom Bundestag oder Bundesrat nur beschlossen werden, wenn gleichzeitig die Deckung der Mehrausgaben beschlossen wird. Entsprechend gilt für die Beschlußfassung über Maßnahmen, die Einnahmeausfälle zur Folge haben.

Artikel 125. Über die Verwendung aller Bundeseinnahmen legt der Bundesminister der Finanzen im folgenden Rechnungsjahr zur Entlastung der Bundesregierung dem Bundestag und dem Bundesrat (Senat) Rechnung. Die Rechnungsprüfung obliegt einem mit richterlichen Unabhängigkeit ausgestatteten Rechnungshof. Das Nähere regelt das Gesetz.

Artikel 126. Im Wege des Kredits dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf beschafft werden. Alle Kreditbeschaffungen und Kreditgewährungen oder Sicherheitsleistungen zu Lasten des Bundes, deren Wirkung über ein Rechnungsjahr hinausgeht, bedürfen eines Gesetzes.

Artikel 127. Festsetzungen der bundeseigenen oder vom Bund beherrschten Unternehmen und Verwaltungen, welche Tarife und Preise, Benützungs- und Belieferungsbedingungen regeln, sowie Festsetzungen bundesunmittelbarer Selbstverwaltungen über Beiträge und Leistungen und über die Voraussetzungen der Zugehörigkeit, bedürfen, soweit sie nicht im Wege der Gesetzgebung getroffen werden, der Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats (Senats). Beide Häuser können ihre Befugnisse auf einen Ausschuß übertragen.

XII. Die Rechtspflege

Artikel 128. Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt durch Gerichte der Länder und, soweit es dieses Grundgesetz bestimmt oder zuläßt, durch Bundesgerichte.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 128.
Im Gegensatz zu Art. 103 der Weimarer Verfassung, der sich nur mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit befaßte, regelt Art. 128 die Gerichtsbarkeit ganz allgemein. Er statuiert die Gerichtshoheit der Länder und stellt sie in den Vordergrund. Eine Gerichtshoheit des Bundes ist nur in den Fällen gegeben, die durch das Grundgesetze (vergleiche hierzu Art. 129) festgelegt sind.

Artikel 129. (1) Soweit über die Anwendung von Bundesrecht zu entscheiden ist, wird die oberste Verfassungsgerichtsbarkeit, die oberste Verwaltungsgerichtsbarkeit, die oberste Dienststrafgerichtsbarkeit bei Dienstvergehen gegen den Bund, die oberste ordentliche Gerichtsbarkeit einschließlich der Arbeitsgerichtsbarkeit sowie die oberste Gerichtsbarkeit bei Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden durch ein oder mehrere oberste Bundesgerichte ausgeübt.

(2) Zur Ausführung des Abs. 1 kann durch Bundesgesetz bestimmt werden, daß das oberste Gericht eines Landes, wenn es bei der Auslegung einer Bestimmung dieses Grundgesetzes oder sonstigen Bundesrechts von der Entscheidung eines obersten Gerichts eines anderen Landes oder, wenn über die Rechtsfrage bereits eine Entscheidung eines obersten Bundesgerichts ergangen ist, von dieser abweichen will, unter Begründung seiner Rechtsauffassung die Entscheidung des entsprechenden obersten Bundesgerichts herbeizuführen hat. Dessen Entscheidung ist für das Gericht des Landes bindend.

(3) Untere Bundesgerichte können nur für Streitigkeiten über Anordnungen von Bundesverwaltungsbehörden und für Dienststrafverfahren gegen Bundesbeamte gerichtet werden.

(4) Durch Landesgesetz kann einem bestehenden obersten Bundesgericht in solchen Sachen, bei denen über die Anwendung von Landesrecht zu entscheiden ist, die Entscheidung für den letzten Rechtszug zugewiesen werden.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 129.
Während Art. 128 nur den allgemeinen Grundsatz aufstellt, daß Bundesgerichte zulässig sind, für ihre Einrichtung aber eine Bestimmung im Grundgesetz fordert, gibt Art. 129 die Grundlage für die Errichtung bestimmter Bundesgerichte.
Abs. 1 beschäftigt sich mit den obersten Bundesgerichten. Grundsätzlich sind nur oberste Bundesgerichte und nur zur Entscheidung über Fragen des Bundesrechts zulässig. Hier bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein einheitliches oberstes Bundesgericht für sämtliche Sachgebiete des Bundesrechts zu schaffen sei oder ob verschiedene oberste Bundesgerichte errichtet werden sollen. Die vertretenen Meinungen und die für sie vorgebrachten gründe sind im darstellenden Teil (Kapitel XII) dargelegt. Zum Ausgleich der widersprechenden Ansichten, die sich aber alle in dem Ziel einig sind, daß möglichst bald eine Rechtseinheit geschaffen werden müsse, wurde die vorliegende Fassung gewählt, welche die Entscheidung der Frage offenläßt und es dem Bundesgesetzgeber anheimstellt, ein oberstes Bundesgericht oder mehrere oberste Bundesgerichte für bestimmte Sachgebiete zu schaffen.
Als solche besonderen Sachgebiete sind festgestellt:
    1. Die Verfassungsgerichtsbarkeit.
    2. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, zu der auch die Finanzgerichtsbarkeit zählt.
    3. Die Dienststrafgerichtsbarkeit.
    4. Die ordentliche Gerichtsbarkeit, wobei zum Ausdruck gebracht wird, daß die Arbeitsgerichtsbarkeit wieder zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gezogen werden soll. Auf die möglichst baldige Schaffung einer Rechtseinheit auf dem Gebiet des bürgerlichen und Strafrechts wird von allen Seiten besonders hingewiesen.
    5. Die Kompetenzkonfliktsgerichtsbarkeit.
Absatz 2 eröffnet die Gesetzgebung die Möglichkeit, die obersten Bundesgerichte als Spruchstellen auszugestalten. Zu diesem Begriff vgl. den darstellenden Teil, Kapitel XII.
Absatz 3 bringt eine genaue begrenzte Durchbrechung des Grundsatzes des Absatzes 1, daß Bundesgerichte nur als oberste Gerichte errichtet werden dürfen. Unter Bundesverwaltungsbehörden im Sinne dieses Absatzes sind nur echte Bundesbehörden, nicht aber Länderbehörden, die im Namen des Bundes Bundesangelegenheiten wahrnehmen, zu verstehen.
Absatz 4 stellt eine Durchsuchung des Grundsatzes des Abs.1 dar, daß oberste Bundesgerichte nur über Bundesrecht zu entscheiden haben.

Artikel 130. Zur Wahrung der Bundesbelange bei der Anwendung von Bundesrecht durch Gerichte der Länder kann durch Bundesgesetz bestimmt werden, daß in Straf- und Verwaltungsstreitsachen sowie in Dienststrafverfahren wegen Vergehen gegen den Bund eine Bundesbehörde die Befugnis der Anklagebehörden oder des Vertreters des öffentlichen Interesses ganz oder teilweise übernehmen und ein zulässiges Rechtsmittel selbständig bei dem zuständigen obersten Bundesgericht einlegen kann, auch wenn sie sich am bisherigen Verfahren nicht beteiligt hat.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 130.
Wie schon im darstellenden Teil ausgeführt, entspringt Art. 130 dem Überwachungs- und allenfallsigen Weisungsrecht des Bundes gegenüber den Verwaltungsbehörden der Länder, soweit diese Bundesgesetze auszuführen haben, und dem Ziel, den Bundeszwang als letztes Mittel zur Durchsetzung dieses Rechts auf die äußersten Fälle zu beschränken.
Deshalb soll es einer Bundesbehörde ermöglichen Interesses in Verfahren vor Ländergerichten, soweit die Anwendung von Bundesrecht in Betracht kommt, oder in Dienststrafverfahren wegen Vergehen gegen den Bund zu übernehmen, insbesondere eine Sache im letzten Rechtszug vor das entsprechende oberste Bundesgericht zu bringen. Der Konvent ist sich aber darüber einig, daß eine neue Instanz dadurch nicht geschaffen wird. Die Bundesbehörde soll nur die Möglichkeit erhalten, ein an sich schon gegebenes Rechtsmittel an Stelle oder neben der zuständigen Landesbehörde einlegen zu können, auch wenn sie am bisherigen Verfahren nicht beteiligt war.
Die Bundesbehörde, welche die Befugnis der Anklagebehörde oder des Vertreters des öffentlichen Interesses übernehmen kann, ist auch nicht generell bestimmt. Vorschriften hierüber müssen in dem Bundesgesetz, durch welches diese Regelung, überhaupt erst eingeführt wird (Art. 130 ist nur Grundlage, schreibt dieses Verfahren aber selbst nicht vor), getroffen werden. Dabei wird vorzusehen sein, daß als Anklagebehörde oder Vertreter des öffentlichen Interesses nur eine Bundesbehörde bestimmt werden kann, die an den Verfahren nicht interessiert ist. Dies würde sonst zu dem mit unserem Rechtssystem schwer zu vereinbarenden Ergebnis führen, daß ein am Verfahren Interessierter staatsanwaltschaftliche Funktionen erhält. Falls z. B. gegen einen Beamten einer Landesfinanzverwaltung ein Dienststrafverfahren wegen Nichtdurchführung einer Anordnung der Bundesfinanzverwaltung schwebt, darf nicht eine Bundesfinanzbehörde mit dem Anklagevertretung betraut werden, wohl aber z. B. ein Mitglied der Anklagebehörde beim obersten Bundesgericht, allenfalls noch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft beim obersten Bundesfinanzgericht.

Artikel 131. (1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete sind nur kraft gesetzlicher Bestimmung unzulässig.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 131.
Diese Bestimmung geht zurück auf Art. 105 der Weimarer Verfassung. Der für die ordentliche Gerichtsbarkeit ohnehin geltende Grundsatz wird auf die gesamte Gerichtsbarkeit ausgedehnt und mit verfassungsrechtlichem Schutz ausgestattet.
Unter Ausnahmegerichten sind durch die Regierung oder Verwaltung für bestimmte Einzelfälle oder Gruppen von Einzelfällen eingesetzte Gerichte zu verstehen, mit denen sich die Gefahr oder der Verdacht verbindet, daß die Gerichtsmitglieder mit einer bestimmten Tendenz ausgewählt sind. Im Gegensatz dazu steht der "gesetzliche Richter", der durch abstrakte Norm und daher ohne Rücksicht auf die Person der Beteiligten bestimmt ist.
An Stelle des in der nationalsozialistischen zeit mißbrauchten und dadurch in Mißkredit geratene Ausdrucks "Sondergerichte" wird in Absatz 2 die Bezeichnung "Gerichte für besondere Sachgebiete" gewählt. Es sind solche Gerichte, die durch abstrakte Normen für bestimmte sachlich umscheibene Gruppen von Rechtsfällen vorgesehen werden. Beispiele: Arbeitsgerichte, Jugendgerichte, Gerichte auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 usw.

Artikel 132. Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz und ihrem Gewissen unterworfen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 132.
Diese Bestimmung geht weiter als Art. 102 der Weimarer Verfassung. Sie stellt wie dieser den Grundsatz der sachlichen Unabhängigkeit der Rechtspflege auf, unterwirft aber den Richter nicht nur dem positiven Gesetz, sondern auch seinem gewissen, d. h. der Richter hat die Vereinbarkeit des positiven Rechts mit dem ungeschriebenen Recht zu prüfen. Diese Formulierung soll aber keineswegs etwa eine Wiedereinführung des sogenannten "gesunden Volksempfindens" bedeutet. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Kopula "und".
Da unbestritten ist, daß die Richter lediglich hinsichtlich der Ausübung der richterlichen Gewalt, nicht hinsichtlich ihrer sonstigen Tätigkeit, auf dem Gebiet der Justizverwaltung unabhängig sein sollen, wurde ein Antrag, die Fassung des Art. 87 der Verfassung von Württemberg-Baden zu übernehmen, nach der die richterliche Gewalt durch unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Gerichte ausgeübt wird, fallen gelassen.

Artikel 133. (1) Die Richter können gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, die gesetzlich bestimmt sind, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können die Richter an ein anderes Gericht versetzt oder vom Amt entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehalts. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung die Richter in den Ruhestand treten.

(2) Die planmäßigen Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden auf Lebenszeit bestellt.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 133.
Diese Bestimmung geht zurück auf Art. 104 der Weimarer Verfassung; dessen Inhalt ist nunmehr auf alle Richter ohne Unterschied ausgedehnt. Er normiert die persönliche Unabhängigkeit der Richter, d. h. ihre Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit gegen ihren Willen. Vorbehalten bleiben dagegen wie bisher die gesetzlichen Fälle, über deren Vorliegen aber stets ein Gericht in genau geregeltem Verfahren entscheiden muß, die Versetzung und Entfernung vom Amt bei Änderung der Gerichtsorganisation und die Bestimmung einer Altergrenze.
Unter Abs. 1 fallen auch die Laienrichter, z. B. Handelsrichter, Schöffen und Geschworene. Dagegen ist in Abs. 2 bestimmt, daß nur die planmäßigen Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf Lebenszeit bestellt (ernannt oder gewählt) werden. Die Planmäßigkeit eines Richters ergibt sich aus den einschlägigen beamtenrechtlichen Bestimmungen. Die Bestellung von Richtern für besondere Sachgebiete auf Lebenszeit soll durch Abs. 2 nicht ausgeschlossen werden; sie ist auf Grund Gesetzes zulässig, aber nicht mit verfassungsrechtlichem Schutz ausgestattet.

Artikel 134. (1) Die Verhandlungen vor allen Gerichten sind öffentlich.

(2) Bei Gefährdung der Staatssicherheit oder der öffentlichen Sittlichkeit kann die Öffentlichkeit durch Gerichtsbeschluß ausgeschlossen werden. Für Ehesachen ist eine gleiche Regelung durch Gesetz zulässig.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 134.
Diese Vorschrift geht zurück auf Art. 90 der Bayerischen Verfassung und Art. 117 der Badischen Verfassung. In der Weimarer Verfassung war eine solche Bestimmung nicht enthalten. Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen ist ein wichtiges Prinzip des Rechtsstaats. Entsprechend seiner sonstigen Einstellung hatte der Nationalsozialismus dieses Prinzip weitgehend eingeschränkt. Es erscheint daher geboten, diesen Grundsatz hervorzuheben und unter den Schutz des Grundgesetzes zu stellen. Nur für Einzelfälle werden unvermeidliche Ausnahmen zugelassen.
Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 sollen unmittelbar geltendes Recht darstellen. Dagegen enthält Abs. 2 Satz 2 lediglich eine Ermächtigung für den Gesetzgeber, eine gleiche Regelung für Ehesachen einzuführen; auch eine bereits bestehende Regelung wird dadurch gedeckt. Zweckmäßig erscheint dies deshalb, weil gerade in Ehesachen häufig höchstpersönliche Angelegenheiten behandelt werden müssen, deren Erörterung vor der Öffentlichkeit, auch wenn sie nicht die öffentliche Sittlichkeit gefährdet, unerwünscht ist.

Artikel 135. (1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Jeder Angeklagte kann sich eines Verteidigers bedienen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 135.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht und auf einem Verteidiger ist für den Rechtsstaat an sich selbstverständlich. Aber angesichts der Vorkommnisse in der jüngsten Vergangenheit erscheint es dem Ausschuß angebracht, beide Rechte unter den besonderen Schutz des Grundgesetzes zustellen.

Artikel 136. (1) Eine Handlung kann nur dann mit Strafe belegt werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde.

(2) Niemand darf wegen derselben Tat zweimal gerichtlich bestraft werden.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 136.
Abs. 1 entspricht wörtlich Art. 116 der Weimarer Verfassung und hat dieselbe Bedeutung.
Abs. 2 stattet den Grundsatz "ne bis in idem" mit verfassungsrechtlichem Schutz aus. Vorbilder: Württemberg-Baden Art. 4 Abs. 3, Hessen Art. 22 Abs. 3, Bayern Art. 104 Abs. 2, Württemberg-Hohenzollern Art. 17 Abs. 3. Dieser Grundsatz gilt aber nur für gerichtliche Strafen. Er schließt also beispielsweise das Nebeneinander einer gerichtlichen und einer Disziplinarstrafe nicht aus, die ja beide eine ganz verschiedene Rechtsgrundlage haben, dort das allgemeine Verhältnis des Einzelnen zum Staat, hier ein besonderes Gewaltverhältnis.

Artikel 137. (1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei seiner Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so hat es das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des Verfassungsgerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Das letztere gilt auch, wenn ein Gericht ein Landesgesetz mit einem Bundesgesetz für unvereinbar hält.

(2) Die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetz kann bei jedem Gericht und von jedem am Verfahren Beteiligten geltend gemacht werden. Im Verfahren vor dem Verfassungsgericht hat diejenigen Partei, die sich auf die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetz berufen hat, das Recht auf Gehör.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 137.
Bereits im darstellenden Teil ist dargelegt, daß durch Art. 137 die Frage des richterlichen Prüfungsrechts dahin geregelt ist, daß nicht der einzelne Richter die Prüfung der Gültigkeit eines Gesetzes (im materiellen Sinn) vorzunehmen, sondern im Zweifelsfall die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (für Fragen des Bundesrechts) oder des Landesverfassungsgerichts (hinsichtlich einer Landesverfassung) einzuholen hat.
Das Verfassungsgericht hat ein Prüfungsrecht sowohl nach der formellen wie nach der materiellen Seite. In diesem umfassenden Prüfungsrecht liegt eine wichtige Garantie für die Einhaltung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen.
Abs. 2 Satz 1 begründet ein Recht der am Verfahren beteiligten Einzelpersonen; die Durchsetzung dieses Rechts ist in dem nach Abs. 3 vorbehaltenen Bundesgesetz zu regeln.
Abs. 2 Satz 2 bringt eine Wiederholung des Grundsatzes des Art. 135 Abs. 1 (Recht auf rechtliches Gehör" für diesen Sonderfall.

Artikel 138. (1) Wer sich durch eine Anordnung oder durch die Untätigkeit einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten verletzt oder mit einer ihm nicht obliegenden Pflicht beschwert glaubt, kann gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.

(2) Das Nähere bestimmen die Bundes- und Landesgesetze.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 138.
Hierzu ist das Notwendige bereits im darstellenden Teil ausgeführt. Der Konvent hält es für notwendig, die Generalklausel für Verwaltungsrechtsstreitigkeiten im Grundsatz zwingend vorzuschreiben und damit auch die Ländergesetzgebung zu binden.

XIII. Übergangs- und Schlußbestimmungen.

Artikel 139. (1) Gesetze und Verordnungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes gelten fort, soweit sie dem Grundgesetz nicht widersprechen.

(2) Recht im Bereich der Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung, das beim Inkrafttreten des Grundgesetzes im ganzen Bundesgebiet oder in mehreren Ländern in Kraft ist, gilt als Bundesrecht fort.

(3) Recht im Bereich der Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung, das beim Inkrafttreten des Grundgesetzes nur im Gebiet eines Landes in Kraft ist, gilt als Landesrecht fort. Soweit jedoch Landesgesetze in der Zeit zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes früheres Reichsrecht abgeändert haben, gelten sie als Bundesrecht fort.

(4) Recht, as nicht in den Bereich der Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung fällt, gilt als Landesrecht fort, auch wenn es im ganzen Bundesgebiet oder über as Gebiet eines Landes hinaus in Kraft ist. Dasselbe gilt für Recht in den Bereichen der Gesetzgebung, in denen der Bund nur Grundsätze aufstellen kann.

(5) Würde dasselbe Gesetz nach den Abs. 2 bis 4 teils als Bundesrecht, teils als Landesrecht fortgelten, so gilt das ganze Gebiet als Landesrecht fort.

Artikel 139. (1) Gesetze und Verordnungen, die Gegenstände des Art. 35 oder 36 des Grundgesetzes betreffen, gelten mit Ausnahme der Bereiche, für die der Bund nur Grundsätze aufstellen kann, als Bundesrecht, sonstiges Recht als Landesrecht fort.

(2) Jedoch gelten Gesetze und Verordnungen, die unter Art. 36 des Grundgesetzes fallen und sich auf ein Land beschränken, als Landesrecht fort, es sei denn, daß es sich um früheres Reichsrecht handelt, das im ganzen Reichsgebiet gegolten hat, und nach dem 8. Mai 1945 durch Landesrecht abgeändert worden ist.

 

 

 

 

 

Artikel 140. Entsteht Streit darüber, ob nach Art. 139 ein Gesetz oder eine Verordnung als Bundesrecht oder als Landesrecht fortgilt, so entscheidet darüber der Bundesjustizminister im einvernehmen mit einem Minister des Landes oder der Länder, deren Recht betroffen wird. Den zuständigen Landesminister bestimmt die Landesregierung. Die Entscheidung ist für alle Gerichte und Behörden bindend.

Artikel 141. Soweit in Gesetzen, die als Bundesrecht fortgelten, die Befugnis, Verordnungen zu erlassen oder Verwaltungsakte vorzunehmen, auf Stellen übertragen ist, die nicht mehr bestehen, wird die Befugnis von den Stellen ausgebt, die nach dem Grundgesetz zuständig sind.

Artikel 142. Soweit in Gesetzen und Verordnungen auf reichsrechtlichen Vorschriften oder Einrichtungen verwiesen ist, die durch dieses Grundgesetz aufgehoben sind oder aus sonstigen Gründen nicht mehr bestehen, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften und Einrichtungen dieses Grundgesetzes.


Artikel 143.
Bis zur Herstellung einer angemessenen völkerrechtlichen Handlungsfreiheit des Bundes und bis zur Klärung seiner Stellung zu den ostdeutschen Ländern werden die Befugnisse des Bundespräsidenten vom Präsidenten des Bundesrats wahrgenommen. Dieser kann insolange weder Vertreter seines Landes im Bundesrat noch Mitglied der Bundes- oder einer Landesregierung sein.

Ob die in Satz 1 genannten Voraussetzungen eingetreten sind, entscheidet eine besondere Versammlung, deren Zusammensetzung sich nach Art. 75 Abs. 2 bestimmt.

Fassung bei der "Variante" zu Artikel 69:
Artikel 143. Bis zur Herstellung einer angemessenen völkerrechtlichen Handlungsfreiheit des Bundes und bis zur Klärung seiner Stellung zu den ostdeutschen Ländern werden die Befugnisse des Bundespräsidenten vom Präsidenten des Bundesrats wahrgenommen.

Ob die in Satz 1 genannten Voraussetzungen eingetreten sind, entscheidet eine besondere Versammlung, deren Zusammensetzung sich nach Art. 75 Abs. 2 bestimmt.

 

Fassung, wenn die Präsidialfunktionen bei der Regierungsbildung wegfallen:
Artikel 143. Bis zur Herstellung einer angemessenen völkerrechtlichen Handlungsfreiheit des Bundes und bis zur Klärung seiner Stellung zu den ostdeutschen Ländern werden die Befugnisse des Bundespräsidenten von einem Kollegium wahrgenommen, das aus dem Präsidenten des Bundestags, dem Präsidenten des Bundesrats und dem Bundeskanzler besteht. Der Präsident des Bundesrats kann insolange weder Vertreter seines Landes im Bundesrat noch Mitglied der Bundes- oder einer Landesregierung sein. Ob die in Satz 1 genannten Voraussetzungen eingetreten sind, entscheidet eine besondere Versammlung, deren Zusammensetzung sich nach Artikel 75 Abs. 2 bestimmt.

Artikel 144. Der Bundespräsident kann mit Wirkung bis zum 31. Dezember 1950 durch Erlaß die Befugnisse zur Ernennung von Bundesbediensteten auf den Bundeskanzler, einzelne Bundesminister oder nachgeordnete Stellen übertragen.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 144.
Nach Art. 144 kann der Bundespräsident mit Wirkung bis 31. Dezember 1950 durch Erlaß die Befugnis zur Ernennung von Bundesbediensteten übertragen. Vom Jahre 1951 an kann die Befugnis nur durch das in Art. 82 abs. 3 vorgesehene Bundesgesetz übertragen werden.

Artikel 145. (1) Bis zur Behebung der kriegsbedingten Wohnungsnot bleiben unerläßliche gesetzliche Eingriffe in das Grundrecht der Wohnungsfreiheit (Art. 5) zulässig.

(2) Dieser Artikel und die durch ihn für zulässig erklärten Gesetze treten am ............................................... außer Kraft.

Kommentierender Teil:
Zu Art. 145.
Nach Art. 5 Abs. 2 kann das Grundrecht der Wohnungsfreiheit in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen und Formen durch Beschlagnahme von Wohnungen durchbrochen werden. Durch Art. 145 soll erreicht werden, daß die zur Behebung der kriegsbedingten Wohnungsnot ergangenen und vielleicht noch zu erwartenden unerläßlichen gesetzlichen Eingriffe in dieses Grundrecht zu einem bestimmten Zeitpunkt nach  Wegfall der Wohnungsnot außer Kraft treten. Da das Grundrecht jedoch auf Grund des Gesetzesvorbehalts des Art. 5 Abs. 2 alsbald wieder durchbrochen werden könnte, wird noch zu prüfen sein, wie das Ziel einer uneingeschränkten Wohnungsfreiheit später erreicht werden kann. In Frage kommt Streichung des Gesetzesvorbehalts des Art. 5 Abs. 2.

Artikel 146. (1) Die zur Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus erlassenen und noch ergehenden Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.

(2) Dieser Artikel und die durch ihn für zulässig erklärten Rechtsvorschriften treten am ..................................... außer Kraft.

Artikel 147. Alle öffentlichen Bediensteten sind auf das Grundgesetz zu vereidigen. Das Nähere wird durch Erlaß des Bundespräsidenten bestimmt.

Artikel 148. (1) Die auf Grund des von den Ministerpräsidenten vorgeschlagenen gemeindeutschen Gesetzes über den Parlamentarischen Rat von den Abgeordneten der Landtage der Länder Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern erwählte Versammlung hat dieses Grundgesetz beschlossen.

(2) Das deutsche Volk hat dieses Grundgesetz
a) durch Volksbeschluß in den Ländern,
b) durch übereinstimmenden Beschluß der Volksvertretungen als gemeindeutsches Recht angenommen. Es ist mit dem  ........................... als rechtsverbindliches Gesetz im Sinne der Landesverfassungen in Kraft treten.

Artikel 149. Dieses Grundgesetz verliert seine Geltung an dem Tage, an dem eine von dem deutschen Volke in freier Selbstbestimmung beschlossene Verfassung in Kraft tritt. Artikel 149. entfällt.
 

Anlage zum Grundgesetz

Verzeichnis der Bundesbehörden
(Vgl. Art. 116 Abs. 2 - Fassung b - und Art. 105)

A. Die Verwaltungen des Bundestags und des Bundesrats.

B. 1. Eine Präsidialkanzlei als Amt des Bundespräsidenten.
    2. Eine Bundeskanzlei als Amt des Bundeskanzlers und Verwaltungsstelle für die Bundesregierung.
    3. Bundesministerien:
        a) für auswärtige Angelegenheiten
        b) für Inneres
        c) für Finanzen
        d) für Wirtschaft
        e) für Verkehr
        f) für Arbeit
        g) für Ernährung
        h) für Justiz.
        Das Ernährungsministerium ist nach Beseitigung der Notlage aufzulösen.
        Die Dienststellen zweier Bundesminister ohne Geschäftsbereich können im Falle des Bedarfs zusätzlich geschaffen werden.

C. Bundesoberbehörden:
    1. für Maß und Gewicht
    2. für Statistik
    3. für die Seuchenbekämpfung
    4. für die Aufsicht über die Sozialversicherung
    5. für die Aufsicht über die Privatversicherung
    6. zur Untersuchung von Seeunfällen
    7. für die Schiffsvermessen
    8. für das Bundesarchivwesen,

siehe hierzu auch den Vorbericht und den Darstellenden Teil zum Entwurf.


Quellen: Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, Pflaum München 1948
Jahrbuch des öffentlichen Rechts, N.F. 1, Mohr Tübingen
© 25. Mai  2004 - 30. Mai 2004
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