Kontrollratsgesetz Nr. 57
Auflösung und Liquidierung von der Deutschen Arbeitsfront angeschlossenen Versicherungsgesellschaften

vom 30. August 1947

in Kraft getreten am 6. September 1947

ergänzt durch
Gesetz Nr. 59 der Alliierten Hohen Kommission vom 26. Juli 1951 (ABl. AHK. S. 1017)

für die Bundesrepublik Deutschland außer Wirkung gesetzt durch
Viertes Gesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 19. Dezember 1960 (BGBl. I. S. 1015)

für die DDR außer Wirkung gesetzt durch
Beschluß des Ministerrats der UdSSR über die Auflösung der Hohen Kommission der Sowjetunion in Deutschland vom 20. September 1955

Auf Grund des Gesetzes Nr. 2 des Kontrollrats über die Auflösung und Liquidierung der nationalsozialistischen Organisationen erläßt der Kontrollrat das folgende Gesetz

Artikel I. Die folgenden Versicherungsgesellschaften und deren Rechtsnachfolger sowie alle durch Verschmelzung oder Zusammenschluß mit einer dieser Gesellschaften gebildeten Gesellschaften werden hiermit aufgelöst und sind gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes zu liquidieren:
1. Deutscher Ring, Krankenversicherung, Verein auf Gegenseitigkeit, Hamburg;
2. Deutscher Ring, Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft der Deutschen Arbeitsfront, Hamburg;
3. Deutscher Ring, Transport- und Fahrzeugversicherungs-Aktiengesellschaft, Hamburg;
4. Deutsche Sachversicherungs-Aktiengesellschaft, Hamburg;
5. Volksfürsorge, Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft der Deutschen Arbeitsfront, Hamburg;
6. Gisela, Deutsche Lebens- und Aussteuer-Versicherung, Aktiengesellschaft in München, München;
7. Ceres, Hagelversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, Berlin.

Artikel II. Jede Verschmelzung oder jeder Zusammenschluß von zwei oder mehreren der in Artikel I aufgeführten Gesellschaften wird mit rückwirkender Kraft für nichtig erklärt. Jede dieser Gesellschaften ist in den Liquidierungsverfahren als gesonderte Einheit zu behandeln.

Artikel III. Über alle beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerte und Aktiven, gleich welcher Art, sowie über alle Akten, Konten, Urkunden und Archive, die einer der in Artikel I aufgeführten Gesellschaften gehören, ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Artikel IV bis IX dieses Gesetzes zu verfügen.

Artikel IV. 1. Zwecks Wahrung der Rechtsansprüche der Inhaber von Versicherungspolicen und sonstiger Gläubiger der in Artikel I aufgeführten aufgelösten Gesellschaften können die Zonenbefehlshaber in ihren Zonen und die Alliierte Kommandatura im Gebiete von Groß-Berlin die Errichtung von geeigneten deutschen Organisationen demokratischen Charakters in den betreffenden Zonen beziehungsweise im Gebiet von Groß-Berlin genehmigen, die den Zweck haben, in den betreffenden Zonen beziehungsweise im Gebiete von Groß-Berlin die Aktiven sowie die laufenden Versicherungspolicen und sonstigen Verbindlichkeiten der aufgelösten Gesellschaften zu übernehmen.

2. Die in Absatz 1 dieses Artikels erwähnten Organisationen sind bei ihrer Errichtung von der Zahlung der sonst bei Errichtung derartiger Gesellschaften erhobenen Steuern befreit. Jedoch sind diese Organisationen zur Zahlung von Notariatsgebühren verpflichtet.

Artikel V. Sämtliche Verbindlichkeiten einer jeden der auf Grund Artikel I aufgelösten Gesellschaften sind nach dem Stande des Tages des Inkrafttretens dieses Gesetzes aufzuteilen und den einzelnen Besetzungszonen Deutschlands und dem Gebiete von Groß-Berlin nach den folgenden Grundsätzen zuzuweisen:
1. Eine Police gilt in derjenigen Besetzungszone oder im Gebiete von Groß-Berlin als laufend, wo am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes seinen gesetzlichen Wohnsitz hat:
    a) der Versicherte oder
    b) der Berechtigte, im Falle bereits erfolgter Anspruchsanmeldung oder im Falle einer Rentenverpflichtung.
2. Festgestellte Verbindlichkeiten gegenüber allen Gläubigern gelten in derjenigen Besetzungszone beziehungsweise im Gebiete von Groß-Berlin als laufend, wo der betreffende Gläubiger am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes seinen gesetzlichen Wohnsitz hat.
3. Policen und Verbindlichkeiten, welche aus einer Versicherung Berechtigte oder sonstige Gläubiger betreffen, die ihren gesetzlichen Wohnsitz außerhalb Deutschlands haben, gelten in derjenigen Besatzungszone Deutschlands oder im Gebiete von Groß-Berlin als laufend, wo die aufgelöste Gesellschaft am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes ihre Hauptniederlassung hat. Diese Policen und Verbindlichkeiten sind von allen sonstigen in der betreffenden Besetzungszone Deutschlands beziehungsweise im Gebiete von Groß-Berlin bestehenden Verbindlichkeiten bis zu ihrer endgültigen Abwicklung getrennt zu halten. Das Verfahren für die Abwicklung der Ansprüche von Personen, die ihren Wohnsitz außerhalb Deutschlands haben, soweit sie mit der Liquidierung der oben erwähnten Versicherungsgesellschaften im Zusammenhang stehen, bleibt der Entschließung des Kontrollrats vorbehalten.

Artikel VI. 1. Sobald wie möglich nach der Aufteilung der Verbindlichkeiten unter die verschiedenen Zonen und das Gebiet von Groß-Berlin sind alle in den verschiedenen Zonen und im Gebiete von Groß­Berlin befindlichen Aktiven einer jeden der aufgelösten Gesellschaften, mit Ausnahme der unter Artikel VIII fallenden Aktiven, in der gleichen Weise zuzuweisen und nötigenfalls den einzelnen Besetzungszonen oder dem Gebiete von Groß-Berlin zu übertragen, und zwar so, daß der Gesamtbetrag der Aktiven in den einzelnen Besetzungszonen und im Gebiete von Groß-Berlin in dem gleichen Verhältnis zu dem Gesamtbetrage der Aktiven der auf­gelösten Gesellschaften steht, wie es für die Aufteilung der Verbindlichkeiten gemäß Artikel V festgesetzt ist.

2. Die Aktiven einer aufgelösten Gesellschaft, die der Zone ihres Sitzes oder dem Gebiete von Groß-Berlin, wenn dieses der Sitz ist, zugewiesen werden, sind auf die gemäß Artikel IV errichteten Organisationen zu übertragen und von diesen Organisationen im Verhältnis der Inlands- und Auslandsverbindlichkeiten innerhalb der betreffenden Zone oder des Gebietes von Groß-Berlin aufzuteilen. Der auf die Auslandsverbindlichkeiten entfallende Anteil ist von den übrigen Aktiven in der betreffenden Zone beziehungsweise im Gebiete von Groß-Berlin bis zur endgültigen Abwicklung aller Auslandsverbindlichkeiten getrennt zu halten. Ein nach endgültiger Abwicklung verbleibender Überschuß von Aktiven soll alsdann entsprechend der für die Verteilung der übrigen Aktiven in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehenen Weise zur Verteilung verfügbar sein. Falls der so zugunsten ausländischer Policeninhaber und Gläu­biger geschaffene Fonds nicht zur Deckung dieser Verbindlichkeiten in der gleichen Höhe ausreicht, in der die inländischen Verbindlichkeiten gedeckt sind, steht den als Träger der ausländischen Verbindlichkeiten gebildeten Organisationen gegen die übrigen gemäß Artikel IV in den anderen Be­setzungszonen und in dem Gebiete von Groß-Berlin gebildeten Organisationen ein Anspruch auf anteilige Übernahme des Fehlbetrages zu. Unter keinen Umständen dürfen Policeninhaber oder Gläubiger, die Staatsangehörige einer der Vereinten Nationen, sind, weniger günstig gestellt werden als Policeninhaber oder Gläubiger in Deutschland.

Artikel VII. Die Büros, Materialien und Einrichtungen sowie sonstige von dem Befehlshaber der betreffenden Zone als erforderlich erachtetet, Aktiven der aufgelösten Gesellschaften können ganz oder teilweise den neu errichteten Organisationen entsprechend den aus der Durchführung der in Artikel IV dieses Gesetzes beschriebenen Aufgaben erwachsenden Bedürfnissen zugeteilt werden.

Artikel VIII. Die Anwendbarkeit des Gesetzes Nr. 5 oder anderer gesetzlicher Bestimmungen des Kontrollrats bezüglich der Auslandsvermögen deutscher Versicheungsgesellschaften wird durch die Bestimmungen dieses Gesetzes in keiner Weise berührt.

Artikel IX. Alle beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerte, Aktiven, Akten, Konten, Urkunden und Archive der aufgelösten Gesellschaften, über die weder gemäß Artikel IV bis VIII dieses Gesetzes noch zugunsten sonstiger Gläubiger verfügt wird, sind gemäß den allgemeinen Anweisungen des Kontrollrats über die Verwendung von Vermögen aufgelöster nationalsozialistischer Organisationen zu verwenden.

Artikel X. Die Durchführung dieses Gesetzes obliegt den zuständigen Zonenbefehlshabern und in Groß-Berlin der Alliierten Kommandatura.

Die. Aufteilung und Zuweisung der Aktiven und Verbindlichkeiten der aufgelösten Gesellschaften erfolgt in der Zone, in welcher die aufgelöste Gesellschaft ihre Hauptniederlassung hat, durch den betreffenden Zonenbefehlshaber oder entsprechend seinen Weisungen, und im Gebiete von Groß-Berlin durch die Alliierte Kommandatura oder entsprechend deren Weisungen.

Diese Behörden haben dem Versicherungsausschuß des Finanzdirektoriums vierteljährlich Bericht über den Fortschritt der Liquidierung zu erstatten.

Der Versicherungsausschuß des Finanzdirektoriums wird mit der Überwachung des Verlaufs der Liquidierung dieser Versicherungsgesellschaften und der Zusammenstellung des diesbezüglichen Materials beauftragt und hat dem Finanzdirektorium über diese Arbeiten Bericht zu erstatten

Artikel XI. Dieses Gesetz tritt am 6. September 1947 um 18 Uhr in Kraft.

    Ausgefertigt in Berlin am 30. August 1947.

(Die in den drei offiziellen Sprachen abgefaßten Originaltexte dieses Gesetzes sind von Lucius D. Clay, General, Sir Sholto DougIas, Marschall der Royal Air Force, P. Koenig, General der Armee, V. Sokolowsky, Marschall der Sowjetunion. unterzeichnet.)


Quellen: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland S. 291
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