Kontrollratsgesetz Nr. 22
Betriebsräte

vom 10. April 1946

in Kraft getreten am 17. April 1946

geändert durch
Gesetz Nr. A-25 der Alliierten Hohen Kommission vom 27. März 1952 (ABl. AHK S. 1593) für das Land Hamburg
Gesetz Nr. A-27 der Alliierten Hohen Kommission vom 18. April 1952 (ABl. AHK S. 1625) für das Land Niedersachsen
Gesetz Nr. A-29 der Alliierten Hohen Kommission vom 21. Juli 1952 (ABl. AHK S. 1831) für das Land Bremen

für das Land Rheinland-Pfalz außer Wirkung gesetzt durch
Artikel 1 des Gesetzes Nr. A-1 der Alliierten Hohen Kommission vom 9. Februar 1950 (ABl. AHK S. 103)
für das Land Hessen außer Wirkung gesetzt durch
Artikel 1 des Gesetzes Nr. A-4 der Alliierten Hohen Kommission vom 6. April 1950 (ABl. AHK S. 178)
für das Land Württemberg-Hohenzollern außer Wirkung gesetzt durch
Gesetz Nr. A-6 der Alliierten Hohen Kommission vom 16. Mai 1950 (ABl. AHK S. 298)
für das Land Schleswig-Holstein außer Wirkung gesetzt durch
Gesetz Nr. A-7 der Alliierten Hohen Kommission vom 31. Mai 1950 (ABl. AHK S. 298)
für das Land Bayern außer Wirkung gesetzt durch
Gesetz Nr. A-12 der Alliierten Hohen Kommission vom 30. November 1950 (ABl. AHK S. 701)

für die Bundesrepublik Deutschland (sachl. Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes 1952) außer Wirkung gesetzt durch
Gesetz Nr. A-30 der Alliierten Hohen Kommission vom 30. September 1952 (ABl. AHK S. 1953)
für die Bundesrepublik Deutschland (sachl. Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes) außer Wirkung gesetzt durch
Gesetz Nr. A-34 der Alliierten Hohen Kommission vom 16. Juli 1953 (ABl. AHK S. 2512)
in der Bundesrepublik Deutschland außer Wirkung gesetzt durch
§ 101 des Personalvertretungsgesetzes vom 5. August 1955 (BGBl. I. S. 477)

für die DDR außer Wirkung gesetzt durch
Beschluß des Ministerrats der UdSSR über die Auflösung der Hohen Kommission der Sowjetunion in Deutschland vom 20. September 1955

Der Kontrollrat hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel I. Zur Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeiter und Angestellten in den einzelnen Betrieben wird hiermit die Errichtung und Tätigkeit von Betriebsräten in ganz Deutschland gestattet.

Artikel II. 1. Der Betriebsrat eines Betriebes ist lediglich aus dem Kreise der Personen zu bilden, die tatsächlich in diesem Betrieb tätig sind.

2. Funktionäre der früheren Deutschen Arbeitsfront oder Mitglieder der NSDAP können nicht Mitglieder des Betriebsrats sein.

Artikel III. 1. Die Wahl der Mitglieder des Betriebsrats muß unter Anwendung demokratischer Grundsätze und mittels geheimer Abstimmung erfolgen.

2. Die Mitglieder des Betriebsrats üben ihr Amt für höchstens ein Jahr aus, jedoch ist Wiederwahl zulässig.

Durch Gesetz vom 27. März 1952 wurde der Artikel III. Abs. 2 für das Land Hamburg aufgehoben.

Durch Gesetz vom 18. April 1952 wurde der Artikel III. Abs. 2 für das Land Niedersachsen aufgehoben.

Durch Gesetz vom 1. Juli 1952 wurde der Artikel III. Abs. 2 für das Land Bremen aufgehoben.

Artikel IV. 1. Die Arbeitet und Angestellten eines Betriebes können einen vorbereitenden Ausschuß zu dem Zwecke bilden, Vorschläge für die Zusammensetzung des Betriebsrats und die Durchführung der Wahl von Betriebsratsmitgliedern zu machen. Diese Vorschläge bedürfen der Zustimmung der Arbeiter und Angestellten des Betriebes, die durch Mehrheitsbeschluß zu geben ist.

2. Anerkannte Gewerkschaften können an der Bildung der vorbereitenden Ausschüsse und an der Organisation der Wahlen zu Betriebsräten teilnehmen und Kandidaten für den Betriebsrat aus den Reihen der Arbeiter und Angestellten des betreffenden Betriebes aufstellen.

Artikel V. 1. Soweit nicht anderweitige gesetzliche Regelungen oder Beschränkungen bestehen, kann sich der Betriebsrat mit den folgenden, den Schutz der Interessen der Arbeiter und Angestellten eines Betriebes betreffenden grundsätzlichen Aufgaben beschäftigen:
a) mit den Arbeitgebern über Anwendung der Tarifverträge und der internen Betriebsordnung in den einzelnen Betrieben zu verhandeln;
b) mit den Arbeitgebern über Vereinbarungen für den Erlaß von Betriebsordnungen zum Zwecke des Arbeitsschutzes, einschließlich der in das Gebiet der Unfallverhütung, ärztlichen Betreuung, betriebshygienischen und sonstigen Arbeitsbedingungen, Regelung von Einstellungen und Entlassungen und Abstellung von Beschwerden fallenden Angelegenheiten, zu verhandeln;
c) dem Arbeitgeber Vorschläge für die Verbesserung der Arbeitsmethoden und der Produktionsweise zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit zu unterbreiten;
d) Beschwerden zu untersuchen und mit dem Arbeitgeber zu erörtern. Arbeitern, Angestellten und Gewerkschaften bei der Vorbereitung von Fällen, die den Gewerbeaufsichtsbeamten, den Sozialversicherungs- und Arbeitsschutzbehörden, den Arbeitsgerichten und anderen Behörden, die für die Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten zuständig sind, unterbreitet werden sollen, behilflich zu sein;
e) mit den Behörden bei der Verhinderung aller Rüstungsindustrie und bei der Denazifizierung von öffentlichen und privaten Betrieben zusammenarbeiten;
f) an der Schaffung und Leitung von sozialen Einrichtungen, die der Wohlfahrt der Arbeiter eines Betriebes dienen sollen, unter Einschluß von Kinderheimen, ärztlicher Fürsorge, Sport und ähnlichen Einrichtungen, mitzuwirken.

2. Die Betriebsräte bestimmen im Rahmen dieses Gesetzes selbst ihre Aufgaben im einzelnen und die dabei zu befolgenden Verfahren.

Artikel VI. 1. Der Betriebsrat oder dessen Vertreter haben das Recht, Zusammenkünfte im Betriebe abzuhalten und von dem Arbeitgeber oder dem von ihm bestimmten Vertreter gehört zu werden, um mit ihm über die zu ihrer Zuständigkeit gehörenden Angelegenheiten verhandeln zu können.

2. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat in regelmäßigen Zeitabständen alle Unterlagen, die zur Durchführung seiner grundsätzlichen Aufgaben erforderlich sind. zu unterbreiten.

3. Der Betriebsrat und der Arbeitgeber treffen ein Übereinkommen über den Inhalt der dem Betriebsrat zu unterbreitenden Berichte und über Tag und Stunde von Zusammenkünften. Ein solches Übereinkommen kann die Anwesenheit von Vertretern des Betriebsrates bei Zusammenkünften der leitenden Organe des Betriebes zu Informationszwecken vorsehen.

Artikel VII. Die Betriebsräte führen ihre Aufgaben in Zusammenarbeit mit den anerkannten Gewerkschaften aus.

Artikel VIII. Außerhalb ihrer regelmäßigen Sitzungen müssen die Betriebsräte mindestens ein Mal vierteljährlich in einer Generalversammlung der beteiligten Arbeiter und Angestellten einen vollständigen Tätigkeitsbericht vorlegen.

Artikel IX. Kein Arbeitgeber darf die Errichtung von Betriebsräten in seinem Betriebe verhindern, deren Tätigkeit stören oder Mitglieder des Betriebsrates benachteiligen.

Artikel X. Die Behörden der Militärregierung können Betriebsräte auflösen, wenn deren Tätigkeit den Zielen der Besatzungsmächte zuwiderläuft oder gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstößt.

Artikel XI. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten auch für solche Betriebsräte, welche bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestanden haben.

Artikel XII. Alle deutschen Gesetze, welche zu diesem Gesetz in Widerspruch stehen, werden aufgehoben oder gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes geändert.

Artikel XIII. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft.

    Ausgefertigt in Berlin, den 10. April 1946.

(Die in den drei offiziellen Sprachen abgefaßten Originaltexte dieses Gesetzes sind von Joseph T. McNarney, General, Montgomery of Alamein. Feldmarschall, P. Koenig, Armeekorpsgeneral, und V. Sokolowsky, General der Armee. unterzeichnet.)

 


Quellen: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland S. 133
© 1. Mai 2004 - 7. Juni 2004
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