Gesetz über die Einrichtung von Zwangskartellen

vom 15. Juli 1933.

aufgehoben durch Befehle der Zonenbefehlshaber im Jahr 1945

Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1. (1) Der Reichswirtschaftsminister kann zum Zwecke der Marktregelung Unternehmungen zu Syndikaten, Kartellen, Konventionen oder ähnlichen Abmachungen zusammenschließen oder an bereits bestehende derartige Zusammenschlüsse von Unternehmungen anschließen, wenn der Zusammenschluß oder Anschluß unter Würdigung der Belange der Unternehmungen sowie der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls geboten erscheint.

(2) Die Verordnung gegen Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellung vom 2. November 1923 (RGBl. I. S. 1067) in der Fassung der Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juli 1932 Erster Teil Kapitel VI (RGBl. I. S. 285 bis 289) findet auf solche Zusammenschlüsse Anwendung; eine Kündigung nach § 8 dieser Verordnung ist jedoch ausgeschlossen.

§ 2. Der Reichswirtschaftsminister erläßt die zur Durchführung des § 1 erforderlichen Bestimmungen; er kann insbesondere
1. die Rechte und Pflichten der Mitglieder und die übrigen Rechtsverhältnisse der Zusammenschlüsse regeln;
2. im Falle des Anschlusses von Unternehmungen an bestehende Zusammenschlüsse die Rechte und Pflichten der Mitglieder auch abweichend von den vertraglichen Vereinbarungen regeln;
3. anordnen, daß Änderungen der Satzung nur mit seiner Zustimmung zulässig sind.

§ 3. (1) Dem Reichswirtschaftsminister stehen hinsichtlich der in § 1 genannten Zusammenschlüsse Aufsichts- und Eingriffsbefugnisse zu. Er kann diese Befugnisse Beauftragten übertragen.

(2) Die durch die Ausübung der Aufsicht entstehenden Kosten tragen die Beteiligten nach näherer Anordnung des Reichswirtschaftsministers.

§ 4. Der Reichswirtschaftsminister kann bestimmen, daß vor seiner Entscheidung über Maßnahmen auf Grund des § 1 Einigungsverhandlungen vor Stellen, die von ihm zu bezeichnen sind, stattzufinden haben. Über das Verfahren vor den Einigungsstellen kann der Reichswirtschaftsminister Vorschriften erlassen.

§ 5. (1) Wenn es die besonderen Bedürfnisse eines bestimmten Wirtschaftszweiges unter Würdigung der Belange der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls geboten erscheinen lassen, kann der Reichswirtschaftsminister anordnen, daß innerhalb dieses Wirtschaftszweiges die Errichtung neuer Unternehmungen für eine bestimmte Zeit unterbleibt oder von seiner Einwilligung abhängig ist. Er kann unter den gleichen Voraussetzungen auch den Umfang der Ausnutzung bestehender Betriebe regeln.

(2) Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Gewerbe, deren Betrieb von einem an den Nachweis des Bedürfnisses gebundenen Erlaubnis abhängig ist.

§ 6. Eine Entschädigung durch das Reich wegen eines Schadens, der durch die Maßnahme auf Grund dieses Gesetzes entsteht, wird nicht gewährt.

§ 7. (1) Der Reichswirtschaftsminister kann bestimmen, daß derjenige, der den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt, vom Kartellgericht mit einer Ordnungsstrafe bestraft wird. Die Ordnungsstrafe besteht in Geldstrafe, deren Höchstmaß unbeschränkt ist.

(2) Er kann ferner zur Durchführung der auf Grund des § 5 erlassenen Anordnungen Bestimmungen über die Anwendung von polizeilichem Zwang nach Maßgabe der Landesgesetze treffen.

§ 8. Der Reichswirtschaftsminister erläßt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsverordnungen. Er kann auch Vorschriften ergänzenden Inhalts erlassen.

siehe hierzu die Ausführungsverordnung vom 6. Oktober 1933 (RGBl. I. S. 724).

siehe auch die Verordnung über den Zusammenschluß der Deutschen Gartenbauwirtschaft vom 27. Februar 1935 (RGBl. I. S. 343), die Verordnung über den Zusammenschluß der Forst- und Holzwirtschaft vom 20. Oktober 1936 (RGBl. I. S. 909), die Verordnung über den Zusammenschluß der Deutschen Gartenbauwirtschaft vom 21. Oktober 1936 (RGBl. I. S. 911), die Verordnung über den Zusammenschluß von Bergbauberechtigten vom 23. Juli 1937 (RGBl. I. S. 883), die Verordnung über die Bildung wirtschaftlicher Zusammenschlüsse in der Forstwirtschaft vom 7. Mai 1943 (RGBl. I. S. 298) sowie die, aufgrund des Gesetzes über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes vom 13. September 1933 (RGBl. I. S. 626) verfügten Zusammenschlüsse.

§ 9. Soweit die in diesem Gesetz vorgesehenen Befugnisse den Geschäftsbereich des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft betreffen, übt sie der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft aus.

§ 10. Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Der Reichswirtschaftsminister und der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft bestimmen den Zeitpunkt, an dem dieses Gesetz außer Kraft tritt.

in Kraft getreten am 18. Juli 1933.

im Saarland eingeführt am 23. Februar 1935 (RGBl. I. S. 235, geändert am 14. Oktober 1935 (RGBl. I. S. 1236), in Österreich am 14. Juli 1938 (RGBl. I. S. 899, samt Durchführungsverordnung vom 9. September 1938 (RGBl. I. S. 1163), im Sudetenland am 12. Januar 1939 (RGBl. I. S. 28), in Böhmen am 10. Januar 1940 (RGBl. I. S. 43), in Danzig am 30. Dezember 1939 (RGBl. 1940 I. S. 33), in den Ostgebieten vom 3. Mai 1940 (RGBl. I. S. 736) und in Eupen am 21. August 1940 (RGBl. I. S. 1183, ber. S. 1204).

    Berlin, den 15. Juli 1933.

Der Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichswirtschaftsminister
Dr. Schmitt

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft.
R. Walter Darré

 


Quelle: Reichsgesetzblatt 1934 I S. 747, 751
Dr. Dr. A. Dehlinger, Systematische Übersicht über 76 Jhg. RGBl. (1867-1942), Kohlhammer Stuttgart 1943
Schönfelder, Deutsche Reichsgesetze, Beck 1944
Sartorius, Sammlung von Reichsgesetzen staats- und verwaltungsrechtlichen Inhalts, Beck 1935-37

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