Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich

vom  6. Juli 1938.

aufgehoben durch das Gesetz Nr. 1 des Alliierten Kontrollrats für Deutschland (ABl. S. 6)

Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Artikel 1. Die Gewerbeordnung (in der Fassung vom 26. Juli 1900 (RGBl. S. 871), zuletzt geändert durch das Jugendschutzgesetz vom 30. April 1938 (RGBl. I. S. 437) wird wie folgt geändert:

1. Hinter § 34a wird folgender § 34b eingefügt:
"§ 34b. Juden und jüdischen Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist der Betrieb nachfolgender Gewerbe untersagt:
a) des Bewachungsgewerbes,
b) der gewerbsmäßigen Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten,
c) des Handels mit Grundstücken,
d) der Geschäfte gewerbsmäßiger Vermittlungsagenten für Immobiliarverträge und Darlehen, sowie des Gewerbes der Haus- und Grundstücksverwalter,
e) der gewerbsmäßigen Heiratsvermittlung mit Ausnahme der Vermittlung von Ehen zwischen Juden und zwischen Juden und jüdischen Mischlingen ersten Grades,
f) des Fremdenführergewerbes."

2. Im § 57 Abs. 1 wird hinter der Ziffer 5 folgende Ziffer 6 angefügt:
"6. wenn der Nachsuchende Jude ist."

3. In den §§ 58, 59a, 44a Abs. 3 und 4, § 42b Abs. 3 Satz 2 sowie im § 43 Abs. 2 Satz 1 werden jeweils die Worte "Ziffer 1 bis 4" durch die Worte "Ziffer 1 bis 4 und 6" ersetzt.

4. Dem Absatz 2 des § 15 wird folgender Satz angefügt:
"Das gleiche gilt, wenn entgegen den Vorschriften des § 34b der Betrieb eines der dort genannten Gewerbe begonnen oder fortgesetzt wird."

5. Hinter § 145a wird folgender § 145b eingefügt:
"§ 145b. Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer der beiden Strafen wird bestraft, wer entgegen den Vorschriften des § 34b den Betrieb eines der dort genannten Gewerbe beginnt oder fortsetzt. In gleicher Weise wird bestraft, wer als Jude eines der in den §§ 42b, 43, 44a und 55 bezeichneten Gewerbe unbefugt betreibt."

6. In dem § 145 Abs. 1 ist hinter §§ 145a einzufügen: "145b".

Artikel II. (1) Jüdischen Gewerbetreibenden, die zur Zeit des Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Gewerbe der im Artikel I Ziffer 1c und d genannten Art betreiben, ist dies im Rahmen der bisherigen gesetzlichen Vorschriften bis zum 31. Dezember 1938 gestattet.

(2) Den übrigen jüdischen Gewerbetreibenden ist die Fortsetzung ihres Gewerbebetriebes zum Zwecke der Abwicklung, soweit es sich um die im Artikel I Ziffer 1a und b genannten Gewerbe handeltl, für die Dauer von drei Monaten, soweit es sich um die im Artikel I Ziffer 1 e und f genannten Gewerbe handelt, für die Dauer von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes erlaubt. Soweit es sich um jüdische Wandergewerbetreibende handelt, verlieren bereits erteilte Wandergewerbescheine mit dem 30. September 1938 ihre Gültigkeit und sind der Ausstellungsbehörde unverzüglich zurückzugeben. Entsprechende gilt für Legitimationskarten und Stadthausierscheine. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, in Ausnahmefällen für bestimmte Gruppen der im § 44 Abs. 1 der Gewerbeordnung genannten Personen die Erteilung von Legitimationskarten mit einer Geltungsdauer bis zum 30. September 1939 zuzulassen. Dies gilt entsprechend für die Erteilung von Gewerbelegitimationskarten gemäß § 44a Abs. 6 der Gewerbeordnung.

Artikel III. Eine Entschädigung für persönliche oder wirtschaftliche Nachteile, die durch die Durchführung dieses Gesetzes entstehen, wird nicht gewährt.

in Kraft getreten am 9. Juli 1938.

    Berlin, den 6. Juli 1938.

Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichswirtschaftsminister
Walther Funk

Der Reichsminister des Innern
In Vertretung
Pfundtner

 


Quelle: Reichsgesetzblatt 1938 I S. 823
Dr. Dr. A. Dehlinger, Systematische Übersicht über 76 Jhg. RGBl. (1867-1942), Kohlhammer Stuttgart 1943
Hinweis
© 17. März 2004
Home            Zurück            Top