Gesetz über das Beschlußverfahren in Rechtsangelegenheiten der Evangelischen Kirche

vom 26. Juni 1935.

faktisch geändert durch
Erlaß vom 16. Juli 1935 (RGBl. I. S. 1029)

aufgehoben durch Gesetz Nr. 62 des Alliierten Kontrollrats für Deutschland vom 20. März 1947 (ABl. S. 313)

Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1. Hängt die Entscheidung eines bürgerlichen Rechtsstreits davon ab, ob seit dem 1. Mai 1933 in den Evangelischen Landeskirchen oder in der Deutschen Evangelischen Kirche getroffene Maßnahmen gültig sind oder nicht, und wird die Gültigkeit von einem am Verfahren Beteiligten oder von dem entscheidenden Gericht bezweifelt, so hat dieses das Verfahren bis zur Entschließung der "Beschlußstelle in Rechtsangelegenheiten der Evangelischen Kirche" (§§ 2, 3) auszusetzen. Diese wird beim Reichsministerium des Innern gebildet.

§ 2. (1) Die Beschlußstelle beschließt darüber, ob die im § 1 bezeichneten Maßnahmen gültig sind oder nicht.

(2) Der Beschluß der Beschlußstelle ist endgültig und allgemein verbindliche. Er ist im Reichsanzeiger bekanntzumachen.

§ 3. Die Beschlußstelle kann die Entscheidung dem Gericht überlassen.

§ 4. Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

Durch Erlaß vom 16. Juli 1935 bzw. Verordnung vom 27. Juli 1935 gingen die Befugnisse des Reichsministers des Innern auf den "Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten" über.

siehe hierzu die Durchführungsverordnungen vom 3. Juli 1935 (RGBl. I. S. 851), vom 27. Juli 1935 (RGBl. I. S. 1060, ber. S. 1092) und vom 29. August 1939 (RGBl. I. S. 1556).

§ 5. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1935 in Kraft. Der Reichsminister des Innern bestimmt den Zeitpunkt seines Außerkrafttretens.

    Berlin, den 26. Juni 1935.

Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler

Der Reichsminister des Innern
Frick

Nachdem sich gegen den Reichsbischof Müller und die Beschlußorgane der Deutschen Evangelischen Kirche eine erhebliche innerkirchliche Opposition gebildet hatte, war es vermehrt zu, sich widersprechenden Beschlüssen von Landeskirche und Deutscher Evangelischer Kirche gekommen. Da die Verfassung der Kirche kein Streitschlichtungsorgan vorsah, hat das vorstehende Gesetz ein solches Organ außerhalb der Kirche beim Reichsminister des Innern gebildet, so daß ein, den Landeskirchen und der Opposition gegen den Reichsbischof feindliches Organ gebildet war. Da jedoch auch dies nicht ausreichte, die innerhalb der Kirche gebildete Opposition zu bekämpfen, kam es durch das Gesetz vom 24. September 1935 zu einer faktischen Zwangsverwaltung der Deutschen Evangelischen Kirche durch die Reichsregierung.
 


Quelle: Reichsgesetzblatt 1935 I S.774
Dr. Dr. A. Dehlinger, Systematische Übersicht über 76 Jhg. RGBl. (1867-1942), Kohlhammer Stuttgart 1943
Sartorius, Sammlung von Reichsgesetzen staats- und verwaltungsrechtlichen Inhalts, Beck 1935-37

Hinweis
© 15. Februar 2004
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