Bundesbeschluß über die Übertragung der Zuständigkeiten des Bundestags auf den Reichsverweser

vom 12. Juli 1848

Ansprache des Präsidialgesandten Anton v. Schmerling

"Die Nationalversammlung, und in ihr die Vertreter des deutschen Volkes, hat Eurer Kaiserl. Hoheit, dem von ihr erwählten Reichsverweser, eben erst in feierlicher Stunde ihre Huldigung dargebracht. Mit lautem Jubel hat sie ausgesprochen, daß sie Deutschlands Recht und Deutschlands Freiheit, die Unabhängigkeit, die Ehre und die Macht des deutschen Volkes Eurer Kaiserlichen Hoheit vertraue.

Die Bundesversammlung war es, die Sie, erlauchter Prinz, an dem denkwürdigen Tage Ihrer Wahl auch im Namen der deutschen Regierungen als Reichsverweser freudig begrüßte. Sie sah ihre Wünsche erfüllt, indem Eure Kaiserl. Hoheit dieses hohe Amt anzunehmen erklärt haben, und mit großer Befriedigung hat sie es vernommen, daß Sie, hoher Fürst, auf den Ausdruck des Vertrauens, womit sämmtliche deutschen Regierungen Ihnen entgegenkamen, den entschiedensten Werth legten.

Eure Kaiserl. Hoheit treten an die Spitze der provisorischen Centralgewalt, jener Gewalt, geschaffen nach dem Wunsche des deutschen Volkes, um für die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates zu sorgen, seine bewaffnete Macht zu leiten und seine völkerrechtliche Vertretung auszuüben. Nach der Verfassung Deutschlands war die Bundesversammlung berufen und verpflichtet, die Sicherheit und Unabhängigkeit unseres Vaterlandes zu wahren, den Bund in seiner Gesammtheit vorzustellen und das beständige Organ seines Willens und Handelns zu seyn. Sie war berechtigt, für die Aufrechthaltung friedlicher und freundschaftlicher Verhältnisse mit den auswärtigen Staaten Sorge zu tragen, Gesandte von fremden Mächten anzunehmen und im Namen des Bundes solche an dieselben abzuordnen, Unterhandlungen für den Bund zu führen und Verträge für denselben abzuschließen. Der Bundesversammlung war es übertragen, die auf das Militärwesen des Bundes Bezug habenden militärischen Einrichtungen, und die zur Sicherstellung seines Gebietes erforderlichen Vertheidigungsanstalten zu beschließen und zu überwachen, über Krieg und Frieden zu entscheiden.

Die Bundesversammlung überträgt Namens der deutschen Regierungen die Ausübung dieser ihrer verfassungsmäßigen Befugnisse und Verpflichtungen an die provisorische Centralgewalt, sie legt sie insbesondere mit dem Vertrauen in die Hände Eurer Kaiserl. Hoheit, als des deutschen Reichsverwesers, daß für die Einheit, die Macht und die Freiheit Deutschlands Großes und Erfolgreiches erzielt werden, Ordnung und Gesetzlichkeit bei allen deutschen Stämmen wiederkehren und das deutsche Volk der Segnungen des Friedens und der Eintracht dauernd sich erfreuen werde.

Die deutschen Regierungen, die nur das wohlverstandene Interesse des Volkes kennen und beachten, sie bieten freudig die Mitwirkung zu allen Verfügungen der Centralgewalt, die Deutschlands Macht nach Außen und im Innern begründen und befestigen sollen.

Mit dieser Erklärungen sieht die Bundesversammlung ihre bisherige Thätigkeit als beendet an, und die Gesandten erneuern den Ausdruck ihrer persönlichen Huldigung für Euere Kaiserl. Hoheit den deutschen Reichsverweser."


Schmerling.
Usedom.
Todt, zugleich für die Großh. Hess. Stimme.
Closen.
Wangenheim.
Sternenfels.
Jordan.
Madai, auch für Baden.
Scherff.
Liebe.
Karsten.
Perthes.
Stockmar.
Mosle.
Holzhausen.
v. d. Hude.
Souchay.
Lutteroth-Legat.

 


Quellen: Protokoll der Deutschen Bundesversammlung, Jahrgang 1848, § 710 (letztes Protokoll)
Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte Band 1, Verlag Kohlhammer

© 26. November 2000 - 6. Dezember 2012
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