"Maßnahmen des Deutschen Bundes zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung bis 1848"

Maßregeln-Gesetz 1824

(Bundesbeschluß über Maßregeln zur Erhaltung und Befestigung der inneren Ruhe und Ordnung in Deutschland)

vom 16. August 1824

Art. 1. Es soll in allen Bundesstaaten, in welchen landständische Verfassungen bestehen, strenge darüber gewacht werden, damit in der Ausübung der den Ständen durch die landständische Verfassung zugestandenen Rechte das monarchische Prinzip unverletzt erhalten bleibe, und damit zur Abhaltung aller Mißbräuche, welche durch die Öffentlichkeit in den Verhandlungen oder durch den Druck derselben begangen werden können, eine den angeführten Bestimmungen der Schlußacte entsprechende Geschäftsordnung eingeführt und über die genaue Beobachtung derselben strenge gehalten werde.

Die deutsche Bundesversammlung theilt den Wunsch Seiner Kaiserlich-Königlichen Majestät, daß diejenigen Bundesstaaten, bei welchen die Öffentlichkeit der landständischen Verhandlungen besteht, sich über die Grundlinien einer solchen Geschäftsordnung, im Sinne der angeführten bundesgesetzlichen Vorschriften, vereinbaren möchten.

Art. 2. Das provisorische Gesetz, welches die Bundesversammlung über die deutschen Universitäten am 20. September 1819 beschlossen, dauert zwar selbstverstanden fort; es soll aber aus der Mitte der Bundesversammlung eine Commission von fünf Mitgliedern gewählt werden, welche mit Rücksicht auf die hinsichtlich der Universitäten bereits vorliegenden Verhandlungen, die gegenwärtig hervortretenden Gebrechen des gesammten Schul-, Unterrichts- und Erziehungs-Wesens in Deutschland zu erörtern, und die Maßregeln, zu welchen diese Erörterung Anlaß geben wird, in Vorschlag zu bringen habe.

Art. 3. Das, mit dem 20. September laufenden Jahres erlöschende provisorische Preßgesetz bleibt so lange in Kraft, bis man sich über ein definitives Preßgesetz vereinbart haben wird.

 


Quelle:
Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte Band 1, Verlag Kohlhammer

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Maßregeln-Gesetz 1830

(Bundesbeschluß über Maßregeln zur Herstellung und Erhaltung der Ruhe in Deutschland)

vom 21. Oktober 1830

Der Deutsche Bund, von der Verpflichtung durchdrungen, bei den gegenwärtig auf dem Bundesgebiete statt gehabten, so bedenklichen und allgemeine Gefahr drohenden, aufrührischen Vorfällen, im Sinne des 2. Artikels der Bundesacte und den sich hierauf beziehenden späteren Bestimmungen der Schlußacte, die verfassungsmäßige Wirksamkeit zu äußern, und in dankbarer Anerkennung der von dem K. K. Österreichischen Hofe durch Anregung dieses Gegenstandes von neuem bewährten Fürsorge für das Gesammtinteresse des Bundes, beschließt:

Art. 1. Für die Dauer der gegenwärtigen Zeitverhältnisse sollen in allen denjenigen Fällen, in welchen nach der Bestimmung des Artikels 26 der Schlußacte die Mitwirkung der Gesammtheit zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung in den Bundesstaaten verfassungsmäßig begründet ist, sämmtliche Bundesregierungen zur gegenseitigen Hülfsleistung in der Art verpflichtet seyn, daß, wenn eine den Beistand des Bundes bedürfende Regierung sich wegen Dringlichkeit der Gefahr unmittelbar an eine oder die andere benachbarte Regierung mit dem Ersuchen um militärische Hülfe wendet, diese Hülfe sofort Namens des Bundes geleistet werde, so weit die Kräfte des requirirten Bundesstaates hierzu ausreichen, und so weit es ohne Gefahr für dessen eigenes Gebiet und ohne offenbare Compromittirung seiner Truppen geschehen kann.

Art. 2. Zur Erreichung dieses Zweckes sollen, während der Dauer der gegenwärtigen außerordentlichen Zeitverhältnisse, die Bundescontingente in möglichst disponibler Bereitschaft gehalten werden.

Art. 3. So wie die Bundesregierungen überhaupt die Verbindlichkeit anerkennen, von allen, innerhalb ihres Gebiets vorfallenden, aufrührischen Auftritten, welche einen politischen Charakter andeuten, offene und rückhaltlose Anzeige ~m Bundestage zu erstatten, und zugleich über die Veranlassung der eingetretenen Unruhen und über die zur Befestigung der Ordnung ergriffenen Maaßregeln Nachricht zu geben, so soll dieß insbesondere in dem ad 1 bemerkten Falle geschehen, und übrigens in diesem Falle auch von der angesuchten Hülfsleistung unverweilt der Bundesversammlung, sowohl durch die Regierung, welche die Hülfe ansucht, als durch diejenige, welche selbige leistet, die Anzeige gemacht werden, damit die Bundesversammlung sofort die ihr durch die Bundesgesetzgebung vorgezeichnete Stellung annehme.

Art. 4. Die Bundesregierungen - erwägend, daß nach Art. 8 der Schlußacte die einzelnen Bevollmächtigten am Bundestage von ihren Committenten unbedingt abhängig und nur nach Maaßgabe der ihnen ertheilten Instructionen fürzugehen berechtigt sind, daß aber in Fällen, wo es sich um Erhaltung der Sicherheit und Ordnung in Deutschland handelt, möglichste Schnelligkeit in Ergreifung und Ausführung der Maaßregeln von der höchsten Wichtigkeit ist - vereinigen sich, die sich hierauf beziehenden Instructionen in möglichster Ausdehnung und mit thunlichster Beschleunigung an die Gesandtschaften gelangen zu lassen.

Art. 5. Die Censoren der öffentlichen Blätter politischen Inhalts sollen auf das Bestimmteste angewiesen werden, bei Zulassung von Nachrichten über stattgefundene aufrührische Bewegungen mit Vorsicht und mit Vergewisserung der Quellen, aus welchen derlei Nachrichten geschöpft sind, zu Werke zu gehen, und die bestehenden Bundesbeschlüsse vom 20. September 1819 sich gegenwärtig zu halten. Dabei soll sich die Wachsamkeit derselben auch auf jene Tagblätter richten, welche, auswärtigen Angelegenheiten fremd, bloß innere Verhältnisse behandeln, indem auch diese bei ungehinderter Zügellosigkeit das Vertrauen in die Landesbehörden und Regierungen schwächen, und dadurch indirect zum Aufstand reitzen.

Der Deutsche Bund, indem derselbe den gegenwärtigen Beschluß faßt, überläßt sich mit Vertrauen der Hoffnung, daß die dermalen an verschiedenen Puncten Deutschlands sichtbar gewordene Aufregung bald der ruhigen und besonnenen Ueberzeugung von dem Werthe des innern Friedens weichen und in der Weisheit der Deutschen Regierungen ihr Ziel finden werde, indem zu erwarten ist, daß diese Regierungen einer Seits gerechten Beschwerden, wo solche bestehen und im gesetzlichen Wege vorgebracht werden, mit landesväterlichem Sinne abhelfen, die ihnen bundesgesetzlich obliegenden Verpflichtungen gegen ihre Unterthanen erfüllen, und auf diese Weise jeden Vorwand zu sträflicher Auflehnung beseitigen, anderer Seits aber auch eben so wenig einer unzeitigen oder mit ihren Bundespflichten unvereinbaren und für die Gesammtheit gefährlichen Nachgiebigkeit Raum geben werden.

Die Sechs Artikel

("Bundesbeschluß über Maßregeln zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und Ruhe in Deutschland")

vom 28. Juni 1832

Unter dankbarer Anerkennung der von Ihren Majestäten dem Kaiser von Österreich und dem Könige von Preußen wiederholt bewährten Fürsorge für das gemeinsame Beste des Deutschen Vaterlandes, vereinigen sich sämmtliche Bundesregierungen zu folgenden Bestimmungen:

Art. 1. Da nach dem Artikel 57 der Wiener Schlußacte die gesammte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staates vereinigt bleiben muß, und der Souverain durch eine landständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden kann, so ist auch ein Deutscher Souverain, als Mitglied des Bundes, zur Verwerfung einer hiermit in Widerspruch stehenden Petition der Stände nicht nur berechtigt, sondern die Verpflichtung zu dieser Verwerfung geht aus dem Zwecke des Bundes hervor.

Art. 2. Da gleichfalls nach dem Geiste des eben angeführten Art. 57 der Schlußacte und der hieraus hervorgehenden Folgerung, welche der Art. 58 ausspricht, keinem Deutschen Souverain durch die Landstände die zur Führung einer den Bundespflichten und der Landesverfassung entsprechenden Regierung erforderlichen Mittel verweigert werden dürfen, so werden Fälle, in welchen ständische Versammlungen die Bewilligung der zur Führung der Regierung erforderlichen Steuern auf eine mittelbare oder unmittelbare Weise durch die Durchsetzung anderweiter Wünsche und Anträge bedingen wollten, unter diejenigen Fälle zu zählen seyn, auf welche die Art. 25 und 26 der Schlußacte in Anwendung gebracht werden müßten.

Art. 3. Die innere Gesetzgebung der Deutschen Bundesstaaten darf weder dem Zwecke des Bundes, wie solcher in dem Art. 2 der Bundesacte und in dem Art. 1 der Schlußacte ausgesprochen ist, irgend einen Eintrag thun, noch darf dieselbe der Erfüllung sonstiger bundesverfassungsmäßiger Verbindlichkeiten gegen den Bund, und namentlich der dahin gehörigen Leistung von Geldbeiträgen, hinderlich seyn.

Art. 4. Um die Würde und Gerechtsame des Bundes und der den Bund repräsentirenden Versammlung gegen Eingriffe aller Art sicher zu stellen, zugleich aber in den einzelnen Bundesstaaten die Handhabung der zwischen den Regierungen und ihren Ständen bestehenden verfassungsmäßigen Verhältnisse zu erleichtern, soll am Bundestage eine mit diesem Geschäfte besonders beauftragte Commission, vor der Hand auf sechs Jahre, ernannt werden, deren Bestimmung seyn wird, insbesondere auch von den ständischen Verhandlungen in den Deutschen Bundesstaaten fortdauernd Kenntniß zu nehmen, die mit den Verpflichtungen gegen den Bund, oder mit den durch die Bundesverträge garantirten Regierungsrechten in Widerspruch stehenden Anträge und Beschlüsse zum Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit zu machen, und der Bundesversammlung davon Anzeige zu thun, welche demnächst, wenn sie die Sache zu weiteren Erörterungen geeignet findet, solche mit den dabei betheiligten Regierungen zu veranlassen hat. Nach Verlauf von sechs Jahren wird die Fortdauer der Commission weiterer Vereinigung vorbehalten.

Art. 5. Da nach Art. 59 der Wiener Schlußacte, da, wo Öffentlichkeit der landständischen Verhandlungen durch die Verfassung gestattet ist, die Grenzen der freien Äußerung, weder bei den Verhandlungen selbst, noch bei deren Bekanntmachung durch den Druck, auf eine die Ruhe des einzelnen Bundesstaates, oder des gesammten Deutschlands gefährdende Weise überschritten werden darf, und dafür durch die Geschäftsordnung gesorgt werden soll; so machen auch sämmtliche Bundesregierungen, wie sie es ihren Bundesverhältnissen schuldig sind, sich gegen einander anheischig, zur Verhütung von Angriffen auf den Bund in den ständischen Versammlungen und zur Steuerung derselben, jede nach Maaßgabe ihrer innern Landesverfassung, die angemessenen Anordnungen zu erlassen und zu handhaben.

Art. 6. Da die Bundesversammlung schon nach dem Art. 17 der Schlußacte berufen ist, zur Aufrechthaltung des wahren Sinnes der Bundesacte und der darin enthaltenen Bestimmungen, wenn über deren Auslegung Zweifel entstehen sollte, dem Bundeszwecke gemäß zu erklären, so versteht es sich von selbst, daß zu einer Auslegung der Bundes- und der Schluß-Acte mit rechtlicher Wirkung auch nur allein und ausschließend der Deutsche Bund berechtigt ist, welcher dieses Recht durch sein verfassungsmäßiges Organ, die Bundesversammlung, ausübt.

Die Zehn Artikel

(Zweiter Bundesbeschluß "über Maßregeln zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung im Deutschen Bunde")

vom 5. Juli 1832

In Erwägung der gegenwärtigen Zeitverhältnisse und für die Dauer derselben, beschließt die Bundesversammlung, in Gemäßheit der ihr obliegenden Verpflichtung, die gemeinsamen Maaßregeln zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und gesetzlichen Ordnung zu berathen, nach vernommenem Gutachten einer aus ihrer Mitte gewählten Commission, wie folgt:

Art. 1. Keine in einem nicht zum Deutschen Bunde gehörigen Staate in Deutscher Sprache im Druck erscheinende Zeit- oder nicht über zwanzig Bogen betragende sonstige Druckschrift politischen Inhalts darf in einem Bundesstaate, ohne vorgängige Genehmhaltung der Regierung desselben, zugelassen und ausgegeben werden; gegen die Übertreter dieses Verbots ist eben so, wie gegen die Verbreiter verbotener Druckschriften, zu verfahren.

Art. 2. Alle Vereine, welche politische Zwecke haben, oder unter anderm Namen zu politischen Zwecken benutzt werden, sind in sämmtlichen Bundesstaaten zu verbieten und ist gegen deren Urheber und die Theilnehmer an denselben mit angemessener Strafe vorzuschreiten.

Art. 3. Außerordentliche Volksversammlungen und Volksfeste, nämlich solche, welche bisher hinsichtlich der Zeit und des Ortes weder üblich noch gestattet waren, dürfen, unter welchem Namen und zu welchem Zwecke es auch immer sey, in keinem Bundesstaate, ohne vorausgegangene Genehmigung der competenten Behörde, statt finden.

Diejenigen, welche zu solchen Versammlungen oder Festen durch Verabredungen oder Ausschreiben Anlaß geben, sind einer angemessenen Strafe zu unterwerfen.

Auch bei erlaubten Volksversammlungen und Volksfesten ist es nicht zu dulden, daß öffentliche Reden politischen Inhalts gehalten werden; diejenigen, welche sich dieß zu Schulden kommen lassen, sind nachdrücklich zu bestrafen, und wer irgend eine Volksversammlung dazu mißbraucht, Adressen oder Beschlüsse in Vorschlag zu bringen und durch Unterschrift oder mündliche Beistimmung genehmigen zu lassen, ist mit geschärfter Ahndung zu belegen.

Art. 4. Das öffentliche Tragen von Abzeichen in Bändern, Cocarden oder dergleichen, sey es von In- oder Ausländern, in andern Farben, als jenen des Landes, dem der, welcher solche trägt, als Unterthan angehört, - das nicht autorisirte Aufstecken von Fahnen und Flaggen, das Errichten von Freiheitsbäumen und dergleichen Aufruhrzeichen - ist unnachsichtlich zu bestrafen.

Art. 5. Der am 20. September 1819 gefaßte, gemäß weitern Beschlusses vom 12. August 1824 fortbestehende, provisorische Beschluß über die in Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maaßregeln, wird sowohl im Allgemeinen, als insbesondere hinsichtlich der in den §§ 2 und 3 desselben enthaltenen Bestimmungen, in den geeigneten Fällen, in so weit es noch nicht geschehen, unfehlbar zur Anwendung gebracht werden.

Art. 6. Die Bundesregierungen werden fortwährend die genaueste polizeiliche Wachsamkeit auf alle Einheimische, welche durch öffentliche Reden, Schriften oder Handlungen ihre Theilnahme an aufwieglerischen Planen kund, oder zu deßfallsigem Verdacht gegründeten Anlaß gegeben haben, eintreten lassen; sie werden sich wechselseitig mit Notizen über alle Entdeckungen staatsgefährlicher geheimer Verbindungen und der darin verflochtenen Individuen, auch in Verfolgung deßfallsiger Spuren, jederzeit aufs schleunigste und bereitwilligste unterstützen.

Art. 7. Auf Fremde, welche sich wegen politischer Vergehen oder Verbrechen in einen der Bundesstaaten begeben haben, sodann auf Einheimische und Fremde, die aus Orten oder Gegenden kommen, wo sich Verbindungen zum Umsturz des Bundes oder der Deutschen Regierungen gebildet haben und der Theilnahme daran verdächtig sind, ist besondere Aufmerksamkeit zu wenden; zu diesem Ende sind überall in den Bundeslanden die bestehenden Paßvorschriften auf das Genaueste zu beobachten und nöthigenfalls zu schärfen.

Auch werden die sämmtlichen Bundesregierungen dafür sorgen, daß verdächtigen ausländischen Ankömmlingen, welche sich über den Zweck ihres Aufenthalts im Lande nicht befriedigend ausweisen können, derselbe nicht gestattet werde.

Art. 8. Die Bundesregierungen machen sich verbindlich, diejenigen, welche in einem Bundesstaat politische Vergehen oder Verbrechen begangen, und sich, um der Strafe zu entgehen, in andere Bundeslande geflüchtet haben, auf erfolgende Requisition, in so fern es nicht eigene Unterthanen sind, ohne Anstand auszuliefern.

Art. 9. Die Bundesregierungen sichern sich gegenseitig auf Verlangen die promteste militärische Assistenz zu, und indem sie anerkennen, daß die Zeitverhältnisse gegenwärtig nicht minder dringend, als im October 1830, außerordentliche Vorkehrungen wegen Verwendung der militärischen Kräfte des Bundes erfordern, werden sie sich die Vollziehung des Beschlusses vom 21. October 1830- betreffend Maaßregeln zur Herstellung und Erhaltung der Ruhe in Deutschland - auch unter den jetzigen Umständen, und so lange, als die Erhaltung der Ruhe in Deutschland es wünschenswerth macht, ernstlich angelegen seyn lassen.

Art. 10. Sämmtliche Bundesregierungen verpflichten sich, unverweilt diejenigen Verfügungen, welche sie zur Vollziehung vorbemerkter Maaßregeln nach Maaßgabe des in den verschiedenen Bundesstaaten sich ergebenden Erfordernisses getroffen haben, der Bundesversammlung anzuzeigen.

Bestellung einer Bundes-Zentralbehörde

("Bundesbeschluß wegen eines gegen den Bestand des Deutschen Bundes und die öffentliche Ordung in Deutschland gerichteten Komplotts")

vom 30. Juni 1833

Art. 1. Von Bundeswegen wird eine Centralbehörde niedergesetzt, deren Aufgabe ist, die näheren Umstände, den Umfang und den Zusammenhang des gegen den Bestand des Bundes und gegen die öffentliche Ordnung in Deutschland gerichteten Complotts, insbesondere des am 3. April l. J. zu Frankfurt statt gehabten Attentats, zu erheben und fortwährend von sämmtlichen Verhandlungen der verschiedenen, mit Untersuchungen wegen Theilnahme an dem gedachten Complotte in den einzelnen Bundesstaaten beschäftigten Behörden im Interesse der Gesammtheit Kenntniß zu nehmen, auch gegenseitige Mittheilungen und Aufschlüsse unter denselben zu befördern, endlich für die Gründlichkeit, Vollständigkeit und Beschleunigung der anhängigen Untersuchungen Sorge zu tragen.

Diese Behörde versammelt sich 14 Tage nach gegenwärtigem Beschlusse zu Frankfurt am Main.

Art. 2. Die Bundesversammlung wählt die Regierungen von Österreich, Preußen, Bayern, Würtemberg und Großherzogthum Hessen, deren jede ein Mitglied der Centralbehörde des Bundes zu ernennen hat.

Der Vorsitz bei dieser Behörde richtet sich nach der Abstimmungsordnung in der Bundesversammlung.

Art. 3. Zu Mitgliedern dieser Behörde können nur durch Erfahrung im Untersuchungsfach erprobte Beamte des Richterstandes ernannt werden.

Einem jeden derselben wird von der betreffenden Regierung ein auf das Protokoll verpflichteter Actuar oder ein Canzlist beigegeben und im Übrigen der Behörde die Bildung ihrer Canzlei überlassen.

Die Beschlüsse werden nach der Stimmenmehrheit gefaßt; der weitere Geschäftsgang wird von der Centralbehörde selbst festgesetzt.

Art. 4. Die Regierungen, in deren Staaten Untersuchungen wegen des Complotts gegen den Bund und die einzelnen Bundesregierungen statt finden, werden der Bundesversammlung die damit beauftragten Landesbehörden bezeichnen.

Art. 5. Diese Landesbehörden werden von ihren Regierungen angewiesen werden, der Centralbehörde des Bundes fortwährend und schleunigst Alles, was sich auf die Untersuchungen bezieht und zu ihrer Kenntniß gelangt, mitzutheilen, so wie auch den Requisitionen derselben, welche die Ausmittlung des Thatbestandes, des Ursprungs und der Verzweigungen des Complotts betreffen, unverzüglich und vollständig zu genügen.

Art. 6. Die Centralbehörde des Bundes hat die Befugniß, an alle Orte, wo solche Untersuchungen im Gange sind, eines ihrer Mitglieder abzuordnen, um die Acten einzusehen, und den Verhören der Angeschuldigten beizuwohnen, ohne jedoch an der Untersuchung selbst, welche der Landesbehörde zusteht, unmittelbaren Antheil zu nehmen.

Im Falle solcher Entsendungen oder anderer Verhinderungen wird die Bundesversammlung für die Vollständigkeit der Centralbehörde durch Wahl anderer Regierungen zu zeitweiliger Beiordnung von Stellvertretern nach Bedürfniß Sorge tragen; als solche Regierungen werden Kurhessen und Nassau bezeichnet.

Art. 7. Die Centralbehörde des Bundes erstattet ihre Berichte an den in Folge des Art. 28 der Wiener Schlußacte ernannten Bundestags-Ausschuß. An diesen richtet sie ihre Anträge über die Leitung und Beförderung der Untersuchungen, insbesondere bei sich zeigenden Anständen, und eben so legt sie demselben von Zeit zu Zeit das Ergebniß der Untersuchungen vor.

Sie hat alle über die aufrührischen Complotte in den einzelnen Deutschen Bundesstaaten ihr zugehenden Notizen zusammenzustellen, die Thatsachen aufzuklären, die Urheber und Theilnehmer zu ermitteln, und hiermit ihre Anträge wegen gründlicher Hebung des Übels zu verbinden.

Art. 8. Die Kosten der gedachten Centralbehörde werden von dem Bunde getragen und aus der Matrikularcasse bestritten.

Art. 9. Die Bundesregierungen werden den Vollzug dieses Beschlusses, in so weit er eine jede betrifft, der Bundesversammlung unverweilt anzeigen.

Die Sechzig Artikel

(Schlußprotokoll der Wiener Ministerkonferenzen)

nur die Artikel 3 bis 14 (Bundesschiedsgerichtsbarkeit), 42 bis 56 (Überwachung der Universitäten) und 57 (Verbot der Aktenversendung in Strafsachen) wurde durch Beschlüsse der Bundesversammlung vom 30. Oktober 1834 bzw. 13. November 1834 formale Bundesgesetze)

vom 12. Juni 1834

Die souveränen Fürsten und freien Städte Deutschlands haben in pflichtmäßiger Fürsorge für Erhaltung der durch die Bundesakte bestimmten und durch die Schlußakte ausgebildeten Verfassung des deutschen Bundes, wie für die durch diese Grundgesetze verbürgte Sicherung der landesherrlichen Autorität und der öffentlichen Ordnung und Ruhe in den einzelnen Bundesstaaten, endlich in dem festen Entschlusse, den in Deutschland bestehenden Rechtszustand gegen jeden Versuch zu dessen Verletzung durch alle in ihren Rechten wie in ihren Pflichten liegenden Mittel gewissenhaft zu bewahren, zur Berathschlagung über die zur Erreichung dieses gemeinsamen Zweckes von allen Regierungen gleichmäßig festzuhaltenden Grundsätze und zu treffenden Maaßregeln nachstehende Bevollmächtigte ernannt, nämlich:

(es folgen die Namen der Bevollmächtigten)

welche zu Wien, nach geschehener Auswechselung ihrer richtig befundenen Vollmachten, in Cabinetsconferenzen zusammengetreten und zu einer einhelligen definitiven Vereinbarung über folgende Artikel gelangt sind:

Art. 1. Das im Art. 57 der Wiener Schlußakte anerkannte Grundprincip des deutschen Bundes, gemäß welchem die gesammte Staatsgewalt in dem Ober-haupte des Staats vereinigt bleiben muß und der Souverän durch eine landständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden kann, ist in seinem vollen Umfange unverletzt zu erhalten. Jede demselben widerstrebende, auf eine Theilung der Staatsgewalt abzielende Behauptung ist unvereinbar mit dem Staatsrechte der im deutschen Bunde vereinigten Staaten, und kann bei keiner deutschen Verfassung in Anwendung kommen.

Die Regierungen werden demnach eine mit den Souveränetätsrechten unvereinbare Erweiterung ständischer Befugnisse in keinem Falle zugestehen.

Art. 2. Wenn Stände, in der Absicht ihre Befugnisse zu erweitern, Zweifel über den Sinn einzelner Stellen der Verfassungsurkunden erregen sollten, so werden die Regierungen, die den obigen Grundsätzen entsprechende Deutung aufrecht erhalten. Sollten die Stände sich bei dieser Deutung nicht beruhigen, so wird die betreffende Regierung den erhobenen Anstand auf dem im folgenden Artikel zur Entscheidung solcher Irrungen bezeichneten Wege zur Erledigung bringen.

Art. 3. Für den Fall, daß in einem Bundesstaate zwischen der Regierung und den Ständen über die Auslegung der Verfassung oder über die Grenzen der bei Ausübung bestimmter Rechte des Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung, namentlich durch Verweigerung der zur Führung einer den Bundespflichten und der Landes-Verfassung entsprechenden Regierung erforderlichen Mittel, Irrungen entstehen, und alle verfassungsmäßigen und mit den Gesetzen vereinbarlichen Wege zu deren genügenden Beseitigung ohne Erfolg eingeschlagen worden sind, verpflichten sich die Bundesglieder als solche, gegen einander, ehe sie die Dazwischenkunft des Bundes nachsuchen, die Entscheidung solcher Streitigkeiten durch Schiedsrichter auf dem in den folgenden Artikeln bezeichneten Wege zu veranlassen.

Art. 4. Um das Schiedsgericht zu bilden, ernennt jede der siebzehn Stimmen des engern Rathes der Bundesversammlung aus den von ihr repräsentirten Staaten, von drei zu drei Jahren, zwei durch Charakter und Gesinnung ausgezeichnete Männer, welche durch mehrjährigen Dienst hinlängliche Kenntnisse und Geschäftsbildung der Eine im juridischen, der Andere im administrativen Fache erprobt haben. Die erfolgten Ernennungen werden von den einzelnen Regierungen der Bundesversammlung angezeigt, und von dieser, sobald die Anzeigen von allen siebzehn Stimmen eingegangen sind, öffentlich bekannt gemacht. Eben so werden die durch freiwilligen Rücktritt, durch Krankheit oder Tod eines Spruchmannes, vor Ablauf der bestimmten Zeit eintretenden Erledigungen von den Regierungen für die noch übrige Dauer der dreijährigen Frist sofort ergänzt.

Das Verhältniß dieser 34 Spruchmänner zu den Regierungen, welche sie ernannt haben, bleibt unverändert, und es gibt ihnen die Ernennung zum Spruchmann auf Gehalt oder Rang keinen Anspruch.

Art. 5. Wenn, in dem Art. 3 bezeichneten Falle, der Weg einer schiedsrichterlichen Entscheidung betreten wird, so erstattet die betreffende Regierung hievon Anzeige an die Bundesversammlung, und es werden aus der bekannt gemachten Liste der 34 Spruchmänner in der Regel sechs Schiedsrichter, und zwar drei von der Regierung und drei von den Ständen, ausgewählt. Die von der betheiligten Regierung ernannten Spruchmänner sind von der Wahl zu Schiedsrichtern für den gegebenen Fall ausgeschlossen, sofern nicht beide Theile mit deren Zulassung einverstanden sind. Es bleibt dem Übereinkommen beider Theile überlassen, sich auf die Wahl von zwei oder vier Schiedsrichtern zu beschränken, oder deren Zahl auf acht auszudehnen.

Die gewählten Schiedsrichter werden von der betreffenden Regierung der Bundesversammlung angezeigt. Erfolgt, in dem Falle der Vereinbarung über die Berufung an das Schiedsgericht, und nachdem die Regierung den Ständen die Liste der Spruchmänner mitgetheilt hat, die Wahl der Schiedsrichter nicht binnen vier Wochen, so ernennt die Bundesversammlung die letzteren statt des säumigen Theiles.

Art. 6. Die Schiedsrichter werden von der Bundesversammlung, mittelst ihrer Regierung, von der auf sie gefallenen Ernennung in Kenntniß gesetzt, und aufgefordert, einen Obmann aus der Zahl der übrigen Spruchmänner zu wählen; bei Gleichheit der Stimmen wird ein Obmann von der Bundesversammlung ernannt.

Art. 7. Die von der betreffenden Regierung bei der Bundesversammlung eingereichten Acten, in welchen die Streitfragen bereits durch gegenseitige Denkschriften oder auf andere Art festgestellt seyn müssen, werden dem Obmann übersendet, welcher die Abfassung der Relation und Correlation zwei Schiedsrichtern überträgt, deren Einer aus den von der Regierung, der Andere aus den von den Ständen Erwählten zu nehmen ist.

Art. 8. Demnächst versammeln sich die Schiedsrichter, einschließlich des Obmannes, an einem von beiden Theilen zu bestimmenden, oder, in Ermangelung einer Übereinkunft, von der Bundesversammlung zu bezeichnenden Orte, und entscheiden, nach ihrem Gewissen und eigener Einsicht, den streitigen Fall durch Mehrheit der Stimmen.

Art. 9. Sollten die Schiedsrichter zur Fällung des definitiven Spruches eine nähere Ermittelung oder Aufklärung von Thatsachen für unumgänglich nothwendig erachten, so werden sie dieß der Bundesversammlung anzeigen, welche die Ergänzung der Acten durch den Bundestagsgesandten der betheiligten Regierung bewirken läßt.

Art. 10. Sofern nicht in dem zuletzt bezeichneten Falle eine Verzögerung unvermeidlich wird, muß die Entscheidung spätestens binnen vier Monaten, von der Ernennung des Obmannes an gerechnet, erfolgen, und bei der Bundesversammlung zur weitern Mittheilung an die betheiligte Regierung eingereicht werden.

Art. 11. Der schiedsrichterliche Ausspruch hat die Kraft und Wirkung eines austrägalgerichtlichen Erkenntnisses, und die bundesgesetzliche Executionsordnung findet hierauf ihre Anwendung.

Bei Streitigkeiten über die Ansätze eines Budgets insbesondere, erstreckt sich diese Kraft und Wirkung auf die Dauer der Steuerbewilligungs-Periode, welche das in Frage stehende Budget umfaßt.

Art. 12. Sollten sich über den Betrag der durch das schiedsrichterliche Verfahren veranlaßten, dem betheiligten Staate in ihrem ganzen Umfange zur Last fallenden Kosten, Anstände ergeben, so werden diese durch Festsetzung von Seiten der Bundesversammlung erledigt.

Art. 13. Das in den vorstehenden Art. 3 - 12 näher bezeichnete Schiedsgericht findet auch zur Schlichtung der in den freien Städten zwischen den Senaten und den verfassungsmäßigen bürgerlichen Behörden derselben sich etwa ergebenden Irrungen und Streitigkeiten analoge Anwendung.

Der 46. Art. der Wiener Congreßacte vom Jahr 1815 in Betreff der Verfassung der freien Stadt Frankfurt erhält jedoch hierdurch keine Abänderung.

Art. 14. Da es den Mitgliedern des Bundes unbenommen bleibt, sich darüber einzuverstehen, daß die zwischen ihnen entstandenen Streitigkeiten auf dem Wege des Art. 4 gebildeten Schiedsgerichtes ausgetragen werden, so wird die Bundesversammlung, eintretenden Falles, auf die hievon von den streitenden Bundesgliedern gleichzeitig gemachte Anzeige, nach Maaßgabe der Art. 5 bis 12 die Einleitung des schiedsrichterlichen Verfahrens veranlassen.

Art. 15. Stände können von ihren eigenen Beschlüssen oder von jenen einer früheren Ständeversammlung wenn sie in verfassungsmäßiger Form erfolgt und von der Regierung genehmigt sind, ohne deren Zustimmung mit rechtlicher Wirksamkeit nicht abgehen. Dies versteht sich auch von Beschlüssen, welche für einen ausdrücklich bestimmten Zeitraum gefaßt sind, während der Dauer desselben.

Wo Landtagsabschiede üblich sind, werden die Regierungen in der bisherigen Form und Weise deren Abfassung keine Abänderung eintreten lassen, welche den landesherrlichen Rechten zum Nachtheil gereichen könnte.

Art. 16. Verordnungen, welche von der Regierung vermöge der Regierungsgewalt in verfassungsmäßiger Form erlassen worden sind, haben für die Unterthanen verbindliche Kraft und werden von ersterer mit Nachdruck gehandhabt werden.

Den etwa gegen solche Verordnungen gerichteten Competenzübergriffen der Gerichte werden die betreffenden Regierungen auf jede mit den Gesetzen vereinbare Weise standhaft begegnen.

Ein Nichtanerkennen solcher Verordnungen durch die Stände kann die Regierung in Handhabung derselben nicht hemmen, so lange die ständische Beschwerde nicht auf verfassungsmäßigem Wege als begründet erkannt worden ist.

Überhaupt kann der Gang der Regierungen durch ständische Einsprüche, in welcher Form diese nur immer vorkommen mögen, nicht gestört werden, sondern dieselben haben ihre Erledigung stets im gesetzlichen Wege zu erwarten.

Die Regierungen werden in den Gesetzentwürfen, welche von ihrer Seite den Ständen vorgelegt werden, die eigentlich gesetzlichen Bestimmungen sorgfältig von eigentlichen Vollzugsbestimmungen trennen.

Art. 17. Die Regierungen werden nicht gestatten, daß die Stände über die Gültigkeit der Bundesbeschliisse berathen und beschließen.

Art. 18. Die Regierungen werden Ständeversammlungen, welche die zur Handhabung der Bundesbeschlüsse vom 28. Juni 1832 erforderlichen Leistungen verweigern, nach fruchtloser Anwendung aller gesetzlichen und verfassungsmäßigen Mittel (und zwar nach Umständen mit Bezeichnung des Grundes) auflösen, und es soll ihnen in solchem Falle die Hülfe des Bundes nach Maßgabe der Art. 25-27 der Schlußakte zugesichert sein.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall einer gänzlichen Verweigerung der Steuern.

Art. 19. Bedingungen, welche bei Bewilligung der zur Führung der Regierung erforderlichen Steuern nach Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1832 unzulässig sind, können auch unter der Benennung von Voraussetzungen oder unter irgend einer andern Form nicht geltend gemacht werden.

Art. 20. Das Recht der Steuerbewilligung ist nicht gleichbedeutend mit dem Rechte, das Staatsausgabenbudget zu regeln. Die Regierungen werden diesen Unterschied bei den Verhandlungen über das Budget genau im Auge behalten und die durch die einzelnen Landesverfassungen gezogenen Grenzen mit gehöriger Sorgfalt für die erforderlichen Dispositions- und Reserve-Fonds strenge beobachten lassen.

Aus diesem Unterschiede folgt: daß Ständen das Recht, einzelne innerhalb des Betrages der im Allgemeinen bestimmten Etatssummen vorkommende Ausgabeposten festzusetzen oder zu streichen, nicht zusteht, insofern ihre Zustimmung dazu nicht ausdrücklich durch Verfassungen oder Gesetze vorbehalten ist.

Werden bereits erfolgte Ausgaben von den Landständen (worunter in jenen Staaten, deren Stände in zwei Kammern getheilt sind, immer beide Kammern verstanden werden) nicht anerkannt oder gestrichen, so können letztere zwar eine Verwahrung für künftige Fälle einlegen oder nach Umständen einen andern nach der Verfassung jedes Landes zulässigen Weg einschlagen; es können- aber dergleichen als wirklich verausgabt nachgewiesene Summen nicht als effektive Kassenvorräthe von den Ständen in Anschlag gebracht werden.

Die Frage über die Rechtmäßigkeit einer erweislich erfolgten Ausgabe wird auf verfassungsmäßigem Wege entschieden, und wenn diese Entscheidung verneinend ausfällt, so steht nur der kompetenten landesherrlichen Behörde, und nicht den Ständen, der Ausspruch über die Ersatzverbindlichkeit zu.

Art. 21. Damit die Berathung der Stände über das Budget in der nöthigen Frist um so gewisser beendet werden könne, werden die Regierungen die Stände zu rechter Zeit einberufen und denselben das Budget in der Regel bei dem Beginne der Sitzungen vorlegen.

Sollte die Erledigung der Budgetfrage nicht auf irgend einem gesetzlichen oder durch freies Übereinkommen bestimmten Wege vor Ablauf der gesetzlichen Steuerbewilligungsperiode zu bewirken gewesen sein, so wollen die betheiligten Regierungen die Entscheidung der streitig gewordenen Punkte durch ein nach den Bestimmungen des Art. 3 zu bildendes Schiedsgericht so zeitig einleiten daß die Entscheidung jedenfalls binnen sechs Monaten vom Ablauf der letzten Steuerbewilligungsperiode an ertheilt werden kann.

Wurden sich die Stände auch zu einer einstweiligen, den Fortgang des Staatsbaushaltes bis zur Entscheidung sichernden Steuerbewilligung nicht verstanden haben, oder sich einem schiedsrichterlichen Ausspruche gar nicht unterwerfen wollen, während die Regierung den oben erwähnten Bestimmungen nachgekommen ist, so steht letzterer das Recht zu, die zur Erfüllung der Bundespflicht und zur Führung einer der Landesverfassung entsprechenden, geordneten Verwaltung erforderlichen Steuern fortzuerheben, ohne jedoch, den Fall außerordentlicher Bundesleistungen oder anderer außerordentlicher und dringender Ereignisse ausgenommen, den Betrag der letzten Steuerbewilligung zu überschreiten, und der Bund wird nöthigenfalls die Bundeshülfe nach Artikel 25 und 26 der Schlußakte und Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1832 eintreten lassen.

Art. 22. Die verbündeten Souveräne werden sich bemühen zu bewirken, daß da, wo das Einkommen des Regenten nicht verfassungsmäßig auf andere Weise gesichert ist, die Civillisten auf Domanialgefälle gegründet und jedenfalls in der Art mit den Ständen fixirt werden, daß sie sowohl während der Lebenszeit des Regenten, als bei einem neuen Regierungsantritt nicht ohne des Landesherrn Einwilligung vermindert, aber auch nicht ohne Zustimmung der Stände erhöht werden können.

Art. 23. Man wird den Grundsatz festhalten, daß Staatsbeamte zu ihrem Eintritte in ständische Kammern der Genehmigung des Landesherrn bedürfen.

Art. 24. Die Regierungen werden einer Beeidigung des Militärs auf die Verfassung nirgends und zu keiner Zeit Statt geben.

Art. 25. Die Regierungen werden zur Bewirkung eines gleichförmigen und kräftigen Vollzuges des Artikels 5 des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1832 und der demselben vorausgegangenen Vorschriften der Schlußakte, im Betreff der Öffentlichkeit landständischer Verhandlungen, insoweit nicht durch die bestehenden Geschäftsordnungen bereits genügend fürgesorgt ist, die nöthigen Anordnungen treffen und zu diesem Ende ihre, den Ständesitzungen beiwohnenden Commissarien mit den geeigneten Instruktionen versehen.

Art. 26. Man wird insbesondere darüber wachen, daß die Präsidenten der ständischen Kammern nicht verabsäumen, die Redner wegen Mißbrauch des Wortes (sei es zu Angriffen auf den Bund oder einzelne Bundesregierungen, sei es zur Verbreitung die rechtmäßige Staatsordnung untergrabender oder ruhestörender Grundsätze und Lehren) zur Ordnung zu verweisen, und nöthigenfalls die weiteren verfassungsmäßigen Einschreitungen zu veranlassen. Sollte eine Ständeversammlung in ihrer Mehrheit solche ahndungswürdige Ausfälle einzelner Mitglieder billigen, oder denselben nicht entgegentreten, so werden die Regierungen nach erfolgloser Anwendung anderer ihnen zu Gebote stehender Mittel, die Vertagung und selbst die Auflösung der Kammern unter ausdrücklicher Anführung des Grundes verfügen.

Art. 27. Jedesmal, wenn die Berathung in öffentlicher Sitzung über die Mittel zur Ausführung von Bundesbeschlüssen, insoweit ständische Mitwirkung dazu yerfassungsmäßig nöthig ist, von nachtheiligem Einflusse auf die Bundesverhältnisse oder auf die auswärtige Politik des deutschen Bundes sein könnte, werden die Regierungen auf geeignetem Wege dahin wirken, daß die öffentlichen Sitzungen in geheime verwandelt werden.

Art. 28. Um die zur Erhaltung der Ruhe Deutschlands übernommene gegenseitige Verpflichtung einer wachsamen und strengen Aufsicht über die in den verbündeten Staaten erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften in gleichem Sinne vollständig zu erfüllen, und die dem provisorischen Preßgesetze gemäß bestehende Censur auf die zweckmäßigste Weise gleichförmig zu handhaben, werden die Regierungen:
1) das Censoramt nur Männern von erprobter Gesinnung und Fähigkeit übertragen und diesen eine dem ehrenvollen Vertrauen, welche dasselbe voraussetzt, entsprechende Stellung, sei es in selbstständiger Eigenschaft oder in Verbindung mit andern angesehenen Aemtern sichern;
2) den Censoren bestimmte Instruktionen ertheilen;
3) Censurlücken nirgends dulden;
4) in denjenigen Bundesstaaten, in welchen nicht durch die Verfassung oder durch die Landesgesetze anderweit Fürsorge getroffen ist, wird unbeschadet dessen, was im § 6 des provisorischen Preßgesetzes vom Jahre 1819 verfügt ist, eine höhere Behörde mit den Funktionen eines Ober-Censur-Collegii beauftragt werden, um als solches theils über die pflichtmäßige Erfüllung der Obliegenheiten der Censoren zu wachen, theils auch die Beschwerden der Schriftsteller über das Verfahren und die Aussprüche der Censoren zu erledigen.

Art. 29. Von den Nachtheilen einer übermäßigen Anzahl politischer Tagblätter überzeugt, werden die Regierungen auf eine allmählig herbeizuführende Verminderung solcher Blätter, soweit dieß ohne Kränkung erworbener Rechte thunlich ist, Bedacht nehmen.

Art. 30. Kraft der ihnen zustehenden oberpolizeilichen Aufsicht werden die Regierungen die Herausgabe neuer politischer Tagblätter ohne die vorgängige Erwirkung einer dießfälligen Concession nicht gestatten. Es wird diese nur mit Rücksicht auf -vorstehenden Artikel 29, nach gewonnener Überzeugung von der Befähigung des Redakteurs und nur mit der Clausel völlig uneingeschränkter Widerruflichkeit ertheilt werden.

Art. 31. Das in einem Bundesstaate einer Druckschrift von einem Censor ertheilte Imprimatur befreit diese Schrift nicht von den in andern Bundesländern bestehenden Aufsichtsregeln.

Art. 32. Die Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 5. Juli 1832, betreffend die Zulassung der außerhalb des Bundesgebiets in deutscher Sprache erscheinenden Zeit- und nicht über 20 Bogen betragenden Druckschriften politischen Inhalts sollen fortwährend strenge vollzogen werden.

Rücksichtlich der in fremden Sprachen erscheinenden Zeitungen vereinigen sich die Regierungen zu der Bestimmung, daß Abonnements auf dieselben von den

Postämtern nur nach einem von der Regierung genehmigten Verzeichnisse solcher Blätter angenommen werden dürfen. Die auf diese Weise nicht zugelassenen Zeitungen dürfen zwar von Einzelnen verschrieben, aber nicht öffentlich ausgelegt werden.

Art. 33. Es wird auf geeignetem Wege Sorge dafür getragen werden, daß beim Drucke der ständischen Protokolle, wo solcher Statt findet, alle jene Äußerungen hinweggelassen werden, welche nach Bestimmung des Art. 26 eine Verweisung zur Ordnung veranlaßt haben. Wenn die ständischen Protokolle in Zeitungen oder sonstigen periodischen Schriften abgedruckt werden, so unterliegt dieser Abdruck allen für die Redaktion, Censur und Beaufsichtigung dieser letztern bestehenden Vorschriften. Gleiches gilt von der auszugsweisen Bekanntmachung ständischer Verhandlungen in periodischen Blättern.

Art. 34. Die beaufsichtigenden Behörden und die Censoren der Zeitblätter werden angewiesen werden, auch in Betreff der Aufnahme der faktischen Umstände anderer deutschen Ständeversammlungen mit gleicher Umsicht und nach denselben Regeln wie bei jener des eigenen Staates zu verfahren.

Art. 35. Da, wo Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen in Strafsachen besteht, wollen die Regierungen der Bekanntmachung dieser letztem durch den Druck nur unter Beobachtung solcher mit den Gesetzen vereinbaren Vorsichtsmaßregeln Statt geben, durch welche eine nachtheilige Einwirkung auf öffentliche Ruhe und Ordnung verhütet werden kann.

Art. 36. Die Regierungen vereinbaren sich dahin, daß der Nachdruck im Umfange des ganzen Bundesgebiets zu verbieten und das schriftstellerische Eigenthum nach gleichförmigen Grundsätzen festzustellen und zu schützen sei.

Art. 37. Es soll am Bundestage eine Commission ernannt werden, um in Erwägung zu ziehen, inwiefern über die Organisation des deutschen Buchhandels ein Übereinkommen sämmtlicher Bundesglieder zu treffen sei.

Zu diesem Ende werden die Regierungen geachtete Buchhändler ihrer Staaten über diesen Gegenstand vernehmen und die Ergebnisse dieser Begutachtung an die Bundestagskommission gelangen lassen.

Art. 38. Damit die nach Bundesbeschluß vom 20. September 1819 für die Universitäten bestellten landesherrlichen Bevollmächtigten ihre Obliegenheiten mit gesichertem Erfolge ausüben können, werden sich die Regierungen die denselben ertheilten Instruktionen nach vorgenommener Revision gegenseitig durch den Weg der Bundesversammlung mittheilen, und solche zur Erzielung möglichster Gleichförmigkeit in ihren Anordnungen auf den verschiedenen Universitäten benützen.

Art. 39. Privatdocenten werden auf den Universitäten nur zugelassen, wenn sie mindestens die für die Kandidaten des öffentlichen Dienstes in dem erwählten Fache vorgeschriebene Prüfung, und diese mit Auszeichnung bestanden haben; die Regierungen werden übrigens, sofern die bestehenden Einrichtungen es zulassen, darauf Bedacht nehmen, daß diejenigen, welche in Wissenschaften, deren Studium zur Vorbereitung auf den Staatsdienst gehört, Unterricht ertheilen wollen, sich vorher auf dem, für den wirklichen Dienst vorgezeichneten Vorbereitungswege mit den Geschäften bekannt machen.

Die venia legendi wird nur mit Genehmigung der - der Universität vorgesetzten - Behörde, und stets widerruflich ertheilt werden.

Kein Studirender wird an derselben Universität, auf welcher er studirt hat, vor Verlauf von zwei Jahren nach seinem Abgange von dort als Privatdocent zugelassen werden.

Art. 40. Kein akademischer Lehrer soll ohne Genehmigung der vorgesetzten Behörde Vorlesungen über Wissenschaften halten, die einer andern Fakultät als der seinigen angehören.

Es wird da, wo es noch nicht geschehen ist, die Einrichtung getroffen werden, daß die Honorare für die Vorlesungen von den Studirenden nicht unmittelbar an die Professoren bezahlt, sondern durch einen von der Universitätsbehörde ernannten Einnehmer erhoben, und von diesem den Lehrern ausgehändigt werden.

Art. 41. Die Regierungen werden sich vereinigen, die Ferien an den Universitäten, dem Anfangs- und Endtermine nach, möglichst übereinstimmend zu ordnen.

Den Studirenden soll übrigens außer den Ferien in der Regel keine Erlaubniß zu Reisen ertheilt werden, und ausnahmsweise nur dann, wenn die Eltern oder deren Stellvertreter, sowohl der Zeit, als den bestimmt anzugebenden Gegenden nach, die Reise genehmigen, oder der Nachsuchende dringende Motive zu einer Reise glaubwürdig darthun kann.

Es soll Studirenden, welche an geheimen Verbindungen Theil genommen, oder sich einer tadelhaften Aufführung schuldig gemacht haben, auch während der Ferien nur die Reise nach ihrer Heimath gestattet und die Reiseroute wo möglich nicht über eine Universitätsstadt gerichtet werden.

Art. 42. Die Regierungen werden auf ihren Universitäten für die Immatrikulation eine eigene Commission niedersetzen, welcher der außerordentliche Regierungsbevollmächtigte oder ein von der Regierung dazu ernannter Stellvertreter desselben beiwohnen wird.

Alle Studirenden sind verbunden, sich bei dieser Commission innerhalb zwei Tagen nach ihrer Ankunft zur Immatrikulation zu melden. Acht Tage nach dem vorschriftmäßigen Beginnen der Vorlesungen darf, ohne Genehmigung der von der Regierung hierzu bestimmten Behörde keine Immatrikulation mehr statt finden. Diese Genehmigung wird insbesondere alsdann erfolgen, wenn ein Studirender die Verzögerung seiner Anmeldung durch Nachweisung gültiger Verhinderungsgründe zu entschuldigen vermag.

Auch die auf einer Universität bereits immatrikulirten Studirenden müssen sich beim Anfange eines jeden Semesters in den zur Immatrikulation angesetzten Stunden bei der Commission melden, und sich über den inzwischen gemachten Aufenthalt ausweisen.

Art. 43. Ein Studirender, welcher um die Immatrikulation nachsucht, muß der Commission vorlegen:
1) Wenn er das akademische Studium beginnt, ein Zeugniß seiner wissenschaftlichen Vorbereitung zu demselben und seines sittlichen Betragens, wie solches durch die Gesetze des Landes, dem er angehört, vorgeschrieben ist. Wo noch keine Verordnungen hierüber bestehen, werden sie erlassen werden.
Die Regierungen werden einander von ihren über diese Zeugnisse erlassenen Gesetzen durch deren Mittheilung an die Bundesversammlung in Kenntniß setzen.
2) Wenn der Studirende sich von einer Universität auf eine andere begeben hat, auch von jeder früher besuchten ein Zeugniß des Fleißes und sittlichen Betragens.
3) Wenn er die akademischen Studien eine zeitlang unterbrochen hat, ein Zeugniß über sein Betragen von der Obrigkeit des Orts, wo er sich im letzten Jahre längere Zeit aufgehalten hat, in welchem zugleich zu bemerken ist, daß von ihm eine öffentliche Lehranstalt nicht besucht sey.
Pässe und Privatzeugnisse genügen nicht. Doch kann bei solchen, welche aus Orten außer Deutschland kommen, hierin einige Nachsicht statt finden.
4) Jedenfalls bei solchen Studirenden, die einer väterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt noch unterworfen sind, ein obrigkeitlich beglaubigtes Zeugniß der Eltern oder Derer, welche ihre Stelle vertreten, daß der Studirende von ihnen auf die Universität, wo er aufgenommen zu werden verlangt, gesandt sey.
Diese Zeugnisse sind von der Immatrikulationscommission nebst dem Passe des Studirenden bis zu seinem Abgange aufzubewahren.
Ist alles gehörig beobachtet, so erhält der Studirende die gewöhnliche Matrikel; die Regierungen der Bundesstaaten werden aber Verfügung treffen, daß die se in keinem derselben statt eines Passes angenommen werden kann.

Art. 44. In den Zeugnissen über das Betragen sind die etwa erkannten Strafen nebst der Ursache derselben anzuführen, und zwar in allen Fällen, wo irgend eine Strafe wegen verbotenem Verbindung erkannt ist. Die Anführung der Bestrafung wegen anderer, nicht erheblicher Contraventionen kann nach dem Ermessen der Behörde entweder ganz unterbleiben oder nur im Allgemeinen angedeutet werden. In allen Zeugnissen ist (wo möglich mit Angabe der Gründe) zu bemerken, ob der Inhaber der Theilnahme an verbotenen Verbindungen verdächtig geworden sey oder nicht.

Jeder ist verpflichtet, um diese Zeugnisse so zeitig nachzusuchen, daß er sie bei der Immatrikulation vorzeigen kann, und die Behörden sind gehalten, solche ohne Aufenthalt auszufertigen, falls nicht Gründe der Verweigerung vorliegen, welche auf Verlangen des Studirenden bescheinigt werden müssen. Gegen die Verweigerung kann derselbe den Recurs an die Oberbehörde nehmen.
Kann ein Studirender bei dem Gesuche um Immatrikulation die erforderlichen Zeugnisse nicht vorlegen, verspricht er jedoch deren Nachlieferung, so kann er, nach dem Ermessen der Immatrikulationscommission, vorerst ohne Immatrikulation auf die akademischen Gesetze verpflichtet und zum Besuche der Collegien zugelassen werden. Von Seiten der Universität soll aber sofort an die Behörde, welche die Zeugnisse auszustellen oder zu beglaubigen hat, um Nachricht geschrieben werden, welche von derselben ohne Aufenthalt zu ertheilen ist.

Art. 45. Die Immatrikulation ist zu verweigern:
1) Wenn ein Studirender sich zu spät dazu meldet und sich deßhalb nicht genügend entschuldigen kann (Art. 42).
2) Wenn er die erforderlichen Zeugnisse nicht vorlegen kann. Erfolgt auf die Erkundigung von Seiten der Universität längstens binnen vier Wochen, vom Abgangstage des Schreibens gerechnet, keine Antwort, oder wird die Ertheilung eines Zeugnisses, aus welchem Grunde es auch sey, -verweigert (Art. 43, 44), so muß der Angekommene in der Regel sofort die Universität verlassen, wenn sich die Regierung nicht aus besonders rücksichtswürdigen Gründen bewogen findet, ihm den Besuch der Collegien unter der im vorstehenden Artikel enthaltenen Beschränkung noch auf eine bestimmte Zeit zu gestatten. Auch bleibt ihm unbenommen, wenn er später mit den erforderlichen Zeugnissen versehen ist, sich wieder zu melden.
3) Wenn der Ankommende von einer andern Universität mittelst des consilii abeundi weggewiesen ist. Ein solcher kann von einer Universität nur dann wieder aufgenommen werden, wenn die Regierung dieser Universität nach vorgängiger nothwendiger, mittelst des Regierungsbevollmächtigten zu pflegender Rücksprache mit dem Regierung der Universität, welche die Wegweisung verfügt hat, es gestattet. Zu der Aufnahme eines Relegirten ist nebstdem die Einwilligung der Regierung des Landes, dem er angehört, erforderlich.
4) Wenn sich gegen den Ankommenden ein dringender Verdacht ergiebt, daß er einer verbotenen Verbindung angehört und er sich von demselben auf eine befriedigende Weise nicht zu reinigen vermag.
Die Regierungscommissäre werden darüber wachen, daß die Universitäten jede Wegweisung eines Studirenden von der Universität, nebst der genau zu bezeichnenden Ursache und einem Signalement des Weggewiesenen, sich gegenseitig mittheilen, zugleich aber auch die Eltern des Weggewiesenen oder deren Stellvertreter davon benachrichtigen.

Art. 46. Jedem Studirenden werden vor der Imntatrikulation die Vorschriften der §§ 3 und 4 des Bundesbeschlusses vom 20. September 1819 über die in Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maaßregeln 10, so wie die Bestimmungen der hier folgenden Artikel in einem wörtlichen Abdrucke eingehändigt, welcher sich mit folgendem Revers schließt:

"Ich Endesunterzeichneter verspreche mittelst meiner Namensunterschrift auf Ehre und Gewissen:
1) daß ich an keiner verbotenen oder unerlaubten Verbindung der Studirenden, insbesondere an keiner burschenschaftlichen Verbindung, welchen Namen dieselbe auch führen mag, Theil nehmen, mich an dergleichen Verbindungen in keiner Beziehung näher oder entfernter anschließen, noch solche auf irgend eine Art befördern werde;
2) daß ich, weder zu dem Zwecke gemeinschaftlichem Berathschlagungen über die bestehenden Gesetze und Einrichtungen des Landes, noch zu jenem der wirklichen Auflehnung gegen obigkeitliche Maaßregeln mit Andern mich vereinigen werde.
Insbesondere erkläre ich mich für verpflichtet, den Forderungen, welche die diesem Reverse vorgedruckten Bestimmungen enthalten, stets nachzukommen, widrigenfalls aber mich allen gegen deren Übertreter daselbst ausgesprochenen Strafen und nachtheiligen Folgen unweigerlich zu unterwerfen."

Erst nachdem dieser Revers unterschrieben worden ist, findet die Immatrikulation statt. Wer diese Unterschrift verweigert, ist sofort und ohne alle Nachsicht von der Universität zu verweisen.

Art. 47. Vereinigungen der Studirenden zu wissenschaftlichen oder geselligen Zwecken können mit Erlaubniß der Regierung, unter den von letzterer festzusetzenden Bedingungen, statt finden. Alle anderen Verbindungen der Studirenden sowohl unter sich, als mit sonstigen geheimen Gesellschaften, sind als verboten zu betrachten.

Art. 48. Die Theilnahme an verbotenen Verbindungen soll, unbeschadet der in einzelnen Staaten bestehenden strengeren Bestimmungen, nach folgenden Abstufungen bestraft werden:
1) Die Stifter einer verbotenen Verbindung und alle diejenigen, welche Andere zum Beitritte verleitet oder zu verleiten gesucht haben, sollen niemals mit bloßer Carcerstrafe, sondern jedenfalls mit dem consilio abeundi, oder, nach Befinden, mit der Relegation, die den Umständen nach zu schärfen ist, belegt werden.
2) Die übrigen Mitglieder solcher Verbindungen sollen mit strenger Carcerstrafe, bei wiederholter oder fortgesetzter Theilnahme aber, wenn schon eine Strafe wegen verbotenem Verbindungen vorangegangen ist, oder andere Verschärfungsgründe vorliegen, mit der Unterschrift des consilii abeundi oder dem consilio abeundi selbst, oder, bei besonders erschwerenden Umständen, mit der Relegation, die dem Befinden nach zu schärfen ist, belegt werden.
3) In so fern aber eine Verbindung mit Studirenden anderer Universitäten, zur Beförderung verbotenem Verbindungen, Briefe wechselt, oder durch Deputirte communicirt, so sollen alle diejenigen Mitglieder, welche an dieser Correspondenz einen thätigen Antheil genommen haben, mit der Relegation bestraft werden.
4) Auch diejenigen, welche, ohne Mitglieder der Gesellschaft zu seyn, dennoch für die Verbindung thätig gewesen sind, sollen nach Befinden der Umstände, nach obigen Strafabstufungen, bestraft werden.
5) Wer wegen verbotenem Verbindungen bestraft wird, verliert nach Umständen zugleich die akademischen Beneficien, die ihm aus öffentlichen Fondscassen oder von Städten, Stiftern, aus Kirchenregistern etc. verliehen seyn möchten, oder deren Genuß aus irgend einem andern Grunde an die Zustimmung der Staatsbehörden gebunden ist. Deßgleichen verliert er die seither etwa genossene Befreiung bei Bezahlung der Honorarien für Vorlesungen.
6) Wer wegen verbotenem Verbindungen mit dem consilio abeundi belegt ist, dem kann die zur Wiederaufnahme auf eine Universität erforderliche Erlaubniß (Art. 45 Nr. 3) vom Ablauf von 6 Monaten und dem, der mit der Relegation bestraft worden ist, vor Ablauf von einem Jahre nicht ertheilt werden.
Sollte die eine oder andere Strafe theils wegen verbotenem Verbindungen, theils wegen anderer Vergehen erkannt werden, und das in Betreff verbotener Verbindungen zur Last fallende Verschulden nicht so groß gewesen seyn, daß deßhalb allein auf Wegweisung erkannt worden seyn würde, so sind die oben bezeichneten Zeiträume auf die Hälfte beschränkt.
7) Bei allen in den akademischen Gesetzen des betreffenden Staates erwähnten Vergehungen der Studirenden ist, bei dem Daseyn von Indicien, nachzuforschen. Ob dazu eine verbotene Verbindung näheren oder entfernteren Anlaß gegeben habe. Wenn dieß der Fall ist, so soll es als erschwerender Umstand angesehen werden.
8) Dem Gesuche um Aufhebung der Strafe der Wegweisung von einer Universität in den Fällen und nach Ablauf der festgesetzten Zeit, wo Begnadigung statt finden kann (Nr. 6 oben), wollen die Regierungen niemals willfahren, wenn der Nachsuchende nicht glaubhaft darthut, daß er die Zeit der Verweisung von der Universität nützlich verwendet, sich eines untadelhaften Lebenswandels beflissen hat, und keine glaubhaften Anzeigen, daß er an verbotenen Verbindungen Antheil genommen, vorliegen.

Art. 49. Die Mitglieder einer burschenschaftlichen oder einer auf politische Zwecke unter irgend einem Namen gerichteten unerlaubten Verbindung trifft (vorbehaltlich der etwa zu verhängenden Criminalstrafen) geschärfte Relegation. Die künftig aus solchem Grunde mit geschärfter Relegation Bestraften sollen eben so wenig zum Civildienste, als zu einem kirchlichen oder Schul-Amte, zu einer akademischen Würde, zur Advocatur, zur ärztlichen oder chirurgischen Praxis innerhalb der Staaten des Deutschen Bundes zugelassen werden.

Würde sich eine Regierung durch besonders erhebliche Gründe bewogen finden, eine gegen einen ihrer Unterthanen wegen Verbindungen der bezeichneten Art erkannte Strafe im Gnadenwege zu mildern oder nachzulassen, so wird dieses nie ohne sorgfältige Erwägung aller Umstände, ohne Überzeugung von dem Austritte des Verirrten aus jeder gesetzwidrigen Verbindung und ohne Anordnung der erforderlichen Aufsicht geschehen.

Art. 50. Die Regierungen werden das Erforderliche verfügen, damit in Fällen, wo politische Verbindungen der Studirenden auf Universitäten vorkommen, sämmtliche übrige Universitäten alsbald hiervon benachrichtigt werden.

Art. 51. Bei allen mit akademischen Strafen zu belegenden Gesetzwidrigkeiten bleibt die criminelle Bestrafung nach Beschaffenheit der verübten gesetzwidrigen That und insbesondere auch dann vorbehalten, wenn die Zwecke einer Verbindung der Studirenden oder die in Folge derselben begangenen Handlungen die Anwendung härterem Strafgesetze nothwendig machen.

Art. 52. Wer gegen eine Universität, ein Institut, eine Behörde, oder einen akademischen Lehrer eine sogenannte Verrufserklärung direct oder indirect unternimmt, soll von allen Deutschen Universitäten ausgeschlossen seyn, und es soll diese Ausschließung öffentlich bekannt gemacht werden. Diejenigen, welche die Ausführung solcher Verrufserklärung vorsätzlich befördern, werden nach den Umständen mit dem consilio abeundi, oder mit der Relegation bestraft werden, und es wird in Ansehung ihrer Aufnahme auf einer andern Universität dasjenige statt finden, was oben Art. 48 Nr. 6 bestimmt ist.

Gleiche Strafe, wie Beförderer vorgedachter Verrufserklärungen, wird diejenigen Studirenden treffen, welche sich Verrufserklärungen gegen Privatpersonen erlauben, oder daran Theil nehmen.

Der Landesgesetzgebung bleibt die Bestimmung überlassen, in wie weit Verrufserklärungen außerdem als Injurien zu behandeln seyen.

Art. 53. Jeder, der auf einer Universität studirt hat und in den Staatsdienst treten will, ist verpflichtet, bei dem Abgange von der Universität sich mit einem Zeugnisse über die Vorlesungen, die er besucht hat, über seinen Fleiß und seine Aufführung zu versehen. Ohne die Vorlage dieser Zeugnisse wird keiner in einem deutschen Bundesstaate zu einem Examen zugelassen, und also auch nicht im Staatsdienste angestellt werden. Die Regierungen werden solche Verfügungen treffen, daß die auszustellenden Zeugnisse ein möglichst genaues und bestimmtes Urtheil geben. Vorzüglich haben diese Zeugnisse sich auch auf die Frage der

Theilnahme an verbotenen Verbindungen zu erstrecken. Die außerordentlichen Regierungsbevollmächtigten werden angewiesen werden, über den gewissenhaften Vollzug dieser Anordnung zu wachen.

Art. 54. Die akademischen Gremien, als solche, werden der von ihnen bisher ausgeübten Strafgerichtsbarkeit in Criminal- und allgemeinen Polizeisachen über die Studirenden allenthalben enthoben. Die Bezeichnung und Zusammensetzung derjenigen Behörden, welchen diese Gerichtsbarkeit übertragen werden soll, bleibt den einzelnen Landesregierungen überlassen.

Vorstehende Bestimmung bezieht sich jedoch eben so wenig auf einfache, die Studirenden ausschließlich betreffende Disciplinargegenstände, namentlich die Aufsicht auf Studien, Sitten und Beobachtung der akademischen Statuten, als auf Erkennung eigentlich akademischer Strafen.

Art. 55. Die Bestimmungen der Artikel 28 bis 34, dann 39 bis 53 sollen auf sechs Jahre als eine verbindliche Verabredung bestehen, vorbehaltlich einer weitern Übereinkunft, wenn sie nach den inzwischen gesammelten Erfahrungen für angemessen erachtet werden.

Art. 56. Die Art. 39 bis 53 sollen auch auf andere öffentliche sowohl als Privat-, Lehr- und Erziehungs-Anstalten, soweit es ihrer Natur nach thunlich ist, angewendet werden. Die Regierungen werden auch bei diesen die zweckmäßigste Fürsorge eintreten lassen, daß dem Verbindungswesen, namentlich so weit dasselbe eine politische Tendenz hat, kräftigst vorgebeugt, und sonach die Vorschriften des § 2 des Bundesbeschlusses vom 20. September 1819 insbesondere auf die Privatinstitute ausgedehnt werden.

Art. 57. Da sich ergeben hat, daß die im Art. 12 der Bundesacte enthaltene Bestimmung wegen Verschickung der Acten auf eine Deutsche Facultät oder an einen Schöppenstuhl zur Abfassung des Endurtheils zum Theil auch auf Polizei- und Criminalerkenntnisse ausgedehnt worden ist, eine solche Auslegung aber nicht in dem Sinne jenes Artikels liegt, so erklärt die Bundesversammlung, daß der gedachte Art. 12 des Bundesacte nur auf Civilstreitigkeiten Anwendung zu finden habe.

Art. 58. Da die in den vorstehenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen, insbesondere jene, welche die ständischen Verhältnisse betreffen, und eine weitere Entwicklung der in den Art. 54 bis 61 der Wiener Schlußakte festgestellten Grundsätze bezwecken, nach Maßgabe des Art. 62 derselben auch auf die freien Städte (auf die freie Stadt Frankfurt mit besonderer Rücksicht auf die Wiener Congreßakte von 1815)14 Anwendung finden, und deren verfassungsmäßigen Obrigkeiten daher jederzeit die Mittel zu Gebote stehen müssen, um den bestehenden Rechtszustand, die öffentliche Ruhe und gesetzliche Ordnung aufrecht zu erhalten, so wie namentlich allen aus dem Bundesverhältnisse hervorgehenden Obliegenheiten Beachtung und Ausführung zu verschaffen; so werden auch die Senate der freien Städte alle ihnen durch die verschiedenen Verfassungen derselben dargebotenen Mittel zu einer consequenten Festhaltung jener analogen Anwendung geltend machen.

Art. 59. Die vertragsmäßige Verbindlichkeit zur Erfüllung der durch vorstehende Artikel eingegangenen Verpflichtungen kann durch Hindernisse, welche dem alsbaldigen Vollzuge der gemeinsamen Verabredungen in einzelnen Fällen durch bestehende Verfassungen oder bereits geltende gesetzliche Vorschriften im Wege stehen, nicht beeinträchtigt werden; es wird vielmehr auf Beseitigung dieser Hindernisse von den betreffenden Regierungen hingewirkt werden.

Art. 60. Die Regierungen werden sich gegenseitig an vorstehende Artikel, als das Resultat einer Vereinbarung zwischen den Bundesgliedern, eben so für gebunden erachten, als wenn dieselben zu förmlichen Bundesbeschlüssen erhoben worden wären.

Die Artikel 3 bis 14 werden sofort mittelst Präsidialvortrags an den Bundestag gebracht, und dort in Folge gleichlaufender Erklärungen der Bundesregierungen zu Bundesbeschlüssen erhoben werden. Hinsichtlich der übrigen im gegenwärtigen, in das geheime Bundespräsidial-Archiv niederzulegenden Schlußprotokolle enthaltenen derzeit zur Verlautbarung nicht bestimmten Artikel werden die Regierungen ihren Gesandtschaften am Bundestag, unter Aufbietung strenger Geheimhaltung, sowohl zur Bezeichnung der allgemeinen Richtung, als zur Anwendung auf vorkommende specielle Fälle die geeigneten, mit den durch Gegenwärtiges übernommenen Verpflichtungen übereinstimmenden Instruktionen ertheilen.

Das Verbot von Petitionen und Protestationen

("Bundesbeschluß betreffend Petitionen und Protestationen gegen die von der Gesamtheit des Bundes im Interesse der inneren Ruhe und gesetzlichen Ordnung gefaßten Bundesbeschlüsse")

vom 9. August 1832

Da Protestationen, Petitionen und Adressen gegen die neuesten Bundesbeschlüsse, wie solche in einigen Bundesstaaten vorgekommen sind, nur als Bestrebungen angesehen werden können, die Regierungen zu veranlassen, sich von Verpflichtungen loszusagen, welche sie durch die Grundgesetze des Bundes übernommen und neuerlich bekräftigt haben, und mithin in solchen Versuchen die ahndungswürdige Absicht nicht zu verkennen ist, die Regierungen mit dem Bunde in Zwiespalt zu bringen und ihre durch die Bundesverfassung garantirte Autorität in der Beziehung zum Bunde zu lähmen; so spricht die Bundesversammlung die zuversichtliche Erwartung aus, daß die Regierungen, in deren Staaten derlei Acte der Auflehnung gegen die im Staatsoberhaupte vereinigte Staatsgewalt sich ereignen, gegen die Urheber und Verbreiter solcher Protestationen, Petitionen und Adressen die Untersuchung einleiten und nach den Gesetzen verfahren werden.

Maßnahmen gegen das Handwerksgesellentum

("Bundesbeschluß über das Verbot des Wanderns, der Versammlungen und Verbindungen der deutschen Handwerksgesellen")

vom 15. Januar 1835

Da es im Interesse des Deutschen Bundes liegt, daß die deutschen Handwerksgesellen an keinen Associationen und Versammlungen Theil nehmen, wodurch die öffentliche Ruhe im In- oder Auslande bedroht oder gestört werden könnte, so soll

1) das Wandern der den Deutschen Bundesstaaten angehörigen Handwerksgesellen nach denjenigen Ländern und Orten, in welchen offenkundig dergleichen Associationen und Versammlungen geduldet werden, so lange diese Duldung notorisch besteht, verboten seyn.

2) In Absicht auf die Zurückberufung dem gegenwärtig in solchen Ländern, worin Associationen und Versammlungen der obgedachten Art geduldet werden, befindlichen Handwerksgesellen und deren Beaufsichtigung bei ihrer Rückkehr nach der Heimath, werden von den höchsten und hohen Regierungen dem Zwecke entsprechende Verfügungen getroffen werden.

3) Über die in Deutschland wandernden Handwerksgesellen wird strenge polizeiliche Aufsicht, insbesondere rücksichtlich der Verbindungen, in welche sie sich einlassen könnten, geführt werden.

4) Die Bundesregierungen werden sich durch ihre Bundestagsgesandtschaften in fortwährender Kenntniß erhalten, nach welchen Ländern und Orten sie wegen darin notorisch statt findender Associationen und Versammlungen der oben erwähnten Art das Wandern der Handwerksgesellen verboten haben.

Verbot der Schriften des Jungen Deutschland

Bundesbeschluß vom 10. Dezember 1835

Nachdem sich in Deutschland in neuerer Zeit, und zuletzt unter der Benennung "das junge Deutschland" oder "die junge Literatur", eine literarische Schule gebildet hat, deren Bemühungen unverholen dahin gehen, in belletristischen, für alle Classen von Lesern zugänglichen Schriften die christliche Religion auf die frechste Weise anzugreifen, die bestehenden socialen Verhältnisse herabzuwürdigen und alle Zucht und Sittlichkeit zu zerstören: so hat die deutsche Bundesversammlung - in Erwägung, daß es dringend nothwendig sey, diesen verderblichen, die Grundpfeiler aller gesetzlichen Ordnung untergrabenden Bestrebungen durch Zusammenwirken aller Bundesregierungen sofort Einhalt zu thun, und unbeschadet weiterer vom Bunde oder von den einzelnen Regierungen zur Erreichung des Zweckes nach Umständen zu ergreifenden Maaßregeln - sich zu nachstehenden Bestimmungen vereiniget:

1) Sämmthiche deutschen Regierungen übernehmen die Verpflichtung, gegen die Verfasser, Verleger, Drucker und Verbreiter der Schriften aus der unter der Bezeichnung "das junge Deutschland" oder "die junge Literatur" bekannten literarischen Schule, zu welcher namentlich Heinr. Heine, Carl Gutzkow, Heinr. Laube, Ludolph Wienbarg und Theodor Mundt gehören, die Straf- und Polizei-Gesetze ihres Landes, so wie die gegen den Mißbrauch der Presse bestehenden Vorschriften, nach ihrer vollen Strenge in Anwendung zu bringen, auch die Verbreitung dieser Schriften, sey es durch den Buchhandel, durch Leihbibliotheken oder auf sonstige Weise, mit allen ihnen gesetzlich zu Gebot stehenden Mitteln zu verhindern.

2) Die Buchhändler werden hinsichtlich des Verlags und Vertriebs der oben erwähnten Schriften durch die Regierungen in angemessener Weise verwarnt und es wird ihnen gegenwärtig gehalten werden, wie sehr es in ihrem wohlverstandenen eigenen Interesse liege, die Maaßregeln der Regierungen gegen die zerstörende Tendenz jener literarischen Erzeugnisse auch ihrer Seits, mit Rücksicht auf den von ihnen in Anspruch genommenen Schutz des Bundes, wirksam zu unterstützen.

3) Die Regierung der freien Stadt Hamburg wird aufgefordert, in dieser Beziehung insbesondere der Hoffmann- und Campe‘schen Buchhandlung zu Hamburg, welche vorzugsweise Schriften obiger Art in Verlag und Vertrieb hat, die geeignete Verwarnung zugehen zu lassen.

Strafvorschriften gegen Hoch- und Landesverrat

("Bundesbeschluß über Bestrafung von Vergehen gegen den Deutschen Bund und Auslieferung politischer Verbrecher auf deutschem Bundesgebiete")

vom 18. August 1836

Art. 1. Da nicht nur der Zweck des Deutschen Bundes in dem Erhaltung der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der deutschen Staaten, so wie in jener der äußern und innern Ruhe und Sicherheit Deutschlands besteht, sondern auch die Verfassung des Bundes wegen ihres wesentlichen Zusammenhanges mit den Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten als ein nothwendigem Bestandtheil der letzteren anzusehen ist, mithin ein gegen den Bund oder dessen Verfassung gerichteter Angriff zugleich einen Angriff gegen jeden einzelnen Bundesstaat in sich begreift; so ist jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit oder die Verfassung des Deutschen Bundes, in den einzelnen Bundesstaaten, nach Maaßgabe der in den letzteren bestehenden oder künftig in Wirksamkeit tretenden Gesetze, nach welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundesstaat begangene Handlung als Hochverrath, Landesverrath oder unter einer andern Benennung zu richten wäre, zu beurtheilen und zu bestrafen.

Art. 2. Die Bundesstaaten verpflichten sich gegen einander, Individuen, welche der Anstiftung eines gegen den Souverain, oder gegen die Existenz, Integrität, Verfassung oder Sicherheit eines andern Bundesstaates gerichteten Unternehmens, oder einer darauf abzielenden Verbindung, der Theilnahme daran, oder der Begünstigung derselben beinzichtigt sind, dem verletzten oder bedrohten Staate auf Verlangen auszuliefern, - vorausgesetzt, daß ein solches Individuum nicht entweder ein Unterthan des um die Auslieferung angegangenen Staates selbst, oder in demselben schon wegen anderer ihm zur Last fallenden Verbrechen zu untersuchen oder zu bestrafen ist. Sollte das Unternehmen, dessen der Auszuliefernde beinzichtigt ist, gegen mehrere einzelne Bundesstaaten gerichtet seyn, so hat die Auslieferung an jenen dieser Staaten zu geschehen, welcher darum zuerst das Ansuchen stellt.

Die bundesrechtliche Nicht-Interventions-Doktrin

("Bundesbeschluß über die Unstatthaftigkeit der Einmischung fremder Mächte in die inneren Angelegenheiten des Deutschen Bundes")
 

vom 18. September 1834

In Erwägung,

daß der Deutsche Bund ausschließend nur von den souverainen Fürsten und freien Städten Deutschlands errichtet worden ist (Art. 1 dem Bundesacte), -

daß durch die Einverleibung des Bundesvertrags in die Congreßacte den fremden Mächten, welche die Congreßacte mit unterzeichnet haben, weder ein Recht, die Aufrechthaltung der in der Deutschen Bundesacte sanctionirten Grundsätze zu beaufsichtigen, eingeräumt, noch eine Verpflichtung, die Unabhängigkeit der einzelnen Glieder des Deutschen Bundes zu beschützen, übertragen worden, -

daß vielmehr daraus für gedachte Mächte die Verbindlichkeit, sich vermöge der vertragsmäßigen Grundverfassung des Bundes jeder Einmischung in dessen Innere Angelegenheiten zu enthalten, hervorgegangen ist, -

daß es dagegen der eigentliche Zweck des Deutschen Bundes ist, die innere und äußere Sicherheit Deutschland, und die Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen Deutschen Staaten selbst zu erhalten (Art. 2 der Bundesacte);

in fernerer Erwägung,

daß der Bundesversammlung das Recht zusteht, die Grundgesetze des Bundes abzufassen und abzuändern (Art. 6),

und daß die Bundesglieder unter sich über diejenigen Fälle übereingekommen sind, in welchen die Bundesversammlung durch Stimmenmehrheit oder Stimmeneinhelligkeit gültige Beschlüsse zu fassen berechtigt ist (Art. 7), -

daß ferner die organische Einrichtung des Bundes, in Rücksicht auf seine militärischen, inneren und auswärtigen Angelegenheiten, ausdrücklich der Bundesversammlung zugewiesen ist (Art. 10), -

daß alle Mitglieder des Bundes in der Bundesacte (ohne irgendwo und irgendwie die Garantie fremder Mächte in Anspruch zu nehmen) versprochen haben, sowohl ganz Deutschland, als jeden einzelnen Bundesstaat gegen Angriff in Schutz zu nehmen, und sich gegenseitig ihre sämmthichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen zu garantiren (Art. 11);

in Erwägung endlich,

daß Deutschland mittelst der Bundesverfassung ein eigener, durch sich selbst entstandener, für innere und äußere Zwecke so vollständig gebildeter und so fest begründeter politischer Körper geworden ist, daß es als ein Hauptbestandtheil des Europäischen Staatengebäudes alle Mittel besitzt, um ohne fremde Beihülfe seine innere Ruhe eben so, als die unverbrüchliche Sicherheit und Selbstständigkeit der im Bunde vereinten souverainen Fürsten und freien Städte, zu verbürgen; -

in Erwägung aller dieser Verhältnisse, kann der Deutsche Bund in dem Inhalte der Note des Königlich Französischen bevollmächtigten Ministers vom 30. Juni, und jener des Königlich Großbritannischen bevollmächtigten Ministers vom 18. Juli d. J. nur eine fremde Einmischung in seine inneren Angelegenheiten, und eine Anforderung von Rechten und Befugnissen erkennen, welche, wenn sie, dem Bundesvertrage und der Congreßacte zuwider, zugestanden würde, das ganze Verhältniß des Bundes verrücken, seine Selbstständigkeit gefährden, und dem Bunde eine den Absichten und Zwecken seiner Stifter widerstrebende Abhängigkeit gegen das Ausland geben würde.

Diesemnach beschließt die Bundesversammlung:

1) daß der Deutsche Bund sich gegen die in den Noten des Königlich Französischen und des Königlich Großbritannischen Ministers vom 30. Juni und vom 18. Juli d. J. aufgestellten Theorien, als mit der Deutschen Bundesacte im directen Widerspruche stehend, feierlich verwahre; daß derselbe den fremden Mächten, als Mitunterzeichnem der Congreßacte, in Bundesangelegellheiten niemals Rechte zugestehen werde, welche, nach dem Wortlaute des Bundesvertrages und eben so nach dem Inhalte der Congreßacte, ausdrücklich nur den Gliedern des Deutschen Bundes und dessen Gesammtheit zustehen; daß der wahre Schutz und Schirm der einzelnen Bundesstaaten gegen Verletzung ihrer Unabhängigkeit in der ausschließend nur von den Bundesgliedern gegenseitig übernommenen Garantie ihrer im Bunde begriffenen Besitzungen liege, und daß der Bund in der ruhigen und consequenten Entwicklung und Ausbildung seiner Gesetzgebung nach Maaßgabe der Bundeszwecke, und in der gewissenhaften und treuen Anwendung der im Bundesvertrage zwischen den Gliedern des Deutschen Bundes festgesetzten Grundsätze, sich durch keinen Versuch irgend einer Einmischung stören lassen werde.

2) Der Bundesversammlung und besonders dem Präsidium dient gegenwärtiger Beschluß zur Richtschnur für die Fälle, wenn wider Vermuthen von Seiten fremder Mächte sich ähnliche Einschreitungen in die inneren Angelegenheiten des Bundes, oder eine Bestreitung der Competenz der Bundesversammlung erneuern sollten; und es werden sonach Noten solchen Inhalts diesen Grundsätzen gemäß behandelt werden, ohne sich in weitere Erklärungen einzulassen.

3) In der durch das Präsidium zu bewirkenden Mittheilung von Abschriften dieses Beschlusses an die Gesandtschaften von Frankreich und Großbritannien, werden die bevollmächtigten Minister genannter Höfe die Beantwortung ihrer Noten vom 30. Juni und -vom 18. Juli d. J. finden.


Quelle: Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte Band 1, Verlag Kohlhammer
© 26. November 2000
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