Gesetz über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik
(Wahlgesetz)

vom  24. Juni 1976

geändert durch
Gesetz vom 28. Juni 1979 (GBl. I S. 139),
Gesetz vom 14. Dezember 1988 (GBl. I S. 329), Anlage Ziffer 4,
Gesetz vom 3. März 1989 (GBl. I S. 109).

aufgehoben durch
Gesetz vom 20. Februar 1990 (GBl. I S. 60)

Der IX. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands stellte die Aufgabe, in der Deutschen Demokratischen Republik weiterhin die entwickelte sozialistische Gesellschaft zu gestalten und so grundlegende Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus zu schaffen. Dabei wächst die Verantwortung der Volksvertretungen als gewählte Machtorgane des sozialistischen Staates der Arbeiter und Bauern. Ihre Tätigkeit wird durch die immer umfassendere und sachkundigere Teilnahme der Werktätigen und ihrer Kollektive an der Leitung und Planung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung, an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle der Gesetze und staatlichen Entscheidungen geprägt:

Die Wahlen zu den Volksvertretungen sind Höhepunkte im gesellschaftlichen Leben der Deutschen Demokratischen Republik. Ihre Vorbereitung und Durchführung dient der Stärkung der sozialistischen Staatsmacht und der weiteren Entfaltung und Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie.

Über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik beschließt die Volkskammer folgendes Gesetz:

I. Wahlgrundsätze

§ 1. (1) Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik wählen in Verwirklichung des Grundrechtes auf Mitbestimmung und Mitgestaltung ihre Volksvertretungen. Dabei sind unverzichtbare sozialistische Wahlprinzipien die Leitung der Wahlen durch demokratisch gebildete Wahlkommissionen, die Volksaussprache über die Grundfragen der Politik und die Aufstellung und Prüfung der Kandidaten durch die Wähler.

(2) Die Arbeiter, Genossenschaftsbauern, Angehörigen der Intelligenz und anderen Werktätigen entsenden durch die Wahlen ihre besten Vertreter als Abgeordnete in die Volksvertretungen.

(3) Die Abgeordneten erfüllen ihre verantwortungsvollen Aufgaben im Interesse und zum Wohle des werktätigen Volkes der Deutschen Demokratischen Republik. Sie halten enge Verbindung mit ihren Wählern und Arbeitskollektiven und wirken mit den Ausschüssen der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik und den gesellschaftlichen Organisationen, insbesondere den Gewerkschaften in den Betrieben, zusammen. Sie sind verpflichtet, ihren Wählern regelmäßig Rechenschaft über die Tätigkeit ihrer Volksvertretung und über ihre eigene Arbeit zu geben und für eine gewissenhafte Bearbeitung der Vorschläge, Hinweise und Kritiken der Bürger Sorge zu tragen. Jeder Abgeordnete kann bei gröblicher Verletzung seiner Pflichten von den Wählern abberufen werden.

§ 2. (1) Die Volkskammer und die Volksvertretungen in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken und Gemeinden werden von den Bürgern in freien, allgemeinen, gleichen und geheimen Wählen auf die Dauer von 5 Jahren gewählt.

(2) Alle wahlberechtigten Bürger haben das gleiche Recht, zu wählen und gewählt zu werden.

(3) Die Angehörigen der bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik haben wie alle anderen wahlberechtigten Bürger das Recht, zu wählen und gewählt zu werden.

(4) Alle wahlberechtigten Bürger nehmen an den Wahlen auf gleicher Grundlage teil. Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme zur Wahl der jeweiligen Volksvertretung.

(5) Das Wahlgeheimnis ist gewährleistet.

siehe hierzu u. a. den Beschluß der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik über die Wahlperiode der Volkskammer und der Bezirkstage der Deutschen Demokratischen Republik vom 17. Dezember 1980.

§ 3. (1) Wahlberechtigt für die Wahlen zur Volkskammer sind alle Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Wahlberechtigt für die Wahlen zu den Bezirks und Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen sind alle Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die am Wahltag, das 18. Lebensjahr :vollendet und ihren Wohnsitz in dem betreffenden Bezirk, dem Kreis, der Stadt, dem Stadtbezirk öder der Gemeinde haben.

Durch Gesetz vom 3. März 1989 wurde dem § 3 folgender Absatz angefügt:
"(3) Zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen können auch ausländische Bürger wählen, wenn sie am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, sich bereits länger als 6 Monate in der DDR aufhalten und in dem betreffenden Kreis, der Stadt, dem Stadtbezirk oder der Gemeinde ihren Wohnsitz haben sowie
- eine Aufenthaltsgenehmigung aufgrund eines Arbeitsrechtsverhältnisses mit Kombinaten, Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen der DDR oder eines Studiums an einer Universität, Hoch- oder Fachschule der DDR besitzen oder
- sie aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis ihren ständigen Wohnsitz in der DDR haben."

§ 4. Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik kann in die Volkskammer und in die örtlichen Volksvertretungen gewählt werden, wenn er am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Durch Gesetz vom 3. März 1989 wurde der § 4 wie folgt geändert:
- der bisherige Wortlaut wurde Absatz (1).
- folgender Absatz 2 wurde angefügt:
"(2) In die Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen können auch ausländische Bürger unter den im § 3 Absatz 4 genannten Voraussetzungen gewählt werden."

§ 5. (1) Nicht wahlberechtigt und nicht wählbar sind Personen, die entmündigt sind oder denen rechtskräftig durch gerichtliche: Entscheidung die staatsbürgerlichen Rechte aberkannt wurden.

(2) Das Wahlrecht ruht bei Personen, die wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit in einer Einrichtung für psychisch Kranke untergebracht sind, unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft stehen, sowie bei Personen, die eine Strafe mit Freiheitsentzug verbüßen, sich in Untersuchungshaft befinden oder vorläufig festgenommen wurden.

§ 6. (1) Die Wahlen zur Volkskammer und zu den örtlichen Volksvertretungen werden vom Staatsrat ausgeschrieben. Die Ausschreibung der Wahlen erfolgt spätestens 60 Tage vor dem Wahltermin.

(2) Die Neuwahl der Volkskammer und der örtlichen Volksvertretungen findet spätestens 60 Tage nach Ablauf der Wahlperiode statt.

siehe hierzu den Beschluß des Staatsrates vom () über die Ausschreibung der Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen am 17. Oktober 1976; Beschluss des Staatsrates der DDR über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1979 vom 31. Januar 1979 (GBl. I S. 53; Wahltermin: 20. Mai 1979); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Durchführung der Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen im Jahre 1981 vom 17. Dezember 1980 (GBl. I S. 364, Wahltermin: 14. Juni 1981); Beschluss des Staatsrates der DDR über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1984 vom 5. Dezember 1983 (GBl. I S. 330; Wahltermin: 6. Mai 1984); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Durchführung der Wahlen zur Volkskammer, zur Stadtverordnetenversammlung von Berlin  und zu den Bezirkstagen im Jahre 1986 vom 4. Dezember 1985 (GBl. I S. 361, Wahltermin: 8. Juni 1986); Beschluss des Staatsrates der DDR über die Durchführung der Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen im Jahre 1989 vom 19. September 1988 (GBl. I S. 233; Wahltermin: 7. Mai 1989); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Durchführung der Wahlen zur Volkskammer der DDR vom 15 Januar 1990 (GBl. I. S. 11, Wahltermin: 6. Mai 1990), der durch Beschluß des Staatsrates vom 8. Februar 1990 (GBl. I S. 44, Wahltermin: 18. März 1990) aufgehoben wurde.

§ 7. (1) Die Volkskammer besteht aus 500 Abgeordneten. Davon entsendet die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, 66.

(2) Die Bezirkstage, Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen beschließen die Anzahl der Abgeordneten der neu zu wählenden Volksvertretungen. Der Staatsrat trifft dazu einheitliche Rahmenfestlegungen.

(3) Für die Volkskammer und für die örtlichen Volksvertretungen werden Nachfolgekandidaten gewählt.

Durch Gesetz vom 28. Juni 1979 erhielt der § 7 Abs. 1 mit Wirkung vom 28. Juni 1979 folgende Fassung:
"Die Volkskammer besteht aus 500 Abgeordneten."

siehe hierzu u. a. den Beschluß des Staatsrates der DDR über die Anzahl der für die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten vom 5. Juli 1976 (GBl. I. S. 353); Beschluß des Staatsrates der DDR zur Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen vom 7. Dezember 1978 (GBl. I S. 464); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Anzahl der für die Stadtverordnentenversammlung von Berlin, Hauptstadt der DDR, und die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten vom 16. März 1981 (GBl. I. S. 101); Beschluß des Staatsrates der DDR zur Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen vom 13. Februar 1984 (GBl. I S. 74); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Anzahl der für die Stadtverordnentenversammlung von Berlin und die Bezirkstage zu wählenden Abgeordneten vom 20. Februar 1986 (GBl. I. S. 61); Beschluß des Staatsrates der DDR zur Zusammensetzung der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen und über die Bildung der Wahlkreise vom 12. Dezember 1988 (GBl. I S. 352).

Die Einführung der Direktwahl der Abgeordneten aus dem Ostteil Berlins führte zu Protesten der drei westlichen Stadtkommandanten von Berlin; trotzdem wurden 1981, 1986 und 1990 die Abgeordneten der Volkskammer für Berlin direkt gewählt.

§ 8. (1) Die Abgeordneten der Volkskammer und der örtlichen Volksvertretungen werden in Wahlkreisen, gewählt.

(2) Der Staatsrat bestimmt unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zur Volkskammer.

(3) Die örtlichen Volksvertretungen bestimmen unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zu den örtlichen Volksvertretungen.

(4) In Städten und Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern kann für die Wahl ihrer Volksvertretung ein Wahlkreis gebildet werden.

(5) Die Einteilung der Wahlkreise sowie die Zahl der in ihnen zu wählenden Abgeordneten sind spätestens 50 Tage vor dem Wähltag bekanntzugeben.

siehe hierzu den Beschluß des Staatsrates der DDR über die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zur Volkskammer der DDR im Jahre 1976 vom 18. August 1976 (GBl. I S. 396); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zur Volkskammer der DDR vom 16. März 1981 (GBl. I S. 98); Beschluß des Staatsrates der DDR über die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zur Volkskammer der DDR vom 20. Februar 1986 (GBl. I S. 58); Beschluß der Volkskammer der DDR in Vorbereitung der Wahl zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 vom 5. Februar 1990 (GBl. I S. 43).

§ 9. (1) Gewählt sind diejenigen Kandidaten, die mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigen.

(2) Erhält eine größere Zahl der Kandidaten mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen als Mandate im jeweiligen Wahlkreis vorhanden sind, entscheidet die Reihenfolge der Kandidaten auf dem Wahlvorschlag über die Besetzung der Abgeordnetenmandate und über die Nachfolgekandidaten:

II. Wahlkommissionen

§ 10. (1) Die Leitung der Wahlen erfolgt durch demokratisch gebildete Wahlkommissionen.

(2) Den Wahlkommissionen obliegen insbesondere folgende Aufgaben:
a) Sie leiten die Vorbereitung und Durchführung der Wahlen in ihrem Verantwortungsbereich, gewährleisten die strikte Einhaltung der wahlrechtlichen Bestimmungen und tragen dazu bei, den Bürgern die wahlrechtlichen Bestimmungen zu erläutern;
b) sie leiten die nachgeordneten Wahlkommissionen an; kontrollieren deren Tätigkeit und sind berechtigt, von ihnen Berichte über die Durchführung der Aufgaben entgegenzunehmen;
c) sie fordern zur  Einreichung von Wahlvorschlägen auf und bestätigen die von den Ausschüssen der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik für die einzelnen Wahlkreise beschlossenen Wahlvorschläge;
d) sie kontrollieren die Aufstellung der Wählerlisten sowie die Einrichtung der Wahllokale und Sonderwahllokale;
e) sie entscheiden über Beschwerden gegen die Tätigkeit nachgeordneter Wahlkommissionen, von Wahlvorständen bzw. staatlichen Organen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen;
f) sie veranlassen die Herstellung der Stimmzettel und anderer Wahlvordrucke;
g) sie stellen das Ergebnis und die Gültigkeit der Wahl fest, veranlassen die öffentliche Bekanntgabe des Wahlergebnisses und benachrichtigen die gewählten Abgeordneten und Nachfolgekandidaten von ihrer Wahl.

§ 11. (1) Für die Wahlen zur Volkskammer und zu den Bezirkstagen werden die Wahlkommission der Republik, eine Wahlkommission in jedem Bezirk und in jedem Kreis gebildet.

(2) Für die Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen werden die Wahlkommission der Republik, eine Wahlkommission in jedem Bezirk, in jedem Kreis, in jeder Stadt, in jedem Stadtbezirk und in jeder Gemeinde gebildet.

siehe hierzu die Beschlüsse des Staatsrates der DDR über die Bildung der Wahlkommission der DDR vom 18. August 1976 (GBl. I S. 395) und Beschluß des Staatsrates der DDR über die Zusammensetzung der Wahlkommission der Republik vom 18. August 1976 (GBl. I S. 395); Beschluss des Staatsrates der DDR über die Bildung der Wahlkommission der Republik vom 28. Februar 1979 (GBl. I. S. 65); Beschluss des Staatsrates der DDR über die Bildung der Wahlkommission der Republik vom 16. März 1981 (GBl. I S. 97); Beschluss des Staatsrates der DDR über die Bildung der Wahlkommission der Republik vom 20. Februar 1986 (GBl. I S. 57); Beschluss des Staatsrates der DDR über die Bildung der Wahlkommission der Republik vom 12. Dezember 1988 (GBl. I S. 351).

§ 12. (1) Den Wahlkommissionen gehören Vertreter der in der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik zusammenwirkenden Parteien und Massenorganisationen, Produktionsarbeiter; Genossenschaftsbauern, Angehörige der Intelligenz, Angehörige der bewaffneten Organe und andere Werktätige an.

(2) Die Mitglieder der Wahlkommissionen werden vom Nationalrat bzw. von den zuständigen Ausschüssen der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik vorgeschlagen.

(3) Auf der Grundlage der unterbreiteten Vorschläge werden die Wahlkommission der Republik vom Staatsrat und die Bezirks, Kreis, Stadt, Stadtbezirks und Gemeindewahlkommissionen von den jeweiligen Räten gebildet.

(4) Die Bildung der Wahlkommission der Republik erfolgt spätestens 60 Tage, die der örtlichen Wahlkommissionen spätestens 50 Tage vor dem Wahltag.

(5) Die Wahlkommission der Republik berichtet dem Staatsrat über die Erfüllung ihrer Aufgaben.

§ 13. (1) Die Wahlkommission der Republik besteht aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, dem Sekretär und bis zu 35 weiteren Mitgliedern.

(2) Die Bezirkswahlkommissionen bestehen aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, dem Sekretär und bis zu 14 weiteren Mitgliedern.

(3) Die Kreis, Stadt, Stadtbezirks und Gemeindewahlkommissionen bestehen aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, dem Sekretär und bis zu 12 weiteren Mitgliedern.

§ 14. (1) Für jeden Wahlbezirk wird vom Rat der Stadt, des Stadtbezirkes bzw. der Gemeinde auf Vorschlag des zuständigen Ausschusses der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik spätestens 15 Tage vor dem Wahltag ein Wahlvorstand gebildet.

(2) Der Wahlvorstand leitet die Wahlhandlung und stellt das Ergebnis der Stimmabgabe fest.

(3) Der Wahlvorstand besteht aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, mindestens 3 Beisitzern und dem Schriftführer.

(4) Die Mitglieder des Wahlvorstandes werden spätestens 25 Tage vor dem Wahltag von den zuständigen Ausschüssen der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik vorgeschlagen.

(5) Für die Wahlen aufgestellte Kandidaten dürfen nicht einem Wahlvorstand in dem Wahlkreis angehören, für den sie kandidieren.

III. Wahlvorschläge und Vorstellung der Kandidaten

§ 15. (1) Die Wahlkommission der Republik, die Bezirks, Kreis, Stadt, Stadtbezirks und Gemeindewahlkommissionen fordern spätestens 40 Tage vor dem Wahltag durch öffentliche Bekanntmachung zur Einreichung von Wahlvorschlägen auf.

(2) Die Wahlvorschläge sind spätestens 30 Tage vor dem Wahltag bei der für die Wahl der jeweiligen Volksvertretung zuständigen Wahlkommission einzureichen. Sie müssen für jeden Kandidaten Zu und Vorname, Geburtstag, Geburtsort, Beruf und Wohnanschrift, die schriftliche Zustimmung des Kandidaten zu seiner Kandidatur sowie eine Bescheinigung des örtlich zuständigen Rates über die Wählbarkeit des Kandidaten enthalten.

(3) Ein Kandidat kann für die Wahl zu einer Volksvertretung der gleichen Ebene nur in einem Wahlkreis kandidieren,

§ 16. (1) Die Kandidaten für die Wahl zur Volkskammer, zu den Bezirkstagen, Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen werden von den demokratischen Parteien und Massenorganisationen aufgestellt. Die demokratischen Parteien und Massenorganisationen haben das Recht, ihre Vorschläge zu dem gemeinsamen Wahlvorschlag der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik zu vereinigen.

(2) In jedem Wahlkreis können mehr Kandidaten aufgestellt werden als Abgeordnetenmandate zu besetzen sind.

§ 17. Die von den demokratischen Parteien und Massenorganisationen aufzustellenden Kandidaten sollen zuvor von den Kollektiven, in denen sie tätig sind, geprüft und vorgeschlagen werden.

§ 18. Die von den Kollektiven der Werktätigen geprüften und von den demokratischen Parteien und Massenorganisationen aufgestellten Kandidaten für, die, einzelnen Wahlkreise werden auf öffentlichen Tagungen der Bezirks, Kreis, Stadt, Stadtbezirks und Ortsausschüsse der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik unter Teilnahme von weiteren Vertretern der Wähler vorgestellt. Auf diesen Tagungen wird wahlkreisweise über die Kandidaten und ihre Reihenfolge auf dem Wahlvorschlag beraten und beschlossen. Die Ausschüsse übergeben den Wahlvorschlag für jeden Wahlkreis der zuständigen Wahlkommission.

§ 19. (1) Die Wahlvorschläge werden für alle Wahlkreise zur Wahl der Volkskammer von der Wahlkommission der Republik, der Bezirkstage von den Bezirkswahlkommissionen, der Kreistage von den Kreiswahlkommissionen, der Stadtverordnetenversammlungen von den Stadtwahlkommissionen, der Stadtbezirksversammlungen von den Stadtbezirkswahlkommissionen und der Gemeindevertretungen von den Gemeindewahlkommissionen spätestens 27 Tage vor dem Wahltag bestätigt.

(2) Die Wahlkommissionen geben die Wahlvorschläge für die einzelnen Wahlkreise unverzüglich nach ihrer Bestätigung öffentlich bekannt:

§ 20. (1) Die Kandidaten sind verpflichtet, sich in ihrem Wahlkreis den Wählern vorzustellen und ihre Fragen zu beantworten.

(2) Die Wähler sind berechtigt, Anträge zur Absetzung von Kandidaten von dem Wahlvorschlag zu stellen.

§ 21. (1) Werden von den Wählern Anträge zur Absetzung eines Kandidaten von dem Wahlvorschlag gestellt, ist der Nationalrat bzw. der zuständige Ausschuß der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik verpflichtet, im Zusammenwirken mit den demokratischen Parteien und Massenorganisationen eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Zurückziehung des Kandidatenvorschlages herbeizuführen.

(2) Bei Zurückziehung des Kandidatenvorschlages ist der Nationalrat bzw. der zuständige Ausschuß der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik berechtigt, bis spätestens 5 Tage vor der Wahl einen anderen Kandidaten zu benennen. Das gilt auch, wenn ein Kandidat aus anderen Gründen ausscheidet.

(3) Das Ausscheiden eines Kandidaten wird durch Beschluß der zuständigen Wahlkommission bestätigt. Die Aufnahme eines neuen Kandidaten in den Wahlvorschlag erfolgt in gleicher Weise.

IV. Wahlbezirke

§ 22. (1) Die Stimmabgabe erfolgt in Wahlbezirken. Die Wahlbezirke werden durch die Räte der. Städte, Stadtbezirke und Gemeinden gebildet.

(2) Ein Wahlbezirk soll nicht mehr als 1 500 Wahlberechtigte umfassen, darf jedoch nicht so klein sein, daß die Geheimhaltung der Stimmabgabe gefährdet ist.

(3) Die Bildung der Wahlbezirke ist spätestens 50 Tage vor dem Wahltag durch den zuständigen Rat bekanntzugeben.

§ 23. (1) In Arbeiterwohnheimen, Universitäten, Hoch und Fachschulen, Lehrlingswohnheimen, Internaten, Einrichtungen des Gesundheitswesens, der See und Binnenschiffahrt, der Hochseefischerei sowie in anderen Einrichtungen können selbständige Wahlbezirke gebildet werden. Die Bildung dieser Wahlbezirke bedarf der Bestätigung der Bezirkswahlkommission.

(2) Von der Wahlkommission der Republik kann festgelegt werden, die Wahlhandlung in den selbständigen Wahlbezirken während der Zeit der Öffnung der Sonderwahllokale durchzuführen.

V. Wählerlisten

§ 24. (1) In jedem Wahlbezirk werden unter Verantwortung der Räte der Städte, Stadtbezirke und Gemeinden bis spätestens 21 Tage vor dem Wahltag Wählerlisten aufgestellt:"

(2) Wählen kann nur, wer in der Wählerliste seines Wahlbezirkes eingetragen ist. Für Wahlberechtigte, die sich während der Wahlen nicht auf dem Staatsgebiet: der Deutschen Demokratischen Republik befinden, trifft der Staatsrat erforderliche Festlegungen.

§ 25. (1) Nach Abschluß der Aufstellung der Wählerlisten ist jedem Wahlberechtigten durch den Rat der Stadt, des Stadtbezirkes bzw. der Gemeinde eine schriftliche Benachrichtigung über seine Eintragung in die Wählerliste zu übermitteln.

(2) Im Interesse der Wahrnehmung seines Wahlrechts hat sich jeder Wahlberechtigte bei der: Übergabe der Benachrichtigung von der Richtigkeit der enthaltenen Angaben zu überzeugen. Erforderliche Berichtigungen in der Wählerliste sind durch den zuständigen Rat vorzunehmen.

§ 26. (1) Die Wählerlisten sind vom 21. bis zum 7. Tag vor dem Wahltag werktags zu einer für die Bürger günstigen Zeit in den Gebäuden :der Räte der Städte, Stadtbezirke und Gemeinden zur öffentlichen Einsichtnahme, auszulegen.

(2) Ort und Zeit der Auslegung sowie das Einspruchsrecht gegen die Wählerlisten sind durch die Räte der Städte, Stadtbezirke und Gemeinden in ortsüblicher Weise bekanntzugeben.

§ 27. (1) Jeder Bürger hat das Recht, Einspruch gegen die Eintragungen in der Wählerliste oder deren Unvollständigkeit beim zuständigen Rat einzulegen.

(2) Der Rat hat die Angaben sorgfältig zu prüfen und die erforderlichen Berichtigungen vorzunehmen. Gegen die Ablehnung der Berichtigung steht dem Antragsteller das Recht der Beschwerde bei der zuständigen Wahlkommission zu.

(3) Bei vorgesehener Streichung in der Wählerliste ist dem betreffenden Bürger Gelegenheit zu geben, , sich :dazu zu äußern: Die Streichung ist dem Bürger unverzüglich mitzuteilen. Der Bürger hat das Recht, bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Kreisgericht die Aufhebung der Entscheidung zu beantragen. Das gleiche Recht steht dem Bürger zu, dessen Eintragung in die Wählerliste abgelehnt wurde.

(4) Das Kreisgericht entscheidet unter Mitwirkung des Bürgers sowie eines Vertreters des zuständigen Rates innerhalb von 3 Tagen, spätestens bis einen Tag vor der Wahl, in öffentlicher Verhandlung: Die Entscheidung ist endgültig.

§ 28. (1) Ein in der Wählerliste eingetragener Wahlberechtigter, der am Wahltag verhindert ist, in seinem Wahlbezirk zu wählen, kann beim zuständigen Rat einen Wählschein beantragen. Die Ausstellung von Wahlscheinen ist in der Wählerliste zu vermerken.

(2) Inhaber eines Wahlscheines zur Wahl der Volkskammer können in jedem Sonderwahllokal und am Wahltag in jedem Wahllokal der Deutschen Demokratischen Republik wählen.

(3) Inhaber eines Wahlscheines für die Wahlen zu den örtlichen Volksvertretungen können nur die Volksvertretungen wählen, in deren Territorium sie wohnhaft sind.

(4) In den Städten, Stadtbezirken und Gemeinden, in denen sich das Sonderwahllokal im Gebäude des jeweiligen Rates befindet, kann. die Stimmabgabe nach Vorlage des Personaldokumentes, ohne Aushändigung von Wahlscheinen erfolgen. Die Stimmabgabe wird in der Wählerliste vermerkt.

(5) Sonderwahllokale können 21 Tage vor dem Wahltag eröffnet werden.

VI. Stimmzettel und Wahllokale.

§ 29. (1) Die Stimmzettel werden wahlkreisweise hergestellt und müssen alle für den Wahlkreis bestätigten Kandidaten enthalten.

(2) Für die Herstellung sowie die rechtzeitige Übergabe der Stimmzettel an die Wahlvorstände ist die zuständige Wahlkommission verantwortlich.

§ 30. (1) Für jeden Wahlbezirk ist durch den Rat der Stadt, des Stadtbezirkes bzw: der Gemeinde ein Wähllokal einzurichten. Die Wahllokale werden gleichzeitig mit der Einteilung der Wahlbezirke öffentlich bekanntgegeben.

(2) Zur Sicherung der Ausübung des Wahlrechts der Wählberechtigten, die im Besitz von Wahlscheinen sind, kann die Wahlkommission der Republik die Eröffnung von Sonderwahllokalen festlegen.

§ 31. (1) Die Wahlurnen müssen so beschaffen sein, daß die Geheimhaltung der Wahl gewährleistet ist.

(2) Während der Wahlhandlung werden die abgegebenen Stimmzettel in den Wahlurnen gesammelt und verwahrt.

 § 32. Im Wahllokal sind Wahlkabinen aufzustellen; die es dem: Wähler ermöglichen, die Stimmzettel unbeobachtet für die Abgabe vorzubereiten.

VII. Wahlhandlung

§ 33. Die Wahl lokale sind am Wahltag von 07.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Die Wahlkommission der Republik ist berechtigt, davon abweichende Regelungen zu treffen.

§ 34. (1) Die Wahlhandlung wird vom Wahlvorstand geleitet.

(2) Vor Beginn der Wahlhandlung verpflichtet der Vorsitzende des Wahlvorstandes die Mitglieder des Wahlvorstandes durch Handschlag. Ist der Wahlvorstand bei Beginn der Wahlhandlung nicht beschlußfähig, ernennt der Vorsitzende die dafür erforderlichen Mitglieder aus anwesenden Wählern.

(3) Vor Beginn der Stimmabgabe hat sich der Vorsitzende des Wahlvorstandes in Gegenwart von Wählern davon zu überzeugen, daß die Wahlurnen leer sind. Die Wahlurnen sind zu versiegeln und dürfen bis zum Abschluß der Stimmabgabe nicht geöffnet werden.

(4) Der Vorsitzende des Wahlvorstandes und der Schriftführer dürfen sich nicht gleichzeitig außerhalb; des Wahllokales aufhalten. Bei Abwesenheit des Vorsitzenden des Wahlvorstandes nimmt sein Stellvertreter dessen Aufgaben wahr.

§ 35. (1) Der Wählberechtigte erhält die Stimmzettel, nachdem er sich durch Vorlage des Personaldokumentes zur Person ausgewiesen hat.

(2) Inhaber von Wahlscheinen erhalten die Stimmzettel nach Vorlage des Personaldokumentes und Abgabe des Wahlscheines.

(3) Zur Stimmabgabe berechtigen nur die vom Wahlvorstand ausgehändigten Stimmzettel.

(4) Der Wähler bereitet den Stimmzettel zur Stimmabgabe vor. Er hat das Recht, eine Wahlkabine zu benutzen. In der Wahlkabine darf sich gleichzeitig nur ein Wähler aufhalten.

(5) Jeder Wähler kann auf dem Stimmzettel Änderungen vornehmen.

(6) Die Stimmabgabe erfolgt durch Einwerfen des Stimmzettels in die Wahlurne.

(7) Wähler, die durch körperliche Gebrechen behindert sind, können sich bei der Wahlhandlung der Hilfe einer Vertrauensperson bedienen.

§ 36. (1) Zutritt zum Wahllokal hat jeder Bürger:

(2) Personen, die die Wahlhandlung stören, können vom Wahlvorstand aus dem Wahllokal verwiesen werden.

(3) Nach Ablauf der für die Öffnung der Wahllokale festgelegten Zeit sind zur Stimmabgabe nur noch die Wähler zuzulassen, die sich im Wahllokal befinden. Danach erklärt der Vorsitzende des Wahlvorstandes die Stimmabgabe für abgeschlossen.

VIII. Wahlergebnisse und Gültigkeit der Wahl

§ 37. (1) Die Auszählung der Stimmen erfolgt im Wahllokal. Sie ist öffentlich und wird vom Wahlvorstand durchgeführt.

(2) Nach Öffnen der Wahlurnen sind die Stimmzettel zu zählen. Die Anzahl der abgegebenen Stimmen wird an Hand der Wählerliste und der vorhandenen Wahlscheine festgestellt:

§ 38. (1) Die Auszählung der Stimmen für die Wahl zu den verschiedenen Volksvertretungen ist getrennt vorzunehmen.

(2) Nach der Auszählung der insgesamt abgegebenen Stimmzettel wird die Zahl der gültigen Stimmen und der auf den Wahlvorschlag entfallenden Stimmen ermittelt. Über die Gültigkeit der Stimmen entscheidet der Wahlvorstand.

(3) Nach der Feststellung der Anzahl der gültigen Stimmen für den Wahlvorschlag ermittelt der Wahlvorstand die Anzahl der für jeden Kandidaten abgegebenen Stimmen.

§ 39. (1) Über die Stimmabgabe und die Auszählung der Stimmen ist vom Wahlvorstand für die Wahl zu der jeweiligen Volksvertretung eine Wahlniederschrift anzufertigen.

(2) Die Wahlniederschrift ist vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes und von mindestens 2 weiteren Mitgliedern des Wahlvorstandes zu unterschreiben.

§ 40. Auf der Grundlage der von den Wahlvorständen übersandten Wahlniederschriften überprüft die zuständige Wahlkommission die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl und stellt das Wahlergebnis der einzelnen Wahlkreise fest.

§ 41. (1) Das endgültige Ergebnis und die Gültigkeit der Wahl zu den jeweiligen Volksvertretungen wird durch die Wahlkommission der Republik bzw. die Bezirks, Kreis, Stadt, Stadtbezirks und Gemeindewahlkommissionen festgestellt.

(2)  Über das endgültige Ergebnis und die Gültigkeit der Wahl wird durch die zuständige Wahlkommission ein Schlußbericht angefertigt.

(3) Die Wahlkommission der Republik veranlaßt die öffentliche Bekanntgabe der endgültigen Ergebnisse der Wahl zu den jeweiligen Volksvertretungen.

§ 42. Erhalten in einem Wahlkreis weniger Kandidaten die erforderliche Stimmenmehrheit als Mandate zu besetzen sind, wird innerhalb von 90 Tagen eine Nachwahl durchgeführt.

§ 43. (1) Gegen die Gültigkeit der Wahl in einem Wahlkreis oder zu einer Volksvertretung kann binnen 14 Tagen nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses vom Nationalrat bzw. von den zuständigen Ausschüssen der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik bei der jeweiligen Volksvertretung Einspruch eingelegt werden.

(2) Die Volksvertretung entscheidet über den Einspruch.

(3) Wird die Wahl in einem Wahlkreis oder zu einer Volksvertretung für ungültig erklärt, werden innerhalb von 90 Tagen in dem betreffenden Wahlkreis bzw. zu der betreffenden Volksvertretung Neuwahlen durchgeführt:

§ 44. (1) Nach und Neuwahlen werden vom Staatsrat ausgeschrieben.

(2) Nach und Neuwahlen sind entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes durchzuführen. Die Wahl erfolgt auf der Grundlage der gleichen Wählerlisten; Es sind neue Wahlvorschläge einzureichen. Die Wahlkreise und Wahlbezirke bleiben unverändert.

§ 45. Wird nachträglich bekannt, daß bei einem Abgeordneten zum Zeitpunkt der Wahl die Voraussetzungen für seine Wählbarkeit nicht vorlagen, erklärt die Volksvertretung seine Wahl für ungültig und entscheidet über das Nachrücken eines Nachfolgekandidaten.

§ 46. Die gewählten Abgeordneten und Nachfolgekandidaten sind spätestens 7 Tage nach der Wahl durch die zuständige Wahlkommission über ihre Wahl schriftlich zu benachrichtigen.

IX. Beginn und Ende der Rechte und Pflichten der Abgeordneten

§ 47. (1) Die Rechte und Pflichten der Abgeordneten beginnen mit ihrer Wahl und enden am Tage der Wahl zur Volksvertretung der neuen Wahlperiode.

(2) Während der Wahlperiode erlischt das Mandat eines Abgeordneten durch Tod, durch Verlust der Wählbarkeit, durch Aufhebung des Mandats oder durch Abberufung. Bei Tod oder Verlust der Wählbarkeit stellt die Volksvertretung das Erlöschen des Mandats fest.

(3) Die Aufhebung ihres Mandats können Abgeordnete der Volkskammer in Abstimmung mit der Partei oder Massenorganisation, deren Fraktion sie angehören, und Abgeordnete der örtlichen Volksvertretungen in Abstimmung mit dem zuständigen Ausschuß der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik beantragen. Die Aufhebung des Mandats kann auch von den Parteien und Massenorganisationen und dem zuständigen Ausschuß der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik beantragt werden. Die Volksvertretung entscheidet über die Anträge.

(4) Verletzt ein Abgeordneter gröblich das in ihn gesetzte Vertrauen der . Werktätigen, können die Wähler und ihre Kollektive sowie die Parteien und Massenorganisationen in Übereinstimmung mit dein Nationalrat bzw. dem zuständigen Ausschuß der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik seine Abberufung verlangen. Die Volksvertretung entscheidet über die Abberufung des Abgeordneten;

(5) Die vorgenannten Regelungen gelten für Nachfolgekandidaten entsprechend.

(6) Erlischt das Mandat eines Abgeordneten, tritt an seine Stelle ein Nachfolgekandidat. Über das Nachrücken eines Nachfolgekandidaten beschließt die Volksvertretung in Übereinstimmung mit den Parteien und Massenorganisationen und dem Nationalrat bzw. dem zuständigen Ausschuß der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik.

X. Schlußbestimmungen

§ 48. (1) Die demokratische Vorbereitung und Durchführung der Wählen wird durch den Staatsrat gewährleistet.

(2) Der Staatsrat faßt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Beschlüsse.

§ 49. (1) Dieses Gesetz tritt am, 1. Juli 1976 in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
- das Gesetz vom 31. Juli 1963 über die Wahlen. zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik  -Wahlgesetz-  (GBl. I Nr. 8 S. 97),
- der Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. Juli 1963 über die Wahlen zur  Volkskammer und zu den örtlichen Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen,; Republik  -Wahlordnung-  (GBl. I Nr. 8 S. 99),
- der Beschluß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 2. Juli 1965 über die Neufassung des Beschlusses über die Wahlen zur Volkskammer und zu den örtlichem Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik  -Wahlordnung-  (GBl. I Nr. 11 S. 143),
- das Gesetz vom 13. September 1965 zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik  -Wahlgesetz-  (GBl. I Nr. 13 S. 207),
- das Gesetz vom 2: Mai 1967 zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischem Republik  -Wahlgesetz-  (GBl. I Nr. 7 S.57),
- das Gesetz vom 17: Dezember 1969 zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zu den Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen  Republik  -Wahlgesetz-  (GBl. I 1970 Nr. l S. 1},
- Bekanntmachung, vom 17: Dezember 1969 der Neufassung des Gesetzes über die Wahlen zu den. Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik  -Wahlgesetz- (GBl. I 1970 Nr. 1 S. 2),
- der Beschluß vom 25. Februar 1974 zur Änderung des Beschlusses des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Wahlen zur Volkskammer und zu den örtlichen Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik  -Wahlordnung- (GBl. I Nr. 11 S. 92).

Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am vierundzwanzigsten Juni neunzehnhundertsechsundsiebzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den vierundzwanzigsten Juni neunzehnhundertsechsundsiebzig

Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik
W. Stoph

siehe hierzu u. a. den Erlaß des Staatsrates der DDR über die Wahlen ur Volkskammer und zu den örtlichen Volksvertretungen der DDR (Wahlordnung) vom 2. Juli 1965 (GBl. I S. 143); den Erlaß des Staatsrates der DDR über die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen für die Nachfolgekandidaten der Volkskammer und der Bezirkstage vom 16. Juli 1967 (GBl. I S. 106); den Erlaß des Staatsrates der DDR über die Wahlen ur Volkskammer und zu den örtlichen Volksvertretungen der DDR (Wahlordnung) vom 25. Februar 1974 (GBl. I S. 93).


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1976 Teil I. S. 301
© 29. Januar 2005 - 23. Februar 2005

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