Gesetz über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen

vom 18. Januar 1957

geändert durch
Gesetz vom 20. September 1961 (GBl. S. 178)

aufgehoben durch
Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der DDR vom 12. Juli 1973 (GBl. S. 313)

 

siehe hierzu auch das Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957  (GBl. S. 65).

 

Der weitere Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik erfordert die stärkere Entfaltung der Initiative der örtlichen Volksvertretungen, damit diese noch umfassender die schöpferischen Kräfte der Volksmassen für die Mitwirkung am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau in jeder Gemeinde, jeder Stadt, jedem Kreis und jedem Bezirk erwecken. Der Volkskammer als dem höchsten Organ der Staatsmacht in der Deutschen Demokratischen Republik obliegt die Leitung der gesamten staatlichen Tätigkeit. Sie gewährt den örtlichen Volksvertretungen allseitige Hilfe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und trägt dazu bei, ihre Selbständigkeit zu festigen, ihre Entscheidungsfreudigkeit und ihre Autorität zu heben.

Zu diesem Zweck beschließt die Volkskammer das folgende Gesetz:

§ 1. (1) Zur Anleitung und Aufsicht gegenüber den örtlichen Volksvertretungen bildet die Volkskammer den "Ständigen Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen".

(2) Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen wird von der Volkskammer aus ihrer Mitte für die Dauer der Wahlperiode gewählt. Er setzt seine Tätigkeit bis zur Konstituierung des von der neugewählten Volkskammer zu bildenden Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen fort.

(3) Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen besteht aus mindestens 15 Mitgliedern. Die Volkskammer bestimmt den Vorsitzenden. Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen wählt aus seiner Mitte die Stellvertreter des Vorsitzenden und den Sekretär.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 wurde mit Wirkung vom 20. September 1961 bestimmt:
"§ 1. Nachdem die dem Ständigen Ausschuß der Volkskammer für die örtlichen Volksvertretungen durch das Gesetz vom 17. Januar 1957 übertragenen Aufgaben durch Beschluß der Volkskammer dem Staatsrat übertragen sind, stellt der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen seine Tätigkeit ein."
Damit wurde der § 1 faktisch aufgehoben.

§ 2. Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen ist der Volkskammer für seine gesamte Tätigkeit verantwortlich und rechenschaftspflichtig.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 wurde der § 2 faktisch aufgehoben.

§ 3. (1) Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen übt die Aufsicht aus über die Wahlen zu den örtlichen Volksvertretungen sowie über die Einberufung ihrer Tagungen, deren Vorbereitung und Durchführung.

(2) Der Ständige Ausschuß gewährt den örtlichen Volksvertretungen Anleitung und Hilfe zur erfolgreichen Lösung der Aufgaben, die ihnen als obersten Organen der Staatsmacht auf ihrem Gebiet obliegen: Er übt die Aufsicht darüber aus, daß die Volksvertretungen der Bezirke und Kreise ihrer Pflicht zur, Anleitung und Hilfe gegenüber den anderen örtlichen Volksvertretungen ihres Gebietes nachkommen und deren Beschlüsse, die den Gesetzen, Verordnungen oder Beschlüssen der Volkskammer oder des Ministerrates oder den Beschlüssen höherer Volksvertretungen widersprechen, aufheben.

(3) Verstoßen Beschlüsse von Bezirkstagen gegen Gesetze und Verordnungen oder Beschlüsse der Volkskammer öder des Ministerrates, so bereitet der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen die Aufhebung dieser Beschlüsse durch die Volkskammer vor.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 gingen die Aufgaben des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen nach § 3 faktisch auf den Staatsrat der DDR über.

§ 4. Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen nimmt Berichte über die Arbeit örtlicher Volksvertretungen entgegen und gibt Hinweise zur Verbesserung ihrer Tätigkeit. Er gewährleistet die Auswertung und Verbreitung der besten Arbeitserfahrungen der örtlichen Volksvertretungen Er gibt ein entsprechendes Publikationsorgan heraus.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 gingen die Aufgaben des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen nach § 4 faktisch auf den Staatsrat der DDR über.

§ 5. Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen entscheidet über
a) Meinungsverschiedenheiten zwischen örtlichen Volksvertretungen, soweit diese nicht durch die nächsthöhere Volksvertretung entschieden werden können,
und
b) Beschwerden der örtlichen Volksvertretungen, ihrer Kommissionen und Abgeordneten wegen Behinderung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 gingen die Aufgaben des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen nach § 5 faktisch auf den Staatsrat der DDR über.

§ 6. (1) Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen stellt Richtlinien auf
a) für die Geschäftsordnungen der örtlichen Volksvertretungen,
b) für die Ordnung der Arbeit der ständigen Kommissionen,
c) für die Ordnung der Tätigkeit der Abgeordneten der örtlichen Volksvertretungen.

(2) Er übt die Aufsicht über die Abberufung von Abgeordneten der Bezirkstage sowie über die Neubesetzung von Mandaten aus. Er regelt auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen das Verfahren im Falle von Mandatsveränderungen und Abberufungen von Abgeordneten.

siehe hierzu auch die Richtlinie für die Ordnung der Tätigkeit der Abgeordneten der örtlichen Volksvertretungen (GBl. S. 649).

Durch Gesetz vom 20. September 1961 gingen die Aufgaben des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen nach § 6 faktisch auf den Staatsrat der DDR über.

siehe hierzu auch den Erlaß des Staatsrates der DDR vom 28. Juni 1961 zu den Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe (GBl. I. S. 51), sowie die auf deren Grundlage erlassenen Ordnungen:
- Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe (GBl. S. 52, ber. S. 180),
- Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Kreistages und seiner Organe (GBl. S. 75, ber. S. 180),
- Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und ihrer Organe in den Stadtkreisen (GBl. S. 99, ber. S. 180),
- Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten (GBl. S. 123, ber. S. 180),
- Ordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Gemeindevertretung und ihrer Organe (GBl. S. 139, ber. S. 180),
sowie den Erlaß des Staatsrates der DDR zu den Ordnungen über die Aufgaben und Arbeitsweise der Stadtverordnetenversammlungen und der Stadtbezirksversammlungen und ihrer Organe in der Hauptstadt der DDR, Berlin und den Stadtkreisen mit Stadtbezirken vom 7. September 1961 (GBl. S. 169 und Sonderdrucke Nr. 341 bis 347).

§ 7. Zur Unterstützung der Volkskammer bereitet der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen Gesetze vor, die den Aufbau und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe sowie Entscheidungen der Volkskammer über Veränderungen der territorialen Gliederung der Bezirke und Kreise betreffen, soweit damit eine Auflösung oder Neubildung von Volksvertretungen verbunden ist.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 gingen die Aufgaben des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen nach § 7 faktisch auf den Staatsrat der DDR über.

§ 8. Weitere Aufgaben können dem Ständigen Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen durch Beschluß der Volkskammer übertragen werden.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 gingen die Aufgaben des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen nach § 8 faktisch auf den Staatsrat der DDR über.

§ 9. (1) Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen faßt im Rahmen seiner Zuständigkeit Beschlüsse.

(2) Die Beschlüsse des Ständigen Ausschusses für die örtlichen Volksvertretungen sind der Volkskammer zur Kenntnis zu geben. Sie können von der Volkskammer aufgehoben werden.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 wurde der § 9 faktisch aufgehoben.

§ 10. Der Ständige Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen arbeitet nach einer Arbeitsordnung. Diese wird von der Volkskammer beschlossen.

Durch Gesetz vom 20. September 1961 wurde der § 10 faktisch aufgehoben.

§ 11. Dieses Gesetz tritt am 26. Januar 1957 in Kraft.

Das vorstehende vom Präsidenten der Volkskammer im Namen des Präsidiums der Volkskammer unter dem dreiundzwanzigsten Januar neunzehnhundertsiebenundfünfzig ausgefertigte Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den sechsundzwanzigsten Januar neunzehnhundertsiebenundfünfzig

Der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik
W. Pieck


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1957 S. 72
© 22. November 2004

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