Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik
(Staatsbürgerschaftsgesetz)

vom 20. Februar 1967

geändert durch
Gesetz vom 29. Januar 1990 (GBl. I S. 31)

faktisch aufgehoben durch
Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889).

Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik entstand in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik. Sie ist Ausdruck der Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik und trägt zur weiteren allseitigen Stärkung des sozialistischen Staates bei.

Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ist die Zugehörigkeit ihrer Bürger zum ersten friedliebenden, demokratischen und sozialistischen deutschen Staat, in dem die Arbeiterklasse die politische Macht im Bündnis mit der Klasse der Genossenschaftsbauern, der sozialistischen Intelligenz und den anderen werktätigen Schichten ausübt.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde die Präambel aufgehoben.

I.
Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik

§ 1. Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik ist, wer
a) zum Zeitpunkt der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik deutscher Staatsangehöriger war, in der Deutschen Demokratischen Republik seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hatte und die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik seitdem nicht verloren hat;
b) zum Zeitpunkt der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik deutscher Staatsangehöriger war, seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik hatte, danach keine andere Staatsbürgerschaft erworben hat und entsprechend seinem Willen durch Registrierung bei einem dafür zuständigen Organ der Deutschen Demokratischen Republik als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik geführt wird;
c) nach den geltenden Bestimmungen die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erworben und sie seitdem nicht verloren hat.

§ 2. (1) Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik garantiert den Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik die Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Rechte und fordert von ihnen die Erfüllung der verfassungsmäßigen Pflichten.

(2) Die Deutsche Demokratische Republik gewährt ihren Bürgern Schutz und unterstützt sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik.

§ 3. (1) Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik können nach allgemein anerkanntem Völkerrecht gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik keine Rechte oder Pflichten aus einer anderen Staatsbürgerschaft geltend machen

(2) Ein Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, der die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates zu erwerben beabsichtigt, bedarf dazu der Zustimmung der zuständigen staatlichen Organe der Deutschen Demokratischen Republik.

(3) Regelungen zu Fragen der Staatsbürgerschaft, die in zwischenstaatlichen Vereinbarungen der Deutschen Demokratischen Republik mit anderen Staaten getroffen werden, finden Anwendung.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde der § 3 Abs. 2 gestrichen und der bisherige Abs. 3 wurde Abs. 2.

II.
Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik

Erwerb

§ 4. Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik wird erworben durch
a) Abstammung;
b) Geburt auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik;
c) Verleihung.

§ 5. Ein Kind erwirbt mit seiner Geburt die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, wenn die Eltern oder ein Elternteil Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik sind.

§ 6. (1) Ein auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik geborenes Kind erwirbt die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, wenn es durch seine Geburt eine andere Staatsbürgerschaft nicht erworben hat.

(2) Ein Kind, das auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik aufgefunden wird (Findelkind), ist Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, sofern der Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft nicht nachgewiesen wird.

§ 7. (1) Einem Bürger eines anderen Staates oder einem Staatenlosen kann auf seinen Antrag die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik verliehen werden, wenn er sich durch sein persönliches Verhalten und seine Einstellung zur Staats- und Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik der Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik würdig erweist und der Verleihung keine zwingenden Gründe entgegenstehen.

(2) Der Antragsteller soll in der Regel seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik haben.

(3) Über die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik wird eine Urkunde ausgehändigt.

§ 8. (1) Minderjährige erwerben mit Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik an die Eltern die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, wenn der Antrag auch für sie gestellt ist. Das gilt auch, wenn nur ein Elternteil durch Verleihung Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik wird.

(2) Hat der Minderjährige das 14. Lebensjahr vollendet, ist seine Einwilligung erforderlich.

Verlust

§ 9. Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik geht verloren durch
a) Entlassung;
b) Widerruf der Verleihung;
c) Aberkennung.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 erhielt der § 9 folgende Fassung:
"§ 9. Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik geht durch Verzicht verloren."

§ 10. (1) Ein Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik kann auf seinen Antrag aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entlassen werden, wenn er seinen Wohnsitz mit Genehmigung der zuständigen staatlichen Organe der Deutschen Demokratischen Republik außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik hat oder nehmen will er eine andere Staatsbürgerschaft besitzt oder zu er werben beabsichtigt und der Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik keine zwingenden Gründe entgegenstehen.

(2) Über die Entlassung aus der Staatsbürgerschaf der Deutschen Demokratischen Republik wird eine Urkunde ausgehändigt.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 erhielt der § 10 folgende Fassung:
"§ 10. (1) Ein Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, der seinen ständigen Wohnsitz außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik hat und eine andere Staatsbürgerschaft besitzt, kann den Verzicht auf die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erklären.
(2) Der Verzicht auf die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik erfolgt durch Abgabe einer schriftlichen Erklärung bei der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung der DDR.
(3) Die Erklärung muß den Verzicht auf die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, den Namen, Geburtsnamen und Vornamen, das Geburtsdatum, den Geburtsort, die letzte Wohnanschrift in der Deutschen Demokratischen Republik und die Unterschrift enthalten. Der ständige Wohnsitz außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik und der Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft sind durch Vorlage amtlicher Dokumente nachzuweisen.
(4) Die Verzichtserklärung sowie die Tatsache, daß die im Abs. 3 geforderten Nachweise durch Vorlage amtlicher Dokumente erbracht wurden, bedürfen der notariellen Beglaubigung, soweit diese Dokumente nicht persönlich bei der diplomatischen oder konsularischen Vertretung vorgelegt werden.
(5) Der Verlust der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik tritt am Tage des Eingangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik ein. Er ist dem Bürger durch den Konsul schriftlich zu bestätigen.
(6) Werden die Nachweise gemäß Abs. 3 nicht oder nicht vollständig eingereicht, ist der betreffende Bürger schriftlich aufzufordern, diese innerhalb von 4 Wochen nachzureichen. Soweit die Nachweise nicht in der genannten Frist eingereicht werden, gilt die Verzichtserklärung als nicht abgegeben."

§ 11. (1) Werden Eltern aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entlassen, so er streckt sich die Entlassung auf ihre minderjähriger Kinder, wenn der Antrag auch für sie gestellt ist: Wird der Antrag nur von einem Elternteil gestellt, ist de andere Elternteil zu hören.

(2) Hat der Minderjährige das 14. Lebensjahr vollendet, ist seine Einwilligung erforderlich.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 erhielt der § 11 folgende Fassung:
"§ 11. (1) § 10 gilt entsprechend für Minderjährige. Für Minderjährige ist die Verzichtserklärung durch beide Elternteile einzureichen. Die Verzichtserklärung kann auch von einem Elternteil eingereicht werden, soweit der andere Elternteil unbekannt oder verstorben ist.
(2) Haben Minderjährige das 14. Lebensjahr vollendet, ist deren Einwilligung erforderlich."

§ 12. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deut sehen Demokratischen Republik kann widerrufen werden, wenn
a) der Bürger bei der Antragstellung falsche Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen hat die die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ausgeschlossen hätten;
b) sich der Bürger der Staatsbürgerschaft der Deut sehen Demokratischen Republik durch grobe Mißachtung der mit ihrer Verleihung übernommenen Verpflichtungen nicht würdig erweist.

(2) Der Widerruf ist innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nach der Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik zu lässig.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde der § 12 aufgehoben.

§ 13. Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik kann Bürgern, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischer Republik haben, wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten aberkannt werden.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde der § 13 aufgehoben.

§ 14. Der Widerruf und die Aberkennung wirken nur gegen die Person, gegen die der Widerruf oder die Aberkennung ausgesprochen wurde.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde der § 14 aufgehoben.

III.
Zuständigkeit und Verfahren

§ 15. (1) Über die Verleihung der Staatsbürgerschaft und die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entscheidet der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik.

(2) Der Ministerrat kann die Entscheidungsbefugnis delegieren.

(3) Die Verleihung und die Entlassung werden mit der Aushändigung der Urkunde wirksam.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde der § 15 wie folgt geändert:
- der Abs. 1 erhielt folgende Fassung:
"(1) Über die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik entscheidet der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik."
- der Abs. 3 erhielt folgende Fassung:
"(3) Die Verleihung wird mit der Aushändigung der Urkunde wirksam."

§ 16. (1) Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik entscheidet über den Widerruf der Verleihung und die Aberkennung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik,

(2) Der Widerruf der Verleihung und die Aberkennung werden mit der Entscheidung wirksam.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde der § 16 aufgehoben.

§ 17. Anträge auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik und auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik werden durch die vom Ministerium des Innern bzw. Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten beauftragten Dienststellen entgegengenommen.

Durch Gesetz vom 29. Januar 1990 erhielt der § 17 folgende Fassung:
"§ 17. Anträge auf Verleihung der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik werden durch die vom Ministerium für Innere Angelegenheiten bzw. Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten beauftragten Dienststellen entgegengenommen."

IV.
Schlußbestimmungen

§ 18. Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik erläßt zur Durchführung dieses Gesetzes die erforderlichen Bestimmungen.

siehe hierzu u. a. die Durchführungsverordnung vom 3. August 1967 (GBl. II S. 681) sowie die Verordnung vom 21. Juni 1982 (GBl. I S. 418) -Aberkennung-.

§19. (1) Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
- Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913 (RGBl. S. 583) mit den dazu erlassenen Änderungs- und Ergänzungsbestimmungen, soweit sie nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt außer Kraft getreten sind;
- Verordnung vom 28. November 1957 über das Verfahren in Staatsangehörigkeitsfragen (GBl. I S.616) mit Erster Durchführungsbestimmung vom 29: November 1957 (GBl. I S. 616);
- Verordnung vom 28. Januar 1965 zur Änderung der Verordnung über das Verfahren in Staatsangehörigkeitsfragen (GBl. II S.143);
- Anordnung vom 30. August 1954 über die Gleichberechtigung der Frau im Staatsangehörigkeitsrecht (ZBl. S. 431).

in Kraft getreten am 23. Februar 1967.

Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am zwanzigsten Februar neunzehnhundertsiebenundsechzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den zwanzigsten Februar neunzehnhundertsiebenundsechzig.

Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik
W. Ulbricht


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1967 Teil I. S. 3
© 12. Dezember 2004 - 22. Februar 2005

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