Paß-Gesetz
der Deutschen Demokratischen Republik

vom 15. September 1954

geändert durch
Gesetz vom 30. August 1956 (GBl. I. S. 733)
Gesetz vom 11. Dezember 1957 (GBl. I. S. 650)
Anpassungsgesetz vom 11. Juni 1968 (GBl. I S. 242), Anlage Ziffer 11

aufgehoben durch
Paßgesetz der DDR vom 28. Juni 1979 (GBl. I. S. 148)

§ 1. (1) Deutsche Staatsangehörige, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Ausland verlassen oder aus dem Ausland betreten, sind verpflichtet, sich durch einen Paß auszuweisen.

(2) Für jeden Grenzübertritt ist ein im Paß eingetragenes Visum erforderlich.

Durch Gesetz vom 30. August 1956 erhielt der § 1 Abs. 2 mit Wirkung vom 19. September 1956 folgende Fassung:
"(2) Für jeden Grenzübertritt ist ein im Paß eingetragenes Visum erforderlich, soweit nicht in Durchführungsbestimmungen Befreiung davon erteilt wird."

§ 2. (1) Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, müssen sich sowohl beim Betreten oder Verlassen des Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik als auch beim Aufenthalt in diesem Gebiet durch einen Paß ausweisen.

(2) Für jedes Betreten oder Verlassen des Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik ist ein im Paß eingetragenes Visum erforderlich.

Durch Gesetz vom 30. August 1956 erhielt der § 2 Abs. 2 mit Wirkung vom 19. September 1956 folgende Fassung:
"(2) Für jedes Betreten oder Verlassen des Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik ist ein im Paß eingetragenes Visum erforderlich, soweit nicht in Durchführungsbestimmungen oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen Befreiung davon erteilt wird."

§ 3. (1) Als Pässe im Sinne dieses Gesetzes sind anzusehen:
a) für Personen
    deutscher Staatsangehörigkeit: Diplomatenpässe, Dienstpässe, Reisepässe, Aufenthaltspässe der Deutschen Demokratischen Republik;
b) für Ausländer:
    anerkannte Pässe des Heimat- oder Aufenthaltsstaates und Fremdenpässe der Deutschen Demokratischen Republik.

(2) Durch eine Durchführungsbestimmung kann angeordnet werden, daß andere Ausweise als Paßersatz gelten.

§ 4. Deutsche Staatsangehörige ausweispflichtigen Alters können unabhängig von ihrem Wohnsitz einen Paß der Deutschen Demokratischen Republik erhalten.

§ 5. Fremdenpässe können alle Personen ausweispflichtigen Alters erhalten, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und denen die Beschaffung eines Passes ihres Heimatstaates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Frist möglich oder aus besonderen Gründen nicht zuzumuten ist.

§ 6. (1) Für die Ausstellung von Pässen sind im Inland das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten sowie die von diesem ermächtigten Dienststellen, im Ausland die hierzu ermächtigten Vertretungen der Deutschen Demokratischen Republik zuständig. Dasselbe gilt für die Erteilung von Visa, soweit keine andere Regelung durch Vereinbarungen mit anderen Staaten vorgesehen ist.

(2) Die im Abs. 1 genannten Stellen und das Ministerium des Innern sind zur Entziehung und Ungültigkeitserklärung von Pässen sowie zur Ungültigkeitserklärung von Visa berechtigt.

§ 7. Für den lokalen Grenzverkehr können besondere Bestimmungen erlassen werden.

§ 8. (1) Wer ohne Genehmigung das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Ausland verläßt oder aus dem Ausland betritt oder wer ihm vorgeschriebene Reiseziele, Reisewege oder Reisefristen oder sonstige Beschränkungen der Reise oder des Aufenthalts hierbei nicht einhält, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer für sich oder einen anderen durch falsche Angaben eine Genehmigung zum Verlassen oder Betreten des Gebietes der Deutschen Demokratischem Republik erschleicht.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Durch Gesetz vom 11. Dezember 1957 erhielt der § 8 folgende Fassung:
"§ 8. Wer ohne erforderliche Genehmigung das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik verläßt oder betritt oder wer ihm vorgeschriebene Reiseziele, Reisewege oder Reisefristen oder sonstige Beschränkungen der Reise oder des Aufenthaltes hierbei nicht einhält, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer für sich oder einen anderen durch falsche Angaben eine Genehmigung zum Verlassen oder Betreten des Gebietes der Deutschen Demokratischen Republik erschleicht.
(3) Vorbereitung und Versuch sind strafbar."

Durch Gesetz vom 11. Juni 1968 erhielt der § 8 folgende Fassung:
"§ 1. (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig gesetzliche Bestimmungen oder auferlegte Beschränkungen über Ein- und Ausreise, Reisewege und -fristen oder den Aufenthalt nicht einhält, kann in leichten Fällen mit Verweis oder Ordnungsstrafe von 10 bis 300 M belegt werden.
(2) Neben anderen Ordnungsstrafmaßnahmen oder selbständig können erteilte Genehmigungen, Erlaubnisse oder Berechtigungen zur Ein- und Ausreise oder zum Aufenthalt eingezogen oder beschränkt werden.
(3) Die Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens obliegt den Leitern der Dienststellen der Deutschen Volkspolizei.
(4) Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten gemäß Abs. 1 sind die dazu ermächtigten Angehörigen der Deutschen Volkspolizei befugt, eine Verwarnung mit Ordnungsgeld von 1, 3, 5 oder 10 M auszusprechen.
(5) Für die Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens und den Ausspruch von Ordnungsstrafmaßnahmen gilt das Gesetz vom 12. Januar 1968 zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten -OWG- (GBl. I. S. 101)."

§ 9. Ausländer, die gegen dieses Gesetz und die hierzu erlassenen Durchführungsbestimmungen und Anordnungen verstoßen, können aus der Deutschen Demokratischen Republik verwiesen werden.

Durch Gesetz vom 11. Dezember 1957 erhielt der § 9 folgende Fassung:
"§ 9. Wer sich ohne Genehmigung im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik aufhält, kann aus der Deutschen Demokratischen Republik verwiesen werden."

§ 10. Durchführungsbestimmungen erläßt das Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten.

§ 11. (1) Dieses Gesetz tritt drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes treten außer Kraft:
a) das Gesetz vom 12. Oktober 1867 über das Paßwesen (Bundesgesetzbl. S. 33) in der Fassung des Gesetzes vom 5. November 1923 (RGBl. I S. 1077)
b) die Verordnung vom 10. Juni 1919 (RGBl. S. 516) über die Abänderung der Verordnung vom 21. Juni 1916, betreffend anderweite Regelung der Paßpflicht (RGBl. S. 599)
c) die Bekanntmachung vom 7. Juni 1932 zur Ausführung der Paßverordnung (Paßbekanntmachung) (RGBl. I 5.257)
d) die Paßstrafverordnung vom 27. Mai 1942 (RGBl. I S. 348) und die auf das Paßwesen bezüglichen Vorschriften
e) das Gesetz vom 11. Mai 1937 über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen (RGBl. I 5.589)
f) die Verordnung vom 10. September 1939 über den Paß- und Sichtvermerkszwang sowie über den Ausweiszwang (RGBl. I S. 1739)
g) die Verordnung vom 20: Juli 1940 zur Ergänzung der Verordnung über den Paß- und Sichtvermerkszwang sowie über den Ausweiszwang (RGBl. I S. 1008)
h) die Zweite Durchführungsbestimmung vom 24. Juni 1964 zur Verordnung über die Ausgabe von Personalausweisen der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. S. 573)
i) die Verordnung vom 12. Januar 1950 über die Ausgabe von Diplomatenpässen und Dienstpässen (GBl. S. 61)
sowie die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen erlassenen Verwaltungsvorschriften.

Das vorstehende, vom Präsidenten der Volkskammer unter dem sechzehnten September neunzehnhundertvierundfünfzig ausgefertigte Gesetz wird hiermit verkündet.

    Berlin, den zweiundzwanzigsten September neunzehnhundertvierundfünfzig

Der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik
W. Pieck


Quellen: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1954 S. 786
© 18. November 2004 - 6. Februar 2005

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