Entwurf der CDU zu einer
Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern

vom 20. November 1946

1. Abschnitt: Die Grundlagen

Art. 1. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist ein Glied der deutschen Republik. Träger der Staatsgewalt ist das Volk.

Art. 2. Die Grenzen der Staatsgewalt liegen in der Anerkennung der demokratischen Staatsform, der Freiheit der Person und Wohnung, der Glaubens- und Gewissensfreiheit, der Meinungsfreiheit und des Postgeheimnisses.

Alle Bestrebungen, die demokratische Staatsform und die Grundrechte der Staatsbürger zu beseitigen oder einzuschränken, sind verfassungswidrig und als ein Verbrechen gegen die Verfassung durch Erlaß eines besonderen Gesetzes zu bestrafen; auch der Versuch ist strafbar. Verfassungswidrige Bestrebungen werden auch nicht durch Anwendung von Formen, die diese Verfassung vorsieht, rechtmäßig.

2. Abschnitt

Art. 3. Die Ehe steht als Grundlage der Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Die Erziehung des Nachwuchses zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit ist oberste Pflicht und natürliches Recht der Eltern. Die Rechte und Pflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern sowie der Ehegatten untereinander bestehen auch gegenüber der Staatsgewalt.

Art. 4. Die Bildungsgüter unserer Kultur sind allen ohne Rücksicht auf Herkunft, Besitz, Religion und Rasse zugänglich zu machen. Jeder Zugang zu einer öffentlichen Schule darf nicht vom Besitz abhängen.

Für den Religionsunterricht stellt die Schule Raum und Zeit zur Verfügung. Die Erteilung des Religionsunterrichts ist Sache der betreffenden Religionsgesellschaft Kein Lehrer kann gezwungen werden oder darf gehindert werden, Religionsunterricht zu erteilen

Die Teilnahme am Religionsunterricht bleibt der Willenserklärung der Erziehungsberechtigten überlassen.

Jedermann hat freie Berufswahl. Staatlicher Zwang zur Eingliederung in einen bestimmten Beruf darf nicht ausgeübt werden.

Art. 5. Die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften haben die Rechte von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.

Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig. Sie genießt in Ausübung ihres Kultus und der Gemeinschaftspflege sowie in ihren Vereinigungen volle Freiheit.

Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften bleiben aufrechterhalten.

Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften oder religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe geschützt. Sie sollen von staatlichen Pflichtveranstaltungen freigehalten werden.

Art. 6. Das Land lenkt die Wirtschaft durch eigene oder kommunale Anordnungen und übernimmt Produktionsmittel soweit in Gemeineigentum, wie dies zur Erreichung dauernder wesentlicher Ertragssteigerung der Wirtschaft oder zur Vermeidung schwerer Mißbräuche notwendig erscheint. Im übrigen wird Wirtschaftsfreiheit gewährt.

Art. 7. Das Eigentum wird gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen. Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesamtdeutscher Gesetzesgrundlage durchgeführt werden.

Art. 8. Allen Werktätigen steht die Koalitionsfreiheit zu. Ihre Beteiligung an der Leitung und Überwachung der Einzelunternehmungen ist sicherzustellen.

Art. 9. Für alle besteht ein Recht auf Arbeit und Erholung. Den Bedürfnissen der Jugend ist ausreichend Rechnung zu tragen.

Art. 10. Die sozialen Pflichten der wirtschaftlich Stärkeren gegenüber den Schwächeren und Kranken werden anerkannt. Sie sind durch materielle und ideelle Unterstützung Privater wie der Länder und Gemeinden im Geiste der Menschlichkeit zu erfüllen.

Die Umsiedlung zahlloser Menschen aus ihrer Heimat erfordert weitgehende Hilfe des Staates im gemeinsamen Wirken mit den hierfür zuständigen Organisationen. Sie seßhaft zu machen und mit den notwendigen materiellen Gütern zur Wiedererrichtung einer gesunden neuen Existenz zu versorgen, ist neben der seelischen und geistigen Betreuung vordringliche Pflicht der Gemeinschaft.

3. Abschnitt.

Art. 11. Das Volk übt die Staatsgewalt unmittelbar durch Wahlen, Volksbegehren und -entscheide, mittelbar durch die in der Verfassung bestimmten Organe aus.

Vor dem Gesetzgeber, dem Richter und der Verwaltung sind alle Personen gleich ohne

Unterschied des Geschlechtes, der Rasse, der Herkunft, des Besitzes sowie der religiösen oder parteipolitischen Überzeugung.

Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Eine Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt ist nur auf Grund von Gesetzen zulässig. Personen, denen die Freiheit entzogen wird, sind spätestens am darauffolgenden Tage in Kenntnis zu setzen, von welcher Behörde und aus welchen Gründen die Entziehung der Freiheit angeordnet ist. Unverzüglich soll ihnen Gelegenheit gegeben werden, Einwendungen gegen ihre Freiheitsentziehung vorzubringen.

Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen oder zu Handlungen gezwungen werden, wenn nicht ein Gesetz oder eine auf Gesetz beruhende Bestimmung dies zuläßt.

Art. 12. Das Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern umfaßt den Raum des bisherigen Landes Mecklenburg und Vorpommern sowie des Amtes Neuhaus der früheren Provinz Hannover. Gebietsänderungen erfolgen durch Gesetz.

Art. 13. Bei allen auf Grund dieser Verfassung durch das Volk vorzunehmenden Wahlen und Abstimmungen sind alle mindestens 21 Jahre alten Deutschen, die im Lande Mecklenburg-Vorpommern mindestens seit drei Monaten ihren Wohnsitz haben, stimmberechtigt. Wahlen mehrerer gleichwertiger Vertreter werden im Verhältniswahlrecht durchgeführt. Das Stimmrecht ist allgemein, unmittelbar und gleich und wird in geheimer Abstimmung ausgeübt.

Vom Stimmrecht ausgeschlossen ist,
a) wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft steht;
b) wer die bürgerlichen Ehrenrechte nicht besitzt;
c) wer Kriegsverbrecher oder ehemaliger nationalsozialistischer Aktivist ist. Dieser Personenkreis wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt.

Art. 14. Volksbegehren können darauf gerichtet werden,
1. die Verfassung zu ändern,
2. Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben,
3. den Landtag aufzulösen.

Sie sind an die Landesregierung zu richten und von dieser unter Darlegung ihrer Stellungnahme unverzüglich dem Landtage zu unterbreiten. Dem Volksbegehren muß in den Fällen zu 1 und 2 ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf zugrunde liegen. Volksbegehren sind nur rechtswirksam, wenn sie im Falle zu 1 von einem Fünftel und in den Fällen 2 und 3 von einem Zehntel der Stimmberechtigten gestellt werden.

Über Finanzfragen, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen ist ein Volksbegehren nicht zulässig.

Volksentscheide finden auf Volksbegehren, auf Antrag von 30 Abgeordneten des Landtages und in den sonst in der Verfassung vorgesehenen Fällen statt. Sie sind nur rechtswirksam, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten daran teilgenommen hat.

Ein Volksentscheid findet nicht statt, wenn der Landtag dem Volksbegehren entsprochen hat.

Ein Volksentscheid bedarf der Teilnahme der Mehrzahl der Stimmberechtigten. Seine Annahme bedarf zu 1 einer Zweidrittelmehrheit der Stimmberechtigten. Sonst entscheidet die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.

Die Abstimmung kann nur bejahend oder verneinend sein.

Das Verfahren bei Volksbegehren und Volksentscheidungen wird durch Gesetz geregelt.

4. Abschnitt: Der Landtag

Art. 15. Die Abgeordneten sind Vertreter des gesamten Volkes.

Wählbar sind die Stimmberechtigten, die das 23. Lebensjahr vollendet haben.

Art. 16. Die Abgeordneten stimmen nach ihrer freien Überzeugung. An Aufträge und Weisungen sind sie nicht gebunden.

Art. 17. Beamte, Angestellte und Arbeiter des Landes Mecklenburg-Vorpommern und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bedürfen zur Ausübung der Tätigkeit als Abgeordnete keines Urlaubs.

Bewerben sie sich um einen Sitz im Landtag, so ist ihnen der zur Vorbereitung ihrer Wahl erforderliche Urlaub zu gewähren. Gehalt und Lohn sind weiterzuzahlen.

Art. 18. Beim Landtag wird ein Wahlprüfungsgericht gebildet. Es besteht aus dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Schwerin als Vorsitzenden und vier Beisitzern, die der Landtag jeweils für die Dauer einer Wahlperiode wählt.

Art. 19. Die Wahlperiode des Landtags beträgt drei Jahre. Vor Ablauf dieser Zeit muß die Neuwahl erfolgen.

Art. 20. Die vorzeitige Auflösung des Landtages erfolgt
1. durch Volksentscheid,
2. durch eigenen Beschluß.

Dieser bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung von mindestens der Hälfte der gewählten Abgeordneten.

Art. 21. Nach Auflösung des Landtages muß die Neuwahl binnen sechzig Tagen stattfinden.

Art. 22. Die Wahlperiode des neuen Landtages beginnt, falls der alte Landtag aufgelöst worden ist, mit dem Tage der Neuwahl, im übrigen mit dem Ablaufe der Wahlperiode des alten Landtags.

Art. 23. Der Landtag tritt am Sitze der Landesregierung zusammen. Er versammelt sich kraft eigenen Rechts spätestens am 20. Tage nach der Neuwahl, wenn er nicht früher vom alten Landtagspräsidenten einberufen wird, im übrigen durch eigenen Beschluß.

Art. 24. Der Landtag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und die übrigen Mitglieder seines Präsidiums.

Art. 25. Zwischen zwei Tagungen sowie bis zum Zusammentritt eines neu gewählten Landtages führen der Präsident und die stellvertretenden Präsidenten der letzten Tagung ihre Geschäfte fort.

Art. 26. Der Landtagspräsident vertritt das Land in allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten seiner Verwaltung.

Art. 27. Der Landtag ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend ist.

Art. 28. Der Landtag faßt, sofern die Verfassung nichts anderes bestimmt, seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit.

Art. 29. Die Vollsitzungen des Landtages sind öffentlich. Auf Antrag von einem Fünftel der Abgeordneten kann der Landtag die Öffentlichkeit für einzelne Gegenstände der Tagesordnung ausschließen. Über den Antrag wird in nicht öffentlicher Sitzung verhandelt.

Art. 30. Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Diese Ausschüsse erheben in öffentlicher Verhandlung die Beweise, die sie oder die Antragsteller für erforderlich erachten. Sie können die Öffentlichkeit ausschließen. Die Geschäftsordnung regelt ihr Verfahren und bestimmt die Zahl ihrer Mitglieder.

Die Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse auf Beweiserhebungen nachzukommen. Die Akten der Behörden sind ihnen auf Verlangen vorzulegen.

Für die Beweiserhebungen der Ausschüsse und der von ihnen ersuchten Behörden gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung sinngemäß. Das Postgeheimnis bleibt unberührt.

Art. 31. Der Landtag kann an ihn gerichtete Eingaben der Landesregierung überweisen und von dieser Auskunft über eingegangene Bitten und Beschwerden verlangen.

Art. 32. Die Landesregierung hat die Gesetze und Verordnungen dem Landtage zur Beschlußfassung vorzulegen. Er beschließt auch über die Gesetze und Verordnungen, die aus seiner Mitte vorgelegt werden. Der Landtag gibt sich seine Geschäftsordnung im Rahmen dieser Verfassung.

Art. 33. Der Landtag und jeder seiner Ausschüsse können die Anwesenheit jedes Mitgliedes der Landesregierung verlangen und von ihnen Auskünfte fordern. Die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten haben an den Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse Zutritt. Sie können jederzeit auch außerhalb der Tagesordnung das Wort ergreifen. Sie unterstehen der Ordnungsgewalt des Vorsitzenden.

Art. 34. Kein Mitglied des Landtages kann ohne dessen Genehmigung während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, daß das Mitglied bei Ausübung der Tat oder spätestens im Laufe des folgenden Tages festgenommen ist.

Die gleiche Genehmigung ist bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit erforderlich, die die Tätigkeit des Abgeordneten beeinträchtigt.

Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied des Landtags und jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit wird auf Verlangen des Landtags, dem der Abgeordnete angehört, für die Dauer der Wahlperiode aufgehoben.

Art. 35. Kein Mitglied des Landtags darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seiner Tätigkeit gemachten Äußerungen gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden

Art. 36. Die Mitglieder des Landtags sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete Tatsachen anvertrauen oder denen sie in Ausübung ihrer Tätigkeit als Abgeordnete solche anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Auch in Beziehung auf Beschlagnahme von Schriftstücken stehen sie den Personen gleich, die ein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht haben. Eine Durchsuchung oder Beschlagnahme darf in den Räumen des Landtags nur mit Zustimmung des Präsidenten vorgenommen werden.

Art. 37. Die Mitglieder des Landtags erhalten eine steuerfreie Aufwandsentschädigung in einer durch die Landesgesetzgebung zu bestimmenden Höhe. Auf Aufwandsentschädigung darf nicht verzichtet werden. Außerdem erhalten die Abgeordneten freie Fahrt auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

5. Abschnitt: Die Landesregierung

Art. 38. Die Landesregierung besteht aus dem Präsidenten und den Ministern. Der Ministerpräsident wird vom Landtage nach dem Prinzip der absoluten Mehrheit ohne Aussprache gewählt. Kommt keine absolute Mehrheit zustande, so erfolgt Stichwahl unter den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen. Der Ministerpräsident ernennt die übrigen Minister, die der Bestätigung durch den Landtag bedürfen.

Der ständige Vertreter des Ministerpräsidenten wird für die Dauer der Amtsperiode von ihm selbst bestimmt.

Art. 39. Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik und ist dafür dem Landtage verantwortlich. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Minister den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag.

Art. 40. Der Ministerpräsident führt den Vorsitz in der Landesregierung und leitet ihre Geschäfte.

Die Landesregierung beschließt über die Zuständigkeit der einzelnen Minister, soweit hierfür nicht gesetzliche Bestimmungen getroffen sind. Die Beschlüsse sind unverzüglich dem Landtage vorzulegen und auf sein Verlangen zu ändern oder außer Kraft zu setzen.

Meinungsverschiedenheiten über Fragen, die den Geschäftsbereich mehrerer Minister berühren, sind der Landesregierung zur Beratung und Beschlußfassung zu unterbreiten.

Art. 41. Die Landesregierung vertritt das Land nach außen.

Art. 42. Die Landesregierung erläßt die Verordnungen zur Ausführung der Gesetze, soweit das Gesetz diese Aufgabe nicht einzelnen Ministern zuweist. Die Verordnungen sind dem Landtage zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 43. Ministerpräsident und Minister leisten beim Amtsantritt den Eid, daß sie ihre Geschäfte unparteiisch, zum Wohle des Volkes und getreu der Verfassung und den Gesetzen führen wollen.

Art. 44. Jeder Minister kann jederzeit von seinem Amt zurücktreten. Tritt die Landesregierung in ihrer Gesamtheit zurück, so führen die zurückgetretenen Minister die laufenden Geschäfte bis zu deren Übernahme durch die neuen Minister weiter.

Art. 45. Der Ministerpräsident und jeder einzelne Minister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Landtags. Der Landtag kann jedem von ihnen durch ausdrücklichen Beschluß mit einfacher Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl das Vertrauen entziehen. Der Beschluß ist nicht zulässig, wenn ein rechtswirksames Volksbegehren vorliegt, den Landtag aufzulösen. Der Antrag auf Herbeiführung eines solchen Beschlusses muß von mindestens einem Fünftel der Abgeordneten unterzeichnet sein. Über den Antrag darf frühestens am zweiten Tage nach seiner Besprechung abgestimmt werden. Er muß binnen vierzehn Tagen nach seiner Einbringung zur Erledigung kommen.

Über die Vertrauensfrage muß namentlich abgestimmt werden.

6. Abschnitt: Die Gesetzgebung

Art. 46. Die der Staatsgewalt gesetzten Schranken (Art. 2) gelten auch für den Gesetzgeber.

Art. 47. Gesetzesvorlagen durchlaufen den Landtag in zwei Lesungen. Ein Gesetz ist beschlossen, wenn mehr als die Hälfte der Anwesenden eines beschlußfähigen Hauses zustimmt.

Die Verkündung verfassungsmäßig zustande kommender Gesetze erfolgt im amtlichen Verkündungsblatt des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ein Gesetz ist verbindlich, wenn es verfassungsmäßig zustande gekommen und von der Landesregierung in der vorgeschriebenen Form verkündet worden ist. Bei der Verkündung muß ausgesprochen sein, daß das Gesetz vom Landtag oder durch Volksentscheid beschlossen worden ist. Wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, tritt es mit dem vierzehnten Tag nach Ausgabe des die Verkündung enthaltenen Stückes des Verkündungsblattes in Kraft.

Die Gesetze sind binnen Monatsfrist zu verkünden.

Art. 48. Ordnungsgemäß verkündete Gesetze sind für alle Richter bindend und von ihnen auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin nicht zu prüfen.

Strafgesetze dürfen nicht mit rückwirkender Kraft erlassen werden.

7. Abschnitt: Rechtspflege

Art. 49. Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Art. 50. Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird nach Maßgabe der Gesetze durch rechtsgelehrte Berufsrichter und durch Laienrichter im Sinne sozialer Gerechtigkeit ausgeübt.

Art. 51. Die Richter werden durch einen Ausschuß gewählt, dem Mitglieder des Landtags und der Gerichte angehören müssen. Die Zusammensetzung des Ausschusses und das Wahlverfahren werden durch Gesetz bestimmt. Die rechtsgelehrten Berufsrichter werden auf Lebenszeit bestellt.

Die Richter können kraft richterlicher Entscheidung aus den Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, sowie durch einen Beschluß des Landtags, der mit Zweidrittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt sein muß, dauernd oder teilweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden.

Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung die Richter in den Ruhestand treten.

Die vorläufige Amtsenthebung, die kraft des Gesetzes eintritt, wird hierdurch nicht berührt.

Bei einer Veränderung in der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke kann die Landesjustizverwaltung unfreiwillige Versetzungen an ein anderes Gericht oder Entfernung vom Amte, jedoch nur unter Belassung des vorherigen Gehalts, verfügen.

Auf Schöffen und Geschworene finden diese Bestimmungen keine Anwendung.

Art. 52. Die Laienrichter wirken nur bei der Rechtsprechung der Kollegialgerichte nach Maßgabe des hierüber zu erlassenden Gesetzes, jedoch nicht bei der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts in der Revisionsinstanz mit.

Art. 53. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sind unstatthaft.

Art. 54. Die Mitglieder des Oberlandesgerichts, die Landgerichtspräsidenten, die Landgerichtsdirektoren, der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht und die Oberstaatsanwälte bei den Landgerichten müssen die Fähigkeit zum Richteramt durch Ablegung der großen Staatsprüfung erworben haben.

Art. 55. Die Ernennung sämtlicher Richter und Staatsanwälte erfolgt durch den Ministerpräsidenten.

Art. 56. Zum Schutz der einzelnen gegen Anordnungen und Verfügungen der Verwaltungsbehörden werden Verwaltungsgerichte nach Maßgabe eines Gesetzes eingerichtet.

Art. 57. Die Landesregierung übt namens des Volkes das Recht der Begnadigung aus; sie ist berechtigt, das Begnadigungsrecht weiter zu übertragen.

Allgemeine Straferlasse und die Niederschlagung einer bestimmten Art gerichtlich anhängiger Strafverfahren oder einer einzelnen gerichtlich anhängigen Strafsache dürfen nur auf Grund eines Gesetzes ausgesprochen werden.

8. Abschnitt: Der Staatshaushalt

Art. 58. Der Landtag sorgt durch Bewilligung der erforderlichen laufenden Mittel für die Deckung des Staatsbedarfs.

Alle Einnahmen und Ausgaben des Landes müssen für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingestellt werden. Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Rechnungsjahres durch ein Gesetz festgestellt.

Art. 59. Im Wege des Kredits dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu wirtschaftlich werbenden Zwecken beschafft werden. Eine solche Beschaffung sowie die Übernahme einer Sicherheitsleistung zu Lasten des Staates dürfen nur durch Gesetz erfolgen.

Art. 60. Beschlüsse des Landtages, welche Mehrausgaben außerhalb des Haushaltsplanes in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen, müssen zugleich bestimmen, wie diese Mehrausgaben gedeckt werden.

Art. 61. Zu Haushaltsüberschreitungen und außerplanmäßigen Ausgaben ist die nachträgliche Genehmigung des Landtags erforderlich, die im Laufe des nächsten Rechnungsjahres eingeholt werden muß.

Art. 62. Die Rechnungen über den Haushaltsplan werden von dem Landesrechnungshof geprüft, der unabhängig von der Landesregierung nur dem Landtag verantwortlich ist. Auf Grund des Berichts des Landesrechnungshofes über den Haushaltsplan erteilt der Landtag der Landesregierung Entlastung.

9. Abschnitt: Die kommunale Selbstverwaltung

Art. 63. Die Selbstverwaltung wird den Gemeinden und Kreisen gewährleistet. Das Nähere bestimmen die Gesetze.

10. Abschnitt: Schutz der Verfassung

Art. 64. Soweit Änderungen dieser Verfassung zugelassen sind, bedürfen derartige Beschlüsse einer Zweidrittel-Mehrheit der Anwesenden sowie mindestens der Hälfte der gesetzlichen Mitglieder im Landtag.

Art. 65. Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dieser Verfassung ergeben, werden vom Staatsgerichtshof in Schwerin entschieden Der Staatsgerichtshof setzt sich für derartige Streitigkeiten aus einem vom Landtage zu wählenden Präsidenten und vier ebenfalls vom Landtage, und zwar für dessen Wahlperiode zu wählenden Beisitzern zusammen, die jedoch nicht dem Landtag angehören dürfen. Der Präsident und zwei der Beisitzer müssen die zweite juristische Prüfung abgelegt haben. Der Präsident wird hauptamtlich auf Lebenszeit bestellt.

11. Abschnitt: Schluß- und Übergangsbestimmungen

Art. 66. Recht eines künftigen deutschen Gesamtstaates hebt entgegenstehende Bestimmungen dieser Verfassung sowie sonstiges Landesrecht auf.

Art. 67. Die Annahme dieser Verfassung bedarf einer Zweidrittelmehrheit des Landtages. Diese Verfassung tritt am Tage nach ihrer Verkündung im amtlichen Verkündungsblatt des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Kraft.

Landtagsfraktion der Christlich-Demokratischen Union


Quellen: Gerhard Brass, Die Entstehung der Länderverfassungen in der SBZ 1946/47, Verlag Wissenschaft und Politik 1987
© 8. November 2004
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