Edict über die staatsrechtlichen Verhältnisse der vormals Reichsständischen Fürsten, Grafen und Herren betreffend

(IV. Beilage zur Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818, Titel V. § 2)

geändert und ergänzt durch
Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend
Gesetz vom 4. Juni 1848, die Ablösung des Lehensverbandes betreffend
Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung des Jagdrechtes auf fremden Grund und Boden
Art. 2 des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die Grundlagen der Gesetzgebung über die Gerichtsorganisation betreffend
Art. 76 des Gesetzes vom 10. November 1861, die Gerichtsverfassung betreffend
§ 7 des Einführungsgesetzes zum Reichs-Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877

soweit ab 1871 Reichsrecht dem Landesrecht (einschließlich des Verfassungsrechts) widersprach, ging das Reichsrecht vor

I. Von den persönlichen Vorzügen, allgemeinen Rechten und Verbindlichkeiten der vormaligen Reichsständischen Fürsten Grafen und Herren betreffend

§ 1. Die mittelbar gewordenen ehemals Reichsständischen fürstlichen und gräflichen Häuser behalten die Ebenbürtigkeit in dem bisher damit verbundenen Begriffe, und gehören zum hohen Adel.

§ 2. Sie behalten den Titel, den sie früher geführt haben, jedoch mit Weglassung aller auf ihre vormaligen Reichsständischen Verhältniße sich beziehenden Beysätze und Würden.

Sie benennen sich demnach von ihren ursprünglichen Stammgütern und Herrschaften. Der Erstgebohrene, welcher im Besitze derselben sich befindet, nennt sich zur Unterscheidung von den Nachgebohrnen in öffentlichen Schriften und Handlungen, die nicht an den Souverain oder an die Königlichen Behörden gerichtet werden, Fürst und Herr, auch Graf und Herr, mit dem Prädicate "Wir", wogegen sich die Nachgebohrnen nur des Titels eines Fürsten oder eines Grafen zu bedienen haben.

§ 3. Denselben wird ein ihrer Ebenbürtigkeit angemessenes Canzley-Ceremoniel ertheilt. In den Ausfertigungen der Königlichen Stellen wird im Contexte den Fürsten das Prädicat "der durchlauchtig hochgebohrene Herr Fürst"; und den Grafen "der hochgebohrene Herr Graf" gegeben werden. In ihren Schriften, die entweder an den Souverain, an die Königlichen Staats-Ministerien, oder an die übrigen höhern Landesstellen gerichtet sind, müssen sie nach dem bis jetzt bestehenden Kanzley-Ceremoniel sich achten.

§ 4. In allen Städten, Märkten und Dörfern, welche den standesherrlichen Häusern gehören, soll das Kirchengebet nach dem Souverain, auch für das Haupt des Hauses und für dessen Familie verrichtet werden.

Auf gleiche Weise wird hinsichtlich der Trauerfeyerlichkeiten gestattet, daß das Trauer-Geläute für den Herrn, seine Gemahlin, und für seinen nächsten Nachfolger drey Wochen, für einen Nachgebohrnen aber vierzehn Tage lang von dem Leichenbegängnisse an beobachtet werde; daß die standesherrlichen Stellen und Beamten eine Trauer von sechs Wochen anlegen, und daß alle öffentlichen Lustbarkeiten in den standesherrlichen Gebieten bis nach Beendigung der Exequien eingestellt werden.

§ 5. Den Standesherren steht für ihre Personen und für ihre Familien die unbeschränkte Freyheit zu, in einem jeden zum deutschen Bunde gehörigen, oder mit demselben im Friedensstande befindlichen Staate ihren Aufenthalt zu wählen, und eben so in die Dienste desselben zu treten. Diejenigen, welche sich entweder in Königlichen Diensten befinden, oder aus Königlichen Staats-Kassen eine Pension beziehen, haben sich nach den desfallsigen Verordnungen zu verhalten.

§ 6. In allen sie betreffenden Real- und Personal-Klagen haben sie einen privilegirten Gerichtsstand in erster Instanz bey dem einschlägigen Appellations-Gerichte, in zweyter und letzter Instanz bey dem Königlichen Ober-Appellations-Gerichte. Sollten bey einem der standesherrlichen Häuser durch Familien-Verträge besondere Austrägal-Gerichte eingeführt seyn, so wird der Souverain dieselben näher untersuchen lassen, und wegen ihrer Bestätigung besondere Entschließung ertheilen.

Durch Art. 2 des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die Grundlagen der Gesetzgebung über die Gerichtsorganisation betreffend und Art. 76 des Gesetzes vom 10. November 1861, die Gerichtsverfassung betreffend wurde der § 6 faktisch aufgehoben; durch § 7 des Einführungsgesetzes zum Reichs-Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 waren auch die Austrägal-Gerichte (Streitschlichtungsgerichte) nicht mehr möglich.

§ 7. Verlassenschafts-Verhandlungen, welche Mitglieder der Familie betreffen, kann das Haupt des Hauses durch seine Kanzley vornehmen und erledigen lassen, so lange kein Rechtsstreit darüber entsteht, in welchem Falle sie an das einschlägige Appellations-Gericht zum geeigneten rechtlichen Verfahren angeliefert werden müssen.

siehe Art. 14 der deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815; die Verhandlungen über Verlassenschaften der Familienglieder durch die Domänenkanzleien waren weiterhin gestattet durch den auch nach 1871/79 fortgeltenden Art. 76 Abs. 3 des Gesetzes vom 10. November 1861, die Gerichtsverfassung betreffend und das Reichsgesetz vom 17. Mai 1898 über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, solange kein Rechtsstreit darüber entstand; siehe auch das Gesetz vom 29. April 1869, die fürstl. Thurn- und Taxis'schen Civilgerichte in Regensburg betreffend, das gemäß Art. 106 des Gesetzes vom 9. Juni 1899, die Uebergangsvorschriften zum Bürgerlichen Gesetzbuche betreffend auch nur mehr für freiwillige Gerichtsbarkeit über Familienmitglieder galt.

§ 8. In peinlichen Fällen, mit Ausnahme der Militaire- und der im Königlichen Civil-Staats-Dienste begangenen Verbrechen, genießen die Standesherren das Recht, durch ein Gericht von Ebenbürtigen oder durch Richter ihres Standes gerichtet zu werden.

Die Untersuchung führt das einschlägige Appellations-Gericht durch Commissarien, unter der Leitung eines Vorstandes nach den Vorschriften des Straf-Gesetzbuches.

Diese Commission hat daher alle Zuständigkeit eines Untersuchungs-Gerichtes, und erkennt auch in kürzester Zeit über die Statthaftigkeit einer provisorischen Verhaftung, welche Unterbehörden mittelst Bewachung des Angeschuldeten an einem anständigen Orte vorzunehmen sich gesetzlich veranlaßt finden.

Das Standes-Gericht wird vom Könige in der Residenzstadt angeordnet, und nach den Bestimmungen des Straf-Gesetzbuches aus sechs oder acht Richtern gleichen Standes mit dem Angeschuldigten zusammen gesetzt. In Ermangelung der erforderlichen Anzahl von Ebenbürtigen wird das Gericht aus den Reichsräthen ergänzt. Den Vorsitz und die Leitung hat in erster Instanz ein Präsident des Ober-Appellations-Gerichts, und in der zweyten der Staats-Minister der Justiz, inseiner Eigenschaft als Großrichter.

Zwey Ober-Appellations-Gerichtsräthe werden in beyden Instanzen zu Re- und Correferenten ernannt, welche jedoch nur eine berathende Stimme haben. Der erste geheime Secretaire des Staats-Ministeriums der Justiz führt das Protocoll.

Die Untersuchungs-Commission schickt die Acten sowohl nach geschlossener General-Untersuchung, als nach vollständig mit Beobachtung des Vertheidigungs-Verfahrens beendigter Special-Inquisition, wenn darauf erkannt worden, an den König, welcher dann das Gericht zusammen beruft.

Das von den Gerichts-Beysitzern geschöpfte Erkenntniß wird dem Könige mit dem Gutachten über die vielleicht vorhandenen Begnadigungs-Gründe, wesfalls die Anträge der Referenten zu vernehmen sind, vorgelegt. - Erfolgt keine Begnadigung, so wird das Urtheil in gesetzlicher Art durch das damit beauftragte Appellations-Gericht zum Vollzug gebracht.

Die Güter des Verurtheilten dürfen in keinem Fall confiscirt, sondern können nur während seiner Lebenszeit sequestrirt werden.

Dieses privilegirte außerordentliche Gericht kömmt allein den Häuptern der standesherrlichen Häuser zu. Die übrigen Mitglieder dieser Familien sind in peinlichen Sachen dem gewöhnlichen privilegirten Gerichtsstande unterworfen.

In Civil-Strafrechtssachen ist das treffende Appellations-Gericht die untersuchende und zugleich erkennende Behörde erster Instanz; für Berufungen aber das Ober-Appellations-Gericht die zweite Instanz.

Durch Art. 2 des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die Grundlagen der Gesetzgebung über die Gerichtsorganisation betreffend und Art. 76 des Gesetzes vom 10. November 1861, die Gerichtsverfassung betreffend wurde der § 8 faktisch aufgehoben.

§ 9. Ihre nach den Grundsätzen der frühern deutschen Verfassungen noch bestehenden Familien-Verträge bleiben aufrecht erhalten, und sie haben die Befugniß über ihre Güter und Familien-Verhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen, welche dem Souverain vorgelegt werden müssen, worauf sie so weit sie nichts gegen die Verfassung enthalten, durch die obersten Landesstellen zur allgemeinen Kenntniß und Nachachtung gebracht werden.

anerkannt durch Art. 58 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18. August 1896 und § 189 des Reichsgesetzes vom 17. Mai 1898 über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 10. Die Vormundschaften der standesherrlichen Familien-Glieder können von dem Haupte des Hauses bestellt werden. Ist dasselbe dabey betheiligt, und ein Vormund oder Curator von Obrigkeitswegen aufzustellen, so geschieht dieses durch das Appellations-Gericht des eischlägigen Regierungs-Bezirkes mit Vorbehalt des Recurses an das Ober-Appellations-Gericht.

Die Ober-Aufsicht über standesherrliche Vormundschafts-Sachen wird dem Königlichen Staats-Ministerium der Justiz vorbehalten, welches zu diesem Ende von der getroffenen Anordnung einer Vormundschaft in Kenntniß zu setzen ist.

anerkannt durch Art. 76 Abs. 3 des gesetzes, vom 10. November 1861, die Gerichtsverfassung betreffend, Art. 81 des Ausführungsgesetzes vom Reichs-Gerichtsverfassungsgesetzes vom 23. Februar 1879, Art. 58 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18. August 1896 und § 189 des Reichsgesetzes vom 17. Mai 1898 über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 11. Die Standesherren genießen für sich und ihre Familien die Befreyung von aller Militaire-Pflichtigkeit.

Durch § 1 des Reichsgesetzes vom 9. November 1868, die Verpflichtung zum Kriegsdienst betreffend, in Bayern eingeführt durch Reichsgesetz vom 24. November 1871, wurde der § 11 faktisch aufgehoben.

§ 12. In den Schlößern, welche sie bewohnen, sollen sie, außer dem Nothfalle, von der Einquartierung der Königlichen Truppen befreyt seyn.

Durch § 4 Abs. 2 Ziff. 1 des Reichsgesetzes vom 25. Juni 1868, die Quartierleistung für die bewafnete Macht im Friedensstande betreffend, in Bayern eingeführt durch Reichsgesetz vom 24. November 1871, wurde der § 12 faktisch aufgehoben.

§ 13. Ihnen ist gestattet, eine Ehrenwache aus Eingebohrnen, welche dem Souverain den Huldigungs-Eid geleistet haben, und nicht in den Jahren der Militaire-Pflichtigkeit sind, in den Schlößern ihres Wohnsitzes zu halten.

§ 14. Die Standesherren sind berechtigt, von ihren Beamten einen Dienstes-Eid sich leisten zu lassen, auch die in ihrem Gebiete ansäßigen Unterthanen auf Gehorsam und Erfüllung der denselben gegen ihren Standesherrn obliegenden Verbindlichkeiten zu verpflichten, vorbehaltlich der Unterthans-Treue und des Gehorsams gegen den König und die Gesetze des Reichs.

Durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurden im § 14 die Worte ", auch die in ihrem Gebiete ansäßigen Unterthanen auf Gehrosam und Erfüllung der denselben gegen ihren Standesherren obliegenden Verbindlichkeiten zu verpflichten, vorbehaltlich der Unterthans-Treue und des Gehorsams gegen den König und die Gesetze des Reiches" faktisch aufgehoben; ab diesem Zeitpunkt hatten die Standesherren keine Untertanen mehr, sondern nur noch Ehrenrechte gegenüber den Einwohnern ihrer Besitzungen.

§ 15. Die Standesherren sind befugt, jene Angelegenheiten an die Regierungen auswärtiger Staaten zu bringen, welche sie mit denselben rücksichtlich ihrer darin befindlichen Besitzungen und allenfallsigen Lehen und Dienstes-Verhältnisse zu verhandeln haben.

Sie dürfen jedoch nicht Agenten mit diplomatischen Character abordnen.

§ 16. Sie können besondere Anordnungen und Verfügungen über Gegenstände erlassen, welche die Verwaltung ihrer standesherrlichen und Eigenthums-Recht betreffen. Diese dürfen aber den allgemeinen Gesetzen nicht entgegen seyn; auch sollen die Formen der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Anstalten mit den in den übrigen Theilen der Monarchie eingeführten in Uebereinstimmung gebracht werden.

Durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der § 16 teilweise faktisch aufgehoben.

§ 17. Ihnen ist gestattet, außer dem im ganzen Königreiche nach der bestehenden Verordnung zu haltenden Königlichen Gesetz- und Allgemeinen Intelligenz-Blatt auch besondere Wochen-Blätter für ihre Gebiete einzuführen.

Durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der § 17 faktisch aufgehoben.

II. Rechtspflege

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848 (GBl. S. 61), die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der Abschnitt II. samt den §§ 18 bis 25 faktisch aufgehoben; siehe hierzu auch das Gesetz vom 28. Dezember 1831 über die Rechtsverhältnisse der auf die Gerichtsbarkeit freiwillig verzichtenden Standes- und Gutsherren.

§ 18. In den standesherrlichen Gerichts-Bezirken wird nach den bestehenden Gesetzen Recht gesprochen.

§ 19. Die Verwaltung der Civil-Gerichtsbarkeit, der willkührlichen, so wie der streitigen in erster Instanz, geschieht durch Behörden, welche mit den Königlichen Stadt- und Landgerichten gleiche Zuständigkeit haben, und Stadt- und Herrschafts-Gerichte heißen sollen.

In strafrechtlichen Fällen stehet denselben mehr nicht als die Untersuchung zu. Die geschloßenen Acten werden an das einschlägige Strafgericht zur Schöpfung des Urtheils eingesendet.

§ 20. Die  hergebrachte mittlere und Straf-Gerichtsbarkeit der Standesherren kann nur durch ein förmlich constituirtes, aus gesetzmäßig befähigten und verordnungsmäßig besoldeten Mitgliedern, in vorgeschriebener Anzahl zusammengesetzes Collegium unter dem Nahmen Justiz-Canzley verwaltet werden. Die Berufung in letzter Instanz geht hievon in Civil-Strafrechts-Sache  an das Appellations-Gericht des einschlägigen Regierungs-Bezirkes; bey Criminal-Fällen hingegen, so wie in Civil-Sachen an das Königliche Ober-Appellations-Gericht.

§ 21. Die für die Justiz-Verwaltung in der mittlern Instanz angestellten Individuen, müssen nach Berichtigung des Qualifications-Punktes bey dem Königlichen Ober-Appellations-Gerichte durch den Weg des Staats-Ministeriums der Justiz die Genehmigung erhalten.

§ 22. Die Subalternen in den Canzleyen und die Justiz-Beamten werden von den Standesherren ohne besondere Bestätigung ernannt. Jedoch hat

§ 23. Die Justiz-Canzley, oder in deren Ermangelung der einschlägige Appellations-Gericht haben bey der Verpflichtung und Einweisung solcher Subjecte die Beweise über die zu ihren Stellen erforderliche Qualification zu den Acten zu bringen, und nicht nur jägrlich dem Ober-Appellations-Gerichte eine Liste darüber vorzulegen, sondern auch so viel diese Justiz-Beamten betrifft, jedesmal deren Ernennung mit den Qualifications-Beweisen eben diesem abersten Gerichtshofe anzuzeigen.

§ 24. Die standesherrlichen Justiz-Stellen sind der Oberaufsicht des Ober-Appellations-Gerichts unterworfen, dem es zusteht, von den Acten derselben Einsicht zu nehmen, und mit Genehmigung des Staatsministeriums der Justiz auf vorgängig dahin erstatteten Bericht, Visitationen anzuordnen, insbesondere den Zustand des Pupillen- so wie des Hypotheken- und Depositen-Wesens untersuchen zu lassen.

§ 25. Den Standesherren ist zwar gestattet, von der Verwaltung der Justiz im Allgemeinen, insbesondere von dem Zustande des Vormundschafts- Depositen, und Hypotheken-Wesens Einsicht zu nehmen, um die Abstellung der befundenen Mängel veranlassen zu können; jedoch dürfen sich dieselben in die Recht-Entscheidungen ihrer Gerichtsstellen keineswegs einmischen. Das Begnadigungs-Recht steht allein dem Souverän zu.

III. Policey-Verwaltung

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848 (GBl. S. 61), die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der Abschnitt III. samt den §§ 26 bis 42 faktisch aufgehoben.

§ 26. Den Standesherren kömmt in ihren Gebieten die untere Policey zu, welche sie durch ihre einschlägige Beamten nach den Gesetzen des Königreiches ausüben.

Zu ihrem unmittelbaren Wirkungs-Kreise gehören hiernach: die Gegenstände der Kirchlichen Polizey, der Bildung und des Unterrichts, der öffentlichen Sicherheit, der Gesundheits-Policey; die Aufsicht über die Verwaltung des Gemeinde-Gutes, die Bestätigung der Gemeinde-Vorsteher und Communal-Beamten, die Aufsicht und die Vollziehung der Anordnungen über Straßen-, Brücken- und Wasser-Bau, die unmittelbare Aufsicht und Vollziehung der Gesetze und Verordnungen, die Landes-Cultur, den Handel und das Zunftwesen betreffend; die Verleihung der Gewerbs-Gerechtigkeiten, mit Ausnahme der Fabriken, Bräuereyen, Buchdruckereyen und Buchhandlungen; die Forst- und Jagd-Policey, so wie die Forst-Gerichtsbarkeit, sowohl in den standesherrlichen Waldungen, als auch in dem ganzen Umfange ihres Gebietes; das Conseriptions- und Marschwesen, so wie andere Militaire-Angelegenheiten, so weit diese zum Geschäftskreise der untern Policey-Behörden gehören: überhaupt die Local- und Districts-Policey über ihre Mediat-Unterthanen.

§ 27. Sie haben nebstdem die Aufnahme neuer Unterthanen Christlicher Glaubens-Confessionen, und Juden, jedoch müssen sie hiebey nach den Gesetzen sich richten.

§ 28. Sie können zur Handhabung der Sicherheit und Policey in ihren Gebieten eigene Policey-Wachen anordnen, jedoch mit Berücksichtigung der für das ganze Königreich eingeführten allgemeinen Sicherheits-Anstalten und unter Beobachtung der darüber bestehenden Verordnung.

§ 29. Dem unmittelbaren Wirkungs-Kreise der Königlichen Regierung des Bezirkes, in welchem die standesherrlichen Gebiete gelegen sind, bleiben vorbehalten:
1. die Aufsicht auf die Landes-Grenzen, und Bewahrung der Landesherrlichen Gerechtsame gegen benachbarte Staaten;
2. alle Gegenstände, welche das Verhältniß des Königreichs zu benachbarten Staaten betreffen;
3. die Bewahrung und Handhabung der Landes-Verfassung und der Souverainitäts-Rechte;
4. die Bewahrung und Vertretung der Majestäts-Rechte in Beziehung auf die Kirchen aller Confessionen, so wie die Aufrechthaltung des hierüber erlassenen Religions-Edicts;
5. die Leitung aller Gegenstände, welche die Militaire-Conseription, die Landes-Bewaffnung und die Landwehr betreffen, so wie die Bescheidung der Reclamationen in Conseriptions-Sachen;
6. die Leitung der Marsch-, Vorspanns- und Einquartierungs-Angelegenheiten, dann die Einleitung zur Vertheilung und Ausgleichung der Kriegs-Lasten, so wie die Bescheidung der Beschwerden über die Repartition der Lasten und der Entschädigungs-Forderungen;
7. die Bezirks-Concurrenz-Sachen;
8. die Anlegung und Erhaltung der Heerstraßen, Brücken und Fluß-Bauten;
9. Auswanderungen der Unterthanen;
10. die Sicherheits-Policey, in so weit sie sich auf allgemeine Anstalten bezieht;
11. Gegenstände der Brand-Assecuranz;
12. alle öffentlichen Anstalten des Kreises, an welchen die Mediat-Gebiete Antheil nehmen;
13. die Concurs-Prüfungen für den Staatsdienst, einschließlich der Aerzte, Wundärzte und Hebammen, und die Bescheinigung ihrer Befähigung zur Ausübung ihres Amtes;
14. die Bewilligung von Getreide- und Jahrmärkten.

§ 30. In den oben bezeichneten, so wie in allen analogen Gegenständen, ist die einschlägige Königliche Bezirks-Regierung die unmittelbare oberste Behörde des Mediat-Gebietes, und erläßt in Beziehung auf dieselbe unmittelbare Weisungen an die standesherrlichen Behörden.

§ 31. Die Standesherren übern die nach §§ 26, 27 und 28 ihnen zustehenden Rechte durch ihre Policey-Behörden und respective Herrschafts-Gerichte aus; sie sind befugt, ihre Beamten mit Bericht zu vernehmen und Entschließungen darauf zu ertheilen, welche jedoch nach den Vorschriften und in dem Geiste der allgemeinen Landes-Gesetze verfaßt seyn müßen.

In die Entscheidung der contentiosen Gegenstände, welche zur Competenz ihre Gerichte gehören, dürfen sie sich nicht einmischen.

§ 32. Ihre Gerichte stehen in Beziehung auf ihren policeylichen Wirkungskreis in einem gleichen Verhältniße mit den Königlichen Landgerichten.

§ 33. Diejenigen Standesherren, welche ein geschloßenes Gebiet von 14 bis 20tausend Seelen besitzen, können - so wie für die Gegenstände der Justiz - auch für die Gegenstände der Policey eine zweyte Instanz in einem für Beyde vereinigten Collegium bilden, welches den Nahmen : "Regierungs- und Justiz-Canzley" führt.

§ 34. Diese Regierungs-Canzley verwaltet in dem standesherrlichen Gebiete die Policey in allgen Gegenständen, welche zum Wirkungskreise der Königlichen Regierung gehören, und Dieser nicht nach § 29 besonders vorbehalten sind.

§ 35. Dieselbe ertheilt den standesherrlichen Unter-Behörden Weisungen, empfängt von ihnen in der Eigenschaft einer unmittelbar vorgesetzten Stelle ausschließend Bericht. - Sie führt die Aufsicht auf das untergeordnete Policey-Personal, übt alle Befugnisse der Disciplin aus, und verfügt die nöthigen Amts-Untersuchungen. Sie entscheidet als zweyte Instanz in streitigen administrativen Gegenständen, mit Vorbehalt des Recurses an die Königliche Staatsraths-Commission.

§ 36. Der Standesherr kann sich von dieser Canzley in Beziehung auf Policey-Gegenstände Bericht und Antrag erstatten lassen.

§ 37. In den standesherrlichen Gebieten, in welchen für die Policey ein auf die bemerkte Art angeordnetes Collegium als zweyte Instanz besteht, erläßt die Königliche Regierung ihre Befehle, und Weisungen unmittelbar an diese Behörde, welche dieselben sodann durch ihre Unterbehörden vollziehen zu lassen verbunden ist.

Die Königlichen Regierung darf keine unmittelbaren Befehle den Mediat-Unterbehörden ertheilen, sondern muß diese allezeit an die Mediat-Canzley richten, welche hiernach das Geeignete an die Local-Beamten erläßt, die in der Regel auch nur an die Mediat-Canzley ihre Berichte zu erstatten haben.

§ 38. In Gegenständen, welche nicht dem unmittelbaren Wirkungs-Kreise der Königlichen Bezirks-Regierung (§ 29) vorbehalten sind, steht dieser die Aufsicht auf die Policey-Verwaltung der standesherrlicehn Regierungs-Kanzley, nicht aber eine unmittelbare Einwirkung zu. In Gemäßheit dieser aufsehenden gewalt wachet dieselbe über die genaue Beobachtung der Königlichen Gesetze und Verordnungen; der Präsident kann deßhalb von Zeit zu Zeit Visitationen vornehmen. Die wahrgenommenen Gebrechen sind dem Staats-Ministerium des Innern sogleich anzuzeigen; auch ist die Regierung ermächtiget, bei Ueberschreitungen der Königlichen Gesetze in eilenden Fällen Instand zu verfügen, und, wenn sie es nothwendig findet, die den eingetretenen Verhältnißen angemessenen Anordnungen provisorisch zu treffen.

§ 39. Wenn in einem standesherrlichen Gebiete für die Verewaltung der Policey kein besonderes Collegium als zweyte Instanz angeordnet ist, so sind die Mediat-Unterbehörden, vorbehaltlich der den Mediat-Herren über dieselben nach § 31 zustehenden Befugnisse, der Königlichen Regierung unmittelbar untergeben.

§ 40. Die standesherrlichen Mediat-Collegien berichten an die Königliche Regierung in der vorgeschriebenen Form mit der Unterschrift

"gehorsamste Regierung-(Justiz-)Canzley."

Die Königliche Regierung erläßt zwar ihre Ausfertigungen in der gegen die untergeordneten Behörden vorgeschriebenen Form in einer befehlenden Schreibart, jedoch soll dabey an die Regierungs-Canzleyen die nach ihrer Stellung denselben gebührende Achtung und Rücksicht gehörig beobachtet werden.

§ 41. Von allen Ernennungen zu den Policey-Stellen haben die Standesherren der Königlichen Oberpolicey-Behörde des Regierungs-Bezirkes die Anzeige zu machen, damit zugleich die Nachweisung der erstandenen Prüfung und der übrigen erforderlichen Befähigung zu verbinden, und jährlich an dieselbe Ober-Policey-Behörde eine Liste der für die Policey angestellten Beamten und Räthe, mit Bemerkung ihrer Qualifikationen einzusenden.

§ 42. Die von den Standesherren ernannten Räthe, Beamten und Subalternen in den Canzleyen werden von den Vorständen dieser Letztern selbst in ihr Amt eingewiesen und verpflichtet.

IV. Kirchliche Angelegenheiten

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848 (GBl. S. 61), die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der Abschnitt IV. samt den §§ 43 bis 46 faktisch aufgehoben.

§ 43. Die in den standesherrlichen Gebieten befindlichen weltlichen und geistlichen Obrigkeiten müssen die in Kirchen-Policey-Sachen erlassenen Verordnungen des Souverains vollziehen, und für ihre Beobachtung wachen.

§ 44. Wo eigene protestantische Consistorien bestehen, oder wo vormals solche bestanden haben, und die Standesherren dieselben wieder herstellen wollen, haben sie die Consistorial-Sachen wie die in den Bezirken angeordneten unmittelbaren Consistorien nach den bestehenden Verordnungen zu berhandeln, und sind, wie diese dem Königlichen General-Consistorium untergeordnet.

§ 45. Wo keine eigenen Consistorien bestehen, ist für die Consistorial-Sachen das Königliche einschlägige Consistorium die geeignete Behörde.

§ 46. Die streitigen Constistorial- und Ehegerichts-Sachen werden bey der standesherrlichen Justiz-Canzley verhandelt und entschieden, von welcher die Berufung an das Königliche Ober-Appellations-Gericht gehet.

§ 47. Die Verwaltung des Kirchen-, Schulen- und milden Stiftungs-Vermögens bleibt unter der unmittelbaren Leitung und Aufsicht der Mediat-Behörde, jedoch unter genauer Beobachtung der hierüber bestehenden Verordnungen.

siehe auch Edikt über die gutsherrlichen Rechte und die gutsherrliche Gerichtsbarkeit; der § 47 galt bis 1918 fort, sofern sie auf privatrechtlichen Titeln beruhten.

§ 48. Jedem Standesherren stehet in seinem Gebiete abgesondert von den Episcopal-Rechten, die Ausübung der Patronats-Rechte, wo sie hergebracht sind, zu; über die Qualification der Subjecte müssen die Königlichen Gesetze beobachtet werden. Dien Installation der Pfarrer geschieht nach erfolgtem Königlichen Prosseß-Befehle durch die standesherrliche Mediat-Behörde.

Infolge Gesetz vom 4. Juni 1848 (GBl. S. 61), die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der § 48 teilweise aufgehoben, indem die standesherrlichen Episkopalrechte und Mediatbehörden aufgehoben wurden.

V. Grundherrliche Rechte und Besteuerung der Standesherren

§ 49. Den Standesherren verbleiben alle aus ihrem Eigenthums-Rechte herrührenden Einkünfte, Nutzungen und Befugniße, nahmentliche ihre Berg- und Hüttenwerke, Forsten, Flößereyen, Zehenten, Jagden, Fischereyen und Waidgerechtigkeiten; ferner alle aus der Gutsherrlichkeit entspringenden Renten und Nutzungen als: Zinse, Dienst- und andere Reichniße jeder Art, mit Ausnahme der aus persönlicher Leibeigenschaft herrührenden und gesetzliche aufgehobenen Gefälle.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung des Jagdrechtes auf fremden Grund und Boden und Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend  wurde der § 49 faktisch geändert bzw. aufgehoben; siehe auch Gesetz vom 30. März 1850, die Ausübung der Jagd betreffend.

§ 50. Es verbleiben ihnen ferner alle Einkünfte und Nutzungen des ihnen Kraft des gegenwärtigen Edicts zukommenden Antheils an der Justiz- und Policey-Verwaltung in ihren Besitzungen, dergestalt jedoch, daß jene Einkünfte und Nutzungen, eben so wie die Ausübung der Gewalt, von welcher sie herrühren, allezeit den Bestimmungen der allgemeinen hierüber Maaß gebenden Gesetze unterworfen bleiben.

Durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der § 50 faktisch aufgehoben.

§ 51. Die Standesherren behalten den Bezug der Nachsteuer gegen diejenigen nicht im deutschen Bunde begriffenen Staaten, mit welchen keine Freyzügigkeits-Verträge geschlossen sind.

§ 52. In Ansehung der sämmtlichen landesherrlichen Gefälle bleibt es bey den Bestimmungen der Declaration vom Jahre 1807, nach den bisher beobachteten Entschädigungs-Normen. Jedoch wird.

hierzu die Königl. Deklaration vom 19. März 1807, die Bestimmung der künftigen Verhältnisse der der kgl. Souveränität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staatsgewalt betreffend (RegBl. S 465).

§ 53. den Standesherren als Ehren-Vorzug die bisher nur den Mitgliedern des Königlichen Hauses zusgestandene Freyheit von allen Personal-Steuern für sie selbst und ihre Familie, wie auch die Befreyung der Schloß-Gebäude, welche sie bewohnen, von der Haussteuer bewilliget. Ihre übrigen Besitzungen insgesammt bleiben zwar in Folge der bereits im Jahre 1807 vollzogenen Aufhebung aller Steuer-Freyheiten im Königreiche, den sämmtlichen Staastt-Auflagen ohne Unterschied und Ausnahme unterworfen; - da jedoch die deutsche Bundes-Acte Art. 14 die Standesherren für die privilegirteste Klasse insbesonderen in Ansehung der Besteuerung erklärt hat, so soll ihnen zur Entschädigung für das ihnen hierin zugedachte Vorrecht entweder eine beständige Rente, welche dem dritten Theile des Betrags der ordentlichen Grund-Steuer, Haus-Steuer und Dominical-Steuer von ihren vormals reichsständischen Besitzungen gleichkömmt, bey einem Königlichen Rentamte angewiesen, oder es soll von den Schulden, welche ihnen bey der Abtheilung zugewiesen sind, ein dem mit 20 erhöhten Capital-Stock einer solchen Rente gleichkommender Antheil auf die Staats-Kasse übernommen werden.

Durch Gesetz vom 9. Juni 1899, die Ablösung der Steuer-, Umlagen und Zollfreiheit der Standesherren betreffend, wurde die Rechte der Standesherren aus dem § 53 aufgehoben.

§ 54. Zu allen außerordentlichen Umlagen sowohl auf das ganze Königreich, als auf den Bezirk, in welchem ihre Besitzungen liegen, haben die Standesherren gleichmäßig nach dem allgemeinen Steuerfuße beyzutragen.

§ 55. Von Gemeinde-Umlagen sind die rücksichtlich ihrer dermaligen Besitzungen befreyt, woferne sie nicht Vortheile aus dem Gemeinde-Verbande ziehen.

durch Art. 44 des Gesetzes vom 29. April 1869, die Gemeindeordnung für die Landestheile dießseits des Rheins wurde der § 55 ausdrücklich aufrecht erhalten.

Durch Gesetz vom 9. Juni 1899, die Ablösung der Steuer-, Umlagen und Zollfreiheit der Standesherren betreffend, wurde die Rechte der Standesherren aus dem § 55 aufgehoben.

§ 56. Die in der Königlichen Declaration vom Jahre 1807 den Standesherren eingeräumte Freyheit von Zoll- und Weggeld wird bestätiget. Auch ist ihnen gestattet, ihre Natural-Producte und Gefälle aus ihren im Auslande gelegenen und an ihre dießseitigen Herrschaften angränzenden Besitzungen mauthfrey einzuführen.

Durch Gesetz vom 9. Juni 1899, die Ablösung der Steuer-, Umlagen und Zollfreiheit der Standesherren betreffend, wurde die Rechte der Standesherren aus dem § 56 aufgehoben.

§ 57. Die Activ-Lehen werden ihnen ferner belassen; jedoch geht in allen streitigen Lehen-Sachen die Appellation von den Justiz-Canzleyen an das Königliche Ober-Appellations-Gericht. Die Ritterdienste können nur für den Souverain gefordert werden, alle übrigen Lehengefälle bleiben dem Mediat-Herren.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848, die Ablösung des Lehensverbandes betreffend wurde der § 57 faktisch geändert; die Lehen konnten abgelöst werden; durch Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde auch die Lehensgerichtsbarkeit aufgehoben.

§ 58. Die Standesherren sind befugt, neben einem Collegium für die Justiz und Policey, (§ 33) auch neben andern Verwaltungs-Beamten ein eigenes Collegium für die Verwaltung ihrer gutsherrlichen Einkünfte, unter dem Nahmen Dominical-Canzley anzuordnen.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurden im § 58 die Worte "neben einem Collegium für die Justiz und Policey, (§ 33)" faktisch aufgehoben.

§ 59. Alle Mediat-Behörden haben in ihren Ausfertigungen die Vorschriften der Königlichen Stempel-Ordnung zu beobachten.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der § 59 faktisch aufgehoben.

VI. Ausscheidung der Schulden

§ 60. Die verfassungsmäßig contrahirten Schulden, welche auf den mediatisirten Fürstenthümern, Grafschaften und Herrschaften haften, werden, so fern es noch nicht geschehen ist, zwischen dem Souverain, und den mediatisirten Herren nach Verhältniß der Einkünfte getheilt, welche jener erhält, und diesen verbleiben. Hiernach
a) muß der Stand solcher Schulden vor Allem hergestellt, dann eine genaue Bilance zwischen den Einkünften des einen und andern Theiles gezogen, und nach dem Verhältnisse der reinen Einkünfte die Vertheilung gemacht werden;
b) sind alle Gemeinde-Schulden davon zu sondern, und den Gemeinden, welche sie treffen, zuzuweisen;
c) auch bleiben dem Standesherrn seine persönliche Schulden zur Last.

VII. Verhältnisse der standesherrlichen Diener

Durch Gesetze vom 4. Juni 1848 wurde der Abschnitt VII. größtenteils faktisch aufgehoben, da es "Mediat-Behörden" infolge der Aufhebung der standesherrlichen Gerichtsbarkeit und Polizei nicht mehr gab..

§ 61. Den Standesherren wird gestattet, ihren bey den Mediat-Canzleyen angestellten Räthen und Beysitzern die geeigneten Titel, als : Vorstand, Director, Räthe, zugeben. Wenn  dieselben ihren Dienern zur Belohnung lange geleisteter Dienste einen höhern Titel verleihen wollen, muß hiezu die Königliche Bewilligung nachgesucht werden.

§ 62. Die Verpflichtung der Mediat-Beamten soll mit dem Dienst-Eide für den Standesherrn auch die Huldigung gegen den Souverain verbinden, und das Protocoll darüber muß an das einschlägige Staats-Ministerium eingesendet werden.

§ 63. In allen administrativen Angelegenheiten, rücksichtlich welcher dem Standesherrn ein Einfluß auf die Verwaltung eingeräumt ist, hat derselbe das Recht, seine Räthe und Gerichts-Beamten zur Befolgung seiner Aufträge, für welche er zu haften hat, und zwar nöthigen Falls auch durch Geldstrafen anzuhalten, und es ist für den aus den Amts-Handlungen seiner Beamten entstehenden Schaden in eben dem Maaße verbindlich, wie der Königliche Fiscus in Ansehung der Amts-Handlungen der unmittelbaren Beamten.

Durch Gesetz vom 4. Juni 1848 (GBl. S. 61), die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit betreffend wurde der § 63 faktisch aufgehoben; siehe hierzu auch das Gesetz vom 28. Dezember 1831 über die Rechtsverhältnisse der auf die Gerichtsbarkeit freiwillig verzichtenden Standes- und Gutsherren.

§ 64. Die standesherrlichen Justiz- und Policey-Räthe und Beamten stehen mit den Königlichen Staatsdienern in den nämlichen Dienst-Verhältnissen; sie haben demnach mit denselben gelchen Gerichts-Stand, und zwar im standesherrlichen Gerichts-Bezirke, wenn daselbst eine für die Privilegirten geeignete Gerichts-Stelle besteht; auch unterliegen sie gleichen Gesetzen in Beziehung auf Entlassung und Entsetzung; - ihre Heiraths-Bewilligungen hängen von dem Standesherrn ab, welcher auch die Reise-Bewilligungen ertheilet, mit Beobachtung der erforderlichen provisorischen Amts-Bestellung.

Durch Art. 2 des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die Grundlagen der Gesetzgebung über die Gerichtsorganisation betreffend und Art. 76 des Gesetzes vom 10. November 1861, die Gerichtsverfassung betreffend wurden im § 64 die Worte "sie haben demnach mit denselben gleichen Gerichts-Stand und zwar im stndesherrlichen Gerichts-Bezirke, wenn daselbst eine für die Privilegirten geeignete Gerichts-Stelle besteht;" faktisch aufgehoben

VIII. Allgemeine Bestimmungen

§ 65. In allen durch gegenwärtige Verordnung nicht abgeänderten Bestimmungen bleibt es bey der Königlichen Declaration vom 19. März 1807.

hierzu die Königl. Deklaration vom 19. März 1807, die Bestimmung der künftigen Verhältnisse der der kgl. Souveränität unterworfenen Fürsten, Grafen und Herren zu den verschiedenen Zweigen der Staatsgewalt betreffend (RegBl. S 465).

    München, den 26. May 1818.

Maximilian Joseph

Zur Beglaubigung:
Egid von Kobell
Königl. Staatsrath und General-Secretair.
 

Quellen: Gesetzblatt für das Königreich Baiern 1818, S. 189ff, ausgeg. am 18. Juli 1818
Hermann Rehm, Quellensammlung zum Staats- und Verwaltungsrecht des Kgr. Bayern, Verlag Hirschfeld, Leipzig 1903
© 20. Mai 2003 - 29. Mai 2003

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