Gesetz, die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit,
dann die Aufhebung, Fixierung und Ablösung von Grundlasten betreffend

(VI. Beilage zum Abschiede für die Stände-Versammlung)

vom 4. Juni 1848

geändert und ergänzt durch
das Gesetz vom 28. April 1872, die Grundentlastung betreffend,
das Gesetz vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend
Art. 141 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetz-Buche vom 9. Juni 1899,

Maximilian II.
von Gottes Gnaden König von Bayern,
Pfalzgraf bei Rhein,
Herzog von Bayern, Franken und Schwaben ect. ect.

Wir haben nach Vernehmung Unseres Staatsraths, mit Beirath und Zustimmung Unserer Lieben und Getreuen, der Stände des Reichs, und unter Beobachtung der im Titel X. § 7 der Verfassungs-Urkunde vorgeschriebenen Formen, beschlossen und verordnen wie folgt:

I. Abschnitt.
Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit

Artikel 1. Die standes- und gutsherrliche Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt geht mit dem 1. Oktober 1848 an den Staat über. Diejenigen Gutsbesitzer, welche deren Abtretung an den Staat bis zum 13. April des laufenden Jahres inclusive erklärt haben, werden nach dem Gesetze vom 28. Dezember 1831 entschädigt; diejenigen Besitzer, welche diesen Verzicht bis dahin nicht geleistet haben, erhalten eine Entschädigung dadurch, daß die standes- und gutsherrlichen Gerichts- und Polizeibeamten und Diener unter den Anstellungs-Bedingungen und Pensionsnormen, die am 12. April 1848 bestanden, so wie die Pensionen aus pragmatischen Anstellungen solcher Bediensteten nach den am selben Tage bestehenden Normen vom Staate übernommen werden.

II. Abschnitt.
Aufhebung und Regulirung der persönlichen und der auf dem Boden haftenden Lasten und Abgaben

Artikel 2. Alle Natural-Frohndienste, gemessene, wie ungemessene, mit Ausnahme jener gemessenen Dienste, für welche nach Ausweis der Bezugs-Register und der gepflogenen Liquidationen unter alternativem Vorbehalte der Naturalleistung ein bestimmter Geldbetrag erhoben werden konnte, werden vom 1. Jänner 1849 an ohne Entschädigung der Berechtigten aufgehoben. Damit cessiren auch alle Gegenreichnisse.

Wenn Oekonomie-Güter mit den für dieselben zu leistenden Frohnen verpachtet sind, können beide Theile für das nächste Pachtziel den Pacht aufkündigen, wenn keine Vereinbarung über angemessene Minderung des Pachtschilligs zu Stande kömmt.

Artikel 3. Die Erhebung des Moimariums (Besthaupt) cessirt ohne Entschädigung.

Artikel 4. Der Blutzehent und der noch nicht zur Erhebung gekommene Neubruchzehent, sowie der Kleinzehent da, wo er nicht bereits seit 30 Jahren hergebracht, oder durch Vertrag, Vergleich oder richterliches Erkenntniß anerkannt ist, hören für die Zukunft ohne Entschädigung auf.

Artikel 5. Die Weide auf Aeckern während ihrer Fructifikation und auf Wiesen während der Hegezeit wird ohne Unterschied, ob sie auf Herkommen, Verjährung und darauf gegründeten Titeln, oder auf ausdrücklichen besonderen Concessionen und Verträgen mit den Eigenthümern beruhe, ohne Entschädigung aufgehoben.

Die Ablösung der Weide-Rechte auf Gemeinde-Markungen oder Weide-Distrikten muß auf Verlangen der Mehrheit der Verpflichteten stattfinden, wenn sie für den ganzen Complex des Berechtigten gefordert wird.

Die Entschädigung wird durch Schätzung nach Ziff. 4 des Art. 11 von den Eulairs-Behörden ermittelt und festgesetzt.

siehe hierzu auch das Gesetz vom 28. Mai 1852, die Ausübung und Ablösung des Weiderechts auf fremdem Grund und Boden betreffend (GVBl. S. 601).

Artikel 6. Alle rein persönlichen, nicht auf Grund und Boden haftenden Abgaben hören ohne Entschädigung auf.

Artikel 7. Die im Eigenthum der Privaten, der Stiftungen und Communen befindlichen durch gegenwärtiges Gesetz nicht aufgehobenen Grundgefälle gehen auf Verlangen der Berechtigten unter den nachfolgenden Bestimmungen, welche bezüglich der Fixirung sogleich in Vollzug zu setzen sind, an die zu gründende Ablösungs-Kassa des Staates über.

Hinsichtlich der Stiftungen und Communen wird die Curatelgenehmigung als gegeben erachtet, wenn die gesetzlich bestehenden Verwaltungen derselben sich für das Eine oder das Andere erklären.

III. Abschnitt.
Fixierung unständiger Grundlasten

Artikel 8. Alle nicht durch Abschnitt II. dieses Gesetzes aufgehobenen unständigen Gefälle und Zehenten, dann alle Besitzänderungs-Abgaben sind sofort zu fixiren, das heißt, in eine jährliche unveränderliche Abgabe von den pflichtigen Grundstücken umzuwandeln.

Alle bereits rechtsgültig bestehenden, oder vor der amtlichen Behandlung zu Stande kommenden Fixationen oder Umwandlungen von Frohnen und Grundgefällen bleiben in Kraft.

Artikel 9. Das Zehentfixum ist eine, dem gegenwärtigen reinen Durchschnitt-Ertrag des Zehents gleichkommende unveränderliche Abgabe, die bei Getreid-Zehenten in den Getreidearten, in denen der Zehent bisher vorherrschend bestand, bei allen andern Zehenten in Geld ausgedrückt wird.

Artikel 10. Zur Ermittlung des durchschnittlichen Zehent-Ertrags wird der wirkliche Ertrag des Zehents, wie er sich durch Sammlung oder Verpachtung rechnungsmäßig ergeben hat, aus den 18 Jahren von 1828 bis 1845 erhoben.

Von diesem rohen Zehent-Ertrag sind alle nach Gesetz, Vertrag oder Herkommen bisher dem Zehentberechtigten obgelegten Lasten und Arbeiten bei der eigenen Einbringung, so auch die Ausgaben bei der Verpachtung bis zur Herstellung, beziehungsweise dem Empfang der verkäuflichen Früchte, nach genauer - nöthigenfalls durch Sachverständige vorzunehmender - Ermittlung und Schätzung abzuziehen.

Der jährliche Durchschnitt aus den in solcher Weise hergestellten reinen Erträgnissen des Zehents während der angedeuteten Jahre ist die an die Stelle des Zehents tretende fixe Jahresabgabe.

Artikel 11. Hierbei werden folgende besondere Bestimmungen getroffen:
1) Der nach Art. 10 festzusetzende Durchschnitt des reinen Erträgnisses soll wo möglich für ganze Zehent- oder Gemeindefluren, oder auch für ganze Zehentdistrikte ermittelt, sodann dieses Gesammt-Zehentfixum entweder durch Schätzung oder nach Maßgabe des definitiven Steuerkatasters, wo letzteres bereits besteht, auf den Besitzstand der Zehentpflichtigen subrepartirt werden;
2) Läßt sich der Zehent-Ertrag nicht aus den Art. 10 bezeichneten 18 Jahren rechnungsmäßig nachweisen, so genügt eine geringere Anzahl Jahre, doch nicht weniger als die sechs letzten bis 1845 einschließlich;
3) Fehlt diese rechnungsmäßige Nachweisung, oder erhebt der Pflichtige gegen die Nichtigkeit der vorliegenden Rechnungen Einwendungen, welche die Gerichte gegründet finden, so wird der Rohertrag der Grundstücke an zehentbaren Früchten durch Schätzung (unter Berücksichtigung des Grundsteuer-Definitivums, wo es bereits besteht, sodann der Zehentrechnungen benachbarter Gutsbesitzer) ermittelt, und nach ihm der Zehent berechnet; diese, nach Abzug der im Art. 10 Absatz 2 bezeichneten Lasten, ist das Zehentfixum;
4) Diese, wie alle übrigen in gegenwärtigem gesetze vorgeschriebenen Schätzungen, wird durch fünf Sachverständige vorgenommen, von denen der Berechtigte und der Pflichtige Jeder zwei, das Gericht den fünften ernennt. Unter ihnen entscheidet Stimmen-Mehrheit. Sind die Schätzer der Partheien verschiedener Ansicht, so entscheidet der Ausspruch des amtlich aufgestellten Schätzers; er muß sich aber inner den von den Schätzern der Partheien angenommenen Größen halten.

Die Schätzer haben über ihre Verrichtung ein Protokoll aufzunehmen, welches die Gründe ihrer Schätzung ausführlich enthält.

Gegen die Entscheidung der Schätzer ist eine Berufung an das Appellations-Gericht binnen 14 Tagen gestattet.

Artikel 12. Bei Weinzehent ist bei Ermittlung des 18jährigen Durchschnittsertrages von 1828 bis 1845 zugleich der Ertrag ähnlicher Lagen im Rentamtsbezirke zu berücksichtigen.

Artikel 13. Zehent-Pachtverträge lösen sich mit der Zehentfixirung ohne Entschädigung des Pächters auf.

Artikel 14. Die fixirte Zehentabgabe nimmt die rechtliche Natur eines Bodenzinses mit den in § 12 Ziff. 3 und 4 des Hypothekengesetzes und § 12 Ziff. 7 der Prioritätsordnung vom 1. Juni 1822 festgesetzten Vorzügen an.

Dieselbe ist an dem vertragsmäßig oder herkömmlich bestimmten Tage, in Ermangelung eines solchen am 15. Dezember jedes Jahres, zu entrichten.

Artikel 15. Laudemium. Das Aequivalent für das Obereigenthum und das Recht der Erhebung einer Besitzänderungs-Abgabe ist bei Erbrecht und Freistift der ein- und einhalbfache Betrag des ganzen Laudemiums, bei Leibrecht und Neustift, der doppelte Betrag des ganzen Leibgeldes.

Die Heimfälligkeit der Güter, auf welchen Leibgerechtigkeiten verliehen sind, wird mit der Publikation des Gesetzes ohne Entschädigung aufgehoben.

Obiges Aequivalent ist mit der nächsten Besitzänderung nach Erlaß des gegenwärtigen Gesetzes fällig. Die Art der Festsetzung der Besitzänderungs-Reichnisse (Handlohn, Leibgeld u. dgl.) richtet sich nach den Bestimmungen der Verordnung vom 19. Juni 1832, die Fixirung und Ablösung des Handlohns und anderer unständiger Besitzveränderungs-Gefälle des Staates betreffend, und den darauf bezüglichen Erläuterungs-Rescripten mit Rücksicht auf Artikel 3 des Gesetzes. Die in der Finanz-Ministerial-Entschließung vom 29. Dezember 1834 festgesetzten Durchschnittsjahre sollen vom Jahre 1840 an zurückgezählt werden.

Von dem für das Obereigenthum hier festgesetzten Aequivalente ist bei der nächsten Besitzänderung ein ganzer Handlohns-Betrag baar zu entrichten; der Rest kann als ein zu 4 Procent verzinsliches Bodenzins-Capital auf dem pflichtigen Grundstücke liegen bleiben.

diese Bestimmung schaffte das Obereigentum, also die Grundherrlichkeit vollständig ab; der Absatz 4 wurde erläutert durch Gesetz vom 28. April 1872, die Grundentlastung betreffend.

Durch Art. 9, 10 und 12 des Gesetzes vom 28. April 1872, die Grundentlastung betreffend, und durch Art. 13 des Gesetzes vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend wurde der Artikel 15 Absatz 4 ersetzt und faktisch aufgehoben.

Artikel 16. Mit dieser Fixierung der Besitzänderungs-Abgaben consolidirt sich das Eigentum in der Person des Grundholden, und derselbe übernimmt die der bisherigen Dominikal-Stezer entsprechende Grundsteuer vom Handlohn.

Artikel 17. Vom Erscheinen dieses Gesetzes an darf keine Verleihung unter Vorbehalt des Obereigenthums (Leibrecht, Neustift, Freistift, Erbrecht) mehr stattfinden.

Artikel 18. Die Holz- und Streurechte, sowie die Weiderechte in den Waldungen und Gebirgen wird das Forstpolizei-Gesetz normiren, wobei auf die Gegenreichnisse einschließlich der Leistungen von Holzfrohnen, welche bis dahin fortzubestehen haben, Rücksicht genommen werden soll.

Die ungemessenen Forstrechte sollend urch ein besonderes Gesetz geordnet werden.

Artikel 19. Verfahren. Die Fixirung der Grundlasten wird von den Distrikts-Polizeibehörden in Gemeinschaft mit den königlichen Rentämtern von Amtswegen in summarischem Verfahren vollzogen. Die Berufung gegen deren Beschlüsse geht an die königlichen Kreis-Regierungen, Kammern des Innern, gegen deren Beschlüsse eine weitere Berufung nicht stattfindet. Der Berufungs-Termin ist auf 30 Tage bestimmt. Die Oberaufsicht des hiezu berufenen Ministeriums ist vorbehalten. Die durch die Fixirung veranlaßten amtlichen Verhandlungen sind tax- und stempelfrei; die Schätzungskosten tragen die Partheien gleichheitlich.

Die Regierung wird ermächtiget, den Distrikts-Polizei-Behörden besondere Commissäre auf Staats-Rechnung beizugeben.

Das Nähere des Verfahrens wid eine Instruktion normiren.

Artikel 20. Ist das Recht oder der Umfang der zu fixirenden Reichnisse bestritten, so bleibt der Rechtsweg vorbehalten.

IV. Abschnitt.
Ablösung aller Grundlasten

Artikel 21. Alle fixen Grundgefälle des Staates, der Privaten, der Stiftungen und Communen sind unter den nachstehenden Bestimmungen ablösbar.

Artikel 22. Alle Bodenzinse, für welche ein bestimmtes Capital rechtsgiltig festgesetzt ist, sind durch Baarerlag dieses Capitals ablösbar. Dieselben werden jedoch von der Ablösungs-Cassa nicht übernommen.

Durch Art. 10 des Gesetzes vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend wurde der Artikel 22 faktisch aufgehoben und ersetzt.

Artikel 23. Alle übrigen, bereits ihrer Natur nach ständigen, oder nach den Bestimmungen des gegenwärtigen gesetzes fixirten jährlichenGrundabgaben kann der Pflichtige ganz oder theilweise durch baare Erlegung des Achtzehnfachen ihres jährlichen Betrags jederzeit ablösen. Mit dieser Zahlung hört jeder weitere Anspruch des Berechtigten auf; der Pflichtige übernimmt zugleich die Grundsteuer von der abgelösten Dominikal-Rente.

Artikel 24. Natural-Abgaben werden behufs dieser Ablösung nach den Sätzen zu Geld angeschlagen, welche die Verordnung vom 13. Februar 1826, die Abösung ständiger Dominikal-Gefälle des Staats betreffend, enthält, mit der besondern bestimmung, daß bei Wein die durchschnittlichen Ortspreise der 18 Jahre von 1828 bis 1845 zu nehmen sind.

Artikel 25. Die Staatskasse vergütet für alle fixen jährlichen Grund-Abgaben, die sie nach Artikel 7 übernimmt, den zwanzigfachen Betrag der fixen Rente in 4prozentigen Ablösungs-Schuldbriefen des Staates nach dem Nennwerthe der letzteren.

Die Staatskasse wird den Stiftungen der Wohlthätigkeit, des Unterrichtes und des Cultus, wenn sie auch nicht ihre Renten und Ablösungs-Kapitalien in das Eigenthum der Ablösungskasse übergeben lassen, die Entschädigung bis zum zwanzigfachen Betrage der Ablösung gewähren.

Die Verzinsung des Staates beginnt von dem Tage der Ueberweisung der Renten, welche die Berechtigten zwei Monate vorher der vorgesetzten Kreis-Regierung anzuzeigen haben.

Durch Art. 5 des Gesetzes vom 28. April 1872 und durch Art. 5 des Gesetzes vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung wurde der Artikel 25 faktisch aufgehoben und ersetzt.

Artikel 26. Ist nach dem Erscheinen des Gesetzes und noch vor der Ueberweisung der Grund-Renten einzelner Grundherren an den Staat eine Besitz-Veränderung eingetreten, so wird auf deren Anrufen die Regulirung des fälligen Handlohns und des nach Artikel 15 festzusetzenden Aequivalents durch die Distrkts-Polizei-Behörde vorgenommen. In solchen Fällen ist das von dem Grundholden eingezahlte Handlohn nebst der Ablösungs-Summe baar an den Grundherrn hinauszuvergüten, oder für letztere nach ARtikel 15 der Bodenzins festzusetzen.

Die Feststellung des Aequivalents für alle übrigen Fälle des laufenden Besitzes erfolgt mit der Ueberweisung der Gutsrenten. Diese festgesetzten Aequivalente werden sofort vom Aerar gegen Bezahlung von 78 Prozent des Betrages in 4prozentigen Ablösungs-Schuldbriefen nach dem Nennwerthe übernommen.

Artikel 27. Für den Zweck der Ablösung werden unter voller Gewährleistung des Staates besondere mit 4 Prozent verzinsliche Ablösungs-Schuldbriefe in runden Summen auf 1000 fl., 500 fl., 100 fl. und 25 fl. auf Namen oder Inhaber ausgestellt, welchen die damit erworbenen Grundrenten zum Unterpfande dienen.

Artikel 28. Wer dem Staate oder der Ablösungs-Kasse in Foleg dieser Uebernahme von Privat-Grundrenten oder ursprünglich dem Staate eine jährliche fixe Grund-Abgabe schuldet, hat forthin statt derselben nur den 4prozentigen Zins des für dieselbe normirten Ablösungs-Kapitals, also statt 100 fl. Grund-Abgabe blos 72 fl. Zins aus dem jenen 100 fl. entsprechenden Ablösungs-Kapitale bis zur Abtragung des Kapitals selbst zu entrichten. Mit dieser Umwandlung und Reduktion übernimmt der Pflichtige die Steuer von der bisherigen Grund-Abgabe, und alle Ansprüche desselben auf Nachlaß cessiren.

Durch die Art. 8, 14 und 15 des Gesetzes vom 28. April 1872, die Grundentlastung betreffend und durch die Art. 7, 15, 19 und 21 des Gesetzes vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend wurde der Artikel 28 Satz 1 faktisch aufgehoben und ersetzt.

Artikel 29. Wer einem Berechtigten, dessen Renten an die Ablösungskasse nicht abgetreten worden sind, eine jährliche fixe Rente schuldet, ist berechtigt, statt der Fortentrichtung derselben ein zu 4 Prozent verzinsliches, von seiner Seite kündbares Bodenzins-Kapital auf das Achtzehnfache ihres jährlichen Betrages zu bestellen, von welchem Zeitpunkte an er nur mehr die 4prozentigen Zinsen des Bodenzins-Kapitals zu entrichten hat.

Solche Bodenzins-Kapitalien genießen dieselben Vorrechte des Hypotheken-Gesetzes und der Prioritäts-Ordnung, welche die Grund-Renten, an deren Stelle sie treten, bisher genossen haben. - Mit dieser Umwandung und Reduktion übernimmt der Pflichtige zugleich die Stuer der bisherigen Grund-Abgabe, und verzichtet auf jeden Anspruch auf Nachlaß.

Durch die Art. 10, 14 und 15 des Gesetzes vom 28. April 1872, die Grundentlastung betreffend und durch die Art. 7 und 15 des Gesetzes vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend sowie der Ziffer 3 und 5 des Gesetzes vom 16. August 1908 die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend wurde der Artikel 29 Absatz 1 faktisch aufgehoben und ersetzt.

Durch Art. 141 Ziffer I des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetz-Buche vom 9. Juni 1899 erhielt der Artikel 29 Absatz 2 Satz 1 folgende Fassung:
"Solche Bodenzinskapitalien haben denselben Rang wie die Grundrenten, an deren Stelle sie treten."
 

Artikel 30. Will der Pflichtige das Ablösungs-Kapital mittelst Annuitäten abtragen, so bezahlt er entweder sein bisheriges ganzes Geldreichniß oder die in Geld umgewandelte Naturalabgabe ohne Rücksicht auf die im Art. 28 normirte Reduktion 34 Jahre lang, oder neun Zehntel derselben 43 Jahre lang,; nach Ablauf dieser Fristen ist er dann jeder weiteren Verpflichtung enthoben und die Ablösungs-Summe getilgt.

Solche Annuitäten genießen dieselben Vorrechte des Hypothekengesetzes und der Prioritäts-Ordnung, welche die Gefälle an deren Stelle sie treten, bisher genossen haben. Diejenigen Pflichtigen, welche an diesen Annuitäten Ausstände erwachsen lassen, müssen die Annuität so viele Jahre länger entrichten, als die Zeit ihres Ausstandes beträgt.

Durch Art. 13 des Gesetzes vom 18. April 1872, die Grundentlastung betreffend, ist der Artikel 30 Absatz 1 abgeändert.

Durch Art. 141 Ziffer II des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetz-Buche vom 9. Juni 1899 erhielt der Artikel 30 Absatz 2 folgende Fassung:
"Solche Annuitäten haben den Rang der Gefälle, an deren Stelle sie treten."

Artikel 31. Dem Pflichtigen ist gestattet, während dieser Zeit die bereits eingezahlten Tilgungsraten sammt Zinses-Zinsen zu 4 pCt. durch Erlegung des Restes seines Ablösungskapitals zu ergänzen, und so die vollständige Tilgung des letzteren vor Ablauf der im Art. 30 festgesetzten Termine zu bewirken.

hierzu siehe auch das Gesetz vom 28. April 1872, die Grundentlastung betreffend, das Gesetz vom 2. Februar 1898, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend, das Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 9. Juni 1899 und das Gesetz vom 16. August 1908, die Fortsetzung der Grundentlastung betreffend.

Artikel 32. Die ganzen Ablösungskapitale, die jährlichen Tilgungsraten und die im Art. 31 gestatteten Restzahlungen können in Ablösungs-Schuldbriefen nach dem Nennwerthe an die Ablösungskasse entrichtet werden.

Artikel 33. An den für Uebernahme der Privat-Grundzinse von der Ablösungskasse ausgegebenen Schuldbriefen wird alljährlich durch baare Abahlung nach dem Nennwerthe getilgt:
1) die in Annuitäten eingehende Summe,
2) die in Baarzahlungen von dem Pflichtigen eingehenden Tilgungskapitale und Restzahlungen,
3) der Belauf der Zinsen sämmtlicher mittelst Annuitäten und ihrer Restzahlungen bereits rückgekauften Ablösungs-Schuldbriefe.

Waren unter 1. und 2. statt baarer Zahlung bereits Ablösungs-Schuldbriefe eingegangen, so geht deren Betrag von der zu tilgenden Summe dieses Jahres ab.

Die wirklich jedes Jahr nach dem Nennwerth zur Einlösung gelangenden Ablösungs-Schuldbriefe werden durch das Loos bestimmt.

Artikel 34. Dauernde Lasten, welche auf den Grundrenten ruhen, werden zu Kapital angeschlagen (bestehen sie in Jahresraten, im zwanzigfachen Betrage derselben), und sind durch Erlegung des Kapitalwerthes in Baarem oder in Ablösungs-Schuldbriefen der zu errichtenden Ablösungskasse ablösbar. Die Rechte derjenigen, zu deren Gunsten solche Lasten aufgelegt sind, desgleichen die Rechte der Mitbetheiligten oder Hypothekgläubiger gehen auf die Ablösungs-Kapitalien über.

Die Berechtigten können zu ihrer Sicherheit verlangen, daß diese eingehenden Einlösungs-Summen oder Ablösungs-Schuld-Briefe in so weit in gerichtliche Verwahrung genommen werden, als es durch den Inhalt ihrer Berechtigung gerechtfertigt ist.

Fideicommißbesitzer genügen durch diese Hinterlegung den staats- und privatrechtlichen Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde.

hierzu siehe auch das Gesetz vom 28. Mai 1852, die Sicherung, Fixierung und Ablösung der auf dem Zehentrecht ruhenden kirchlichen Baupflicht betreffend; gemäß Artikel 174 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 9. Juni 1899 waren für das Hypothekenbuch, Hypothekenamt und für Hypotheken dann das Grundbuch, Grundbuchamt sowie die Grund- und Rentenschulden getreten.

Artikel 35. Die über das Ablösungsgeschäft sich ergebenden Verhandlungen sowie die auszustellenden Fixations- und Ablösungs-Urkunden sind tax- und stempelfrei zu behandeln.

Artikel 36. Es wird eine eigene Ablösungskasse bei der Staatsschuldentilgungs-Anstalt errichtet, welche unter Mitaufsicht ständischer Commissäre das ganze Ablösungsgeschäft nach den im gegenwärtigen gesetze enthaltenen Bestimmungen, jedoch gänzlich getrennt von der Verwaltung der Staatsschuld und ihrer Fonds, zu besorgen hat.

Artikel 37. Diese Kasse hat die weitere Bestimmung, auch den Grund- und Zehentholden jener Gemeinden, Stiftungen und Privaten, welche ihre Grundrenten nicht an sie überweisen haben, die Tilgung ihrer Grundlasten und der nach ARt. 15 und 30 constituirten Bodenzinse durch Annuitäten möglich zu machen.

Ein Pflichtiger, welcher 28/100tel seiner ursprünglichen jährlichen Grundabgabe 34 Jahre lang, oder 18/100tel dieser Grundabgabe 43 Jahre lang an sie bezahlt, wird nach Ablauf dieser Periode von seiner Last befreit, indem die Ablösungskasse in diesem Falle das Ablösungskapital baar an den Berechtigten hinauszahlen muß.

Ergänzt der Pflichtige während des Laufes der Tilgungs-Periode die bereits eingezahlten Tilgungsraten sammt Zinses-Zinsen zu 4 % durch Erlegung des Restes seines Ablösungs-Kapitals, so muß die Ablösungs-Kasse ihn sofort durch Befriedigung des Berechtigten befreien.

Die Ablösungs-Kasse ist berechtiget und verpflichtet, mittelst der bei ihr in dieser Weise eingezahlten Annuitäten, Ablösungskapitale jener Rentenpflichtigen, die solche Annuitäten einzahlen, nach dem Nennwerthe abzulösen und an sich zu kaufen, und auch die 4%tigen Zinsen dieser Kapitale in gleicher Weise zu verwenden.

Durch Art. 13 des Gesetzes vom 18. April 1872, die Grundentlastung betreffend, ist der Artikel 37 abgeändert.

Artikel 38. Die Verwendung der Ablösungs-Summen nach den Vorschriften des III. Titels der Verfassungs-Urkunde wird in dem Finanz-Gesetze jeder Periode festgesetzt, und jederzeit darin die genaue Einhaltung und Sicherstellung der Kapitals-Beträge der Annuitäten nachgewiesen, die in keinem Falle zu einem anderen Zwecke verwendet werden dürfen.

Artikel 39. Die Staats-Schulden-Tilgungs-Commission ist mit dem Vollzuge dieser Anordnung in Artikel 25, 27, 30, 32, 33, 36 und 37 beauftragt.

Die näheren Bestimmungen über deren Durchführung wird eine Instruktion enthalten.

Artikel 40. Die Bestimmung des Artikels 23 bezüglich der Ablösung nach dem 18fachen Betrage gilt auch von den Grundrenten in der Pfalz, auf welchen Regierungsbezirk die übrigen Normen dieses Gesetze keine Anwendbarkeit haben.

Artikel 41. Vorstehendes Gesetz ist in allen Theilen, wo es Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde abändert, ganz so zu betrachten, als ob es der Verfassungs-Urkunde selbst einverleibt wäre.

Dasselbe ist durch das Gesetzblatt bekannt zu machen, und Unsere Staatsminister des Innern und der Finanzen sind mit dessen Vollzuge beauftragt.

    Gegeben München, den 4. Juni 1848.

Maximilian

von Thon-Dittmer, Heintz, Lerchenfeld, Weishaupt, Graf v. Bray, v. Strauß, Staatsrath.

 
Nach dem Befehle Seiner Majestät des Königs,
der geheime Secretär des Staatsraths,
Rath Seb. von Kobell

Vorstehendes Gesetz war in großen Teilen ein verfassungsdurchbrechendes Gesetz, das faktisch den § 8 Abs. 4 der Verfassungs-Urkunde sowie Teile der Edikte, die staatsrechtlichen Verhältnisse der vormals Reichsständischen Fürsten, Grafen und Herren betreffend sowie über die gutsherrlichen Rechte und die gutsherrliche Gerichtsbarkeit aufhob; die Gutsherrlichkeit ("Obereigentum") wurde gänzlich abgeschafft. Die Grundentlastung wurde weitergeführt durch die Finanzgesetze vom 1. Juli 1856, vom 10. November 1861 und von 1907 sowie die Gesetze vom 28. April 1872, vom 2. Februar 1898, vom 12. Dezember 1899, vom 18. Dezember 1901, vom 10. August 1904 und vom 16. August 1908. Durch Gesetz von 1910 wurde die Grundentlastung beendet und die Auflösungskasse nach Art. 37 aufgelöst.
 


Quellen: Gesetzblatt für das Königreich Bayern 1848, S. 97ff, ausgeg. am 13. Juni 1848
©  20. Mai 2003 - 14. Mai 2007
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