(Verfassungsgesetz;
IV. Beilage zum Abschiede für die Stände-Versammlung)
vom 4. Juni 1848
ursprüngliche Fassung
geändert und ergänzt durch
Gesetz vom 10. Juli 1861, die Aufhebung der Straffolgen
betreffend
Art. 46 des Gesetzes vom 26. Dezember 1871, den
Vollzug der Einführung des Reichs-Strafgesetzbuches in Bayern betreffend
Gesetz, die Abänderung einiger Bestimmungen
des Gesetzes über die Wahl der Landtagsabgeordneten vom 4. Juni 1848
betreffend, vom 21. März 1881
(GVBl. S. 103)
Neubekanntmachung des Gesetzes (GVBl. 1881 S. 113)
aufgehoben durch das Landtagswahlgesetz vom 9. April 1906 (GVBl. S. 131)
Maximilian II.
von Gottes Gnaden König von Bayern,
Pfalzgraf bei Rhein,
Herzog von Bayern, Franken und Schwaben ect. ect.
Wir haben nach Vernehmung Unseres Staatsrathes und mit Beirath und Zustimmung der Lieben und Getreuen, der Stände des Reichs, unter Beobachtung der im § 7 Tit. X. der Verfassungs-Urkunde vorgeschriebenen Formen, beschlossen und verordnen, was folgt:
Artikel 1. Die Wahl der Landtags-Abgeordneten geschieht im Verhältnisse von je Einem Abgeordneten auf 31,500 Seelen der Gesammt-Bevölkerung des Königreichs.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 1 folgende Fassung:
"Artikel 1. Die Zahl der im ganzen Königreiche
zu wählenden Landtags-Abgeordneten berechnet sich nach der Bevölkerungsziffern
der einzelnen Regierungsbezirke in der Art, daß in jedem Regierungsbezirke
so viele Abgeordnete zu wählen sind, als auf seine Bevölkerung
im Verhältnisse von Einem Abgeordneten zu 31,500 Seelen entfallen;
ein Bruchtheil gilt als voll.
Für die Berechnung und ebenso für die
Berechnungen nach Art. 2 und 10 ist bis zu anderweitiger gesetzlicher Regelung
die amtlich festgestellte Volkszählung vom 1. Dezember 1875 maßgebend."
Artikel 2. Die hiernach sich ergebende Zahl von Abgeordneten wird nach obigem Verhältnisse durch die Regierung auf die einzelnen Kreise vertheilt.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 2 folgende Fassung:
"Artikel 2. Die k. Staatsregierung hat
hienach jeden Regierungsbezirk in Wahlkreise nach der vorbezeichneten Verhältnißzahl
von 31,500 Seelen einzutheilen.
Bei dieser Eintheilung sind die Grenzen der Amtsgerichte
oder der Distriktsgemeinden einzuhalten, darf kein Wahlkreis für mehr
als vier Abgeordnete und dürfen in jedem Regierungsbezirke höchstens
zwei Wahlkreise für einen Abgeordneten gebildet werden.
Die Bestimmungen des vorstehenden Abs. 2 finden
keine Anwendung auf die Haupt- und Residenzstadt München, welche in
zwei, lediglich aus Bestandtheilen der Stadt bestehende Wahlkreise zuerlegt
werden kann.
Kein Wahlkreis darf weniger als 28,000 Seelen
zählen.
Jeder Wahlkreis muß ein räumlich zusammenhängendes
Ganzes bilden."
Artikel 3. Die Wahl findet in zwei gesonderten Handlungen statt:
a) mittelst Wahl der Wahlmänner (Urwahl),
b) mittelst Wahl der Abgeordneten durch die Wahlmänner.
Artikel 4. Zu jeder gültigen Wahl ist die persönliche Anwesenheit des Wählenden erforderlich.
Stellvertretung findet nicht Statt.
Nur derjenige wird zur Wahl zugelassen, welcher erweislich den Verfassungseid abgeleistet hat. - Die Wahlmänner haben außerdem bei der Wahlhandlung den im Art. 17 vorgeschriebenen Wählereid zu schwören.
Der Eid nach Tit. VII § 25 und Tit. X. § 3 der Verfassungs-Urkunde kann bei Angehörigen nicht christlicher Confessionen mit Hinweglassung des Beisatzes: "und sein heiliges Evangelium" geleistet werden.
Artikel 5. Aktiv wahlfähig ist jeder Staatsbürger (§ 3 Tit. IV. der Verf.-Urk.) und jeder volljährige Staats-Angehörige, welcher dem Staate eine direkte Steuer entrichtet, insofern er nicht wegen Verbrechen, oder des Vergehens der Fälschung, des Betrugs, des Diebstahls oder der Unterschlagung verurtheilt worden ist.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 5 folgende Fassung:
"Artikel 5. Wahlberechtigt als Urwähler
ist jeder volljährige Staatsangehörige, welcher dem Staate seit
mindestens sechs Monaten eine direkte Steuer entrichtet.
Ausgeschlossen sind:
1) Personen, welche unter Kuratel stehen oder
welchen nach Art. 499 und Art. 513 des zur Zeit in der Pfalz geltenden
Civilgesetzbuches ein Beistand gerichtlich beigegeben ist,
2) Personen, über deren Vermögen das
Konkursverfahren gerichtlich erklärt ist, und zwar während der
Dauer dieses Verfahrens,
3) Personen, welche eine öffentliche Armenunterstützung
beziehen oder in dem Zeitraume eines Jahres vor der öffentlichen Auslegung
der Wählerlisten (Art. 7 Abs. 1) bezogen haben,
4) Personen, welche die Befähigung in Folge
strafgerichtlicher Verurtheilung verloren haben, solange dieser Verlust
dauert.
Die Ausübung des Wahlrechts ist bedingt
durch den Eintrag in die gemeindliche Wählerliste beziehungsweise
den betreffenden Auszug derselben.
Jeder Wahlberechtigte darf nur in Einem Urwahlbezirke
wählen.
Die allgemeinen Voraussetzungen der Wahlberechtigung
(Abs. 1) beurtheilen sich nach dem Anfangstage der öffentlichen Auslegung
der Wählerlisten (Art. 7 Abs. 1)."
Durch Art. 140 des Ausführungsgesetzes zum
Bürgerlichen Gesetzbuche vom 9. Juni 1899 erhielt der Artikel 5 Absatz
2 Ziffer 1 folgende Fassung:
"1) Personen, welche entmündigt oder nach
§ 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuches unter vorläufige Vormundschaft
gestellt sind."
Artikel 6. Als Wahlmann kann jeder bayerische Staatsbürger (§ 3 Tit. IV. der Verf.Urk.) gewählt werden, soferne er das 25. Lebensjahr zurückgelegt und die übrigen Eigenschaften des Art. 5 für sich hat.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 6 folgende Fassung:
"Artikel 6. Für jede Gemeinde ist
von der Gemeindebehörde eine Wählerliste anzulegen. In dieser
Liste sind alle Wahlberechtigten, welche ihren Wohnsitz in der Gemeinde
haben, nach Vor- und Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnung nebest
Vermerken über Ableistung des Verfassungseides, über Steuerentrichtung
und über etwa vorhandene zeitweise Ausschließungsgründe
einzutragen.
Die k. Behörden, die Pfarrämter und
Civilstandsbeamten sind verpflichtet, alle zur Anfertigung und Richtigstellung
der Wählerlisten erforderlichen Aufschlüsse jederzeit sofort
und unentgeltlich zu ertheilen."
Artikel 7. Als Abgeordneter ist Jeder wählbar, welcher das 30. Lebensjahr zurückgelegt hat, und die übrigen im Art. 5 angegebenen Eigenschaften besitzt.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 7 folgende Fassung:
"Artikel 7. Die Wählerlisten sind
alljährlich in den Monaten März und September zu revidiren und
zu berichtigen, sodann vom 1. bis 15. April und vom 1. bis 15. Oktober
einschließlich öffentlich auszulegen.
Gegen die Listen steht innerhalb der Frist, während
welcher die Auslegung stattfindet, jedem Betheiligten das Recht der Einsprache
zu, und ist dieses sowie die Zeit und der Ort der Auslegung vor Beginn
der letzteren in ortsüblicher Weise bekannt zu machen.
Die Einsprachen sind bei Vermeidung des Ausschlusses
innerhalb der vorbezeichneten Frist bei der Gemeindebehörde anzubringen
und, falls von dieser nicht Abhilfe verfügt wird, innerhalb vierzehn
Tagen nach Beendigung der Auslegung von der betreffenden Aufsichtsbehörde,
vorbehaltlich der Prüfung de rWahlen durch die Kammer der Abgeordneten
endgültig zu bescheiden.
Nach Ablauf der zuletzt erwähnten Frist
werden die Wählerlisten abgeschlossen und durch den Gemeindevorstand
mit der Bestätigung versehen, daß sie vorschriftsmäßig
hergestellt und öffentlich ausgelegt wurden."
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurden nach
dem Artikel 7 folgende Artikel eingefügt:
"Artikel 7a. Wahlberechtigte, welche nach
Ablauf der gesetzlichen Auslegungsfristen den Wohnsitz in der Gemeinde
aufgeben, müssen in die Wählerliste des neuen Wohnsitzes übertragen
werden, soferne sie es mindestens acht Tage vor dem Tage der Urwahl ausdrücklich
verlangen und hiebei durch ein Zeugniß der Gemeindebehörde des
früheren Wohnsitzes nachweisen, daß sie in der dortigen Wählerliste
eingetragen sind. Wahlberechtigte, welche ihre Wohnung innerhalb derselben
Gemeinde nach Ablauf der erwählten Fristen verändern, dürfen
nur in demselben Urwahlbezirke wählen, in welchem die in die Wählerliste
eingetragene Wohnung liegt.
Artikel 7b. Vor jeder Urwahl sind beglaubigte Abschriften beziehungsweise Auszüge der Wählerlisten für die einzelnen Urwahlbezirke zu fertigen und den Urwahlkommissären rechtzeitig vor der Wahlhandlung zuzustellen.
Artikel 7c. Wählbar zum Wahlmann ist
jeder Staatsangehörige, welcher das fünfundzwanzigste Lebensjahr
zurückgelegt hat, dem Staate seit mindestens sechs Monaten eine direkte
Steuer entrichtet und keinem der Ausschließungsgründe des Art.
5 Abs. 2 unterliegt.
Die Wählbarkeit ist ferner bedingt durch
den Wohnsitz im Urwahlbezirke oder in der Gemeinde, zu welcher dieser Bezirk
gehört, und durch den Eintrag in die Wählerliste.
Artikel 7d. Wählbar zum Abgeordneten ist jeder Staatsangehörige, welcher das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat, dem Staate eine direkte Steuer entrichtet und keinem der Ausschließungsgründe des Art. 5 Abs. 2 unterliegt."
Artikel 8. Weder die aktive noch die passive Wahlfähigkeit ist an ein bestimmtes Glaubensbekenntniß gebunden.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 8 folgende Fassung:
"Artikel 8. Weder die Wahlberechtigung
(Art. 5) noch die Wählbarkeit (Art. 7c und 7d) ist an ein bestimmtes
Glaubensbekenntniß gebunden."
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde nach
dem Artikel 8 folgender Artikel eingefügt:
"Artikel 8a. Die Eigenschaft als Wahlmann
beziehungsweise als Abgeordneter endet, sobald eine der Voraussetzungen
der Wählbarkeit nicht mehr gegeben ist oder ein Ausschließungsgrund
des Art. 5 Abs. 2 eintritt."
Artikel 9. Für jede der beiden Wahlhandlungen werden besondere Wahlbezirke gebildet.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde der Artikel 9 aufgehoben.
Artikel 10. In der ersten Wahlhandlung wird auf je 500 Seelen ein Wahlmann gewählt. Sämmtliche Wahlmänner eines Bezirkes wählen die gemäß Art, 12 und Art. 13 zu bestimmende Zahl der Abgeordneten und einen Ersatzmann für jeden derselben in gesonderten Wahlhandlungen.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 10 folgende Fassung:
"Artikel 10. In der ersten Wahlhandlung
(Urwahl) wird auf 500 Seelen ein Wahlmann gewählt; ein Bruchtheil
über die Hälfte wird als voll gerechnet.
Die Wahlmänner eines Wahlkreises wählen
die gemäß Art. 2 festgesetzte Zahl von Abgeordneten."
Artikel 11. Die Bildung der Urwahlbezirke geschieht durchdie
Distrikts-Polizeibehörden, und in der Pfalz durch die Landeskommissariate
in der Art:
1) daß jeder solche Bezirke in der Regel 2000 Seelen umfaßt,
jedoch mit möglichster Beachtung der Grenzen der politischen gemeinden
der der bestehenden Distrikts-Eintheilung in den Städten;
2) daß kleinere Gemeinde zu diesem Ende zu einem Wahlbezirke
vereinigt, oder einer benachbarten größeren Gemeinde zugewiesen
werden.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 11 folgende Fassung:
"Artikel 11. Kein Urwahlbezirk darf für
weniger als drei und für mehr als sieben Wahlmänner gebildet
werden."
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurden nach
dem Artikel 11 folgende Artikel eingefügt:
"Artikel 11a. Die Bildung der Urwahlbezirke
erfolgt durch die Distriktsverwaltungsbehörden nach politischen Gemeinden.
Bei größeren Gemeinden ist die bestehende
Eintheilung in Bezirke oder Distrikte zu Grunde zu legen; mit Theilen größerer
Gemeinden können anstoßende kleinere Gemeinden zu einem Urwahlbezirke
vereinigt werden.
Artikel 11b. Jeder Urwahlbezirk muß ein räumlich zusammenhängendes Ganzes bilden. Der räumliche Zusammenhang wird durch in Mitte liegende Freiforste (Art. 3 der Gemeindeordnung für die Landestheile diesseits des Rheins) nicht unterbrochen und gilt nicht als verletzt, wenn politische Gemeinden und Theile solcher selbst keine in sich geschlossene Markung haben."
Artikel 12. Die Zahl der zu wählenden Abgeordneten für jeden einzelnen Regierungsbezirk wird vor jeder Wahl öffentlich bekannt gemacht.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde der Artikel 12 aufgehoben.
Artikel 13. Zur Vornahme der Abgeordneten-Wahlen werden von dem Staatsministerium des Innern 4 - 6 Wahlbezirke in jedem Regierungsbezirke bestimmt.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde der Artikel 13 aufgehoben.
Artikel 14. Aktiv wahlberechtigt ist Jeder nach seiner vor der Wahl abzugebenden Erklärung in dem Bezirke, wo er sein Domizil hat, oder mit Grundbesitz ansässig ist.
Als Wahlmann kann Jeder in dem Urwahl- oder Gemeindebezirke seines Wohnsitzes oder wo er mit Grundbesitz ansässig ist, gewählt werden.
Die Wahl der Abgeordneten ist an keinen Wahlbezirk gebunden.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde der Artikel 14 aufgehoben.
Artikel 15. Die Wahl erfolgt an den von der Regierung zu bestimmenden Tagen.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 15 folgende Fassung:
"Artikel 15. Die allgemeinen Urwahlen
und Abgeordneten-Wahlen sind von der k. Staatsregierung im ganzen Königreiche
je auf einen und denselben Tag anzuberaumen."
Artikel 16. Die Wahlkommissäre werden von der Regierung bestimmt.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde nach
dem Artikel 16 folgender Artikel eingefügt:
"Artikel 16a. Die in Art. 11a Abs. 1 bezeichneten
Behörden haben die Abgrenzung der Urwahlbezirke, den Tag der Wahl
sowie das Wahllokal mindestens acht Tage vor dem Tage der Urwahl sowohl
in einem zu amtlichen Kundmachungen dienenden Blatte zu veröffentlichen,
als auch in jeder Gemeinde durch Anschlag bekannt zu machen.
Eine spätere Abänderung ist nur in
Nothfällen zulässig."
Artikel 17. Zur gültigen Wahl der Abgeordneten ist die Anwesenheit von zwei Drittheilen der Wahlmänner nöthig.
Wenn aus Mangel der Zahl die Wahl an dem bestimmten Tage nicht vor sich gehen kann, so haben die ohne hinreichende Ursache ausbleibenden Wahlmänner die Kosten der vereitelten Wahl zu tragen. Für diesen Fall ist der Wahlkommissär ermächtigt, den neuen Wahltag festzusetzen.
Artikel 18. Die Wähler und Wahlmänner ernennen für ihre Wahlhandlungen einen Ausschuß von 7 Mitgliedern aus ihrer Mitte.
Artikel 19. Jeder Wahlmann hat vor der Wahlhandlung folgenden Eid abzulegen:
Artikel 20. Die Wahlen geschehen durch vom Wähler unterzeichnete Wahlzettel.
Die Gewählten müssen absolute Stimmenmehrheit für sich haben.
Unvollständige oder unförmliche Wahlzettel, wenn der Wahl-Ausschuß sie dafür erkennt, werden nicht beachtet.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 20 folgende Fassung:
"Artikel 20. Die Wahl (Art. 3) ist eine
geheime; sie wird durch verdeckte, in eine Wahlurne niederzulegende Stimmzettel
ohne Unterschrift ausgeübt. Die Stimmzettel müssen von weißem
Papiert und dürfen mit keinem äußeren Kennzeichen versehen
sein. Sie sind außerhalb des Wahllokals handschriftlich oder im Wege
der Vervielfältigung auszufüllen.
Zur Giltigkeit der Wahl ist absolute Stimmenmehrheit
erforderlich."
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurden nach
dem Artikel 20 folgende Artikel eingefügt:
"Artikel 20a. Ungiltig sind Stimmzettel:
1) welche nicht von weißem Papier oder
welche mit einem äußeren Kennzeichen versehen sind,
2) welche keinen oder insoweit sie keinen lesbaren
Namen enthalten,
3) insoweit darin die Person eines Gewählten
nicht unzweifelhaft zu erkennen ist,
4) welche mehr Namen als zu Wählende enthalten,
oder insoweit darin Namen von nicht wählbaren Personen verzeichnet
sind,
5) welche einen Protest oder Vorbehalt enthalten.
Artikel 20b. Die für die erste Wahlhandlung bei der Urwahl bestimmte Zeit muß mindestens vier Stunden umfassen. Der Beginn dieser Wahlhandlung ist wenigstens drei Tage vorher in ortsüblicher Weise bekannt zu machen."
Artikel 21. Der zum Abgeordneten Gewählte ist verpflichtet, spätestens acht Tage nach Empfang der Anzeige der ihn getroffenen Wahl die Ablehnung oder Annahme zu erklären.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 21 folgende Fassung:
"Artikel 21. Der zum Abgeordneten Gewählte
hat sich spätestens acht Tage nach Empfang der Anzeige über die
Annahme der auf ihn gefallenen Wahl zu erklären."
Artikel 22. Im Falle einer Doppelwahl steht dem Gewählten das Recht zu, sich für die Annahme der einen oder anderen Wahl innerhalb der im vorigen Artikel bezeichneten Frist zu entscheiden.
Im Falle der Ablehnung der Wahl, oder der Erklärung des Gewählten für einen andern Wahlbezirk, tritt der Ersatzmann an dessen Stelle.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 22 folgende Fassung:
"Artikel 22. Im Falle der Ablehnung der
Wahl oder der Erklärung des Gewählten für einen anderen
Wahlkreis hat die einschlägige Regierung, Kammer des Innern, sofort
einen neuen Zusammentritt der Wahlmänner zu veranlassen."
Artikel 23. Die Wahl-Ausschüsse bescheiden alle Wahl-Reklamationen auf der Stelle durch Stimmen-Mehrheit. Eine Berufung gegen diesen Ausspruch ist unzulässig.
Artikel 24. Der Urlaub darf den gewählten Staats-Beamten und öffentlichen Dienern nicht verweigert werden; ebensowenig den Offizieren und Militär-Beamten, soferne nicht außerordentliche Verhältnisse ihrer Entfernung vom Dienste entgegenstehen.
Artikel 25. Die Wahlhandlungen müssen von den Commissarien mit pflichtmäßiger und rücksichtslosen Unbefangenheit geleistet werden.
Jede Beschränkung der Freiheit der Wahl und jede Benützung eines obrigkeitlichen Einflusse auf die Wähler wird strenge geahndet, und nach Umständen mit der Dienstes-Entlassung bestraft.
Artikel 26. Die Bestechung der Wähler soll die Ungültigkeit der Wahl und den Verlust der activen und passiven Wahlfähigkeit für den Bestecher und den Bestochenen als Strafe zur Folge haben, mit Vorbehalt der ferneren, sowohl auf den Meineid, als sonst in den Gesetzen angeordneten Strafen.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 26 folgende Fassung:
"Artikel 26. Die Bestechung der Wähler
hat, vorbehaltlich der im Strafgesetzbuche getroffenen einschlägigen
Bestimmungen, die Ungiltigkeit der Wahl, soweit sie die Bestechenden und
die Bestochenen betrifft, zur Folge."
Artikel 27. Die Wahl-Verhandlungen selbst beschränken sich einzig auf den Gegenstand der Wahlen und jede Einmengung von anderen Gegenständen, von besonderen Anträgen, Beschwerden oder Instruktionen, auf was immer für eine Art, sind von der Wahl-Commission ohne weiteres zurückgeweisen.
Artikel 28. Ueber jedes Wahlgeschäft ist eine schriftliche Verhandlung aufzunehmen, und von dem Wahl-Ausschusse sowohl, als von dem Wahl-Commissär, zu unterschreiben.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 28 folgende Fassung:
"Artikel 28. Bei jeder Wahlhandlung ist
währelnd der ganzen Dauer deselben den betreffenden Wahlberechtigten
die Anwesenheit, soweit es ohne Störung der Wahlhandlung möglich
ist, gestattet.
Ueber jede Wahlhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen,
welche von dem Wahlkommissär und dem Wahlausschusse zu unterzeichnen
ist."
Artikel 29. Jeder Abgeordnete kann mit Zustimmung der Kammer aus derselben treten.
Wer ein Staatsamt, eine Beförderung oder eine Hofcharge annimmt, muß sich einer neuen Wahl unterziehen.
Die außerdem während der Dauer der Wahlperiode in Erledigung kommenden Stellen von Abgeordneten werden aus den betreffenden Ersatzmännern, und nöthigenfalls durch Zwischenwahlen ergänzt, zu welchen die noch vorhandenen Wahlmänner des Bezirkes einzuberufen sind.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 wurde der
Artikel 29 wie folgt geändert:
- die Absätze 1 und 2 erhielten folgende
Fassung:
"Die Abgeorneten sind jederzeit zum Austritte
aus der Kammer berechtigt. Erfolgt der Austritt, während der Landtag
versammelt ist, so ist die Austrittserklärung an die Kammer der Abgeordneten,
außerdem an das k. Staatsministerium des Innern abzugeben.
Ein Abgeordneter, welcher ein Staatsamt, eine
Beförderung oder eine Hofcharge annimmt, verliert sienen Sitz in der
Kammer und kann denselben nur durch neue Wahl wieder erlangen."
- der Absatz 3 wurde durch folgende Bestimmungen
ersetzt:
"Die außerdem während der Dauer der
Wahlperiode in Erledigung kommender Abgeordnetensitze werden durch Nachwahlen
wieder besetzt.
Zu den Neu- und Nachwahlen sind die noch vorhandenen
Wahlmänner des Wahlkreises einzuberufen. Für jeden in Abgang
gekommenen Wahlmann ist vor Vornahme von Neu- und Nachwahlen ein Wahlmann
nachzuwählen, wenn innerhalb der hiefür jeweilig von der Distriktsverwaltungsbehörde
zu bestimmenden, nicht unter acht Tagen zu bemessenden Präklusivfrist
mindestens zwanzig Urwähler des Wahlkreises Solches beantragen."
Artikel 30. Den Mitgliedern der Kammer der Abgeordneten, welche
nicht am Orte der Versammlung selbst wohnen, wird auf die Dauer der Versammlung
eine Entschädigung in der Art gegeben, daß ihnen
a) von dem zur Erscheinung bestimmten Tage bis zum Schlusse der Versammlung,
jedoch mit Einschluß des vorhergehenden und nachfolgenden Tages,
eine Tagesgebühr von 5 Gulden,
b) für die Reisekosten eine Gebühr von 1 fl. für die
Wegstunde verabfolgt werden solle.
Durch Gesetz vom 21. März 1881 erhielt der
Artikel 30 folgende Fassung:
"Artikel 30. Die Abgeordneten haben während
der Landtagsversammlung, sowie während der vorausgehenden und nachfolgenden
acht Tage freie Fahrt auf den vom bayerischen Staate betriebenen Eisenbahnen
nach verordnungsmäßigen Bestimmungen zu beanspruchen und erhalten
bei Beginn und bei Beendigung der Landtagsversammlung für die Reise
zwischen dem Wohn- und Versammlungsorte, soweit dieselbe nicht auf obengenannten
Bahnen zurückgelegt werden kann und soweit nicht freie Fahrt auf anderen
Eisenbahnen im Wege der Vereinbarung erwirkt ist, als Reisekosten-Entschädigung
fünfzig Pfennig für den Kilometer.
Jeder nicht am Orte der Versammlung wohnende
Abgeordnete erhält für deren Dauer unter Einrechnung des vorausgehenden
und nachfolgenden Tages eine tägliche Entschädigung im Betrage
von zehn Mark."
Artikel 31. Vorstehende Bestimmungen sollen als Bestandtheil der Verfassungs-Urkunde angesehen werden; dieselben treten mit der nächsten Wahl in Wirksamkeit, und können nur in der durch den Titl. X. § 7 der Verfassungs-Urkunde vorgeschriebenen Form abgeändert werden.
Die §§ 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 14 des Tit. VI. der Verfassungs-Urkunde,
dann der Abschnitt I und II des Tit. I. der Beilage
X. zur Verfassungs-Urkunde werden hiedurch
aufgehoben;
ebenso
1) Gesetz vom 18. Jänner 1843, "die Zwischen-Wahlen von Abgeordneten
zur zweiten Kammer der Stände-Versammlung betreffend";
2) Gesetz vom 23. Mai 1846, den §§
44 lit. c Tit. I. der
X. Beilage betreffend;
3) Gesetz vom 15. April l. Js., die Zahl der Abgeordneten zur Stände-Versammlung
aus der Pfalz betreffend.
Unser Staatsminister des Innern ist mit dem Vollzuge beauftragt.
Gegeben München, den 4. Juni 1848.
v. Thon-Dittmer, Heintz, Lerchenfeld, Weishaupt, Graf v. Bray, v. Strauß, Staatsrath.
Das vorstehende Gesetz ersetzte das, seit
1818 fast unverändert bestehende Wahlverfahren für die Landtagsabgeordneten
und wurde wesentlich geändert durch Gesetz vom 21. März 1881
(GVBl. S. 103) und gemäß dessen § 18 mit fortlaufender
Nummerierung der Artikel neu bekannt gemacht (Art. 1 bis 37; GVBl. S. 113)
und schließlich ersetzt durch das Gesetz
vom 9. April 1906 (GVBl. S. 131).