Edict über die innern Kirchlichen Angelegenheiten der Protestantischen Gesammt-Gemeinde in dem Königreiche

(Anhang II. zu dem § 103 des Edicts über die äußern Rechtsverhältnisse der Einwohner des Königreichs Baiern in Beziehung auf Religion und Kirchliche Gesellschaften in der Beylage II. zu dem Tit. IV § 9 der Verfassungs-Urkunde des Königreichs Baiern)

vom 26. May 1818

geändert und ergänzt durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, die protestantischen Generalsynoden und den Konsistorialbezirk Speyer betreffend

aufgehoben durch Art. 31 der "Kirchenverträge" vom 15. November 1924, ratifiziert durch Gesetz vom 15. Januar 1925 (GVBl. S. 53)

I. Verfassung des Protestantischen Kirchen-Regiments

§ 1. Das oberste Episcopat und die daraus hervorgehende Leitung der Protestantischen innern Kirchen-Angelegenheiten soll künftig durch ein selbstständiges Ober-Consistorium ausgeübt werden, welches dem Staats-Ministerium des Innern unmittelbar untergeordnet ist.

§ 2. Dasselbe besteht:
a) aus einem Präsidenten des Protestantischen Glaubens-Bekenntnisses;
b) aus vier geistlichen Ober-Consistorialräthen, unter welchen Einer der reformirten Religion ist;
c) aus einem weltlichen Rathe;
d) aus dem nothwendigen Unter-Personal, mit Einschluß eines Rechnungsverständigen zur Super-Revision der Pfarr-Fassionen und der Rechnungen pber die Pfarr-Unterstützungs- und Wittwen-Cassen.

§ 3. Die Ober-Consistorialräthe haben den Rang der Centralräthe; die Gehalte und respective Functions-Zulagen des Gesammt-Personals werden auf die Staats-Casse übernommen.

§ 4. Statt der bisherigen General-Decanate sollen drey Consistorien, in Ansbach, Baireuth, und für den Rheinkreis zu Speyer errichtet werden.

Diese sollen künftig bestehen:
a) aus einem Vorstande der Protestantischen Confession; diese Function soll dem Regierungs-Director, oder dem ältesten Regierungsrathe derselben Confession übertragen werden;
b) aus zwei geistlichen und einem weltlichen Protestantischen Rathe, dann
c) aus dem nothwendigen Unter-Personal.

siehe auch Artikel III. des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die protestantischen generalsynoden und den Konsistorialbezirk Speyer betreffend.

§ 5. Die Consistorialräthe haben den Rang der vormaligen Kreis-Kirchenräthe. Die Besoldungen und respective Functions-Zulagen des Consistorial-Personals werden gleichfalls auf die Staats-Casse übernommen.

§ 6. Die bisherige Verfassung der Districts-Decanate und Districts-Schul-Inspectionen, so wie der übrigen Mittelorgane wird beybehalten.

siehe auch die Allerhöchste Entschließung vom 15. September 1808, die Amtsinstruktion für die Distriktsschulinspektoren betreffend.

§ 7. Zur Handhabung der Kirchen-Verfassung soll in jedem Decanate eine jährliche Visitation, und am Decanats-Sitze jährlich eine Diöcesan-Synode, dann alle vier Jahre eine allgemeine Synode am Sitze des Consistoriums, unter der Leitung eines Mitgliedes der Ober-Consistoriums, zur Berathung über innere Kirchen-Angelegenheiten, in gegenwart eines königlciehn Commissaire's, welcher jedoch an den Berathungen selbst keinen Antheil zu nehmen hat, gehalten werden.

Durch Artikel II. des Gesetzes vom 4. Juni 1848, die protestantischen Generalsynoden und den Konsistorialbezirk Speyer betreffend wurden im § 7 die Worte "zur Berathung über innere Kirchen-Angelegenheiten" ersetzt durch: "zur Berathung über Angelegenheiten der protestantischen Kirche des Königreichs Bayern".

§ 8. Die theologische Prüfungs-Commission für die Aufnahms-Prüfung der Protestantischen Pfarramts-Candidaten bleibt in Ansbach mit dem Consistorium daselbst, so wie in Speyer mit dem dortigen Consistorium für die Candidaten aus dem Rheinkreise, verbunden. Derselben sind auch die Anstellungs-Prüfungen in den jährlich auszuschreibenden Concurs-Terminen übertragen.

Es soll dabey rücksichtlich der Fragen und Aufgaben der Censur und Classification ein analoges Verfahren wie bey den Prüfungen der Candidaten für den Statsdienst, nach der Verordnung vom 9. December 1817 beobachtet und eingeleitet werden. Im uebrigen verleybt es bey der Instruction über die Prüfung der Protestantischen Pfarramts-Candidaten und deren Beförderung vom 23. Jänner 1809 und deren Modification vom 8. November 1813.

§ 9. Die allgemeine Unterstützungs-Anstalt für Protestantische Geistliche des Obermain-, Rezat-, Ober- und Unterdonau-, Isar- und Regen-Kreises, dann die Versorgungs-Anstalt für Pfarrers-Wittwen dieser Kreise, bleibt mit ihrer Administration in Nürnberg, unter der Leitung des Consistoriums zu Ansbach und der Oberaufsicht des Ober-Consistoriums, nach der bisherigen Verfassung dieser beyden Institute.

II. Wirkungskreis des Ober-Consistoriums und der diesem untergeordneten Consistoriums

§ 10. Alle Gegenstände, welche die Aufrechthaltung der Religions-Edicte und der Verordnungen über die öffentlichen und bürgerlichen Verhältnisse der religiösen Gemeinden und Körperscahften; die Handhabung der gesetzlichen Grenzen zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt; die Bewahrung und Vertretung der landesfürstlichen Rechte und Interessen in Bezug auf die Kirchen aller Confessionen und deren Anstalten und Güter; die Handhabung der gesammten Religions- und Kirchen-Policey in allen Beziehungen, und besonders in Rücksicht auf alle äußeren Handlungen der Kirchen-Gemeinden und ihrer Angehörigen betreffen, gehören zur Competenz der Kreis-Regierungen und des Staats-Ministeriums des Innern, nach den näheren Bestimmungen der hierüber erlassenen besonderen Verordnungen über die Formation und den Wirkungskreis der obersten Verwaltungs-Stellen in den Kreisen vom 27. März 1817, dann über den Geschäftskreis der Staats-Ministerien vom 15. April 1817.

§ 11. Der Wirkungskreis des Ober-Consistoriums so wie der ihm untergeordneten Consistorien in den Kreisen ist demnach beschränkt auf die Gegenstände der innern Kirchen-Policey, auf die Ausübung des mit der Staatsgewalt verbundenen Episcopats und die Leitung der innern Kirchen-Angelegenheiten; es steht ihnen hiernach zu: die Aufsicht über Kirchen-Verfassung, Kirchen-Ordnung, Disciplin, Lehrvorträge, Amtsführung und Betragen der Geistlichen, Prüfung, Ordination, Anstellung und Beförderung der Candidaten, Ertheilung des Religions-Unterrichts in den Schulen, Cultus, Liturgie und Tiual, Purificationen und Dismembrationen der Pfarreyen, Erledigung und Wiederbesetzung der Pfarrstellen und anderer Kirchendienste, Investitur der Geistlichen, Synodal- und Diöcesan-Verhältnisse, Dispensationen, Pfarr-Wittwen und Pfarr-Pensions-Anstalten, Fatirung und Veränderung der Pfarr-Einkünfte.

In Ansehung des Geschäftskreises des Ober-Consistoriums und der untern Consistorien wird es im Allgemeinen bey den Bestimmungen belassen, welche hierüber in den früheren Edicten, nämlich:
a) in der Anordnung einer Section in Kirchen-Gegenständen vom 8. September 1808, insbesondere in § IV.;
b) in den Instructionen für das General-Consistorium unf für die General-Kreis-Commissariate, in Beziehung auf das Kirchenwesen der Protestantischen Gesammt-Gemeinde des Königreichs Baiern vom 8. September 1809;
c) in dem Edicte über die Bildung der Mittelstellen für die Protestantischen Kirchen-Angelegenheiten vom 17. März 1809
enthalten sind.

§ 12. In ANsehung der Verwaltung des Stiftungs-Vermögens und der Oberaufsicht über die Erhaltung und zweckmäßige Verwendung des Vermögens der Protestantischen Kirche und Kirchen-Stiftungen verbleibt es bey den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen.

§ 13. Dem Ober-Consistorium ist die Aufsicht über das Protestantisch-theologische Studium auf der Universität Erlangen in Ansehung der Lehren übertragen, auch wird bey Besetzung der theologischen Lehrstellen dasselbe mit seinem Gutachten vernommen.

§ 14. Demselben, so wie den untern Consistorien in ihren Bezirken, verbleibt, wie schon in den frühern Edicten verordnet war, die Aufsicht über den Protestantischen Religions-Unterricht in den Schulen. Die Aufsicht und die Anordnungen über den übrigen Unterricht, sowohl in den Volksschulen als Studien-Anstalten, gehören als ein Staats-Policey-Gegenstand lediglich zur Competenz der Regierungen und des Staats-Ministeriums des Innern, nach den darüber bestehenden gesetzlichen Einrichtungen. In den Kreisen, in welchen die größere Mehrheit der Einwohner Protestantischer Confession ist, soll jedoch das Referat in Schul-Angelegenheiten einem Rathe von dieser Confession übertragen, auch soll unter den Ober-Studienräthen jederzeit Einer der Protestantischen Confession angestellt werden.

III. Verhältniße des Ober-Consistoriums zu den untern Consistorien, und dieser zu den Regierungen und anderen weltlichen Behörden

§ 15. Die Consistorien behalten in allen Beziehungen gegen das Ober-Consistorium dasselbe Verhältniß, in welchem die zeitherigen General-Decanate zu den General-Consistorien gestellt waren.

§ 16. Die Consistorien sind in ihrem Wirkungskreise gegen die Regierungen als coordinirte Stellen zu betrachten, wonach sie sich wechselseitig gegen einander zu benehmen haben; in Staats-, Policey- uind anderen nach dem Edicte über die äußeren Rechts-Verhältniße zur weltlichen Regierung gehörigen Gegenständen aber sind sie den Regierungen untergeben, diese haben jedoch in ihren Ausfertigungen an dieselbe sich jederzeti einer geziemenden Schreibart zu bedienen.

§ 17. Den Consistorien sidn in Gegenständen ihres Wirkungskreises die Districts-Dekanate und Pfarrer untergeordnet; Verfügungen an weltliche Behörden können sie nur durch die Regierung bewirken, welche ihnen zur Unterstützung in der Ausübung ihrer Amtsbefugnisse nicht verweigert werden dürfen, so lange sie in den gesetzlichen Schranken ihres Wirkungskreises verbleiben; auch werden die Landgerichte und übrigen Policeystellen hierdurch angewiesen, denselben hiezu jederzeit den erforderlichen Beystand zu leisten.

IV. Verhältniße des Ober-Consistoriums zu dem Staats-Ministerium des Innern

§ 18. Das Ober-Consistorium ist ein dem Staats-Ministerium des Innern unmittelbar untergeordnetes Collegium; es empfängt hiernach von demselben Aufträge und Befehle durch Rescripte und erstattet an dasselbe Berichte.

§ 19. Dasselbe hat hiernach an genanntes Staats-Ministerium gutachtliche Berichte zu erstatten und durch dieses die Allerhöchste Entschließung zu erholen:
a) In allen Gegenständen neuer organischer kirchlicher Einrichtungen und allgemeiner Verordnungen;
b) bey Anordnungen allgemeiner öffentlicher Gebete und außerordentlicher Kirchenfeste, oder Abschaffung bestehender Feste und Feyertage;
c) in Fällen, wo es auf Bestimmung der Verhältniße zwischen Katholischen und Protestantischen Pfarreyen und einzelner Einwohner verschiedener Glaubens-Bekenntniße ankömmt, nach §§ 47 und 48 der Consistorial-Ordnung, wohin insbesondere die Purificationen gemischter Pfarreyen gehören;
d) bey Dispensations-Gesuchen wegen verbotener Verwandtschafts-Grade;
e) über alle Anstellungen und Beförderungen in geistlichen Amtsstellen, Versetzungen, Degradationen, Suspensionen vom Amte, Pensionirungen, Entsetzungen oder Ausschließung vom geistlichen Amte;
f) bey Eintheilung der Pfarrsprengel und Errichtung neuer Pfarreyen, oder Vereinigun mehrerer Gemeinden in eine Pfarrey;
g) bey Anordnungen außerordentlicher Synodal-Versammlungen;
h) über die Resultate gehaltener allgemeiner Synodal-Versammlungen;
i) über die Annahme neuer Stiftungen zu kirchlichen Zwecken, mit Vorbehalt der Competenz der Kreis-Regierungen in Ansehung der administrativen Beziehungen;
k) in Fällen, wo ein Benehmen mit andern Staats-Ministerien erforderlich ist.

Nebstdem hat dasselbe am Schluße eines jeden Jahres eine allgemeine Uebersicht des kirchlichen zustandes der Protestantischen Gesammt-Gemeinde mit den im Laufe des Jahres darin vorgegangenen wirtigen Veränderungen mit gutachtlichen Bemerkungen vorzulegen.

V. Geschäftsgang

§ 20. Die Leitung der Geschäfte liegt bey dem Ober-Consistorium dem Präsidenten, und bey den untern Consistorien dem Vorstande, und in Abwesenheit oder Verhinderung desselben dem ersten Rathe ob.

§ 21. Aller Einlauf wird von dem Vorstande geöffnet und präsentirt. Derselbe hat zu sorgen, daß alsbald die Eintragunge in das mit dem Geschäfts-Protocolle verbundene besondere Einlaufs-Journal bewirkt, und die Producte mit den Vor-Acten an diejenigen Referenten vertheilt werden, welche er entweder durch eine allgemeine Repartitions-Vorschrift, oder in einzelnen Fällen, besonders benannt hat.

§ 22. Sämmtliche Gegenstände werden mittelst gemeinschaftlicher Berathung in förmlichen Sitzungen behandelt; in jeder Woche soll eine Sitzung nach den Bestimmungen des Vorstandes gehalten werden.

§ 23. Der Vorstand hält, wie in andern Collegien, die Umfrage, spricht die Beschlüße nach der Einheit oder Mehrheit der Stimmen aus, und läßt dieselben in das Sitzungs-Protocoll eintragen. Bey sich ergebender Stimmen-Gleichheit ist die Stimme des Vorstandes entscheidend.

§ 24. Sämmtliche Entwürfe werden von dem Proponenten unterzeichnet, und von dem Vorstande mit dem Expediatur versehen; der Secratair bemerkt auf demselben den Tag der Sitzung mit Hinweisung auf die Nummer des Sitzungs-Protocolls, und sorgt sodann für die Reinschrift.

§ 25. Die Eingaben geschehen unter der Aufschrift:

an "das Königl. Baier. Protestantische Ober-Consistorium"
oder in den Kreisen
an "das Königl. Baier. Protestantische Consistorium zu N.".

Die Berichte des Ober-Consistoriums an das Staats-Ministerium werden in der allgemein vorgeschriebenen Form abgefaßt, und mit der Unterschrift des Vorstandes, des Referenten und Secretaire's bezeichnet; die Berichte der unteren Consistorien an das Ober-Consistorium erhalten die ebenbemerkte Aufschrift, unter Beobachtung der Unterordnung; ein gleiches geschieht von den Districts-Decanaten und Pfarrämtern an die Consistorien. Die Anrede ist:

"Königliches Ober-Consistorium" oder "Königliches Consistorium".
Die Unterschrift an das Ober-Consistorium:
"gehorsamstes N."; an die Consistorien: "gehorsames N.".

§ 26. Die Form der Ausfertigung ist folgende:
a) jene an die untergeordneten Stellen geschehen mit der Ueberschrift:

"Im Namen Seiner Majestät des Königs."
Die Schreibart ist befehlend, und die Unterschrift:
"Königlich Protestantisches Ober-Consistorium."
b) Die Schreiben an coordinirte Stellen fangen mit der Bezeichnung der Behörde an, von welcher und an welche geschrieben wird:
"das Königliche Consistorium zu N." an ect. ect. ect.
Die Schreibart ist gesinnend, der Inhalt wird in der dritten Person gefaßt, den Schluß bildet die Unterschrift des Vorstandes; der Sekretaire contrasignirt.

§ 27. Die Consistorien bedienen sich bey ihren Ausfertigungen eigener Siegel mit der Umschrift:

"Königl. Baier. Protestantisches Ober-Consistorium"
oder
"Königl. Baier. Protestantisches Consistorium zu N."

§ 28. Der Secretaire hat die Führung des Journals und der Protocolle, so wie die Expedition zu besorgen. Die Aufsicht über die Canzley- und Registraturs-Geschäfte führt der Vorstand; sie kann auch einem Rathe aufgetragen werden.

§ 29. Der Präsident des Ober-Consistoriums darf ohne Anzeige und Genehmigung des Staats-Ministeriums des Innern von den Geschäften sich niemals entfernen; der Vorstand der untern Consistorien muß davon die Anzeige bei dem Ober-Consistorium machen, und dessen Genehmigung erholen. Der Vorstand ist befugt, den Räthen und dem übrigen Personal, mit vorsorglicher Rücksicht auf den Dienst, einen Urlaub auf 14 Tage zu bewilligen; bey Urlaubs-Gesuchen ist das Ausland, in die Residenz, oder auf längere Zeit als 14 Tage, sind die bestehenden Vorschriften zu beachten.

    München, den 26. May 1818.

Maximilian Joseph
Zur Beglaubigung:
Egid von Kobell,
Königl. Staatsrath und General-Secretaire.

Das vorstehende Gesetz ist das "Konkordat" für die evangelische Kirche in Bayern; da der König römisch-katholisch war, wurde als Oberhaupt der Evangelischen Kirche in Bayern ein Konsistorium eingerichtet, das die Landesherrlichkeit über diese Kirche ausübte. Das Gesetz galt bis zum Inkrafttreten der Verfassung des Freistaates Bayern vom 14. August 1919 uneingeschränkt und wurde durch die Verträge zwischen dem Bayerischen Staate und derEvangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern rechts des Rheins und zwischen dem Bayerischen Staate und der Vereinigten protestantisch-evangelisch-christlichen Kirche der Pfalz vom 15. November 1924, die durch das Gesetz vom 15. Januar 1925 (GVBl. S. 53) ratifiziert wurden, aufgehoben.

Durch Königliche Entschließung wurde wurden die §§ 1 und 18 des vorstehenden Gesetzes "ausgelegt":

Königliche Entschließung, die Geschäftszuständigkeit des protestantischen Oberkonsistoriums betreffend

vom 2. Juli 1831

Wir haben von der Beschwerde Einsicht genommen, welche der Präsident Unseres protestantischen Oberkonsistoriums aus Veranlassung der unterm 12. Januar 1829 über die Geschäftszuständigkeit der genannten Stelle ergangenen Entschließung an die Stände-Versammlung, Kammer der Reichsräthe gebracht hat.

Wenn Unser protestantisches Oberkonsistorium aus dem Inhalte gedachter Entschließung die Besorgniß geschöpft hat, daß dadurch der Bestimmung des II, Anhanges zur zweiten Beilage der Verfassungsurkunde §§ 1 und 18 eine Auslegung ertheilt sei, welche mit der verfassungsmäßigen Stellung Unseres protestantischen Oberkonsistoriums und dem vermöge des gedachten Anhanges zum Edikt über die äußern Rechtsverhältnisse der Einwohner des Königreichs in Beziehung auf Religion und kirchliche Gesellschaften §§ 11 bis 14, dann § 19 demselben angewiesenen Wirkungskreise nicht vereinbar sei; so eröffnen Wir hierauf Unserem protestantischen Oberkonsistorium zu seiner Beruhigung, daß Wir niemals irgend einer Maßnahme stattgeben werden, die zur Beeinträchtigung der verfassungsmäßig normirten Zuständigkeit desselben in der Ausübung des mit der Staatsgewalt verbundenen Episkobats gereichen könnte, und daß Wir obengedachter Entschließung, insoweit daraus eine verfassungsmäßig nicht begründete Einschreitungsbefugniß Unseres Staatsministeriums des Innern in innere Kirchensachen abgeleitet werden könnte, durchaus keine Wirkung beilegen wollen.

Es ist vielmehr Unser ernstlicher Wille, daß die in den §§ 1 und 18 des vorerwähnten Anhangs festgesetzte Unterordnung Unseres protestantischen Oberkonsistoriums unter Unser Staatsministerium des Innern nur jene Gegenstände und Einschreitungen begreife, in und zu welchen dessen Zuständigkeit theils nach der zweiten Beilage der Verfassungsurkunde, theils in den Bestimmungen des zweiten Anhanges zu gedachter Beilage, und insbesondere in dem § 19 desselben begründet ist, wobei jedenfalls die Aufsicht auf die Erhaltung und Beobachtung der bestehenden Kirchenverfassung sowohl, als der geltenden besonderen Ordnungen vorbehalten bleiben muß.

Wir erneuern dabei die in einer von Unserer in Gott ruhenden Herrn Vaters, des Allerhöchstseligen Königs Maximilian Joseph Majestät unterm 28. Oktober 1824 Nr. 16 erlassenen Entschließung gegebene feierliche Versicherung, daß Wir in den innern Kirchenangelegenheiten der Protestanten ohne Mitwirkung Unseres prot. Oberkonsistoriums, welche darüber die Meinung der Generalsynoden nach Umständen einholen mag, niemals eine Veränderung vornehmen oder vorzunehmen gestatten werden.

An das Königlich protestantische Oberkonsistorium also ergangen.


Quellen: Gesetzblatt für das Königreich Baiern 1818, S. 453
©  27. Mai 2003
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