Manifest, die Einführung einer ständischen Verfassung betreffend.

vom 11. Januar 1815
 

Wir Friderich, von Gottes Gnaden, König von Württemberg, souverainer Herzog in Schwaben und von Teck ec. ec. ec.

entbiethen allen Unsern liebenund getreuen Dienern, Vasallen und Unterthanen Unsere Königliche Gnade.

Von dem Augenblicke an, als gebieterische politische Verhältnisse die Staats-Veränderung vom Jahr 1806 herbeygeführt hatten, faßten Wir den festen Entschluß, Unserem Königreiche, sobald der Drang der Umstände aufgehört haben, und ein fester Stand der Dinge eingetreten seyn würde, eine seiner inneren und äusseren Lage, den Rechten der Einzelnen und den Bedürfnissen des Staats angemessene Verfassung und ständische Repräsentation zugeben.

Die Ausführung dieses Entschlusses verzögerte sich durch die nachherigen Zeit-Ereigneisse, welche die Vornahme einer solchen wesentlichen Grund-Einrichtung der ganzen Staats-Organisation nicht räthlich machen konnten.

Erst die im vorigen Jahre eingetretene Veränderung in den öffentlichen Angelegenheiten konnte diesen Unserem landesväterlichen Herzen so angelegenen Wunsch der Ausführung näher bringen, und Wir würden daher gleich nach Abschluß des Pariser Friedens denselben in Erfüllung gesetzt haben, wenn nicht von dem zu vollständiger Berichtigung des allgemeinen Friedens beschlossenen Congresse in Wien Abänderungen in den inneren und äusseren Verhältnissen des Königreichs zu erwarten gewesen wären, und es daher zweckmäßiger geschienen hätte, die Ausführung auf die Resultate jenes Congresses auszusetzen. Indessen haben Wir gleich Anfangs, in den zu Behandlung der deutschen Angelegenheiten stattgehabten Conferenzen, den zu Wien versammelten Souverains Unsern festen Entschluß und Absicht der Einführung einer Stände-Verfassung  im Königreiche erklärt. Da aber die End-Resultate dieses Congresses nicht so schnell, als Wir in Beziehung auf jene Absicht gewünscht hätten, herbeygeführt werden konnten: so finden Wir Uns bewogen, Unserm Volke diese ihm bestimmte Wohlthat nun nicht länger vorzuenthalten, und dadurch öffentlich zu beweisen, daß nicht eine äussere Nothwendigkeit oder eine gegen Andere eingegangene Verbindlichkeiet, sondern blos die feste Überzeugung von dem Bedürfnisse einer angemessenen ständischen Verfassung für das wesentliche Interesse des Staats, und der Wunsch Uns geleitet hat, auch hiedurch nach 17 stürmischen Jahren, in welchen die Vorsehung Uns und Unser Reich erhalten hat, das Glück Unseres Volkes für künftige Generationen dauerhaft zu begründen.

Wir haben zu dem Ende die Grundzüge einer solchen Verfassung, worin die Zusammensetzung der Stände, der ihnen zukommende Antheil an der Gesetzgebung und der Besteuerung, das Recht ihre Bitten und Wünsche vor dem Throne niederzulegen, so wie allgemeine und wesentliche Rechte und Verpflichtungen der Unterhtanen bestimmt werden, entworfen, und eine Commission von Staatsdienern aus verschiedenen Classen der Nation, verschieden nach Stand, Amts-Verhältnissen, Religions-Bekenntniß und Güter-Besitz, mit dem Auftrage niedergesetzt, das Ganze nach seiner hohen Wichtigkeit in die sorgfältigste Berathung zu ziehen, und den hienach reiflich ausgearbeiteten Entwurf einer Repräsentativ-Verfassung für das Reich Uns zur Genehmigung vorzulegen.

Die von Uns sanctionirte Verfassungs-Urkunde werden Wir sodann der ständischen Repräsentation, welche Wir auf den 15. März dieses Jahrs hier zu versammeln gedenken, übergeben, sie beschwören und in volle Ausübung setzen lassen.

Es gereicht Uns zur wahren landesväterlichen Freude, diese Unsere Gesinnung und feste Willensmeinung Unsern lieben und getreuen Unterthanen hiedurch zu verkünden, indem Wir Uns versichert halten, daß sie in diesen Anordnungen und Einrichtungen den sprechenden Beweis Unserer unermüdlichen Fürsorge für ihr dauerndes Glück erkennen, und auch künftig ihre unter allen Veränderungen der Zeit unverrükte Treue und Anhänglichkeit an Uns und Unser Regenten-Haus bewähren werden.

    Gegeben unter Unserer höchsteigenhändigen Unterschrift und beygedruktem Königlichen Insiegel in Unserer Königlichen Residenz zu Stuttgart, den 11. Januar im Jahre Christ Eintausend Achthundert und Fünfzehn, Unserer Königlichen Regierung im Zehnten.

Friderich.

Der Minister des Innern,
Staats- und Conferenz-Minister,
Graf v.. Reischach.

Ad Mand. Sacr. Reg. Maj. prop.
Minister, Staats-Secretair,
Freyherr v. Vellnagel.


Quelle: Regierungsblatt für Württemberg 1815 S. 9
© 25. Februar 2007

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