Gesetz Nr. 398
über die Gemeindewahlen
(Gemeindewahlgesetz)

vom 23. Oktober 1950

faktisch aufgehoben durch
Gesetz über Gemeinde- und Kreiswahlen (Kommunalwahlgesetz) vom 13. Juli 1953 (GBl. S. 103).

Der Landtag hat am 18. Oktober 1950 das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Erster Abschnitt
Geltung des Gemeindewahlgesetzes

Art. 1. Das Gemeindewahlgesetz gilt für die Wahl der Mitglieder des Gemeinderats und die Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters).

Zweiter Abschnitt
Allgemeines

Art. 2. Allgemeine Grundsätze für die Wahlen. Die Wahlen sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim.

Art. 3. Wahlgebiet, Wahlkreise, Wahlbezirke. (1) Die Gemeinde bildet das Wahlgebiet.

(2) Für die Wahl der Mitglieder des Gemeinderats kann in den Gemeinden mit mehr als 50000 Einwohnern das Wahlgebiet durch die Hauptsatzung in mehrere Wahlkreise eingeteilt werden. In den übrigen Gemeinden kann das Wahlgebiet durch die Hauptsatzung in mehrere Wahlkreise eingeteilt werden, wenn die Gemeinde aus räumlich erheblich voneinander entfernten Wohnplätzen besteht. Die Zahl der in einem Wahlkreis zu wählenden Mitglieder des Gemeinderats wird durch die Hauptsatzung bestimmt. Sie muß im Rahmen der Gesamtzahl für das Wahlgebiet mindestens vier betragen und gerade sein.

(3) Das Wahlgebiet oder im Falle des Abs. 2 die Wahlkreise bilden einen oder mehrere Wahlbezirke.

Art. 4. Wahl der Mitglieder des Gemeinderats. (1) Die Mitglieder des Gemeinderats werden von den Wahlberechtigten auf Grund von Wahlvorschlägen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt (Listenwahl). Die Wahlvorschläge dürfen höchstens so viele Bewerber enthalten, als bei der Wahl im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, Mitglieder des Gemeinderats zu wählen sind. Der Wahlberechtigte kann innerhalb der zulässigen Gesamtstimmenzahl (Satz 2) Bewerber aus anderen Wahlvorschlägen des gleichen Wahlgebiets, im Falle des Art. 3 Abs. 2 des gleichen Wahlkreises, übernehmen (Stimmen mischen). Er kann innerhalb der zulässigen Gesamtstimmenzahl (Satz 2) einem Bewerber bis zu drei Stimmen geben (Stimmen häufen).

(2) Wird im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, kein oder nur ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so wird im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt. Der Wahlberechtigte ist an die vorgeschlagenen Bewerber nicht gebunden. Er kann jedem Bewerber nur eine Stimme geben. Der Wahlzettel darf höchstens so viele Namen enthalten, als im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, Mitglieder des Gemeinderats zu wählen sind.

Art. 5. Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters). Der Bürgermeister (Oberbürgermeister) wird von den Wahlberechtigten gewählt. Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der gültig abgegebenen Stimmen erhalten hat. Hat kein Bewerber mehr als die Hälfte der gültig abgegebenen Stimmen erhalten, so findet eine zweite Wahl (Stichwahl) unter den zwei Bewerbern statt, die bei der ersten Wahl die höchsten Stimmenzahlen erhalten haben. Bei der Stichwahl entscheidet die einfache Stimmenmehrheit. Ergibt die Stichwahl Stimmengleichheit, so entscheidet das Los. Scheidet einer dieser beiden Bewerber vor der Durchführung der Stichwahl aus irgendeinem Grunde aus, so findet eine neue Wahl nach den Grundsätzen der ersten Wahl statt.

Dritter Abschnitt
Wahlberechtigung und Wählbarkeit

Art. 6. Sachliche Voraussetzungen der Wahlberechtigung. (1) Wahlberechtigt ist, wer am Wahltag
1. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt,
2. das 21. Lebensjahr vollendet hat,
3. seit mindestens einem Jahr in der Gemeinde wohnt oder zur Zeit der Wahl Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Beigeordneter ist,
4. von der Wahlberechtigung nicht ausgeschlossen ist (Art. 7).

(2) Wahlberechtigt sind, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 bis 4 vorliegen, auch die Personen, die einen Flüchtlingsausweis im Sinne von § 3 des Gesetzes Nr. 303 über die Aufnahme und Eingliederung deutscher Flüchtlinge (Flüchtlingsgesetz) vom 14. Februar 1947 (RegBl. S. 15) besitzen.

(3) Wer die Wahlberechtigung in einer Gemeinde durch Wegzug verloren hat, jedoch vor Ablauf von drei Jahren in die Gemeinde zurückkehrt, erhält sofort mit der Rückkehr die Wahlberechtigung wieder.

(4) Personen, die infolge von Kriegsereignissen ihren Wohnsitz aufgeben mußten und dadurch ihre Wahlberechtigung verloren haben, erhalten mit der Rückkehr in die Heimatgemeinde ihre Wahlberechtigung wieder. Art. 6 Abs. l Ziff. 3 gilt in diesen Fällen nicht.

Art. 7. Ausschluß von der Wahlberechtigung. Ausgeschlossen von der Wahlberechtigung ist:
1. wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft steht,
2. wer durch Richterspruch die bürgerlichen Ehrenrechte rechtskräftig verloren hat,
3. wer rechtskräftig auf Grund des Gesetzes Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 (RegBl. S.71) in Verbindung mit dem Gesetz Nr. 1078 zum Abschluß der politischen Befreiung vom 3. April 1950 (RegBl. S.30) die Wahlberechtigung verloren hat.

Art. 8. Behinderung in der Ausübung der Wahlberechtigung. Behindert in der Ausübung der Wahlberechtigung sind:
1. Personen, die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht sind,
2. Strafgefangene,
3. Personen, die in Sicherheitsverwahrung gehalten werden.

Art. 9. Förmliche Voraussetzungen der Wahlberechtigung. Wählen kann nur der Wahlberechtigte, der in die Wählerliste (Wahlkartei) des Wahlgebiets eingetragen ist oder einen Wahlschein hat.

Art. 10. Wählbarkeit. (1) Wählbar in den Gemeinderat ist, wer am Wahltag
1. wahlberechtigt ist (Art. 6),
2. an der Ausübung der Wahlberechtigung nicht behindert ist (Art. 8),
3. das 25. Lebensjahr vollendet hat,
4. die Wählbarkeit durch rechtskräftige Entscheidung einer Spruchkammer nicht verloren hat (Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von. Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946, RegBl. S. 71, in Verbindung mit dem Gesetz Nr. 1078 zum Abschluß der politischen Befreiung vom 3. April 1950, RegBl. S.30) und
5. wem die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht, aberkannt ist.

(2) Wählbar zum Bürgermeister (Oberbürgermeister) ist, wer am Wahltag
1. die deutsche Staatsangehörigkeit oder einen Flüchtlingsausweis im Sinne von § 3 des Gesetzes Nr. 303 über die Aufnahme und Eingliederung deutscher Flüchtlinge (Flüchtlingsgesetz) vom 14. Februar 1947 (RegBl. S.15) besitzt,
2. das 25. Lebensjahr vollendet hat,
3. nicht unter die Bestimmungen des Art. 7 Nr. 1 oder 2 oder des Art. 8 fällt,
4. die Wählbarkeit durch rechtskräftige Entscheidung einer Spruchkammer nicht verloren hat (Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946, RegBl. S.71, in Verbindung mit dem Gesetz Nr. 1078 zum Abschluß der politischen Befreiung vom 3. April 1950, RegBl. S.30) und
5. wem die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht aberkannt ist.

Art. 11. Zugehörigkeit von Beamten, Angestellten und Arbeitern zum Gemeinderat. Beamte, Angestellte und Arbeiter der Gemeinde und der Aufsichtsbehörde dürfen in den Gemeinderat nicht eintreten und dem Gemeinderat nicht angehören.

Vierter Abschnitt
Vorbereitung der Wahl

1. Wahltag

Art. 12. (1) Die regelmäßigen Wahlen der Mitglieder des Gemeinderats finden im November statt. Das Innenministerium kann den Wahltag näher bestimmen.

(2) Im übrigen bestimmt der Gemeinderat den Tag der Wahl der Mitglieder des Gemeinderats und des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters).

(3) Der Wahltag muß ein Sonntag sein. An Fest- und Feiertagen dürfen keine Wahlen durchgeführt werden.

2. Wählerliste und Wahlscheine

Art. 13. Wählerliste. (1) Für jede Wahl ist vom Bürgermeisteramt eine Wählerliste aufzustellen.

(2) In die Wählerliste sind alle am Wahltag wahlberechtigten Personen einzutragen.

(3) Jeder Wahlberechtigte, der die Wählerliste für unrichtig oder unvollständig hält, kann ihre Berichtigung während der Dauer der öffentlichen Auflegung beantragen: Er hat die erforderlichen Beweise beizubringen, sofern die behaupteten Tatsachen nicht amtsbekannt oder offenkundig sind.

(4) Gegen die Entscheidung über den Berichtigungsantrag kann binnen drei Tagen Einspruch beim Gemeinderat erhoben werden. Bei Gemeinden, die der allgemeinen Aufsicht des Landratsamts unterstehen, ist statt des Einspruchs Beschwerde an das Landratsamt gegeben. Gegen die Einspruchs- bzw. Beschwerdeentscheidung ist binnen drei Tagen die Anfechtungsklage nach dem Gesetz Nr. 110 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 16. Oktober 1946 (RegBl. S.221) unter den dort festgelegten Voraussetzungen zulässig. Der Einspruch und die Beschwerde nach Satz 1 treten an die Stelle des Einspruchs im Sinne von § 38 des Gesetzes Nr. 110.

Art. 14. Wahlscheine. (1) Einen Wahlschein erhält auf Antrag
1. ein Wahlberechtigter, der in eine Wählerliste eingetragen ist,
    a) wenn er sich am. Wahltag aus zwingenden Gründen außerhalb des Wahlbezirks aufhält, in dessen Wählerliste er eingetragen ist,
    b) wenn er nach Ablauf der Frist zur Auflegung der Wählerliste seine Wohnung in einen anderen Wahlbezirk verlegt,
    c) wenn er infolge eines körperlichen Leidens oder Gebrechens in seiner Bewegungsfreiheit behindert ist und durch den Wahlschein die Möglichkeit erhält; einen für ihn günstiger gelegenen Wahlraum aufzusuchen,
2. ein Wahlberechtigter, der in eine Wählerliste nicht eingetragen oder darin gestrichen ist,
    a) wenn er nachweist, daß er ohne sein Verschulden versäumt hat, rechtzeitig die Berichtigung der Wählerliste zu beantragen,
    b) wenn er wegen Behinderung in der Ausübung der Wahlberechtigung gestrichen oder nicht eingetragen war, der Grund hierfür aber nachträglich weggefallen ist,
    c) wenn die Voraussetzungen für seine Eintragung in die Wählerliste erst nach dem Abschluß der öffentlichen Auflegung der Wählerliste eintreten oder durch eine Entscheidung im Rechtsmittelverfahren festgestellt werden.

(2) Bei Versagung des Wahlscheins gilt Art. 13 Abs. 4 entsprechend.

3. Wahlausschüsse.

Art. 15. Wahl der Mitglieder des Gemeinderats. (1) Die Wahl der Mitglieder des Gemeinderats leitet ein Gemeindewahlausschuß. Er besteht aus dem Bürgermeister (Oberbürgermeister) als Vorsitzendem und mindestens zwei Beisitzern. Die Beisitzer und die erforderlichen Stellvertreter werden vom Gemeinderat aus seiner Mitte bestellt. Reicht die Zahl der Mitglieder des Gemeinderats nicht aus, so können wahlberechtigte Gemeindeeinwohner als Beisitzer und Stellvertreter zugewählt werden.

(2) Der Gemeindewahlausschuß ist beschlußfähig, wenn sämtliche Mitglieder oder ihre Stellvertreter anwesend sind. Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt.

(3) Der Gemeindewahlausschuß bestellt den Schriftführer und die erforderlichen Hilfskräfte.

Art. 16. Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters). (1) Die Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters) leitet ein Gemeindewahlausschuß. Er besteht aus dem Bürgermeister (Oberbürgermeister) als Vorsitzendem und mindestens zwei Beisitzern. Ist der Bürgermeister (Oberbürgermeister) als Bewerber an der Wahl beteiligt oder wegen Befangenheit von der Mitwirkung bei der Wahl ausgeschlossen, so bestellt der Gemeinderat den Vorsitzenden des Gemeindewahlausschusses aus seiner Mitte.

(2) Art. 15 Abs. l Satz 3 und 4 und Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

Art. 17. Wahlkreis- und Wahlbezirksausschüsse. (1) Ist das Wahlgebiet in mehrere Wahlkreise oder Wahlbezirke eingeteilt, so ist für jeden Wahlkreis ein Wahlkreisausschuß und für jeden Wahlbezirk ein Wahlbezirksausschuß zu bilden. Sie bestehen aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern. Der Vorsitzende, die Beisitzer und die erforderlichen Stellvertreter werden vom Gemeinderat aus dem Kreis der wahlberechtigten Gemeindeeinwohner gewählt.

(2) Art. 15 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

4. Wahlräume

Art. 18. Die Wahlräume, die für die Wahl erforderliche Ausstattung der Wahlräume und das Bedienungspersonal werden von der Gemeinde gestellt.

5. Wahlzettel und Wahlumschläge

Art. 19. (1) Der Gemeinderat kann bei der Wahl der Mitglieder des Gemeinderats bestimmen, daß, abgesehen von den Fällen des Art. 4 Abs. 2, mit amtlich hergestellten Wahlzetteln gewählt wird und daß andere Wahlzettel ungültig sind.

(2) Die Wahlumschläge müssen amtlich abgestempelt und undurchsichtig; sowie innerhalb eines Wahlbezirks auch von gleicher Größe und Farbe sein.

Fünfter Abschnitt
Dauer der Wahlhandlung

Art. 20. (1) Die Abstimmungszeit dauert von 8 Uhr bis 18 Uhr.

(2) In den Gemeinden mit nicht mehr als 3000 Einwohnern kann der Gemeinderat die Abstimmungszeit um höchstens zwei Stunden abkürzen, wenn und soweit die örtlichen Verhältnisse dies rechtfertigen.

(3) In den kreisfreien Städten und den unmittelbaren Kreisstädten kann der Gemeinderat ausnahmsweise den Beginn der Abstimmungszeit allgemein oder in einzelnen Wahlbezirken um. höchstens zwei Stunden vorverlegen.

Sechster Abschnitt
Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses

Art. 21. Ungültige Wahlzettel und ungültige Stimmen. (1) Ungültig und bei der Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuß (Art. 15 bzw. 16 und 17) nicht in Anrechnung zu bringen sind Wahlzettel,
1. die sich nicht in einem amtlich abgestempelten Wahlumschlag oder die sich in einem mit einem äußeren Kennzeichen versehenen Wahlumschlag, oder die sich in einem Wahlumschlag befinden, der beleidigende Bemerkungen für Bewerber, Dritte oder Behörden enthält,
2. die mit Bemerkungen versehen sind, die für Bewerber, Dritte oder Behörden beleidigend sind,
3. die nicht von weißem oder weißlichem Papier oder die mit einem auf die Person des Wahlberechtigten hinweisenden besonderen Kennzeichen versehen sind,
4. die als nicht amtlich hergestellt erkennbar sind, wenn mit amtlich hergestellten Wahlzetteln abgestimmt wird,
5. deren ganzer Inhalt durchstrichen ist oder die ganz durchgerissen sind.

(2) Mehrere in einem Wahlumschlag enthaltene Wahlzettel gelten als ein Wahlzettel, wenn sie gleichlautend sind oder, wenn nur einer von ihnen eine Stimmabgabe enthält, sonst sind sie ungültig.

(3) Die für einzelne Bewerber abgegebenen Stimmen sind ungültig und bei der Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlausschuß (Art. 15 bzw. 16 und 17) nicht in Anrechnung zu bringen,
1. wenn der Name des Gewählten auf dem Wahlzettel nicht lesbar oder die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft erkennbar ist oder gegenüber dem Gewählten eine Verwahrung oder ein Vorbehalt beigesetzt ist,
2. wenn bei Verhältniswahl der Wahlzettel Namen von Bewerbern enthält, die auf keinem Wahlvorschlag stehen, 3. wenn nach Streichung von Namen nach Nr. 1 und 2 auf dem Wahlzettel mehr Namen stehen, als Bewerber zu wählen sind oder wenn bei Stimmenhäufung die zulässige Häufungszahl (Art. 4 Abs. l Satz 4) oder die zulässige Gesamtstimmenzahl überschritten wird.

(4) Bei der Streichung von Namen und Stimmen nach Abs. 3 Nr. 3 ist der erkennbare Wille des Wahlberechtigten zu beachten. Die über die zulässige Zahl hinaus verzeichneten Namen und Stimmen sind in der Reihenfolge von hinten zu streichen. Sind bei Verwendung von gedruckten Wahlzetteln vom Wahlberechtigten Namen oder Zahlzeichen handschriftlich oder mechanisch (mit Schreibmaschine) angebracht, so sind zuerst die vorgedruckten Namen und anschließend erforderlichenfalls auch die übrigen Namen und Stimmen in der Reihenfolge von hinten zu streichen.

Art. 22. Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge bei der Verhältniswahl. (1) Die Sitze werden, wenn das Wahlgebiet nicht in Wahlkreise eingeteilt ist, unter die Wahlvorschläge des Wahlgebiets nach dem Verhältnis der ihnen zugefallenen Gesamtstimmenzahlen verteilt.

(2) Im Falle des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 werden  die auf die Wahlvorschläge der gleichen Wählervereinigung im Wahlgebiet gefallenen Gesamtstimmenzahlen zusammengezählt und die Sitze auf die Wählervereinigungen nach dem Verhältnis der auf sie gefallenen Gesamtstimmenzahlen verteilt.

(3) Im Falle des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 werden die Sitze unter die Wahlvorschläge des Wahlkreises nach dem Verhältnis der ihnen zugefallenen Gesamtstimmenzahlen verteilt.

(4) Haben mehrere Wahlvorschläge (Wählervereinigungen) den gleichen Anspruch auf einen Sitz, so entscheidet das Los.

Art. 23. Verteilung der Sitze auf die einzelnen Bewerber bei der Verhältniswahl. (1) Die auf die einzelnen Wahlvorschläge nach Art. 22 entfallenen Sitze werden den in den Wahlvorschlägen aufgeführten Bewerbern nach der Stimmenzahl zugeteilt, die jeder von ihnen erhalten hat. Haben mehrere Bewerber die gleiche Stimmenzahl erhalten und reicht die verfügbare zahl von Sitzen nicht aus, so entscheidet die Reihenfolge der Benennung im Wahlvorschlag.

(2) Entfallen auf einen Wahlvorschlag mehr Sitze als er Bewerber enthält, so bleiben sie unbesetzt.

Art. 24. Verteilung der Sitze auf die einzelnen Bewerber bei der Mehrheitswahl. Bei der Mehrheitswahl (Art. 4 Abs. 2) sind im: Wahlgebiet im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, die Bewerber mit den höchsten Stimmenzahlen in der Reihenfolge dieser zahlen gewählt: Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Art. 25. Wahlergebnis. Das Wahlergebnis ist vom Gemeindewahlausschuß für das Wahlgebiet festzustellen und öffentlich bekanntzumachen.

Siebenter Abschnitt
Wahlanfechtung und Wahlprüfung

1. Wahlanfechtung

Art. 26. Wahlanfechtung. (1) Gegen die Wahl und die Feststellung des Wahlergebnisses kann binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses (Art. 25) Einspruch beim Gemeinderat erhoben werden.

(2) Einspruchsberechtigt ist jeder Wahlberechtigte und jeder Bewerber.

(3) Der Gemeinderat entscheidet über den Einspruch.

(4) Gegen die Entscheidung des Gemeinderats ist in den Gemeinden, die der allgemeinen Aufsicht des Landratsamts unterstehen, binnen zwei Wochen Beschwerde an das Landratsamt gegeben. Gegen die Einspruchsentscheidung des Gemeinderats in den kreisfreien Städten Und den unmittelbaren Kreisstädten und gegen die Beschwerdeentscheidung des Landratsamts ist binnen zwei Wochen die Anfechtungsklage nach dem Gesetz Nr. 110 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 16. Oktober 1946 (RegBl. S.221) unter den dort festgelegten Voraussetzungen zulässig. Der Einspruch und die Beschwerde treten an die Stelle des Einspruchs im Sinne von § 38 des Gesetzes Nr. 110.

Art. 27. Wahlanfechtungsgründe. (1) Ungültig sind Stimmen, deren Abgabe durch eine von einem Gewählten oder einem Dritten begangene strafbare Handlung im Sinne der §§ 109 oder 240 des Reichsstrafgesetzbuches oder durch eine andere gesetzwidrige, von einem Gewählten oder zu seinen Gunsten von Dritten verübte Wahlbeeinflussung oder durch Gewährung oder Versprechung von Geschenken veranlaßt worden ist.

(2) Ungültig ist die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat oder die Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters), wenn der Bewerber zur Zeit der Wahl nicht wählbar war oder zugunsten seiner eigenen Wahl sich eines Vergehens im Sinne der §§ 107 bis 109 oder 240 des Reichsstrafgesetzbuches schuldig gemacht hat.

(3) Ungültig ist die Wahl, wenn wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung und über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind. Als Verstoß gilt auch eine absichtliche oder grobfahrlässige Unterlassung der Eintragung von Wahlberechtigten in die Wählerliste.

(4) Ein Wahlanfechtungsgrund ist auch ein von einem Gewälten oder einem Dritten begangenes Vergehen im Sinne der §§ 107 bis 109 oder 240 des Reichsstrafgesetzbuches.

(5) Eine Wahl kann nicht für ungültig erklärt werden, wenn durch den Verstoß, auf den die Anfechtung gestützt wird, das Ergebnis der Wahl nicht beeinflußt werden konnte oder wenn im Fall der Verletzung wesentlicher Vorschriften über das Wahlverfahren eine nachträgliche Ergänzung möglich ist.

(6) Wird die Feststellung des Wahlergebnisses für unrichtig erachtet, so ist sie aufzuheben und eine neue Feststellung des Wahlergebnisses anzuordnen.

2. Wahlprüfung

Art. 28. (1) Der Gemeinderat entscheidet bei der Wahl der Mitglieder des Gemeinderats über das zutreffen der persönlichen Voraussetzungen für den Eintritt in den Gemeinderat.

(2) Unbeschadet des Art. 26 wird die Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters) von der Aufsichtsbehörde auf ihre Gesetzmäßigkeit geprüft. Die Gültigkeit der Wahl wird dem Gewählten von der Aufsichtsbehörde durch Aushändigung einer Wahlprüfungsurkunde bestätigt.

3. Neuwahlen und Neufeststellung des Wahlergebnisses

Art. 29. Neuwahl im Wahlgebiet. Ist die ganze Wahl für ungültig erklärt, so hat der Gemeinderat umgehend eine Neuwahl anzuordnen. Diese kann, wenn die Ungültigkeitserklärung sich nicht auf die Wähler listen und die Wahlvorschläge erstreckt, auf Grund der alten Wählerlisten und der alten Wahlvorschläge erfolgen.

Art. 30. Neuwahl in einzelnen Wahlkreisen. Wenn erhebliche Verstöße nur in einzelnen Wahlkreisen vorgekommen sind, können im Rechtsmittelverfahren die Rechtsmittelbehörden statt die ganze Wahl für ungültig zu erklären, die Wahl auch nur im Wahlkreis für ungültig erklären. Art. 29 gilt entsprechend.

Art. 31. Neuwahlen in einzelnen Wahlbezirken. Wenn erhebliche Verstöße nur in einzelnen Wahlbezirken vorgekommen sind, können die Wahlprüfungsbehörden und im Rechtsmittelverfahren die Rechtsmittelbehörden statt die ganze Wahl im Wahlgebiet oder Wahlkreis für ungültig zu erklären, die Wahl auch nur im Wahlbezirk für ungültig erklären. In diesem Fall ist eine Neuwahl in diesem Wahlbezirk nach denselben Wahlvorschlägen und auf Grund derselben Wählerliste wie bei der Hauptwahl zu veranlassen. Bei der Neuwahl darf die Einteilung der Wahlbezirke nicht verändert werden. Das Gesamtergebnis der Wahl ist neu festzustellen. Eine solche Neuwahl muß innerhalb der Frist von sechs Monaten vom Tag der Hauptwahl an vorgenommen werden.

Art. 32. Neufeststellung des Wahlergebnisses. Ist die Feststellung des Wahlergebnisses endgültig aufgehoben, so hat der Gemeindewahlausschuß das Wahlergebnis neu festzustellen. Er ist hierbei an die Grundsätze der endgültigen Entscheidung gebunden. Auf die Bekanntmachung und die Prüfung des berichtigten Wahlergebnisses finden die Vorschriften der Art. 25 ff. Anwendung.

Achter Abschnitt
Ausscheiden aus dem Gemeinderat, Nachrücken, Ersatzwahl

Art. 33. Ausscheiden aus dem Gemeinderat. (1) Aus dem Gemeinderat scheidet außer im Fall des Todes aus:
1. wer die Wählbarkeit verliert (Art. 10 Abs. 1),
2. wer dem Gemeinderat nicht angehören darf (Art, 11),
3. wer sein Ausscheiden aus einem wichtigen Grund verlangt,
4. wer zu Zuchthaus oder wegen vorsätzlich begangener Tat zu Gefängnis von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt wird,
5. wem die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter rechtskräftig aberkannt wird.

(2) Der Gemeinderat entscheidet, ob eine dieser Voraussetzungen gegeben ist.

Art. 34. Nachrücken. Tritt ein Gewählter nicht in den Gemeinderat ein oder scheidet er im Laufe der Wahlzeit aus, so rückt für den Rest der Wahlzeit bei der Verhältniswahl der Bewerber nach, der in dem gleichen Wahlvorschlag als nächster Ersatzmann festgestellt ist, bei der Mehrheitswahl der Bewerber mit der nächsthöchsten Stimmenzahl.

Art. 35. Ersatzwahl. Können ausgeschiedene Mitglieder des Gemeinderats mangels weiterer Bewerber nicht durch Nachrücken ersetzt werden und ist die Zahl der Mitglieder im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, auf weniger als zwei Drittel der im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, festgestellten Gesamtzahl gesunken, so ist eine Ersatzwahl im Wahlgebiet, im Falle des Art. 3 Abs. 2 im Wahlkreis, für den Rest der Wahlzeit nach den für die Hauptwahl geltenden Vorschriften durchzuführen.

Neunter Abschnitt
Übergangs- und Schlußbestimmungen

Art. 36. Einteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise. (1) Die Einteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise (Art. 3 Abs. 2) und jede Änderung der Einteilung tritt erst bei der nächsten regelmäßigen Wahl der Mitglieder des Gemeinderats (Art. 12 Abs. l) in Kraft.

(2) Art. 6 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 328 über die Neuwahl der Gemeinderäte und Bürgermeister, Kreistage und Landräte vom 23. Oktober 1947 (RegBl. S. 102) gilt für die Wahlkreise entsprechend.

Art. 37. Änderung der Zahl der Mitglieder des Gemeinderats. (1) Wird die Zahl der Mitglieder des Gemeinderats im Wahlgebiet erhöht, so sind die weiteren Mitglieder bei der nächsten regelmäßigen Wahl (Art. 12 Abs. 1) hinzuzuwählen. Die Hälfte der hinzuzuwählenden Mitglieder scheidet bei der nächsten regelmäßigen Wahl aus dem Gemeinderat wieder aus. Dabei haben bei der Verhältniswahl die mit den niedrigsten Höchstzahlen Gewählten, bei der Mehrheitswahl die Gewählten, welche die geringeren Stimmenzahlen erhalten haben, auszuscheiden.

(2) Wird die Zahl der Mitglieder des Gemeinderats im Wahlgebiet verringert, so scheiden bei der nächsten regelmäßigen Wahl außer den Mitgliedern der älteren Hälfte noch so viele Mitglieder der jüngeren Hälfte aus, als zur Herstellung der Normalzahl erforderlich ist. Abs. l Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Wird die Zahl der Mitglieder des Gemeinderats in den Wahlkreisen verändert, so muß vom Gemeinderat gleichzeitig die Verteilung der Mitglieder auf die veränderten Wahlkreise unter Beachtung des Art. 6 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 328 geregelt werden.

Art. 38. Erste regelmäßige Wahl der Mitglieder des Gemeinderats. Die erste regelmäßige Wahl der Mitglieder des Gemeinderats findet am Sonntag, den 28. Januar 1951, statt.

Art. 39. Wahlkosten. (1) Die Kosten für die Gemeindewahlen trägt die Gemeinde.

(2) Im Falle des Art. 19 Abs. l kann der Gemeinderat beschließen, daß die Kosten der Wahlzettel von den auf den Wahlvorschlägen bezeichneten Vertrauensmännern ganz oder teilweise zu ersetzen sind.

Art. 40. Gemeindewahlordnung. (1) Die Vorbereitung und die Durchführung der Wahl der Mitglieder des Gemeinderats und der Wahl des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters) sowie die Wahlprüfung werden durch eine vom Innenministerium zu erlassende Verordnung (Gemeindewahlordnung) geregelt.

(2) Die zur Durchführung dieses Gesetzes weiter erforderlichen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften erläßt das Innenministerium.

siehe hierzu u. a. die Verordnung Nr. 3005 über das Verfahren bei Gemeindewahlen (Gemeindewahlordnung) vom 17. November 1950 (RegBl. S. 125).

Art. 41. Inkrafttreten. (1) Dieses Gesetz tritt am Tage der Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
1. die Art. 3, 4, 5, 6 Abs. 1, 2 und 5, Art. 7 Abs. l Satz 2 ff. und Abs. 2, Art. 9 Abs. l, Art. 10 Abs. l und 3 und Art. 13 des Gesetzes Nr. 328 über die Neuwahl der Gemeinderäte und Bürgermeister, Kreistage und Landräte vom 23. Oktober 1947 (RegBl. S.102); Ausnahmegenehmigungen, die auf Grund von Art. 6 Abs. 5 Satz 2 erteilt worden sind, bleiben bis zum Ablauf der Amtszeit in Kraft,
2. die Gemeindewahlordnung vom 20. Dezember 1945 (RegBl.1946 S.13),
3. die §§ 1 bis 4, 6, 16, 19 und 20 der Verordnung Nr. 31 des Innenministeriums zur Durchführung des Gesetzes über die Anwendung der Deutschen Gemeindeordnung vom 20. Dezember 1945 (RegBl.1946 S.11).

(3) Die Art. l, 2, 6 Abs. 3, 4 und 6; Art. 7 Abs. 1 Satz 1, Art. 8, 9 Abs. 2 und 3, Art. 10 Abs. 2, Art. 11, 12 und 14 des Gesetzes Nr. 328 über die Neuwahl der Gemeinderäte und Bürgermeister, Kreistage und Landräte vom 23. Oktober 1947 (RegBl. S.102) bleiben auch weiterhin in Kraft.

    Stuttgart, den 23. Oktober 1950

Die Regierung des Landes Württemberg-Baden:
Dr. Reinhold Maier                J. Beyerle                   Fritz Ulrich
Th. Bäuerle                    Dr. Kaufmann                 Dr. Veit
Stooß                Otto Steinmayer


Quelle: Regierungsblatt für Württemberg-Baden 1946 S. 102
© 26. Juli 2004

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