Gesetz über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags

vom 3. März 1976

geändert durch
Gesetz vom 12. Dezember 1983 (GBl. S. 834);
Gesetz vom 11. Oktober 1993 (GBl. S. 605);
Gesetz vom 11. Oktober 2005 (GBl. S. 661, Art. 5)

 

Der Landtag hat am 18. Februar 1976 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1. Aufgabe und Zulässigkeit. (1) Ein Untersuchungsausschuß des Landtags hat die Aufgabe, Sachverhalte, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt, zu untersuchen und dem Landtag darüber Bericht zu erstatten.

(2) Die Untersuchung ist nur zulässig, wenn sie geeignet ist, dem Landtag Grundlagen für eine Beschlußfassung im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeiten zu vermitteln.

(3) Bei Zweifeln über die Zulässigkeit einer Untersuchung überweist der Landtag den Antrag auf Einsetzung zur gutachtlichen Äußerung an den für Rechtsfragen zuständigen Ausschuß. Der Ausschuß hat diese Äußerung unverzüglich abzugeben.

§ 2. Antragsrecht und Einsetzung. (1) Ein Untersuchungsausschuß wird jeweils für einen bestimmten Untersuchungsauftrag eingesetzt.

(2) Die Einsetzung erfolgt auf Antrag durch Beschluß des Landtags.

(3) Ein Antrag, mit welchem der Landtag nach Artikel 35 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verpflichtet werden soll (Minderheitsantrag), muß bei seiner Einreichung die Unterschriften von einem Viertel der Mitglieder des Landtags tragen. Im übrigen gelten für Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Vorschriften der Geschäftsordnung.

(4) Der Antrag wird vor anderen Beratungsgegenständen auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Landtags gesetzt. Über einen Minderheitsantrag muß der Landtag auf Verlangen der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen nach der Einreichung entscheiden. Diese Frist verlängert sich im Falle einer Überweisung nach § 1 Abs. 3 um eine Woche.

Durch Gesetz vom 11. Oktober 1993 erhielt der § 2 Abs. 3 folgende Fassung:
"(3) Ein Antrag, mit welchem der Landtag nach Artikel 35 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung oder nach § 33 Satz 2 der Geschäftsordnung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verpflichtet werden soll (Minderheitsantrag), muß bei seiner Einreichung die Unterschriften von einem Viertel der Mitglieder des Landtags tragen oder von zwei Fraktionen unterzeichnet sein. Im übrigen gelten für Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Vorschriften der Geschäftsordnung."

§ 3. Gegenstand. (1) Der Gegenstand der Untersuchung ist in dem Beschluß über die Einsetzung genau festzulegen.

(2) Der in einem Minderheitsantrag bezeichnete Untersuchungsgegenstand kann gegen den Willen der Antragsteller nicht geändert werden.

(3) Der Untersuchungsausschuß ist an den ihm erteilten Auftrag gebunden.

§ 4. Zusammensetzung. (1) Der Untersuchungsausschuß besteht in der Regel aus höchstens neun Mitgliedern und der gleichen Zahl von Stellvertretern.

(2) Die Mitglieder und Stellvertreter werden vom Landtag nach den Vorschlägen der Fraktionen gewählt. Dabei werden die Fraktionen nach ihrer Mitgliederzahl beteiligt.

Durch Gesetz vom 12. Dezember 1983 wurde der § 4 wie folgt geändert:
- in Absatz 1 wurde das Zahlwort „neun" ersetzt durch das Zahlwort „zehn".
- in Absatz 2 Satz 2 wurde der Punkt am Ende durch einen Beistrich ersetzt und folgendes angefügt:
"wobei jede Fraktion mindestens durch ein Mitglied vertreten sein muß. Eine Erhöhung der in Absatz 1 bestimmten Mitgliederzahl ist nur zulässig, soweit sie zur Beteiligung aller Fraktionen notwendig ist."

§ 5. Ausscheiden von Ausschußmitgliedern. (1) Ein Mitglied des Landtags, das an den zu untersuchenden Sachverhalten beteiligt ist, darf dem Untersuchungsausschuß nicht angehören. Wird dies erst nach der Einsetzung des Untersuchungsausschusses bekannt, so hat es auszuscheiden.

(2) Hält das Mitglied die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht für gegeben, so entscheidet der Landtag auf Antrag das Untersuchungsausschusses. Bis zur Entscheidung des Landtags wird das Mitglied vertreten.

(3) Beim Ausscheiden eines Mitglieds tritt ein Stellvertreter an seine Stelle; für diesen wird ein neuer' Stellvertreter bestellt. Das Mitglied und der Stellvertreter werden vom Landtag nach den Vorschlägen der Fraktion gewählt, der das ausscheidende Mitglied angehört.

Durch Gesetz vom 12. Dezember 1983 erhielt der § 5 Abs. 1 Satz 1 folgende Fassung:
"Ein Mitglied des Landtags, das an den zu untersuchenden Sachverhalten persönlich und unmittelbar beteiligt ist, darf dem Untersuchungsausschuß nicht angehören."

§ 6. Vorsitz. (1) Der Landtag wählt den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses sowie dessen Stellvertreter.

(2) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen verschiedenen Fraktionen angehören, unter denen sich eine Regierungsfraktion und eine Oppositionsfraktion befinden muß. Bei der Einsetzung jedes neuen Untersuchungsausschusses ist unter den Fraktionen zu wechseln. Die Fraktionen sind nach ihrer Mitgliederzahl zu berücksichtigen, soweit Satz 1 und 2 dies zulassen.

Durch Gesetz vom 12. Dezember 1983 wurde nach dem § 6 folgender § eingefügt:
"§ 6a. Einberufung der Sitzungen. Der Vorsitzende beruft den Ausschuß unter Angabe der Tagesordnung ein. Er ist zur Einberufung einer Sitzung des Untersuchungsausschusses binnen einer Woche verpflichtet, wenn dies von mindestens einem Viertel der Ausschußmitglieder unter Angabe des Beratungsgegenstandes verlangt wird."

Durch Gesetz vom 11. Oktober 1993 erhielt der § 6a Satz 2 folgende Fassung:
"Er ist zur Einberufung der Sitzung des Untersuchungsausschusses binnen einer Woche verpflichtet, wenn dies von mindestens einem Viertel der Ausschußmitglieder oder von zwei Fraktionen durch deren Sprecher im Ausschuß unter Angabe des Beratungsgegenstandes verlangt wird."

§ 7. Beschlußfähigkeit, Beschlußfassung. (1) Der Untersuchungsausschuß ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.

(2) Bei Beschlußunfähigkeit unterbricht der Vorsitzende sofort die Sitzung auf bestimmte Zeit. Ist nach dieser Zeit die Beschlußfähigkeit noch nicht eingetreten, so hat der Vorsitzende unverzüglich eine neue Sitzung anzuberaumen. In dieser Sitzung ist der Untersuchungsausschuß beschlußfähig, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht gegeben sind; darauf ist bei der Einladung hinzuweisen.

(3) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Untersuchungsausschuß mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.

§ 8. Öffentlichkeit der Sitzungen. (1) Die Beweisaufnahme erfolgt öffentlich. Über die Zulässigkeit von Ton-, Bild- und Filmaufnahmen, insbesondere von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts entscheidet der Vorsitzende.

(2) Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn überragende Interessen der Allgemeinheit oder überwiegende Interessen eines einzelnen dies gebieten oder wenn es zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint. Aus denselben Gründen können auch einzelne Personen ausgeschlossen werden.

(3) Über den Ausschluß entscheidet der Untersuchungsausschuß mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder in nichtöffentlicher Sitzung.

(4) Die Beratungen des Untersuchungsauschusses sind nicht öffentlich.

§ 9. Mitteilungen über Sitzungen und Unterlagen. (1) Mitteilungen an die Öffentlichkeit über nichtöffentliche Sitzungen sind vor Abschluß der Beratung nicht zulässig. Dasselbe gilt für den Inhalt von Unterlagen, so weit dieser nicht durch eine öffentliche Verhandlung bekannt geworden ist.

(2) In Mitteilungen an die Öffentlichkeit über Beratungen dürfen die Namen der Redner nicht genannt werden.

(3) Der Untersuchungsausschuß kann Ausnahmen von Absatz 1 und 2 beschließen.

(4) Die für den Landtag geltenden weitergehenden Bestimmungen über den Schutz der Geheimhaltung bleiben unberührt.

(5) Vor Abschluß der Beratung über einen Gegenstand der Verhandlung sollen sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses einer öffentlichen Beweiswürdigung enthalten.

§ 10. Teilnahme von Mitgliedern der Regierung. (1) Die Mitglieder der Regierung und ihre Beauftragten können von den Beweiserhebungen ausgeschlossen werden, wenn überwiegende Interessen eines Zeugen oder Sachverständigen dies gebieten oder wenn es zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint. Wer nach Satz 1 ausgeschlossen wird, ist auf sein Verlangen, sobald er wieder vorgelassen ist, vom Vorsitzenden über den wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während der Abwesenheit der Mitglieder der Regierung und ihrer Beauftragten ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.

(2) Die Mitglieder der Regierung und ihre Beauftragten haben zu den Beratungen Zutritt, wenn der Ausschuß nichts anderes beschließt. Sie können gehört werden. In jedem Falle gibt der Untersuchungsausschuß der Regierung Gelegenheit, zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

(3) Die Beschlüsse nach Absatz 1 werden mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.

Durch Gesetz vom 12. Dezember 1983 wurde der § 10 wie folgt geändert:
- dem Absatz 1 wurde folgender Satz 3 angefügt:
"Bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen kann der Vorsitzende den Mitgliedern der Regierung und ihren Beauftragten Gelegenheit geben, Fragen zu stellen."
- der Absatz 2 Satz 1 erhielt folgende Fassung:
"Die Mitglieder der Regierung und ihre Beauftragten haben zu den Beratungen Zutritt, wenn der Ausschuß dies beschließt."

§ 11. Ordnungsgewalt. (1) Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.

(2) Zeugen, Sachverständige, Betroffene, Beistände und Zuhörer, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung ergangenen Anordnungen nicht Folge leisten oder sich einer Ungebühr schuldig machen, können vom Vorsitzenden aus dem Sitzungssaal entfernt werden.

§ 12. Niederschriften. (1) Über die Sitzungen des Untersuchungsausschusses ist eine Niederschrift zu fertigen, die vom Vorsitzenden unterzeichnet wird. Die Niederschrift enthält mindestens Ort und Zeit der Sitzung, die Namen der anwesenden Mitglieder und Stellvertreter sowie der sonstigen Sitzungsteilnehmer, die gestellten Anträge, die gefaßten Beschlüsse sowie die Angabe, ob öffentlich oder nichtöffentlich verhandelt worden ist.

(2) Die Beweiserhebungen werden wörtlich protokolliert. Über die Art der Protokollierung der Beratungen entscheidet der Ausschuß.

(3) Der Untersuchungsausschuß entscheidet über die Weitergabe der Niederschriften und über die Einsichtgewährung unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Geheimschutzes. Nach Erstattung des Berichts können die Niederschriften über öffentliche Sitzungen von jedermann eingesehen werden; im übrigen entscheidet der Präsident des Landtags über die Weitergabe der Niederschriften und über die Einsichtgewährung.

§ 13. Allgemeine Vorschriften über die Beweisaufnahme. (1) Der Untersuchungsauschuß erhebt die durch den Untersuchungsauftrag gebotenen Beweise auf Grund von Beweisbeschlüssen.

(2) Beweise sind zu erheben, wenn sie von den Unterzeichnern eines Minderheitsantrags (§ 2 Abs. 3 Satz 1) oder von einem Viertel der Ausschußmitglieder beantragt werden. Ein Beweisantrag nach Satz 1 kann nur abgelehnt werden, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Untersuchung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder wenn es unerreichbar ist oder wenn der Antrag zum Zweck der Verschleppung des Untersuchungsverfahrens gestellt ist. Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann auch abgelehnt werden, wenn der Ausschuß die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen. Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Untersuchungsausschusses zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist.

(3) Absatz 2 gilt auch für alle herbeigeschafften Beweismittel.

(4) Der Untersuchungsausschuß kann die Erhebung einzelner Beweise einem Unterausschuß übertragen. Dem Unterausschuß muß, falls der Untersuchungsausschuß nicht einstimmig etwas anderes beschließt, von jeder Fraktion ein Mitglied angehören. Auf die Beweiserhebung durch den Unterausschuß finden die für den Untersuchungsausschuß geltenden Vorschriften Anwendung.

(5) Der Untersuchungsausschuß kann die Erhebung einzelner Beweise einem Richter übertragen, wenn die Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuß nicht oder nicht ohne Verzögerung des Verfahrens möglich ist oder wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann.

(6) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten für die Beweisaufnahme die Vorschriften über den Strafprozeß entsprechend.

Durch Gesetz vom 11. Oktober 1993 erhielt der § 13 Abs. 2 Satz 1 folgende Fassung:
"Beweise sind zu erheben, wenn sie von den Unterzeichnern eines Minderheitsantrags (§ 2 Abs. 3 Satz 1) oder von einem Viertel der Ausschußmitglieder oder von zwei Fraktionen durch deren Sprecher im Ausschuß beantragt werden."

§ 14. Aktenvorlage, Auskunftserteilung, Aussagegenehmigung. (1) Alle Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sind unmittelbar zur Vorlage von Akten und zur Erteilung von Auskünften verpflichtet.

(2) Die Aktenvorlage, die Auskunftserteilung und die Aussagegenehmigung dürfen nur verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder wenn ein Gesetz der Bekanntgabe an den Ausschuß entgegensteht. Für Richter und Beamte bleibt § 74 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes unberührt. Über die Verweigerung der Aktenvorlage und der Auskunftserteilung entscheidet die oberste Dienst- oder Aufsichtsbehörde. Die Verweigerung ist zu begründen.

§ 15. Zutrittsrecht. Der Untersuchungsausschuß hat Zutritt zu allen Einrichtungen des Landes und. der unter seiner Aufsicht stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Der Zutritt darf nur verweigert werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit des Staates geboten ist oder wenn ein Gesetz dem Zutritt entgegensteht. § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 16. Zwangsmittel bei der Beweiserhebung. (1) Zeugen und Sachverständige sind verpflichtet, auf Ladung des Ausschusses zu erscheinen. Sie sind in der Ladung auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens hinzuweisen.

(2) Gegen einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint oder ohne gesetzlichen Grund das Zeugnis oder die Eidesleistung verweigert, oder gegen einen zur Erstattung des Gutachtens verpflichteten Sachverständigen, der ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint oder ohne gesetzlichen Grund die Erstattung des Gutachtens oder die

Eidesleistung verweigert, wird auf Antrag des Untersuchungsausschusses durch das zuständige Gericht Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder Erzwingungshaft gemäß §§ 51, 70 und § 77 Abs. 1 der Strafprozeßordnung festgesetzt; die entstandenen Kosten werden ihm auferlegt.

(3) Auf Antrag des Untersuchungsausschusses ordnet das zuständige Gericht die zwangsweise Vorführung des Zeugen an.

(4) Der Untersuchungsausschuß kann beim zuständigen Gericht die Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen beantragen, wenn für die Untersuchung notwendige Beweise auf andere Weise nicht erhoben werden können. Die Vorschriften des 8. Abschnitts des Ersten Buchs der Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. § 23 Abs. 4 und 5 und § 25 Abs. 1 des Landespressegesetzes bleiben unberührt. Die Durchsicht der Papiere nach § 110 Abs. 1 der Strafprozeßordnung obliegt dem Gericht.

(5) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis bleiben unberührt.

(6) Zuständig zur Entscheidung über Anträge nach den Absätzen 2 bis 4 ist das Amtsgericht Stuttgart (Strafrichter). Die für den Strafprozeß geltenden Vorschriften über die Beschwerde sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses an die Stelle der Staatsanwaltschaft tritt.

(7) Anordnungen nach den Absätzen 2 bis 4 werden nach den für den Strafprozeß geltenden Vorschriften durchgeführt.

§ 17. Zeugnisverweigerung. (1) Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das Recht des Zeugen zur Verweigerung der Aussage und der Auskunft sowie über das Recht des Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens finden Anwendung. § 52 Abs. 1, § 55 und § 76 Abs. 1 der Strafprozeßordnung gelten mit der Maßgabe, daß der Betroffene an die Stelle des Beschuldigten tritt. § 23 Abs. 1 bis 3 und § 25 Abs. 1 des Landespressegesetzes bleiben unberührt.

(2) Ein Zeuge kann ferner die Auskunft auf solche Fragen verweigern, bei deren wahrheitsgemäßer Beantwortung er sich der Gefahr einer Abgeordnetenanklage oder einer Ministeranklage aussetzen würde.

(3) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Aussage nach §§ 52 und 55 der Strafprozeßordnung und über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft nach Absatz 2 zu belehren.

§ 18. Vereidigung. Zeugen und Sachverständige können vereidigt werden. Im übrigen gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend. Von der Vereidigung ist ferner abzusehen, wenn der Verdacht besteht, der Zeuge könne sich eines Verhaltens schuldig gemacht haben, das die Erhebung einer Abgeordnetenanklage oder einer Ministeranklage zur Folge haben kann.

§ 19. Rechtsstellung des Betroffenen. (1) Betroffene sind
1. Mitglieder der Regierung im Falle einer Untersuchung zur Vorbereitung einer Ministeranklage;
2. Mitglieder des Landtags im Falle einer Untersuchung, die ihre Belastung oder Entlastung zum Ziele hat;
3. Richter im Falle einer Untersuchung zur Vorbereitung einer Richteranklage;
4. alle weiteren Personen, über die der Untersuchungsauschuß im Bericht eine Äußerung abgeben will, ob eine persönliche Verfehlung vorliegt.

(2) Der Untersuchungsausschuß stellt fest, wer Betroffener ist. Er hat den Betroffenen sofort über seine Entscheidung und deren Gründe zu unterrichten.

(3) Dem Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, zeitlich vor den Zeugen eine zusammenhängende Sachdarstellung zu geben. Er hat das Recht der Anwesenheit bei der Beweisaufnahme.

(4) Der Betroffene ist verpflichtet, auf Ladung des Ausschusses zu erscheinen. Für den Inhalt der Ladung sowie für die Folgen des Ausbleibens gilt § 16 Abs. 1 bis 3 entsprechend.

(5) Der Betroffene ist grundsätzlich zur Aussage verpflichtet. Er hat die Aussageverweigerungsrechte nach § 17. Darüber hinaus kann er die Auskunft auch auf solche Fragen verweigern, deren wahrheitsgemäße Beantwortung ihn oder einen seiner Angehörigen dem Vorwurf einer strafrechtlichen, dienstrechtlichen, berufsrechtlichen oder standesrechtlichen Verfehlung aussetzen würde. über dieses Aussageverweigerungsrecht ist der Betroffene zu belehren. Der Betroffene hat die sein Aussageverweigerungsrecht rechtfertigenden Tatsachen glaubhaft zu machen.

(6) Der Betroffene kann sich eines Beistandes bedienen.

(7) Der Betroffene und der Beistand können von den nichtöffentlichen Beweiserhebungen ausgeschlossen werden, wenn Gründe der Sicherheit des Staates ihrer Anwesenheit entgegenstehen oder wenn es zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint. Der Vorsitzende hat den Betroffenen, sobald er wieder vorgelassen ist, über den wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist, soweit nicht Gründe der Sicherheit des Staates entgegenstehen.

(8) Erhält jemand erst im Verlauf der Untersuchung die Rechtsstellung als Betroffener, so bleiben alle vor dieser Feststellung durchgeführten Untersuchungshandlungen wirksam. Der Betroffene ist über die wesentlichen Ergebnisse der bisherigen Beweiserhebungen zu unterrichten, soweit sie sich auf ihn beziehen und nicht Gründe der Sicherheit des Staates entgegenstehen. Ihm ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

§ 20. Ersuchen um Rechtshilfe. (1) Das Ersuchen um Rechtshilfe zur Erhebung von Beweisen (§ 13 Abs. 5) ist an das Amtsgericht zu richten, in dessen Bereich die Untersuchungshandlung vorgenommen werden soll.

(2) Dem Ersuchen ist der Beweisbeschluß und der Untersuchungsauftrag beizufügen. Die an den Zeugen oder Sachverständigen zu stellenden Fragen sind, soweit erforderlich, näher zu bezeichnen und zu erläutern. Der Ausschuß gibt an, ob der Zeuge oder Sachverständige vereidigt werden soll.

(3) Über die Untersuchungshandlung ist eine Niederschrift zu fertigen.

§ 21. Verlesen von Protokollen und Schriftstücken. (1) Protokolle über Beweiserhebungen ersuchter Gerichte (§ 13 Abs. 5) werden vor dem Untersuchungsausschuß verlesen. Andere als Beweismittel dienende Schriftstücke sind vor dem Untersuchungsausschuß zu verlesen, wenn sie nicht allen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses und den Betroffenen zugänglich gemacht werden oder wenn der Ausschuß die Verlesung beschließt.

(2) Die Verlesung erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 gegeben sind.

§ 22. Aussetzung und Einstellung des Verfahrens. (1) Das Untersuchungsverfahren kann ausgesetzt werden, wenn eine alsbaldige Aufklärung auf andere Weise zu erwarten ist oder die Gefahr besteht, daß gerichtliche Verfahren oder Ermittlungsverfahren beeinträchtigt werden. Über die Aussetzung entscheidet der Landtag auf Antrag des Untersuchungsausschusses; ist der Untersuchungsausschuß auf Grund eines Minderheitsantrags eingesetzt worden, so bedarf die Aussetzung der Zustimmung der Antragsteller. Ein ausgesetztes Verfahren kann jederzeit durch Beschluß des Landtags wieder aufgenommen werden. Der Beschluß muß gefaßt werden, wenn es von einem Viertel der Mitglieder des Landtags beantragt wird; § 2 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Der Landtag kann einen Untersuchungsausschuß vor Abschluß der Untersuchung auflösen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

Durch Gesetz vom 11. Oktober 1993 erhielt der § 22 Abs. 1 Satz 4 folgende Fassung:
Der Beschluß muß gefaßt werden, wenn es von einem Viertel der Mitglieder des Landtags oder von zwei Fraktionen beantragt wird; § 2 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend."

§ 23. Bericht. (1) Nach Abschluß der Untersuchung erstattet der Untersuchungsausschuß dem Landtag einen schriftlichen Bericht.

(2) Jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses hat das Recht, einen abweichenden Bericht vorzulegen. Dieser Bericht ist dem Bericht des Untersuchungsausschusses anzuschließen.

(3) Der Landtag kann während der Untersuchung von dem Untersuchungsausschuß jederzeit einen Zwischenbericht über den Stand des Verfahrens verlangen.

§ 24. Kosten und Auslagen. (1) Die Kosten der Untersuchung trägt das Land. Zeugen und Sachverständige werden nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt. Die Entschädigung wird von der Verwaltung des Landtags festgesetzt. Der Zeuge und Sachverständige kann beim Amtsgericht Stuttgart die gerichtliche Festsetzung beantragen; § 16 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen gilt entsprechend.

(2) Dem Betroffenen können die notwendigen Auslagen, welche durch die Wahrnehmung der ihm nach diesem Gesetz zustehenden Rechte entstanden sind, ganz oder teilweise erstattet werden. Hierüber entscheidet der Untersuchungsausschuß auf Antrag des Betroffenen nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Höhe der erstattungsfähigen Auslagen wird von der Verwaltung des Landtags festgesetzt; die Entschädigung nach Absatz 1 ist anzurechnen. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

Durch Gesetz vom 11. Oktober 2005 wurden im § 24 Abs. 1 Satz 2 die Worte "Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen" ersetzt durch: "Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz".

§ 25. Inkrafttreten. Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

in Kraft getreten am 17. März 1976.

    Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.

    STUTTGART, den 3. März 1976

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:
DR. FILBINGER           DR. HAHN           SCHIESS
GLEICHAUF       DR. EBERLE         DR. BRÜNNER
GRIESINGER        DR. MAHLER


Quelle: Gesetzblatt für Baden-Württemberg 1976 S. 194
© 16. September 2004 - 30. Dezember 2010

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