Bekanntmachung der Neufassung der Landkreisordnung für Baden-Württemberg

vom 21. Oktober 1971

Auf Grund von § 63 des Kreisreformgesetzes vom 26. Juli 1971 (GBl. S. 314) wird nachstehend der Wortlaut der Landkreisordnung für Baden-Württemberg in der Fassung bekanntgemacht, die sich nach Verkündung des Kreisreformgesetzes und des Regionalverbandsgesetzes vom 26. Juli 1971 (GBl. S. 336) ergibt.

    STUTTGART, den 21. Oktober 1971

Innenministerium
KRAUSE


Landkreisordnung für Baden-Württemberg

in der Fassung vom 21. Oktober 1971

geändert durch
Gesetz vom 29. Dezember 1972 (GBl. 1973 S. 1), Art. 2
Gesetz vom 2. Juli 1974 (GBl. S. 210), Art. 4;
Gesetz vom 26. November 1974 (GBl. S. 508), Art. 10;
Gesetz vom 4. November 1975 (GBl. S. 726), Art. 2;
Gesetz vom 16. Dezember 1975 (GBl. S. 864).

Neubekanntmachung vom 22. Dezember 1975 (GBl. S. 40).

Änderungen sind nicht eingearbeitet; es folgt die ursprüngliche Fassung von 1971

 

INHALTSÜBERSICHT

nicht wiedergegeben

 

ERSTER TEIL
Wesen und Aufgaben des Landkreises

1. Abschnitt
Rechtsstellung

§ 1. Wesen des Landkreises. (1) Der Landkreis fördert das Wohl seiner Einwohner, unterstützt die kreisangehörigen Gemeinden in der Erfüllung ihrer Aufgaben und trägt zu einem gerechten Ausgleich ihrer Lasten bei. Er verwaltet sein Gebiet nach den Grundsätzen der gemeindlichen Selbstverwaltung.

(2) Der Landkreis ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(3) Die Behörde des Landkreises ist das Landratsamt; es ist zugleich untere Verwaltungsbehörde. Als untere Verwaltungsbehörde ist das Landratsamt Staatsbehörde.

(4) Das Gebiet des Landkreises ist zugleich der Bezirk der unteren Verwaltungsbehörde.

§ 2. Wirkungskreis. (1) Der Landkreis verwaltet in seinem Gebiet unter eigener Verantwortung alle die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden übersteigenden öffentlichen Aufgaben, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen. Er hat sich auf die Aufgaben zu beschränken, die der einheitlichen Versorgung und Betreuung der Einwohner des ganzen Landkreises oder eines größeren Teils desselben dienen.

(2) Hat der Landkreis im Rahmen seines Wirkungskreises für die Erfüllung einer Aufgabe ausreichende Einrichtungen geschaffen oder übernommen, kann der Kreistag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder mit Wirkung gegenüber den Gemeinden beschließen, daß diese Aufgabe für die durch die Einrichtung versorgten Teile des Landkreises zu seiner ausschließlichen Zuständigkeit gehört.

(3) Der Landkreis kann durch Gesetz zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden (Pflichtaufgaben). Werden neue Pflichtaufgaben auferlegt, sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung des Landkreises, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.

(4) Pflichtaufgaben können dem Landkreis zur Erfüllung nach Weisung auferlegt werden (Weisungsaufgaben); das Gesetz bestimmt den Umfang des Weisungsrechts.

(5) In die Rechte des Landkreises kann nur durch Gesetz eingegriffen werden. Verordnungen zur Durchführung solcher Gesetze bedürfen, sofern sie nicht von der Landesregierung oder dem Innenministerium erlassen werden, der Zustimmung des Innenministeriums.

§ 3. Satzungen. (1) Der Landkreis kann die weisungsfreien Angelegenheiten durch Satzung regeln, soweit die Gesetze keine Vorschriften enthalten. Bei Weisungsaufgaben können Satzungen nur dann erlassen werden, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist.

(2) Wenn nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine Hauptsatzung zu erlassen ist, muß sie mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des Kreistags beschlossen werden. (3) Satzungen sind öffentlich bekanntzumachen. Sie treten am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist. Satzungen sind der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

§ 4. Name, Sitz. (1) Die Landkreise führen die in § 1 des Kreisreformgesetzes aufgeführten Namen. Ein Landkreis kann mit Zustimmung der Landesregierung seinen Namen ändern.

(2) Der Sitz des Landratsamts wird durch Gesetz bestimmt.

Amtl. Bekanntmachung zu § 4 Abs. 1: Diese Fassung gilt nach § 65 Abs. 2 des Kreisreformgesetzes erst mit Wirkung vom 1. Januar 1973.

§ 5. Wappen, Dienstsiegel. (1) Das Innenministerium kann einem Landkreis auf seinen Antrag das Recht verleihen, ein Wappen zu führen.

(2) Die Landkreise führen Dienstsiegel. Landkreise mit eigenem Wappen führen dieses, die übrigen Landkreise das kleine Landeswappen im Dienstsiegel mit der Bezeichnung und dem Namen des Landkreises als Umschrift.

2. Abschnitt
Gebiet des Landkreises

§ 6. Gebietsbestand. (1) Das Gebiet des Landkreises besteht aus der Gesamtheit der nach geltendem Recht zum Landkreis gehörenden Gemeinden und gemeindefreien Grundstücke.

(2) Das Gebiet des Landkreises soll so bemessen sein, daß die Verbundenheit der Gemeinden und der Einwohner des Landkreises gewahrt und die Leistungsfähigkeit des Landkreises zur Erfüllung seiner Aufgaben gesichert ist.

§ 7. Gebietsänderungen. (1) Die Grenzen des Landkreises können aus Gründen des öffentlichen Wohls geändert werden.

(2) Die Auflösung und Neubildung eines Landkreises sowie die Änderung der Grenzen eines Landkreises infolge Eingliederung oder Ausgliederung von Gemeinden und gemeindefreien Grundstücken bedürfen eines Gesetzes. Bei der Neubildung einer Gemeinde durch Vereinbarung mit Genehmigung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, durch die das Gebiet von Landkreisen betroffen wird, bestimmt die oberste Rechtsaufsichtsbehörde, zu welchem Landkreis die neugebildete Gemeinde gehört.

(3) Vor der Grenzänderung müssen die beteiligten Landkreise und Gemeinden gehört werden.

§ 8. Rechtsfolgen, Auseinandersetzung. (1) Für die Regelung der Rechtsfolgen der Grenzänderung und der Auseinandersetzung gilt § 9 Abs. 3 der Gemeindeordnung entsprechend.

(2) Die Regelung nach Absatz 1 begründet Rechte und Pflichten der Beteiligten und bewirkt den Übergang, die Beschränkung oder die Aufhebung von dinglichen Rechten. Die Rechtsaufsichtsbehörde ersucht die zuständigen Behörden um die Berichtigung der öffentlichen Bücher.

(3) Für Rechtshandlungen, die aus Anlaß der Änderung des Gebiets eines Landkreises erforderlich sind, werden öffentliche Abgaben, die auf Landesrecht beruhen, nicht erhoben; Auslagen werden nicht ersetzt.

3. Abschnitt
Einwohner des Landkreises

§ 9. Einwohner. Einwohner des Landkreises ist, wer in einer Gemeinde oder in einem gemeindefreien Grundstück des Landkreises wohnt.

§ 10. Wahlberechtigung. (1) Die Einwohner des Landkreises, die Deutsche im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes sind, das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten im Gebiet des Landkreises wohnen, sind im Rahmen der Gesetze zu den Kreiswahlen wahlberechtigt.

(2) Wer in mehreren Gemeinden oder gemeindefreien Grundstücken wohnt, ist nur an seinem Hauptwohnort zu den Kreiswahlen wahlberechtigt.

(3) Ausgeschlossen von der Wahlberechtigung sind Einwohner,
1. die entmündigt sind oder unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft stehen oder
2. die infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzen.

(4) Behindert in der Ausübung der Wahlberechtigung sind Einwohner, die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht sind.

(5) Die Wahlberechtigung verliert, wer aus dem Landkreis wegzieht, seinen Hauptwohnsitz aus dem Landkreis verlegt oder nicht mehr Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes ist. Die Wahlberechtigung wird verwirkt durch Aberkennung nach den Vorschriften dieses Gesetzes.

§11. Ehrenamtliche Tätigkeit. (1) Die zu den Kreiswahlen wahlberechtigten Einwohner haben die Pflicht, eine ehrenamtliche Tätigkeit im Landkreis (eine Wahl in den Kreistag, ein Ehrenamt und eine Bestellung zu ehrenamtlicher Mitwirkung) anzunehmen und diese Tätigkeit während der bestimmten Dauer auszuüben.

(2) Der Kreistag bestellt die wahlberechtigten Einwohner zu ehrenamtlicher Tätigkeit. Die Bestellung kann jederzeit zurückgenommen werden. Mit dem Verlust des Wahlrechts endet jede ehrenamtliche Tätigkeit.

(3) Die Vorschriften der §§ 16 bis 19 der Gemeindeordnung vom 25. Juli 1955 (GBl. S. 129) finden entsprechende Anwendung. Als wichtiger Grund im Sinne des § 16 Abs. 1 der Gemeindeordnung gilt auch die Mitgliedschaft im Gemeinderat oder Bürgerausschuß.

§ 12. Einrichtungen. (1) Der Landkreis schafft innerhalb seines Wirkungskreises (§ 2) und in den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl seiner Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. Die Einwohner sind im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen des Landkreises nach gleichen Grundsätzen zu benützen. Sie sind verpflichtet, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zum Landkreis ergebenden Lasten zu tragen.

(2) Personen, die in einer Gemeinde oder einem gemeindefreien Grundstück des Landkreises ein Grundstück besitzen oder ein Gewerbe betreiben und nicht im Landkreis wohnen, sind in derselben Weise berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benützen, die im Landkreis für Grundbesitzer oder Gewerbetreibende bestehen, und verpflichtet, für ihren Grundbesitz oder Gewerbebetrieb im Gebiet des Landkreises zu den Lasten des Landkreises beizutragen.

(3) Für juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen gelten diese Vorschriften entsprechend.

ZWEITER TEIL
Verfassung und Verwaltung des Landkreises

1. Abschnitt
Organe

§ 13. Verwaltungsorgane des Landkreises sind der Kreistag und der Landrat.

2. Abschnitt
Kreistag

§ 14. Rechtsstellung und Aufgaben. (1) Der Kreistag ist die Vertretung der Einwohner und das Hauptorgan des Landkreises. Er legt die Grundsätze für die Verwaltung des Landkreises fest und entscheidet über alle Angelegenheiten des Landkreises, soweit nicht der Landrat kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Kreistag bestimmte Angelegenheiten überträgt. Der Kreistag überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Mißständen in der Verwaltung des Landkreises für deren Beseitigung.

(2) Der Kreistag entscheidet im Einvernehmen mit dem Landrat über die Ernennung, Einstellung und Entlassung der Bediensteten des Landkreises. Kommt es zu keinem Einvernehmen, entscheidet der Kreistag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Anwesenden allein. Der Landrat ist zuständig, soweit der Kreistag ihm die Entscheidung überträgt oder diese zur laufenden Verwaltung gehört. Rechte des Staates bei der Ernennung und Entlassung von Beamten und Angestellten, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt.

(3) Der Kreistag kann sich vom Landrat jederzeit über alle Angelegenheiten des Landkreises unterrichten lassen. Ein Drittel seiner Mitglieder kann verlangen, daß ihm oder einem von ihm bestellten Ausschuß Akteneinsicht gewährt wird; in dem Ausschuß müssen die Antragsteller vertreten sein. Dies gilt nicht bei den nach § 37 Abs. 3 Satz 3 geheimzuhaltenden Angelegenheiten.

§ 15. (gestrichen)

§ 16. Zusammensetzung. (1) Der Kreistag besteht aus dem Landrat als Vorsitzendem und den ehrenamtlichen Mitgliedern (Kreisverordnete). Die Kreisverordneten wählen aus ihrer Mitte einen oder mehrere stellvertretende Vorsitzende, die den Landrat als Vorsitzenden des Kreistags im Verhinderungsfalle vertreten. Die Reihenfolge der Vertretung bestimmt der Kreistag.

(2) Die Zahl der Kreisverordneten beträgt mindestens 26; in Landkreisen mit mehr als 50000 Einwohnern erhöht sich diese Zahl für je weitere 10000 Einwohner um zwei. Ergibt sich bei der Verteilung der Sitze im Verhältnis der auf die Wahlvorschläge der gleichen Wählervereinigung gefallenen Gesamtstimmenzahlen innerhalb des Wahlgebiets, daß einer Wählervereinigung außer den in den Wahlkreisen bereits zugewiesenen Sitzen weitere zustehen, erhöht sich die Zahl der Kreisverordneten für die auf die Wahl folgende Amtszeit entsprechend.

(3) Änderungen der für die Zusammensetzung des Kreistags maßgebenden Einwohnerzahl sind erst bei der nächsten regelmäßigen Wahl zu berücksichtigen.

§ 17. Amtszeit. (1) Der Kreistag wird auf die Dauer von fünf Jahren gewählt.

(2) Die Amtszeit endet mit Ablauf des Monats, in dem die regelmäßigen Wahlen zum Kreistag stattfinden. Wenn die Wahl von der Wahlprüfungsbehörde nicht beanstandet wurde, ist die erste Sitzung des Kreistags unverzüglich nach der Zustellung des Wahlprüfungsbescheids oder nach ungenutztem Ablauf der Wahlprüfungsfrist, sonst nach Eintritt der Rechtskraft der Wahl anzuberaumen. Bis zum Zusammentreten des neugewählten Kreistags führt der bisherige Kreistag die Geschäfte weiter.

(3) Ist die Wahl von Kreisverordneten, die ihr Amt bereits angetreten haben, rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führen diese im Falle des § 27 Abs. l des Kommunalwahlgesetzes die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugewählten Kreistags, in den Fällen des § 27 Abs. 2 und 3 des Kommunalwahlgesetzes bis zum Ablauf des Tages weiter, an dem das berichtigte Wahlergebnis öffentlich bekanntgemacht wird. Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Kreisverordneten wird durch die Ungültigkeit ihrer Wahl nicht berührt.

§ 18. Wahlgrundsätze und Wahlverfahren. (1) Die Kreisverordneten werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

(2) Gewählt wird auf Grund von Wahlvorschlägen unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältniswahl. Die Wahlvorschläge dürfen höchstens eineinhalbmal soviel Bewerber enthalten, wie Kreisverordnete im Wahlkreis (Absatz 4) zu wählen sind. Die Verbindung von Wahlvorschlägen ist unzulässig. Jeder Wähler hat soviel Stimmen, wie Kreisverordnete im Wahlkreis zu wählen sind. Der Wähler kann Bewerber aus anderen Wahlvorschlägen des Wahlkreises übernehmen und einem Bewerber bis zu drei Stimmen geben.

(3) Wird nur ein gültiger oder kein Wahlvorschlag eingereicht, findet Mehrheitswahl ohne Bindung an die vorgeschlagenen Bewerber und ohne das Recht der Stimmenhäufung auf einen Bewerber statt. Der Stimmzettel darf höchstens soviel Namen enthalten, wie Kreisverordnete im Wahlkreis zu wählen sind.

(4) Der Landkreis wird für die Wahl zum Kreistag als Wahlgebiet in Wahlkreise eingeteilt. Für jeden Wahlkreis sind besondere Wahlvorschläge einzureichen; die Bewerber müssen im Wahlkreis wohnen. Jede Gemeinde, auf die nach ihrer Einwohnerzahl mindestens vier Sitze entfallen, bildet einen Wahlkreis; kein derartiger Wahlkreis erhält mehr als zwei Fünftel der Sitze. Kleinere Gemeinden werden zu Wahlkreisen zusammengeschlossen, auf die mindestens vier und höchstens acht Sitze entfallen. Bei der Bildung der Wahlkreise sind die geographische Lage und die Struktur der Gemeinden zu berücksichtigen.

(5) Zur Feststellung der auf die einzelnen Wahlkreise entfallenden Sitze werden die Einwohnerzahlen der Wahlkreise der Reihe nach durch eins, zwei, drei, vier usw. geteilt; von den dabei gefundenen, der Größe nach zu ordnenden Zahlen werden soviel Höchstzahlen ausgesondert, wie Kreisverordnete zu wählen sind. Dabei scheiden Wahlkreise von der weiteren Zuteilung aus, sobald auf sie zwei Fünftel aller zu besetzenden Sitze entfallen sind.

(6) Die Sitze werden zunächst innerhalb der einzelnen Wahlkreise im Falle der Verhältniswahl nach dem Verhältnis der auf die Wahlvorschläge entfallenen Gesamtstimmenzahlen, im Falle der Mehrheitswahl in der Reihenfolge der höchsten Stimmenzahlen verteilt. Sodann werden die von den Wählervereinigungen in den einzelnen Wahlkreisen auf die Bewerber ihrer Wahlvorschläge vereinigten Gesamtstimmenzahlen durch die Zahl der in diesen zu wählenden Bewerber geteilt, diese gleichwertigen Stimmenzahlen der gleichen Wählervereinigungen im Wahlgebiet zusammengezählt und die in den Wahlkreisen, in denen Wahlvorschläge eingereicht wurden, zu besetzenden Sitze auf die Wahlvorschläge der gleichen Wählervereinigungen nach dem Verhältnis der ihnen im Wahlgebiet zugefallenen gleichwertigen Gesamtstimmenzahlen verteilt. Auf die danach den Wählervereinigungen zukommenden Sitze werden die in den Wahlkreisen zugeteilten Sitze angerechnet. Wurden einer Wählervereinigung in den Wahlkreisen mehr Sitze zugeteilt, als ihr nach dem Verhältnis der gleichwertigen Gesamtstimmenzahlen im Wahlgebiet zukommen würden, bleibt es bei dieser Zuteilung; in diesem Falle ist mit der Verteilung von Sitzen nach Satz 2 solange fortzufahren, bis den Wählervereinigungen, die Mehrsitze erhalten haben, diese auch nach dem Verhältnis der gleichwertigen Gesamtstimmenzahlen zufallen würden. Durch die Zuteilung von Sitzen nach Satz 1 bis 4 darf die Zahl der Kreisverordneten, die sich nach § 16 Abs. 2 Satz 1 ergibt, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöht werden.

§ 19. Wählbarkeit. (1) Wählbar in den Kreistag sind die Wahlberechtigten nach § 10 Abs. 1, die am Wahltag das 21. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Nicht wählbar sind Einwohner,
1. die von der Wahlberechtigung ausgeschlossen sind (§ 10 Abs. 3),
2. die in der Ausübung der Wahlberechtigung nach § 10 Abs. 4 behindert sind,
3. die infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen,
4. die als Beamte im förmlichen Disziplinarverfahren durch Urteil aus dem Dienst entfernt sind, in den auf die Rechtskraft des Urteils folgenden fünf Jahren oder
5. die von einem deutschen Gericht wegen vorsätzlich begangener Tat zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten rechtskräftig verurteilt sind, während der Verbüßung der Strafe und in den auf die Rechtskraft des Urteils folgenden drei Jahren.

§ 20. Hinderungsgründe. (1) Kreisverordnete können nicht sein
1. Beamte sowie ständig und voll beschäftigte Angestellte des Landkreises und Beamte des Landratsamts als unterer Verwaltungsbehörde und
2. leitende Beamte und leitende Angestellte der Rechtsaufsichtsbehörde und der obersten Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) Der Kreistag stellt fest, ob ein Hinderungsgrund nach Absatz 1 gegeben ist; nach regelmäßigen Wahlen wird dies vor der Einberufung der ersten Sitzung des neuen Kreistags festgestellt.

§ 21. Ausscheiden, Nachrücken, Ergänzungswahl. (1) Aus dem Kreistag scheiden die Kreisverordneten aus, die die Wählbarkeit (§ 19) verlieren oder bei denen im Laufe der Amtszeit ein Hinderungsgrund (§ 20) entsteht. Die Bestimmungen über das Ausscheiden aus einem wichtigen Grunde bleiben unberührt. Der Kreistag stellt fest, ob eine dieser Voraussetzungen gegeben ist. Ergibt sich nachträglich, daß ein in den Kreistag Gewählter im Zeitpunkt der Wahl nicht wählbar war, ist dies vom Kreistag festzustellen.

(2) Tritt ein Gewählter nicht in den Kreistag ein, scheidet er im Laufe der Amtszeit aus oder wird festgestellt, daß er nicht wählbar war, rückt der Bewerber nach, der bei der Feststellung des Wahlergebnisses als nächster Ersatzmann festgestellt worden ist.

(3) Ist die Zahl der Kreisverordneten dadurch auf weniger als zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl herabgesunken, daß nicht eintretende oder ausgeschiedene Kreisverordnete nicht durch Nachrücken ersetzt oder bei einer Wahl Sitze nicht besetzt werden konnten, ist eine Ergänzungswahl für den Rest der Amtszeit nach den für die Hauptwahl geltenden Vorschriften durchzuführen.

§ 22. Rechtsstellung der Kreisverordneten. (1) Die Kreisverordneten sind ehrenamtlich tätig.

(2) Der Landrat verpflichtet die Kreisverordneten in der ersten Sitzung öffentlich auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten.

(3) Die Kreisverordneten entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.

(4) Erleidet ein Kreisverordneter einen Dienstunfall, hat er dieselben Rechte wie ein Ehrenbeamter.

§ 23. Beratende Mitwirkung im Kreistag. (1) Der Kreistag kann sachkundige Einwohner und Sachverständige zu den Beratungen einzelner Angelegenheiten zuziehen.

(2) Der ständige allgemeine Stellvertreter des Landrats ist berechtigt, an den Sitzungen des Kreistags teilzunehmen. (3) Der Vorsitzende kann den Vortrag in den Sitzungen des Kreistags einem Beamten oder Angestellten des Landkreises oder einem Beamten des Landratsamts als unterer Verwaltungsbehörde übertragen; auf Verlangen des Kreistags muß er einen solchen Bediensteten zu sachverständigen Auskünften zuziehen.

§ 24. Einberufung der Sitzungen, Teilnahmepflicht. (1) Der Landrat beruft den Kreistag schriftlich spätestens eine Woche vor dem Sitzungstag ein und teilt rechtzeitig die Verhandlungsgegenstände mit. Der Kreistag ist einzuberufen, wenn es die Geschäftslage erfordert, mindestens jedoch zweimal im Jahr. Der Kreistag muß unverzüglich einberufen werden, wenn es ein Drittel aller Kreisverordneten unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes beantragt. Die Verhandlungsgegenstände müssen zum Aufgabengebiet des Kreistags gehören.

(2) Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzungen sind rechtzeitig bekanntzugeben.

(3) Die Kreisverordneten sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen.

§ 25. Geschäftsgang. Auf den Geschäftsgang des Kreistags finden die Vorschriften der §§ 35 bis 38 der Gemeindeordnung entsprechende Anwendung. Beschlußfassung im Wege des Umlaufs und der Offenlegung ist unzulässig. Der Landrat hat kein Stimmrecht; bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Die Einsichtnahme in die Niederschrift über die öffentlichen Sitzungen ist den zu den Kreiswahlen wahlberechtigten Einwohnern gestattet.

§ 26. Beschließende Ausschüsse. (1) Durch die Hauptsatzung kann der Kreistag beschließende Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgabengebiete zur dauernden Erledigung übertragen. Durch Beschluß kann der Kreistag einzelne Angelegenheiten auf bestehende beschließende Ausschüsse übertragen oder für ihre Erledigung beschließende Ausschüsse bilden.

(2) Auf beschließende Ausschüsse kann nicht übertragen werden die Beschlußfassung über
1. die Bestellung der Mitglieder von Ausschüssen des Kreistags sowie die Ernennung, Einstellung und Entlassung der leitenden Beamten und Angestellten,
2. die Übernahme freiwilliger Aufgaben,
3. den Erlaß von Satzungen,
3a. die Aufstellung des Entwicklungsprogramms des Landkreises,
4. die Stellungnahmen zur Änderung der Grenzen des Landkreises,
5. die Regelung der allgemeinen Rechtsverhältnisse der Bediensteten des Landkreises,
6. die Übertragung von Aufgaben auf den Landrat,
7. die Verfügung über Vermögen des Landkreises, die für den Landkreis von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist,
8. die Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung von öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an solchen,
9. die Umwandlung der Rechtsform von wirtschaftlichen Unternehmen des Landkreises und von solchen, an denen der Landkreis beteiligt ist,
10. die Übernahme von Darlehen, die Gewährung von Sicherheiten und die Übernahme von Schuldverpflichtungen sowie Bürgschaften und anderen Gewährschaften, soweit sie für den Landkreis von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
11. den Erlaß der Haushaltssatzung und der Nachtragssatzungen sowie die Feststellung des Ergebnisses der Jahresrechnung und die Entlastung des Landrats,
12. die allgemeine Festsetzung von Abgaben und Tarifen,
13. den Verzicht auf Ansprüche des Landkreises und die Niederschlagung solcher Ansprüche, die Führung von Rechtsstreiten und den Abschluß von Vergleichen, soweit sie für den Landkreis von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
14. den Beitritt zu Zweckverbänden und den Austritt aus diesen und
15. die Übertragung von Aufgaben auf das Rechnungsprüfungsamt.

(3) Im Rahmen ihrer Zuständigkeit entscheiden die beschließenden Ausschüsse selbständig an Stelle des Kreistags. Ergibt sich, daß eine Angelegenheit für den Landkreis von besonderer Bedeutung ist, können die beschließenden Ausschüsse die Angelegenheit dem Kreistag zur Beschlußfassung unterbreiten. Lehnt der Kreistag eine Behandlung ab, weil er die Voraussetzungen für die Verweisung als nicht gegeben ansieht, so entscheidet der fachlich zuständige beschließende Ausschuß. In der Hauptsatzung kann bestimmt werden, daß ein Drittel aller Mitglieder eines beschließenden Ausschusses eine Angelegenheit dem Kreistag zur Beschlußfassung unterbreiten kann, wenn sie für den Landkreis von besonderer Bedeutung ist. In der, Hauptsatzung kann weiter bestimmt werden, daß der Kreistag allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen, jede Angelegenheit an sich ziehen und Beschlüsse der beschließenden Ausschüsse, solange sie noch nicht vollzogen sind, ändern oder aufheben kann.

(4) Angelegenheiten, deren Entscheidung dem Kreistag vorbehalten ist, sollen den beschließenden Ausschüssen innerhalb ihres Aufgabengebietes zur Vorberatung zugewiesen werden. In dringenden Angelegenheiten, deren Erledigung nicht bis zu einer Sitzung des Kreistags aufgeschoben werden kann, entscheidet der zuständige beschließende Ausschuß an Stelle des Kreistags. Die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung sind den Kreisverordneten unverzüglich mitzuteilen.

(5) Für den Geschäftsgang der beschließenden Ausschüsse gelten die Vorschriften des § 23 dieses Gesetzes und der §§ 34 bis 38 der Gemeindeordnung entsprechend. Sitzungen der beschließenden Ausschüsse, die der Vorberatung nach Absatz 4 dienen, sind in der Regel nichtöffentlich. Der Landrat hat kein Stimmrecht; dies gilt nicht im Falle der Vorberatung nach Absatz 4. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Wird ein beschließender Ausschuß wegen Befangenheit von Mitgliedern beschlußunfähig, entscheidet an seiner Stelle der Kreistag.

Amtl. Bekanntmachung zu § 26 Abs. 2 Ziffer 3a: Diese Einfügung gilt nach Art. 4 des Regionalverbandsgesetzes erst mit Wirkung vom 1. Januar 1973.

§ 27. Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse. (1) Die beschließenden Ausschüsse bestehen aus dem Vorsitzenden und mindestens sechs Mitgliedern. Der Kreistag bestellt die Mitglieder und Stellvertreter in gleicher Zahl widerruflich aus seiner Mitte. In die beschließenden Ausschüsse können durch den Kreistag sachkundige Einwohner widerruflich als beratende Mitglieder berufen werden.

(2) Kommt eine Einigung über die Zusammensetzung eines beschließenden Ausschusses nicht zustande, werden die Mitglieder von den Kreisverordneten auf Grund von Wahlvorschlägen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl unter Bindung an die Wahlvorschläge gewählt. Wird nur ein gültiger oder kein Wahlvorschlag eingereicht, findet Mehrheitswahl ohne Bindung an die vorgeschlagenen Bewerber statt.

(3) Vorsitzender der beschließenden Ausschüsse ist der Landrat; er kann seinen ständigen allgemeinen Stellvertreter mit seiner Vertretung im Vorsitz beauftragen. Die Mitglieder der Ausschüsse wählen aus ihrer Mitte einen oder mehrere stellvertretende Vorsitzende, die den Vorsitzenden im Verhinderungsfalle vertreten. Die Reihenfolge der Vertretung bestimmt der Ausschuß.

§ 28. Beratende Ausschüsse. (1) Zur Vorberatung seiner Verhandlungen oder einzelner Verhandlungsgegenstände kann der Kreistag beratende Ausschüsse bestellen. Sie werden aus der Mitte des Kreistags gebildet. In die beratenden Ausschüsse können durch den Kreistag sachkundige Einwohner widerruflich als Mitglieder berufen werden.

(2) Vorsitzender der beratenden Ausschüsse ist der Landrat. Er kann seinen ständigen allgemeinen Stellvertreter oder ein Mitglied des Ausschusses mit seiner Vertretung beauftragen. Die Sitzungen der Ausschüsse sind nichtöffentlich. Die Ausschüsse sind einzuberufen, wenn es die Geschäftslage erfordert. Im übrigen gelten für den Geschäftsgang die Vorschriften des § 23 dieses Gesetzes und der §§ 34 und 36 bis 38 der Gemeindeordnung entsprechend.

§§ 29-31. (gestrichen)

3. Abschnitt
Landrat

§ 32. Rechtsstellung des Landrats. (1) Der Landrat ist Vorsitzender des Kreistags und leitet das Landratsamt. Er vertritt den Landkreis.

(2) Der Landrat ist Beamter des Landkreises. Die Amtszeit beträgt acht Jahre, bei unmittelbarer Wiederwahl nach Ablauf der Amtszeit zwölf Jahre. Die Amtszeit beginnt mit dem Amtsantritt; im Falle der Wiederwahl schließt sich die neue Amtszeit an das Ende der vorangegangenen an. Die Dienstbezüge des Landrats werden durch Gesetz geregelt.

(3) Die Rechtsaufsichtsbehörde vereidigt und verpflichtet den Landrat in öffentlicher Sitzung des Kreistags.

(4) (aufgehoben)

(5) Auf den Landrat finden die Bestimmungen des § 17 Abs. l bis 3 und des § 18 der Gemeindeordnung entsprechende Anwendung.

§ 33. Wählbarkeit. Wählbar zum Landrat sind Deutsche im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes, die am Wahltag das 30. Lebensjahr vollendet haben und die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten; § 19 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 34. Zeitpunkt der Wahl, Wahlverfahren. (1) Wird die Wahl des Landrats wegen Ablauf der Amtszeit notwendig, ist sie frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Ablauf der Amtszeit, in anderen Fällen spätestens sechs Monate nach Freiwerden der Stelle durchzuführen. Die Stelle des Landrats ist spätestens zwei Monate vor der Wahl öffentlich auszuschreiben. Die Frist für die Einreichung der Bewerbungen beträgt einen Monat.

(2) Zur Vorbereitung der Wahl des Landrats bildet der Kreistag einen besonderen beschließenden Ausschuß (Ausschuß); dieser wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und einen oder mehrere Stellvertreter. § 27 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung. Der Ausschuß entscheidet über die öffentliche Ausschreibung der Stelle des Landrats. Er ist ferner zuständig für die Verhandlungen nach Absatz 3 über die Benennung von Bewerbern für die Wahl des Landrats.

(3) Der Ausschuß nach Absatz 2 Satz 1 legt dem Innenministerium die eingegangenen Bewerbungen mit den dazugehörigen Unterlagen unverzüglich vor. Das Innenministerium und der Ausschuß benennen gemeinsam mindestens drei für die Leitung des Landratsamts geeignete Bewerber, aus denen der Kreistag den Landrat wählt. Können Innenministerium und Ausschuß keine drei Bewerber nennen, so ist die Stelle erneut auszuschreiben. Dies gilt nicht, wenn der Ausschuß auf die Benennung weiterer Bewerber verzichtet. Können sich Innenministerium und Ausschuß nach der zweiten Ausschreibung nicht einigen und deshalb dem Kreistag nicht die erforderliche Zahl von Bewerbern benennen, entscheidet die Landesregierung nach Anhörung des Ausschusses, aus welchen Bewerbern der Kreistag den Landrat wählt; dabei sind die Bewerber zu berücksichtigen, über deren Benennung sich Innenministerium und der Ausschuß nach der zweiten Ausschreibung geeinigt haben.

(4) Den dem Kreistag zur Wahl vorgeschlagenen Bewerbern ist Gelegenheit zu geben, sich dem Kreistag vor der Wahl vorzustellen.

(5) Die Kreisverordneten wählen den Landrat in geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der Stimmen aller Kreisverordneten auf sich vereinigt. Wird eine solche Mehrheit bei der Wahl nicht erreicht, findet in derselben Sitzung ein zweiter Wahlgang statt. Erhält auch hierbei kein Bewerber mehr als die Hälfte der Stimmen aller Kreisverordneten, ist in derselben Sitzung ein dritter Wahlgang durchzuführen, bei welchem der Bewerber gewählt ist, der die höchste Stimmenzahl erreicht; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

§ 35. Wahrung der Rechte von Landesbeamten. (1) Ein Landesbeamter, der zum Landrat bestellt wird, ist aus dem Landesdienst entlassen.

(2) Nach Ablauf der Amtszeit als Landrat oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist ein früherer Landesbeamter auf Antrag mindestens mit der Rechtsstellung in den Landesdienst zu übernehmen, die er im Zeitpunkt des Ausscheidens aus diesem hatte. Der Antrag ist spätestens drei Monate nach Beendigung der Amtszeit als Landrat zu stellen. Die Übernahme kann abgelehnt werden, wenn er ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würde.

(3) Ist keine entsprechende Planstelle verfügbar, wird der bisherige Landrat als Wartestandsbeamter übernommen. Die Bestimmungen über die Versetzung in den Ruhestand bleiben unberührt.

§ 36. Stellung im Kreistag und in den beschließenden Ausschüssen. (1) Der Landrat bereitet die Sitzungen des Kreistags und der Ausschüsse vor und vollzieht die Beschlüsse.

(2) Der Landrat muß Beschlüssen des Kreistags widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß sie gesetzwidrig sind; er kann widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß sie für den Landkreis nachteilig sind. Der Widerspruch muß unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Beschlußfassung gegenüber den Kreisverordneten ausgesprochen werden. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Gleichzeitig ist unter Angabe der Widerspruchsgründe eine Sitzung einzuberufen, in der erneut über die Angelegenheit zu beschließen ist; diese Sitzung hat spätestens vier Wochen nach der ersten Sitzung stattzufinden. Ist nach Ansicht des Landrats der neue Beschluß gesetzwidrig, muß er ihm erneut widersprechen und unverzüglich die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeiführen.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Beschlüsse, die durch beschließende Ausschüsse gefaßt werden. Auf den Widerspruch hat der Kreistag zu entscheiden.

(4) In dringenden Angelegenheiten des Kreistags, deren Erledigung an Stelle des Kreistags nicht bis zu einer Sitzung des zuständigen beschließenden Ausschusses aufgeschoben werden kann, entscheidet der Landrat an Stelle dieses zuständigen Ausschusses. Entsprechendes gilt für Angelegenheiten, für deren Entscheidung ein beschließender Ausschuß zuständig ist.

§ 37. Leitung des Landratsamts. (1) Der Landrat ist für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsmäßigen Gang der Verwaltung verantwortlich und regelt die innere Organisation des Landratsamts.

(2) Der Landrat erledigt in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung und die ihm sonst durch Gesetz oder vom Kreistag übertragenen Aufgaben. Die dauernde Übertragung der Erledigung bestimmter Aufgaben ist durch die Hauptsatzung zu regeln. Der Kreistag kann die Erledigung von Angelegenheiten, die er nicht auf beschließende Ausschüsse übertragen kann (§ 26 Abs. 2), auch nicht dem Landrat übertragen.

(3) Weisungsaufgaben erledigt der Landrat in eigener Zuständigkeit, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt auch, wenn der Landkreis in einer Angelegenheit angehört wird, die auf Grund einer Anordnung der zuständigen Behörde geheimzuhalten ist. Bei der Erledigung von Weisungsaufgaben, die auf Grund einer Anordnung der zuständigen Behörde geheimzuhalten sind, sowie in den Fällen des Satzes 2 hat der Landrat die für die Behörden des Landes geltenden Geheimhaltungsvorschriften zu beachten.

(4) Der Landrat ist Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Bediensteten des Landkreises. (5) Ständiger allgemeiner Stellvertreter des Landrats ist der Erste Landesbeamte beim Landratsamt, der im Benehmen mit dem Landrat bestellt wird. Die Bestimmungen des § 16 Abs. l Satz 2 und des § 27 Abs. 3 bleiben unberührt.

§ 38. Beauftragung, rechtsgeschäftliche Vollmacht. (1) Der Landrat kann Beamte und Angestellte mit seiner Vertretung auf bestimmten Aufgabengebieten oder in einzelnen Angelegenheiten des Landratsamts beauftragen. (2) Der Landrat kann in einzelnen Angelegenheiten rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen.

§ 39. Verpflichtungserklärungen. (1) Erklärungen, durch welche der Landkreis verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Landrat handschriftlich zu unterzeichnen.

(2) Im Falle der Vertretung des Landrats muß die Erklärung durch den ständigen allgemeinen Stellvertreter oder durch zwei vertretungsberechtigte Beamte oder Angestellte handschriftlich unterzeichnet werden.

(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Falle des Absatz 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.

(4) Diese Formvorschriften gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder auf Grund einer in der vorstehenden Form ausgestellten Vollmacht.

§ 39a. Beirat für geheimzuhaltende Angelegenheiten. (1) Der Kreistag kann einen aus den stellvertretenden Vorsitzenden des Kreistags (§ 16 Abs. l Satz 2) bestehenden Beirat bilden, der den Landrat in allen Angelegenheiten des § 37 Abs. 3 Satz 2 berät. Dem Beirat kann nur angehören, wer auf die für die Behörden des Landes geltenden Geheimhaltungsvorschriften verpflichtet ist.

(2) Vorsitzender des Beirats ist der Landrat. Er hat den Beirat einzuberufen, wenn es die Geschäftslage erfordert. Der ständige allgemeine Stellvertreter des Landrats ist berechtigt, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Sitzungen des Beirats sind nichtöffentlich. Für die Beratungen des Beirats gelten die Bestimmungen des § 24 Abs. 3 dieses Gesetzes, des § 36 Abs. l und 3, § 37 Abs. l Satz 1 und Abs. 2 und des § 38 der Gemeindeordnung entsprechend.

4. Abschnitt
Bedienstete des Landkreises

§ 40. Der Landkreis ist verpflichtet, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen geeigneten Beamten, Angestellten und Arbeiter einzustellen. Im übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 66 und 67 der Gemeindeordnung entsprechend.

DRITTER TEIL
Wirtschaft des Landkreises

§ 41. Anzuwendende Vorschriften. Auf die Wirtschaftsführung des Landkreises finden die für die Stadtkreise und Großen Kreisstädte geltenden Vorschriften über die Gemeindewirtschaft entsprechende Anwendung, soweit nachstehend keine andere Regelung getroffen ist.

§ 42. Erhebung von Abgaben, Kreisumlage. (1) Der Landkreis hat das Recht, eigene Steuern und sonstige Abgaben nach Maßgabe der Gesetze zu erheben.

(2) Der Landkreis kann, soweit seine sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um seinen Finanzbedarf zu decken, von den kreisangehörigen Gemeinden und gemeindefreien Grundstücken nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Umlage erheben (Kreisumlage). Die Höhe der Kreisumlage ist in der Haushaltssatzung für jedes Rechnungsjahr festzusetzen.

§ 43. Fachbeamter für das Finanzwesen. (1) Im Landkreis muß die Besorgung der Haushaltsplangeschäfte, die Vorbereitung und Aufstellung der Jahresrechnung sowie die Verwaltung des zu erhaltenden Vermögens und der Rücklagenbestände (Finanzwesen) bei einem Beamten (Fachbeamter für das Finanzwesen) zusammengefaßt werden.

(2) Der Fachbeamte für das Finanzwesen muß die Befähigung zum Gemeindefachbeamten (§ 68 der Gemeindeordnung) oder eine abgeschlossene wirtschaftswissenschaftliche Vorbildung nachweisen.

VIERTER TEIL
Aufsicht

§ 44. (1) Rechtsaufsichtsbehörde und obere Rechtsaufsichtsbehörde für den Landkreis ist das Regierungspräsidium, oberste Rechtsaufsichtsbehörde ist das Innenministerium.

(2) Der Vierte Teil der Gemeindeordnung über die Aufsicht findet auf den Landkreis entsprechende Anwendung. Die Bestimmungen über die Aufsicht auf dem Gebiete des Schulwesens bleiben unberührt.

FÜNFTER TEIL
Staatliche Verwaltung im Landkreis

§ 45. Personelle Ausstattung, Sachaufwand. (1) Die für die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde erforderlichen Beamten werden vom Land, die Angestellten und Arbeiter vom Landkreis gestellt. Jedem Landratsamt wird mindestens ein Landesbeamter mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt zugeteilt.

(2) Der Landkreis ist verpflichtet, für die sachlichen Bedürfnisse des Landratsamts als unterer Verwaltungsbehörde aufzukommen, die für eine ordnungsmäßig geführte Verwaltung erforderlich sind.

§ 46. Rechtsstellung des Landrats als Leiter der unteren Verwaltungsbehörde. (1) Als Leiter der unteren Verwaltungsbehörde ist der Landrat dem Land für die ordnungsmäßige Erledigung ihrer Geschäfte verantwortlich und unterliegt insoweit den Weisungen der Fachaufsichtsbehörden und der Dienstaufsicht des Regierungspräsidiums.

(2) Verletzt der Landrat in Ausübung seiner Tätigkeit nach Absatz 1 die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, haftet das Land.

§ 47. Mitwirkung des Kreistags. (1) Ist eine Entscheidung oder sonstige Mitwirkung gewählter Vertreter bei der Erfüllung der Aufgaben des Landratsamts als unterer Verwaltungsbehörde gesetzlich vorgeschrieben, ist hierfür der Kreistag zuständig.

(2) Der Landrat kann den Kreistag auch zu Angelegenheiten der unteren Verwaltungsbehörde hören, in denen eine Mitwirkung gewählter Vertreter nicht vorgeschrieben ist.

§ 48. Zusammenarbeit mit den unteren Sonderbehörden. (1) Die im Gebiet des Landkreises tätigen unteren Sonderbehörden und das Landratsamt haben im Interesse des allgemeinen Wohls zusammenzuarbeiten.

(2) Der Landrat hat für das Zusammenwirken der in Absatz 1 genannten Behörden Sorge zu tragen; er ist über Vorgänge und beabsichtigte Maßnahmen, die für den Landkreis von allgemeiner Bedeutung sind, rechtzeitig zu unterrichten.

(3) Die Regierung kann Grundsätze festlegen, die von den zur Zusammenarbeit verpflichteten Behörden zu beachten sind.

§ 49. Austausch von Beamten. (1) Der Landrat kann Landesbeamte zur Besorgung von Angelegenheiten des Landkreises und Beamte des Landkreises zur Besorgung von Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde heranziehen. Die nicht nur vorübergehende Heranziehung bedarf der Zustimmung des Innenministeriums.

(2) Verletzt ein Beamter in Ausübung einer Tätigkeit nach Absatz 1 die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, haftet bei Erfüllung der Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde das Land, im übrigen der Landkreis.

SECHSTER TEIL
Übergangs- und Schlußbestimmungen

1. Abschnitt
Allgemeine Übergangsbestimmungen

§ 50. Weisungsaufgaben. Bis zum Erlaß neuer Vorschriften sind die den Landkreisen nach bisherigem Recht als Auftragsangelegenheiten übertragenen Aufgaben mit Ausnahme der Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde Weisungsaufgaben im Sinne von § 2 Abs. 4, bei denen ein Weisungsrecht der Fachaufsichtsbehörde in bisherigem Umfang besteht.

§ 51. Hauptsatzungen. (nicht abgedruckt)

§ 52. Wiedererlangung der Wahlberechtigung. Wer infolge von Kriegsereignissen seinen Wohnsitz im Landkreis aufgeben mußte, ist mit der Rückkehr in diesen Landkreis wieder wahlberechtigter Einwohner, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. l vorliegen.

§ 53. Änderung in der Zusammensetzung des Kreistags und des Kreisrats. (nicht abgedruckt)

§ 54. Bisher ernannte Landräte. (nicht abgedruckt)

§ 55. Bisher gewählte Landräte. (nicht abgedruckt)

§ 56. Bisherige Kreisamtmänner im früheren Land Württemberg-Hohenzollern. (nicht abgedruckt)

§ 57. Einrichtungen für die Eigenprüfung und die Aufsichtsprüfung. (1) In Landkreisen, in denen ein Rechnungsprüfungsamt noch nicht besteht, ist es bis zum 1. April 1958 einzurichten; ein gemeinsames Rechnungsprüfungsamt für mehrere Landkreise ist zulässig. Bis zu diesem Zeitpunkt muß in diesen Landkreisen die Jahresrechnung in anderer Weise ordnungsmäßig vorgeprüft werden.

(2) Bis zur Errichtung der für die Gemeindeprüfung zuständigen Anstalt üben die bestehenden Einrichtungen für die Aufsichtsprüfung ihre Tätigkeit im bisherigen Umfange aus.

§ 58. Übertritt von Bediensteten des Landes. (nicht abgedruckt)

§ 59. Einrichtungen und Dienstgebäude. (nicht abgedruckt)

2. Abschnitt
Vorläufige Angleichung des Rechts der Beamten des Landkreises

§ 60. (aufgehoben)

3. Abschnitt
Schlußbestimmungen

§ 61. Sitz des Landratsamts. Der Sitz der Landratsämter bestimmt sich im Bereich der früheren Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern nach dem Sitz der bisherigen Landratsämter, im Bereich des früheren Landes Württemberg-Baden nach dem Sitz der bisherigen Kreisverbandsverwaltungen.

§ 62. Durchführungsbestimmungen. Das Innenministerium erläßt die Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieses Gesetzes, ferner die Rechtsverordnungen zur Regelung
1. der öffentlichen Bekanntmachung,
2. der Voraussetzungen und des Verfahrens für die Verleihung von Wappen und die Ausgestaltung und Führung des Dienstsiegels,
3. des Verfahrens bei der Anwendung von Zwangsmitteln bei Ablehnung ehrenamtlicher Tätigkeit und der Verletzung der Pflichten ehrenamtlich tätiger Einwohner,
4. der Anzeige des Amtsantritts und des Urlaubs des Landrats,
5. der Ausschreibung der Landratsstellen,
6. der Übernahme früherer Landesbeamter,
7. der Anwendung der Bestimmungen zur Durchführung des Gemeindewirtschaftsrechts auf den Landkreis und 8. der Kassen- und Rechnungsführung für die untere Verwaltungsbehörde und die Sonderbehörden durch den Landkreis.

Die Verordnungen nach Nr. 6 und Nr. 8 ergehen im Einvernehmen mit dem Finanzministerium.

§ 63. Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. (aufgehoben)

§ 64. Inkrafttreten. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. April 1956 in Kraft mit Ausnahme des § 54 Abs. 2 Satz 2 und des § 62, die mit der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft treten.

(2) Gleichzeitig treten alle Vorschriften, die diesem Gesetz entsprechen oder widersprechen, außer Kraft, sofern sie nicht durch dieses Gesetz ausdrücklich aufrechterhalten werden. Insbesondere treten folgende Vorschriften außer Kraft:
1. Im Bereich des gesamten Landes Baden-Württemberg
    Kap. II und III und Art. 31 und 32 des Kap. V des Gesetzes zur vorläufigen Angleichung des Kommunalrechts (GAK) vom 13. Juli 1953 (GBl. S. 97),
2. im Bereich des früheren Landes Württemberg-Baden
    a) das Gesetz Nr. 33 Kreisordnung vom 7. März 1946 (RegBl. S.45),
    b) das Gesetz Nr. 328 über die Neuwahl der Gemeinderäte und Bürgermeister, Kreistage und Landräte vorn 23. Oktober 1947 (RegBl. S.102) und die Verordnung Nr. 333 des Innenministeriums zur Durchführung des Gesetzes Nr. 328 vom 4. Dezember 1947 (RegBl. S.185), soweit sich diese Vorschriften auf Mitglieder des Kreistags (Kreisverordnete) und Landräte beziehen,
3. im Bereich des früheren Landes Baden
    das Gesetz über die Landkreisselbstverwaltung in Baden (Landkreisordnung) vom 24. Juni 1939 (GVBl. S. 93) und
4. im Bereich des früheren Landes Württemberg-Hohenzollern
    die Kreisordnung für Württemberg-Hohenzollern vom 22. Dezember 1948 (RegBl. 1949 S. 21)
mit ihren Änderungen und mit den durch sie aufrechterhaltenen früheren Bestimmungen.


Quelle: Gesetzblatt für Baden-Württemberg 1971 S. 400
© 23. Oktober 2004

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