Hinweis zum Zustandekommen des Landes Baden-Württemberg

Die Bildung des Landes Baden-Württemberg ist, vom heutigen Standpunkt aus gesehen, eine Erfolgsgeschichte ersten Ranges.

Wenn es jedoch eine Neugliederung mit fairen demokratischen Regeln gegeben hätte, wäre das Land Baden-Württemberg niemals gebildet worden, wenigstens aber innerhalb von zehn Jahren wieder durch die Länder Württemberg und Baden ersetzt worden. Welche Gründe sind hierfür anzugeben:

1. Die in dem Zweiten (Bundes-)Gesetz über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern vom 4. Mai 1951 vorgesehenen Abstimmungsregeln waren zwar vordergründig demokratisch und haben größtenteils der Prüfung des eben erst neu errichteten Bundesverfassungsgerichts Stand gehalten, doch war die Feststellung des § 10 Absatz 1 des genannten Bundesgesetzes so angelegt, daß das Land Baden (Südbaden) entgegen dem ausdrücklichen Willen seiner Bevölkerung (62.2 % für das alte Land Baden) aufgelöst wurde.

Dieser 1. Grund kann noch nicht als wesentliche Verletzung des demokratischen Spielregeln gesehen werden.

2. Bei der Bildung des Landes Baden-Württemberg nach dem oben genannten Bundesgesetz kam es zu parteipolitisch so starken Spannungen, daß viele Badener von einer Annexion Badens durch Württemberg sprachen. Die Befürworter des Südweststaates (hier insbesondere die vorläufige Regierung unter Reinhold Maier (FDP/DVP), der mit einer Koalition aus SPD und GB/BHE regierte) haben durch unnötige Eile und Unüberlegtheit weitere Befürworter aus anderen Parteien (insbesondere die CDU unter Gebhard Müller) verprellt.

Die gleiche Koalition war verantwortlich für einer der stärksten Verfehlungen hinsichtlich der demokratischen Fairness, nur um ja den Südweststaat auf Dauer zustande zu bringen.

3. Durch das Überleitungsgesetz vom 15. Mai 1952 (provisorische Verfassung) wurden sämtlichen Bestimmungen hinsichtlich Volksbegehren und Volksentscheid weggelassen, ja in Artikel 16 wurden diese sogar ausdrücklich in den bestehenden Landesverfassungen aufgehoben. Das Volk konnte damit nicht mehr gegen Beschlüsse der verfassunggebenden Landesversammlung vorgehen.

4. Die neue Landesverfassung wurde entgegen den bisherigen Gepflogenheiten in den drei aufgelösten Ländern nicht einem Volksentscheid unterbreitet, da eine Mehrheit wegen der "Badener Frage" der regierenden Koalition zu unsicher war. Nur noch Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie Berlin hatten eine Landesverfassung ohne Volksabstimmung in Kraft gesetzt.

5. Den 4. Grund für die "undemokratisch" zustande gekommene Neugliederung Baden-Württembergs wurde noch erheblich verstärkt durch die Unterlassung der Wahl eines verfassungsmäßigen Landtages unmittelbar nach dem Inkrafttreten der Landesverfassung. Vielmehr wurde hier, auch auf Betreiben der regierenden Koalition die verfassunggebende Landesversammlung zum ersten Landtag erklärt, deren Wahlperiode mit der Wahl 1952 begonnen und erst 1956 enden sollte, obwohl zum Zeitpunkt der Wahl der verfassunggebenden Landesversammlung dieser Punkt keinem der Wahlberechtigten bekannt und auch von den Parteien nicht ausdrücklich verfochten wurde.

Dies ist einer der Hauptgründe, daß ohne weiteres behauptet werden kann, die Neugliederung Baden-Württembergs, wenn sie nach den demokratischen Spielregeln abgelaufen wäre, wäre nicht oder nicht so zustande gekommen.

6. Die "Badener Frage", das heißt, daß die Bewohner des alten Landes Baden durch die Neugliederungsbestimmungen des Artikels 29 des Grundgesetzes in demokratischer und verfassungsmäßiger Weise das alte Land Baden wieder errichten wollten, wurde durch erhebliche Fehler und undemokratische Methoden der Politiker aller Parteien so lange bewußt und mit voller Absicht verzögert, daß sich die Badener in der Zwischenzeit im neuen Land Baden-Württemberg wohl zu fühlen begannen. Der von Altbadenern gegründete Heimatbund Badenerland wollte im Jahr 1955 gemäß Artikel 29 Absatz 2 des Grundgesetzes ein Volksbegehren zur Bildung des Landes Baden einleiten. Der zuständige Bundesminister hat diese Einleitung abgelehnt, da er ein solches Volksbegehren für verfassungswidrig hielt und erst durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1956 mußte der Bundesminister das Volksbegehren einleiten. Im September 1956 wurde das Volksbegehren zu Gunsten der Errichtung des Landes Baden erfolgreich abgeschlossen, doch hat sich der Bundesgesetzgeber (und mit ihm die Parteien) bis 1969 Zeit gelassen und Verzögerungen fahrlässig eintreten lassen, daß das für die Volksabstimmung erforderliche Bundesgesetz erst am 2. Juli 1969 erlassen wurde. Am 7. Juni 1970, 14 Jahre nach dem Volksbegehren wurde über die Neubildung des Landes Baden abgestimmt und (wie die Politiker es mit ihrer Politik der Verzögerung bezweckt hatten) nur noch 18.07 % der wahlberechtigten Badener stimmten für die Wiedererrichtung des Landes Baden.

Der Autor ist ein "Alt-Württemberger", also ein Anhänger der Wiedererrichtung des Landes Württemberg.


© 17. Juni 2001
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