Verordnung
wegen zukünftiger Verfassung der Kommunal-Landtage der Kur- und Neumark

vom 17. August 1825

geändert durch
Allerhöchste Kabinetsorder vom 27. Dezember 1826, enthaltend die näheren Vorschriften zu den Art. II. und XIII. der Verordnung wegen der nach dem Edikt vom 1sten Juli 1823 vorbehaltenen Bestimmungen vom 17ten August 1825, und zu dem § 6 der Kommunal-Landtags-Ordnung für die Kur- und Neumark, vom nämlichen Tage und Jahre (GS. 1827 S. 7)
Allerhöchste Kabinetsordre vom 26. Oktober 1835, wegen der ständischen Rechte der Städte Alt-Landsberg, Lebus, Buckow, Müllrose und Göritz (GS. S. 229)
Verordnung über einige Grundlagen der künftigen preußischen Verfassung vom 6. April 1848 (GS. S. 87)

aufgehoben durch
Provinzialordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 29. Juni 1875 (GS. S. 385)

 

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen ec. ec.

ertheilen wegen der Verfassung der in der Kur- und Neumark für deren Kommunal-Angelegenheiten anzuordnenden Kommunal-Landtage, nachdem Wir die Vorschläge Unserer getreuen Stände auf dem im Herbste vorigen Jahres hier statt gehabten Provinzial-Landtage darüber gehört haben, folgende Bestimmungen:

§ 1. Da die Neumark einen von der Kurmark gesonderten Kommunal-Verband ausmacht, und die Kommunal-Verhältnisse der Altmark von denen der übrigen Landestheile der Kurmark wesentlich verschieden sind, so werden, so lange die Verschiedenheit der Kommunal-Verhältnisse solches erfordert, in der Kur- und Neumark drei besondere Kommunal-Ständische Verbände statt haben, nämlich:
1) der Kommunal-Ständische Verband der Altmark;
2) der Kommunal-Ständische Verband der übrigen Landestheile der Kurmark, als der Priegnitz; der Mittelmark, nebst den derselben inkorporirten Beeskow-Storkow-Jüterborgk-Belzigschen Kreisen und der Uckermark;
3) der Kommunal-Ständische Verband der Neumark.

Die im Jahre 1806 statt gehabte Begränzung bestimmt den Umfang für einen jeden Verband.

§ 2. Ein jeder derselben hat die Befugniß zur Haltung eines eigenen Kommunal-Landtages.

§ 3. Auf dem Kommunal-Landtage der Altmark erscheinen:
1) die Besitzer von Gütern, welche in der Matrikel der Ritterschaft der Altmärkischen Kreise verzeichnet sind, persönlich, mit der Befugniß für Behinderte, für Unmündige und für Ritterguts-Besitzerinnnen durch ein qualifizirtes Mitglied dieses Standes sich vertreten zu lassen (§ 4 und 5 der Kreis-Ordnung);
2) aus einer jeden der 7 Städte Stendal, Salzwedel, Gardelegen, Seehausen, Tangermünde, Osterburg und Werben, ein Abgeordneter;
3) von sämmtlichen übrigen Städten ein Collektiv-Abgeordneter;
4) vom Bauernstande eines jeden landräthlichen Kreises ein Abgeordneter.

Für einen jeden Abgeordneten der Städte und des Bauernstandes wird ein Stellvertreter erwählt.

§ 4. Um auf dem Kommunal-Landtage der Altmark erscheinen zu können, wird gemeinschaftlich für alle Stände vorausgesetzt:
1) Gemeinschaft mit einer der christlichen Kirchen;
2) Vollendung des 24sten Lebensjahres;
3) der unbescholtene Ruf.

Zu Abgeordneten der Städte können nur Magistrats-Mitglieder und zu denen des Bauernstandes nur mit einem zur Wählbarkeit als Landtags-Abgeordneter dieses Standes befähigenden Grundeigenthum angesessene Dorfschulzen gewählt werden.

Durch § 5 der Verordnung vom 6. April 1848 wurde der § 4 Ziffer 1 gestrichen.

§ 5. Der Kommunal-Landtag der Kurmark mit Ausschluß der Altmark wird zusammengesetzt aus den nämlichen Mitgliedern und Abgeordneten der 3 Stände, welche als persönlich Berechtigte oder als Abgeordnete auf dem Provinzial-Landtage erscheinen.

Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 26. Oktober 1835 wurde bestimmt:
"Da die in der Verordnung vom 17. August 1825 Art. II. A. II 11 - 27 aufgeführten kollektivwählenden Städte theils der Altmark, theils der Priegnitz angehören, und wenn der Abgeordnete oder dessen Stellvertreter aus einer Altmärkischen Stadt gewählt ist, sich der Fall ereignen könnte, daß es den Priegnitzischen Städten auf dem Kurmärkischen Kommunal-Landtage an einem Abgeordneten, der diesem Kommunal-Verbande angehört, fehlt, so ist Allerhöchst bestimmt: daß die mit Altmärkischen Städten zu einer Kollektivstimme vereinigten Städte der Priegnitz in dem erwähnten Falle aus ihrer Mitte einen besondern Abgeordneten oder Stellvertreter für den Kommunal-Landtag der Kurmark zu wählen haben."

§ 6. Auf dem Kommunal-Landtage der Neumark erscheinen ebenfalls die von dieser Provinz für den Provinzial-Landtag gewählten Abgeordneten der 3 Stände, außer ihnen aber, da ihre Zahl für den dortigen Kommunal-Landtag verhältnißmäßig zu gering seyn würde, auch die für die Landtags-Abgeordneten gewählten Stellvertreter.

Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 27. Dezember 1826 wurde zum § 6 bestimmt:
"1. Da im Artikel I. der zuerst genannten Verordnung, die Vertheilung der nach § 4. B. des Gesetzes vom 1sten Juli 1823, von der Neumärkischen Ritterschaft zum Provinzial-Landtag zu entsendenden 6 Abgeordneten, in der Art angeordnet ist, daß von den zum ständischen Verbande der Neumark gehörenden 12 Kreisen, jedesmal 2 Kreise einen Abgeordneten erwählen, und danach § 6 der zuletzt gedachten Verordnung, auf dem Kommunal-Landtag der Neumark, die dortige Ritterschaft durch ihre für den Provinzial-Landtag erwählte Abgeordneten und deren Stellvertreter repräsentirt werden soll, die gedachte Ritterschaft aber wünschet, daß auf dem Kommunal-landtage die Ritterschaft eines jeden Kreises, durch einen eigenen Abgeordneten aus ihrer Mitte vertreten werden möge; so verordne Ich, mit Aufrechthaltung der Vorschrift des § 6 der Kommunal-Landtags-Ordnung, daß die Neumärkische Ritterschaft die Wahl ihrer Provinzial-Landtags-Abgeordneten und ihrer Stellvertreter, hinführo in der Art bewerkstellige, daß der Abgeordnete aus dem einen, und der Stellvertreter aus dem andern der 2, den Wahlbezirk bildenden Kreise, beide niemals aber aus ein und demselben Kreise entnommen werden. Demnächst
II. bestimme Ich, daß die in Gemäßheit der ferneren Bestimmung des gedachten § 6 gegenwärtig bestehende Vertretung, der nach der Vorschrift des angeführten Artikels Meiner Verordnung vom 17ten August v. J., mit alternirenden Virilstimmen versehenen Städte Arnswalde, Königsberg, Landsberg und Soldin auf dem Neumärkischen Kommunal-Landtage durch die Provinzial-Landtags-Abgeordneten und deren Stellvertreter von zweien dieser Städte, dahin abgeändert werde, daß von jetzt an eine jede derselben den Kommunal-Landtag mit den für den Provinzial-Landtag von ihr erwählten Abgeordneten zu beschicken befugt seyn soll. Endlich
III. genehmige Ich, daß die Abgeordneten des Standes der Landgemeine, deren Diäten und Reisekosten in dem Art. XIII. der letztgedachten Verordnung, auf 1 Rthlr. 15 Sgr. für den Tag und Beziehungsweise 1 Rthlr. für die Meile bestimmt worden sind, hinführo die nämlichen, den Abgeordneten der beiden andern Stände eben daselbst bewilligen Diäten und Reisekosten beziehen dürfen."

§ 7. Zum Versammlungs-Ort des Kommunal-Landtages der Kurmark wird Berlin, zu dem der Neumark, Küstrin bestimmt; wegen des Kommunal-Landtags der Altmark bleibt den dortigen Ständen die Wahl des Versammlungs-Ortes überlassen.

§ 8. Zu Unseren Kommissarien bei den Kommunal-Landtagen bestimmen wir hiermit ein- für allemal die Ober-Präsidenten der Provinz, in welchem der betreffende Kommunal-Ständische Verband belegen ist. Derselbe ist daher die Mittelsperson bei allen Verhandlungen Unserer Behörden mit den dort versammelten Ständen.

§ 9. Die Vorsitzenden der Kommunal-Landtage und deren Stellvertreter werden von sämmtlichen Mitgliedern der Versammlung aus den Abgeordneten des 1sten Standes auf die Hälfte der Dauer der Wahlperiode für den Provinzial-Landtag gewählt und von Uns bestätigt.

§ 10. Dem Vorsitzenden auf dem Kommunal-Landtage steht die nämliche Wirksamkeit mit gleichen Verpflichtungen und gleichen Befugnissen zu , welche dem Landtags-Marschall auf dem Provinzial-Landtage angewiesen ist.

§ 11. Die Kommunal-Landtage treten alljährlich zusammen. Den Zeitpunkt des Zusammentretens haben die Stände für die Zukunft auf dem ersten Kommunal-Landtage zu beschließen, dem Ober-Präsidenten aber in der Regel acht Wochen vorher dieserhalb Anzeige zu machen. Die Dauer der Kommunal-Landtage darf nicht über vier Wochen hinausgehen.

§ 12. Die Ladung der Mitglieder des Kommunal-Landtages geschieht durch den Vorsitzenden.

Mit der Ladung ist eine Bekanntmachung der für die Verhandlungen des bevorstehenden Kommunal-Landtages bestimmten Gegenstände zu verbinden und dem Ober-Präsidenten mitzutheilen; zu diesem Behufe haben die verwaltenden Behörden der ständischen Institute, imgleichen die Kreise und Kommunen ihre hierauf bezügliche Anmeldungen und Anträge Sechs Wochen vor der Zusammenkunft des Landtages dem Vorsitzenden einzureichen.

§ 13. Zu dem ersten nach den gegenwärtigen Bestimmungen anzuordnenden Kommunal-Landtage wird in der Altmark der älteste Landrath, in der Kurmark das Domkapitel von Brandenburg, und in der Neumark der Landesdirektor die Ladungen ergehen lassen. Desgleichen werden der älteste Landrath der Altmark, der zum Kommunal-Landtage der Kurmark abgesendete Bevollmächtigte des genannten Domkapitels, und der Neumärkische Landesdirektor die Kommunal-Landtage eröffnen, und die Direktion bis zu erfolgter Bestätigung des Vorsitzenden daselbst führen.

§ 14. Sämmtliche in dem Gesetze vom 1sten Juli 1823, §§ 38 bis 47 für die Geschäftsführung auf dem Provinzial-Landtage enthaltene Bestimmungen sind bei den Kommunal-Landtagen in Anwendung zu bringen.

§ 15. Gegenstände des speziellen Interesses eines Standes können durch die Mitglieder dieses Standes ohne Zuziehung der übrigen Stände verhandelt werden.

§ 16. Die Beschlüsse der Kommunal-Landtage sind für die, zu dem betreffenden Kommunal-Verbande gehörenden, Landestheile, bindend; müssen jedoch jedesmal Unserm Minister des Innern eingereicht werden, welcher, da wo es erforderlich ist, Unsere Bestätigung nachsuchen wird.

§ 17. Sämmtliche Beschlüsse sind daher beim Schlusse des Kommunal-Landtages an die Ober-Präsidenten abzugeben, welche die darauf zu ertheilenden Verfügungen den zur Ausführung bestimmten Behörden und den Ständen durch die Landräthe und Magisträte mittheilen werden.

    Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und Beidrückung Unseres großen Königlichen Insiegels.

    Gegeben Berlin, den 17ten August 1825

Friedrich Wilhelm

v. Schuckmann


Quellen:  Gesetzsammlung für die Königlichen Preußischen Staaten Jahrgang 1825 S. 200
© 31. März 2011 - 20. März 2015


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